Beiträge von accinca im Thema „Wertschätzung des Daseins“

    Onda:

    Ist das Bestreben nach der Beendigung der Wiedergeburten ein Begehren nach Nichtdasein?


    Kommt darauf an was unter "Nichtdasein" verstanden wird. Wenn "Nichtdasein"
    nur das beendigen des Wiedergeburt bedeutet dann ja, aber es gibt natürlich nicht
    wirklich ein "Nichtdasein" das erlangt werden könnte. Solche Dinge sind sprachlich
    nicht einfach zu fassen.

    Onda:
    accinca:

    Andererseits
    ist das (...) Begehren nach nichts,
    auf dem Wege ein unverzichtbare Begehren.


    Nihilismus


    Der Buddha würde vielleicht antworten: "in gewisser Hinsicht aber
    nicht wie du es meinst." in etwa wie in A.8.11:


    "Lieblos ist der Herr Gotama."
    "Allerdings, Brahmane, könnte man mich in einer Hinsicht mit Recht
    als lieblos bezeichnen; denn jedwede Liebe für Formen, Töne, Düfte,
    Säfte und Berührungen ist im Vollendeten überwunden, mit der
    Wurzel zerstört, wie eine Fächerpalme dem Boden entrissen,
    vernichtet und dem Neuentstehen nicht mehr ausgesetzt.
    In dieser Hinsicht könnte man freilich mit Recht sagen: 'Lieblos
    ist der Asket Gotama'; doch nicht wie du es meinst."


    oder:


    "Die Vernichtung lehrt der Herr Gotama."
    "Allerdings, Brahmane, könnte man mich in einer Hinsicht mit
    Recht als einen Lehrer der Vernichtung bezeichnen; denn ich
    lehre die Vernichtung von Gier, Haß und Verblendung, lehre
    die Vernichtung der mannigfachen üblen, unheilsamen Dinge.
    In dieser Hinsicht könnte man freilich mit Recht sagen:
    'Die Vernichtung lehrt der Asket Gotama'; doch nicht wie du es meinst."

    Onda:
    accinca:

    So kann der Geist aber auch auf falsche Ideen kommen. Sowohl
    das Verlangen nach höheren Welten als auch das Verlangen nach
    Nichtdasein, .... ist unbuddhistisch.


    Ist nicht auf meinen Mist gewachsen.
    Steht im Kanon: Sowohl das Begehren nach Dasein als auch das nach Nichtdasein ist zu überwinden.


    Ich hatte nicht bestritten, das letztendlich alles Begehren zu überwinden ist.
    Dabei spielt es aber auch überhaupt keine Rolle um was für ein Begehren es sich
    auch immer handelt. Sei es das Begehren nach Nibbanam oder das Begehren das
    Begehren zu überwinden sei es Begehren nach Etwas oder nach Nichts. Begehren
    ist eben zu überwinden. Entscheidend ist, daß das Begehren beendet wird. Andererseits
    ist das Begehren das Begehren zu beenden genau wie das Begehren nach nichts,
    auf dem Wege ein unverzichtbare Begehren. Leider hast du nicht verstanden was ich
    geschrieben hatte aber ich hatte auch das Fragezeichen hinter "unbuddhistisch" vergessen.


    So kann der Geist aber auch auf falsche Ideen kommen. Sowohl
    das Verlangen nach höheren Welten als auch das Verlangen nach
    Nichtdasein, als auch das Verlangen den rechten achtfachen Weg
    zu gehen ist unbuddhistisch?

    accinca:

    Durch Erlöschung des Nichtwissens folgt die Erlöschung des Verlangens.


    Dazu wollte ich der Vollständigkeit halber noch sagen was
    denn der Buddha unter diesem "Nichtwissen" verstanden hat.
    Auch das wurde von ihm beantwortet. Nichtwissen ist:


    Das Leiden nicht kennen.
    Die Ursache des Leidens nicht kennen.
    Die Erlöschung des Leidens nicht kennen.
    Den Weg zu Erlöschung des Leidens nicht kennen.


    Das ist das Nichtwissen.

    nibbuti:


    Wer das Leiden endgültig beenden will, muss die Identifikation mit dem Dasein beenden, lieber Onda.
    Das ist die gründliche Variante.
    Dann sind die Vier Edlen Wahrheiten und der Achtfache Pfad in letzter Konsequenz die Gebrauchsanleitung zum Verlöschen des Leidens.
    "Dasein beenden" ist Verlangen (nach Nichtsein). Das lehrte der Buddha ebenfalls zu beenden.


    Sehr richtig, nur der vorletzte Satz:

    Zitat

    "Dasein beenden" ist Verlangen (nach Nichtsein)


    kann man nicht zu recht sagen.


    "Dasein beenden" heißt: "Verlangen beenden."


    Dabei ist es unerheblich ob es sich dabei um ein Verlangen nach Dasein
    oder ein Verlangen nach Nibbana oder ein Verlangen nach vermeintlich
    jenseits des Daseins bestehenden sog. Nichtsein oder auch Nibbana handelte.(siehe dazu M1)
    Durch Erlöschung des Nichtwissens folgt die Erlöschung des Verlangens.


    Wenn du meinst, das Verlöschen des Leidens einen nihilistischen
    Geschmack hat dann schon. Ich befürchte allerdings das der
    Begriff "Dasein" oder "Leben" mit einem Selbst verwechselt wird.
    Es gibt aber in Wahrheit weder ein wirkliches kernhaftes Dasein noch
    ein wirkliches positives Leben. Die Vernichtung eines solchen kernhaften
    und positiven Daseins oder Lebens lehrte der Buddha nicht. Es kann
    immer nur das zur Erlöschung kommen, was auch tatsächlich als
    vergänglich, nichtig, wesenlos, leer und hohl, als Leiden und Beschwer
    erkannt wurde. Mit anderen Worten:
    Wo nicht in allen Dingen die durch Nichtwissen und Begehren entstandene
    wertlose, nichtige leere Natur erkannt wurde, kann es auch nicht zur Erlöschung kommen.

    Onda:

    Folgende Fragen stehen für mich noch im Raum:
    Geht es beim buddhistischen Heilsweg in letzter Konsequenz um die Überwindung jedweden Daseins oder geht es um die Überwindung des Leidens bei grundsätzlicher Akzeptanz des Lebens?


    In letzter Konsequenz gibt es da keinen Unterschied.
    Dasein, Leiden und Leben sind Begriffe oder Aspekte einer Ebene
    die kann man nicht trennen. Man kann nicht sagen ich will jetzt
    Leiden haben aber bitte ohne Dasein und ohne Leben. Oder
    Ich will jetzt Dasein oder Leben haben aber ohne Leiden.
    Begehren und Nichtwissen aber sind die Wurzel des Leidens.

    Onda:

    Bei einer metaphorischen Lesart gilt es genau zu klären: was ist ein Daseinskreislauf, was ist eine Beendigung? Buddhadasa hat da schöne Erklärungen angeboten.
    http://www.buddhaland.de/viewt…1&hilit=buddhadasa#p96816


    Leider ist diese sog. "Erklärung" leider total unlogisch und
    zeigt eigentlich nur, das nicht verstanden wurde was ein atta
    überhaupt sein soll. Eine Logik, anatta=keine Wiedergeburt,
    ist nur eine Scheinlogik bei der gefordert wird es müßte bei
    so einer Wiedergeburt etwas vorhanden sein, was ohne Fleischleib
    nicht mehr vorhanden wäre. Wenn aber jetzt mit Fleischleib
    täglich und in jedem Augenblick Wiegengeburt statt findet,
    dann ist überhaupt nicht einzusehen wieso Wiedergeburt ausgerechnet
    an diesem Fleischleib festgemacht werden sollte. Das Problem
    scheint eher mit einer überstarken Identifikation mit dem Fleischleib
    zu tun zu haben ohne den sich kein weiteres Leben mehr vorgestellt
    werden kann. Da kann es dann einfach auch keine Wiedergeburt geben.
    Da verrottet "man" im Grab.

    Onda:


    In diesem Thread wurde die Frage gestellt, ob der Buddha-Dharma auf Leidensüberwindung oder - in letzter Konsequenz - auf Daseinsüberwindung zielt. Die Beantwortung dieser Frage hat erhebliche Konsequenzen für die Wertschätzung der menschlichen Existenz, für unsere Haltung zum Leben in dieser Welt.


    Begehren lehrte der Buddha zu überwinden ob nach menschlicher
    oder höherem Lebens das ist alles Begehren.
    Wenn es nur um die Überwindung menschliche Existenz gehen
    würde, dann wäre das nichts besonderes, denn das gibt es auch
    in anderen Lehren. Die kurze menschliche Existenz ist selbst
    im Christentum nur ein "Jammertal" und hat keine besondere Wertschätzung.


    Das besondere an der Lehre des Buddha ist gerade auch die Ablehnung
    höherer glücklicherer und langlebiger (scheinbar ohne Ende) lebenden
    Lebensformen. Solche die weit über dem Menschen stehen.
    Zunächst einmal werden sie angestrebt und der Buddha lobt das
    Nachdenken über diese Lebensformen, letztendlich werden aber
    auch sie als vergänglich und auf Begehren beruhend abgelehnt.


    Onda:


    Ich persönlich tendiere zu einer metaphorischen und nicht zu einer wörtlichen Auslegung von "Beendigung der Daseinskreisläufe".


    Das ist im Christentum heute sehr beliebt und verbreitet
    Himmel und Hölle werden zur "Metapher"
    Was aber mit Beendigung gar nichts zu tun hat.
    Weder mit Daseinskreisläufen noch mit Beendigung.

    pops:

    Fertig ist neue maßgeschneiderte (pseudo-) buddhistische Idee: "Alles Leben ist scheiße."....Es ist dermaßen leicht, an so einer Idee anzuhaften: das Leben ist Scheiße. Diese Idee könnte auch gut als Ausrede für einen gelten, der "seinen Arsch" einfach nicht hochkriegt. "Theoretischer Buddhismus" ist mitunter gefährlich.


    Solche Aussagen sind auch theoretisch.
    Eine falsche Theorie ist nichts anderes als falsche Ansichten.
    Eine falsche Ansicht ist immer gefährlich. Der Buddha lehrte,
    wenn einer falschen Ansichten hat bzw. eine falschen Lehre
    nachfolgt ist es gut wenn dieser "seinen Arsch" nicht hoch kriegt.
    Schlechter dran wäre der, welcher in einer schlechten Lehre bei
    falschen Ansichten bzw. falscher Theorie seinen Arsch hoch kriegt.


    Die Tatsache, daß das Leben Scheiße ist, ist aber nicht ausreichend
    um das Heil zu erlangen. Dazu braucht es alle 4 Wahrheiten. Das
    Leben ist Leiden ist aber nur die erste Wahrheit.


    Nicht nur Verlockungen sind Motivation, sondern vor allem ist es das
    Leiden das die Wesen voran treibt aktiv zu werden. Damit das aber
    auch tatsächlich klappt, lehrte der Buddha auch den einzig möglichen
    Weg da heraus. Andererseits ist der ganze achtfache Weg aus dem
    Leiden völliger Blödsinn wenn es gar kein Leiden geben würde.

    Zwar ist es grundsätzlich klar, das alles Dasein Leiden ist, aber auf
    diesem Wege ist es eben recht unterschiedlich was jeweils tatsächlich
    schon als Leiden begriffen wird. Das mag recht unterschiedlich sein,
    je nach eigener Entwicklung. Weswegen die Erkenntnis der vier
    heilenden Wahrheiten direkt vor dem Ziel noch einmal genannt werden.

    Aiko:
    Onda:

    zielen die 4 Edlen Wahrheiten auf die Überwindung des Leidens oder auf die Überwindung des Daseins?


    Das Dasein ist im Buddhismus NICHT gleich Leben, sondern Leben, wie es sich für ein Ich darstellt.
    _()_


    Das ist falsch. Erst einmal gibt es ja kein tatsächliches Ich sondern nur
    vermeintlich wird daran geglaubt und zweitens ist jede Lebensform
    durch Dasein und Geburt bedingt. Diese beiden Aspekte sind untrennbar.
    Geburt ist Leiden, Tod ist Leiden usw. alles das sind Dinge die untrennbar
    mit Leben verbunden sind. Gäbe es gar kein Leben, gäbe es auch kein
    Tod, kein Alter, kein Sterben und kein Leiden.


    Das "Leben" (und Leiden) will er behalten.

    nibbuti:


    Das wird konventionell (für Nicht(-vollständig)erwachte) als körperliches Leid oder Schmerz (dukkhadukkhatā) bezeichnet.


    Ganz genau, für nicht Erwachte wird es so gesagt (dukkhadukkhatā).
    "Leider" gibt es in der Lehre keine Beschreibung einer Paticcasamuppāda
    der Erwachten.

    nibbuti:


    Das physische Leid (zB Schmerz) können wir nicht dauerhaft loswerden, auch der Buddha hatte Rückenschmerzen, die er mit edlem Gleichmut erduldete.


    Schmerz ist auch nur ein Gefühl und davon weiß er das bin
    nicht, das gehört mir nicht, ist auch nicht "mein Selbst".
    Wo aber keiner ist, der Gefühl haben könnte, da gibt es auch
    kein Leiden welches Gefühl es auch immer sein mag. So wie
    du es geschrieben hast hört es sich aber so an als würde
    der Buddha unter einem schmerzhaften körperlichen Gefühl
    ebenso leiden wie er sich über ein freudiges körperliches
    Gefühl freuen würde weil man körperlichen Gefühlen nicht
    dauerhaft entgehen könne.