Beiträge von 2dA im Thema „Verblendung“

    Erdmaus:

    Leerheit bedeutet nicht "Nichts" sondern bedingt entstanden. Die Bedingung ist der konstruierende Geist, welcher ständig neu diese Person hervorbringen muss. Die Seinsweise dieses Konstruktes kann auch stark variieren. Beim Buddha war die Person nur noch ein sprachlicher Behelf für den Alltag.


    Ja, die Frage ist, in wie weit das Konstrukt als (bedingt) Enstandenes betrachtet werden kann, in wie weit man es einem Phänomen gleichsetzen kann. Weil man dieses Konstrukt auch als Merkmal der Verblendung sehen kann und dieses im Erkennungsprozess oder im Erkennenden Geist nicht vorhanden ist. Das bedeutet, dass sich dieses Konstrukt auf der konventionellen Ebene zwar manifestiert, jedoch als ihr Merkmal weder eine inhärente noch eine andere Art von Existenz aufweisen kann. Im anderen Fall müsste das Merkmal als Objekt der Verblendung gesehen werden....


    Zitat

    Gucken wie es entsteht und was passiert wenn man "Ich" sagt!
    ............ dass "da oben" durch neuronale Vorgänge erschaffen wird.


    Wenn weder neuronale Vorgänge noch der Erkennende Geist etwas vezeichnen können und Verblendung unser Normalzustand seit ewigen Zeiten ist, könnte theoretisch nur der Verblendete Geist ein solches Enststehen verzeichnen. Und das ist das, was ich nicht verstehe, auf welchem Prinzip und mit welchem, - vermutlich fraglichem, da hier die Verblendung durch Verblendung "gesehen" wird - Ergebnis so ein Erkennungsprozess durchzuführen wäre?


    Das Enstehen der Gedanken und Gefühle zu erkennen ist m. E. etwas anderes als ein aufsteigendes Ich-Gefühl zu beobachten, denn eben wie du schreibst..:


    Zitat

    ... da wir es quasi seit frühester Kinderzeit in unserem Gehirn verankert und verfestigt haben und es ziemlich tief in bewussten wie unbewussten Schichten steckt.


    Und weil dem Erkennenden, Unverblendeten Geist Verblendung nicht immanent ist. Ich habe Ich-Gefühl geschrieben, weil ich das Ich weiterhin als undefinierbar sehe.... ; )

    Erdmaus:

    Das Ich ist grob gesagt eine Zusammenfassung der Dinge die uns ausmachen und somit in unseren Köpfen verortet in Form eines Informationsverarbeitungsprozesses und einer Ansammlung von Erinnerungen.


    Gut, ich werde über meine Auffassung der buddhistischen Philosophie sprechen: das wirksame Mittel des Erkennens eines Ichs als Illusion ist für mich der Umstand, dass ich a) den "Informationsverarbeitungsprozess" als bedingt entstandene körperliche und geistige Faktoren aufschlüsseln kann, dass ich in Folge dessen nach nichts, was "mich" ausmachen würde suchen muss und ebenfalls in einem an Vergangenheit (die es in Wirklichkeit nicht gibt, da Zeit dualistische Täuschung) gebundenes Gedankengut kein Ich erkenne.


    Zitat

    Wenn ich sage "ich backe Kuchen", dann bedeutet "ich" in diesem Zusammenhang eine Zusammenfassung aller Charakteristika, welche die Person die den Kuchen backt identifiziert. Da es auch gleichzeitig die Person ist, die den Begriff "Ich" verwendet...


    Diese Person gibt es nicht; das verbale Ich-Du-Er ersetzt nur den Fingerzeig.


    Zitat

    Der Buddha hat Zeit seines Lebens ebenfalls auf den Begriff "Ich" zurückgegriffen um kenntlich zu machen, dass seine Person gemeint ist.


    Ich wage zu bezweifeln, dass Buddha sich als Person gesehen hat. Ich jedefalls tue es nicht. :)


    Zitat

    Niemand sollte auf die irrefürende Idee kommen, das "Ich" sei ein schlechtes und unnützes Konstrukt. Nein, es ist durchaus nützlich und praxistauglich.


    Don't worry. Was es nicht gibt, kann man nicht anschwärzen.


    Zitat

    Es geht um das klare Erkennen, dass es sich um ein Konstrukt handelt


    Hast du vielleicht eine Idee wie man das machen sollte? Buddha hatte welche. Ich befürchte wer das (leere) Ich in seiner s.g. Persönlichkeit, seinem Erinnerungsvermögen oder seinen Backkünsten sieht und - wie du schreibst - legitimiert, hat es zumindest doppelt so schwer, denn er muss erstmal seine Persönlichkeit und dann das Produkt "ihrer" Täuschung als Konstrukt entlarven. Das ist dann doch wirklich damit vergleichbar, dass jemand das Kind einer nie geborenen Frau vor sich zu sehen meint.

    peeter:

    Ich find es nämlich nicht gut, dass ICH komplett zu verneinen ...
    Es ist nicht inhärent existent, das mag schon sein, aber es ist da.


    Und wo konkret? Immer wieder beteuerst du das Ich wäre "da", aber was das ist und wo es zu finden ist weißt du nicht. Aus deiner Überzeugung ergibt sich gleich das nächste Problem, und zwar das mit Possessivpronomen. Ist das Ich "deins", sind gleich zwei Instanzen zu klären, und zwar der Besitzer und das Eigentum. Erklärst du das "Ich" für ein gemeinschaftliches Gut, gleicht das dem Assimilierungswunsch eines Narzissten. Auch ist hier nicht das Negieren der Zweck, sondern das Loslassen hinderlicher Gedankenkonstruktionen. Ansonsten hat hier die Diskussion wenig Sinn; in einer bestimmten Hinsicht ist sie mit dem Auftritt eines Avatars im christlichen Forum vergleichbar, der behaupten würde es gäbe keinen Gott. Und das ist nur sinnloser Zeitvertreib.

    Es ist aber so, dass das Bewußstsein, das Erscheinungsformen untersucht, das Konventionelle nicht berücksichtigt. Und genau das ist der Unterschied. Denn das Bewußstsein, in dessen Abhängigkeit dieses Ich erscheinen müsste, selbst leer ist und seine Fabrikationen deshalb nur als Irrtum und nicht als ein Phänomen "da" sein können.


    "Die Ichseele ist nicht bei den Skandhas, noch sind die Skandhas in der Ichseele. Sie existieren nicht, wenn man sie unterscheidet, und sie existieren auch sonst nicht."


    Lankavatarasutra

    peeter:

    Du reduzierst also alles auf Geist. Dem Buddha gemäss. (?)


    Was wäre das "alles"?

    Zitat

    Was hat das mit einem ICH zu tun. Das ist doch nur wieder eine Stufe/Level von Bewusstsein.


    Was nicht existiert, kann keine Stufe sein. Ein fortwährender Prozess ist nichts, was man teilen könnte und Handlungsfähigkeit samt ihrer Bedingungen sind seine Merkmale, genauso wie alle Level des Bewußseins. Dieses ändert aber nichts an der konventionellen Auffassung des "Ich-Er-Sie handelt".


    Zitat

    Du reduzierst den Menschen auf Geist; aus Geist gewirkt und gemacht.


    Reduktion setzt eine Teilung voraus. Genau das tue ich nicht.


    Zitat

    Also wenn die Verblendung weg ist und wir uns als Produkt von Phänomenen erkennen, was wird dann bleiben ?


    Nicht mehr und nicht weniger als vorher.

    peeter:


    Ist es nur ein chemisch geistiger Impuls, der den Körper durchrast ?


    Wie würdest du "chemisch" und wie "geistig" definieren?


    Zitat

    Sind wir nur ein Empfindungsorgan in einem Körper ?


    Stell dir eine Einheit der 5-Skandhas-Phänomene vor, dann gibt es weder Ich noch Wir.


    Zitat

    Die ganzen Gefühle, die wir haben und die uns so und so handeln und fühlen lassen werden also von einem Nicht-Ich wahrgenommen ? Was ist denn das Nicht-Ich ? Das Gegenteil von Ich ? Aber wenn es kein Ich gibt, kann es auch kein Gegenteil geben.


    Richtig, also gibt es auch kein Nicht-Ich. :D


    Zitat

    Wie ihr sehen könnt, habe ich Probleme damit, festzulegen oder zu definieren, was es denn sein soll; dass was Dinge und die Welt und die Gefühle wahrnimmt.


    Als Antwort kannst du den ersten Vers des Dhammapada hernehmen: Geist gemacht, Geist gewirkt und Geist geschaffen sind alle Dinge. Auch die Funktionen des Erkennens und des Bewußtwerdens sind geistige Faktoren.


    Zitat

    Sind wir nur Wahrnehmung ? Oder lasst es mich spitzer formulieren : Sind wir nur Wahrnehmungsempfänger ? Nur Organe, die aufnehmen und darauf reagieren ? Input und Output ?


    Wir sind eher ein Teil eines Systems, der mit Körper und Bewußstein versehen ist. In Wirklichkeit ist das System bzw. Prozess nicht teilbar. Von daher kann es kein In und Out geben. Das ist eine Illusion.


    Zitat

    Und indem wir (Ich, Du, Wir) das wissen, wissen wir auch um die Existenz eines Ich-Bewusstseins und darum auch um ein ICH.


    Na klar, aber wir wissen, dass dieses Ich-Bewußtsein aus dem dualistischen Bewußstsein (vi-ññāṇa) hervorgeht und dass dieses ein Spielchen des fehlgeleiteten Geistes ist. Fehlgeleitet darum, weil das Pendeln zwischen Abneigung und Anhaftung eben eine Illusion bzw. die Verblendung des Geistes bewirkt.


    Zitat

    Und indem wir immer wieder ICH .. WIR .. IHR schreiben und sagen, implizieren wir damit schon eine Existenz dessen.


    Nein, das hat mit Konvention zu tun... hier

    peeter:


    Es gibt ein ICH .. und zwar ganz ohne Frage, auch wenn nicht aus sich selbst existierend.


    Nein, es gibt nur die Folgen der Vorstellung von einem Ich: die Verblendung (das Nichtwissen).


    peeter:

    Es gibt sogar ein aus sich selbst (immer wieder) entstehendes ICH, behaupte ich mal .. und zwar das der glasklaren Klarheit im Zustand des vollkommenen Erwachens.


    Das ist das vollkommene Wissen, das weder aus einem Ich noch aus einem Nicht-Ich hervorgeht.


    peeter:

    Also wären wir im Prinzip nur Neutren, die nun mal in das Dasein geboren werden und all das angehaftet bekommen, was ihr "Leiden" nennt ?

    peeter:

    Im Grossen und Ganzen solltet ihr in erster Linie nach Loslösung von der Anhaftung an "Leiden" loskommen
    und euch hinwenden an das Glück und den Reichtum von Gelassenheit und Einsichigkeit.


    Das ist keine Anhaftung, sondern das Wissen.


    :arrow:

    Zitat

    1. Vierergruppe: Als "Erkenntnis des Leidens" gilt die hinsichtlich der Leidenswahrheit' entstandene Erkenntnis, als "Erkenntnis der Leidensentstehung" die hinsichtlich der Leidensentstehung entstandene Erkenntnis, als "Erkenntnis der Leidenserlöschung" die hinsichtlich der Leidenserlöschung entstandene Erkenntnis, als "Erkenntnis des zur Leidenserlöschung führenden Pfades" die hinsichtlich dieser Wahrheit entstandene Erkenntnis. Auf diese Weise ist das Wissen hinsichtlich der 4 Wahrheiten (sacca) von viererlei Art.


    http://palikanon.de/visuddhi/vis14.html


    peeter:

    Allerdings bekommen wir auch gute Dinge !!!!!!!!!
    Ohne ein Ich gibt es kein Leiden und dementsprechend auch keine Freude, weil es kein ICH gibt ??


    Zwei Arten der Freude gibt es, die eine, die an Vergänglichkeit gebunden ist und die schon das Leid des kommenden Schmerzes über ihr Verlust in sich trägt, und die überweltliche Freude.


    Zitat

    Diese höhere, dem weltlich Gesinnten fremde Freude, quillt aus dem Bewusstsein, den rechten Weg zu kennen, der zur endgültigen Loslösung vom Leiden führt. Sie quillt aus dem Wissen um die Möglichkeit der Leidens-Überwindung, aus dem Wissen um die vier Wahrheiten: der Wahrheit vom Leiden, der Wahrheit von der Entstehung des Leidens, der Wahrheit von der Aufhebung des Leidens und der Wahrheit von dem zur Auflösung des Leidens führenden Pfad.


    Max Ladner

    "Vom Bewußtsein in den sechs Sinnen sind abhängig seine Inhalte, die mit ihm stehen und fallen, wie zwei sich stützende Schilfbündel (S 12, 67), so wie den inneren Gewöhnungen die äußeren Bezugspunkte entsprechen. Da meint das Ichbewußtsein, dort seien die Objekte der Trieberfüllung, aber beides ist in ständigem Wandel haltlos: Da ist ein Wunsch, aber kein Objekt zur Erfüllung; oder da sind viele Objekte, aber sie sind mir gleichgültig. Und das selbstgeschaffene Außen berührt die in den sechs Sinnen inkarnierten Neigungen des Bewußtseins. Dadurch erscheinen als Resonanz Gefühle, die vom Objekt zu kommen scheinen und in den Geist als wahr (Wahrnehmung) eingetragen werden. Und es wird unermüdlich darüber nachgedacht, wie die Gefühle zu verbessern, die wohligen zu erhalten, die wehen zu beseitigen sind. Das Ganze aber, das Bewußtsein mit seinen Inhalten sinnlicher Objekte und geistiger Benennungen („Bild und Begriff" bei Neumann), ist der selbstgeschaffene, selbstgeträumte Leidenstraum des Samsâra, der Raum und Zeit erscheinen läßt, eine Kette von Vorher und Nachher, von Hier und Dort - im Bewußtsein, das ein Ich ins Bild setzt und benennt."


    Hellmuth Hecker - "Stromeintritt" - Tipitaka (2. Teil, III.)