Die Almosengabe
...
"Ist es wohl möglich, o Herr, daß eine Gabe, von dem
einen dargebracht, hohen Lohn und Segen bringt,
während dieselbe Gabe, von einem anderen
dargebracht, keinen hohen Lohn und Segen bringt?"
"Das ist möglich, Sāriputta."
"Was, o Herr, ist wohl der Grund dafür, was ist die
Ursache?"
"Da gibt einer, Sāriputta, aus selbstischem Verlangen,
gefesselten Herzens (*2), aus Sucht nach Gewinn und
in der Hoffnung, daß er die Belohnung dafür nach dem
Tode genießen wird.
Und als Gabe spendet er dann einem Asketen oder
Priester Speise, Trank, Gewand, Gefährt, Blumen,
Wohlgerüche, Salben, Bett, Wohnstatt und Beleuchtung.
Was meinst du, Sāriputta, mag da wohl einer auf solche
Weise Gaben spenden?" - "Gewiß, o Herr!" - "Wer aber,
Sāriputta, auf solche Weise Gaben spendet, der
erscheint infolge dieser Gabe beim Zerfall des Körpers,
nach dem Tode, unter der Schar der Vier Großen
Götterkönige wieder. Nach Auswirkung aber jener Tat,
jener Macht, jener Würde, jener Herrschaft steigt er
wieder hinab, kehrt er wieder zurück in diese Welt.
Ferner, Sāriputta, gibt da einer eine Gabe zwar nicht aus
selbstischem Verlangen, gefesselten Herzens, aus Sucht
nach Gewinn oder in der Hoffnung, daß er die
Belohnung dafür nach dem Tode genießen wird,
sondern er gibt eine Gabe im Gedanken, daß Geben
etwas Gutes ist; - oder weil er sich sagt, daß seine
Eltern und Vorfahren ebenfalls früher Almosen gegeben
und so gehandelt haben und es daher für ihn nicht
recht sei, von jenem alten Familienbrauch abzuweichen;
- oder weil er sich sagt, daß er selbst koche, jene
anderen aber nicht kochen, und es deshalb für den
Kochenden nicht recht sei, das Geben an
Nichtkochende zu unterlassen; - oder weil er sich sagt,
daß seine Gabenverteilung sein würde wie jene großen
Opfer, dargebracht von den Sehern der Vorzeit, als wie
Atthaka, Vāmaka, Vāmadeva, Vessāmitta, Yamataggi,
Angīrasa, Bhāradvāja, Vāsettha, Kassapa und Bhagu; -
oder weil beim Geben sich ihm das Herz erheitert,
Befriedigung und Freude entsteht (*3). Und als Gabe
spendet er dann einem Asketen oder Priester Speise,
Trank, Gewand, Gefährt, Blumen, Wohlgerüche, Salben,
Bett, Wohnstatt und Beleuchtung. Was meinst du,
Sāriputta, mag da wohl einer auf solche Weise Gaben
spenden?" - "Gewiß, o Herr!" - "Wer aber, Sāriputta, auf
solche Weise Gaben spendet, der erscheint infolge
dieser Gabe beim Zerfall des Körpers, nach dem Tode,
unter der Schar der Vier Großen Götterkönige wieder.
Nach Auswirkung aber jener Tat, jener Macht, jener
Würde, jener Herrschaft steigt er wieder hinab, kehrt er
wieder zurück in diese Welt.
"Ferner, Sāriputta, gibt einer eine Gabe nicht aus jenen
Gründen, sondern er gibt Gabe als eine Veredlung und
Läuterung seines Geistes (*4). Und als Gabe spendet er
dann einem Asketen oder Priester Speise, Trank,
Gewand, Gefährt, Blumen, Wohlgerüche, Salben, Bett,
Wohnstatt und Beleuchtung. Was meinst du, Sāriputta,
mag da wohl einer auf solche Weise Gabe spenden?" -
"Gewiß, o Herr!" - "Wer aber, Sāriputta, auf solche
Weise Gaben spendet, der erscheint infolge dieser Gabe
beim Zerfall des Körpers, nach dem Tode, unter der
Schar der Götter der Brahmawelt wieder (*5). Nach
Auswirkung aber jener Tat, jener Macht, jener Würde
und jener Herrschaft kommt er nicht wieder, kehrt er
nicht mehr zurück zu dieser Welt (*6).
Das, Sāriputta, ist der Grund, das ist die Ursache, daß
da eine Gabe, von dem einen dargebracht, hohen Lohn
und Segen bringt, während dieselbe Gabe, von dem
anderen dargebracht, keinen hohen Lohn und Segen
bringt (*7)."
(*1) Im Lande der Anger (dem heutigen Bhagalpur),
auf der Südseite des Ganges. Dies dürfte der östlichste
Punkt sein, den der Buddha erreicht hat.
(*2) K: "Durch die Erwartung eines (günstigen) Karma-
Ergebnisses gefesselt"; d.h. eine Belohnung im künftigen
Dasein erhoffend.
(*3) Hinter jeder dieser Gaben-Arten (Nr. 2-6) hat der
Text pa = peyyāla, 'und so weiter', sicher eine
Wiederholung der die erste Gaben-Art abschließenden
Stelle anzeigt, die daher auch hier eingesetzt wurde.
(*4) Wtl: als Zier und Zubehör des Geistes; K: nämlich
des durch Geistesruhe und Hellblick entwickelten
Geistes.
(*5) K: Freilich kann er dort nicht bloß infolge des
Gabenspendens wiedergeboren werden; sondern weil
dieses Geben eine Zierde des die Geistesruhe und den
Hellblick übenden Geistes ist (d.h. ihn veredelt), wird er,
nachdem er mit einem durch das Gabenspenden
veredelten Geiste die Vertiefungen und die Hohen Pfade
erweckt hat, in der Brahmawelt wiedergeboren, zwar
eben infolge der Vertiefung.
(*6) D.h. er wird ein Anāgāmī, ein Nichtwiederkehrer.
(*7) Die in diesem Text erwähnten sieben
unterschiedlichen Arten geistiger Einstellung beim
Gabenspenden werden im K wie folgt gekennzeichnet:
1. die Gabe, bei der das Begehren im Vordergrund
steht (tanhuttariya-dāna);
2. aus Respekt davor, daß der Buddha und andere
das Geben als etwas Gutes gerühmt haben
(cittikāra-dāna);
3. aus Scham und Scheu, von der Tradition
abzuweichen (hirottappa-dāna);
4. als Mittel sozialen Ausgleichs (niravasesa-dāna,
'Gabe der Unterschiedslosigkeit');
5. wegen der Würdigkeit der Empfänger (dakkhineyya-
dāna); gemeint ist hier vermutlich, daß die Gabe an
würdige Asketen und Priester denselben Rang hat
wie das im Text genannte Opfer der großen Seher
der Vorzeit;
6. wegen der durch das Geben erzeugten inneren
Freudigkeit (somanassopavicāra-dāna; vgl. die 18
manopavicāra in A.III.62; M.137);
7. als Zier und Begleiterscheinung des meditierenden
Geistes (alankāra- parivāra-dāna). Vgl. A.VIII.31.
http://www.palikanon.com/angutt/a07_045-050.html#a_vii49