Beiträge von accinca im Thema „Dukkha als existentieller Juckreiz“

    Bakram:

    Ich weiss ja nicht mal wie sehr oder ob überhaupt andere Leiden. Ich kann ihnen zwar glauben, aber ich kann ihr Leiden nicht selber erfahren. Leiden ist eben subjektiv es ist imme rpersönliches Leiden. Leiden ist quasi Privatsache. Kann man überhaupt helfen ? Man kann ! Anleiten sich selbst zu helfen: achtfacher Pfad ! Praktizieren ! Bakram


    Naja der Buddha war wohl der Meinung seine Lehre könne
    das Leiden überwinden und viele haben ihm das ja gedankt oder nicht?

    Bakram:


    Ich meine wir müssen aufpassen dass wir unser eigenes individuelles Leiden nicht auf Andere oder gar die ganze Welt übertragen (projezieren). Meiner Ansicht nach sollte man nicht von Leid in der Welt sprechen (also objektivem Leid). Das sogenannte Leid der Welt kann man selber ja nicht erfahren, nur das eigene Leid ist spürbar und real (subjektiv). Man kann das objektive Leid der Welt auch nicht vermindern (und sollte es erst gar nicht versuchen), nur sein eigenes Leid jenes welches man spürt und jenes welches man zufügt kann man beeinflussen. Bakram


    Zwischen "objektiven Leid" und "absolut objektiven Leid" gibt
    es da einen Unterschied? Übrigens das Leiden anderer kann
    man doch oft verringern und natürlich auch umgekehrt.

    Bakram:

    ... Ich schrieb ja auch es gibt kein absolut objektives Leid der Welt, aber es gibt ein subjektives Leiden (Wehegefühl) der Einzelnen. Bakram


    Vielleicht hatte ich es nicht mitbekommen aber hatte jemand
    von einem solchen "absolut objektives Leiden" gesprochen oder
    wie kam es zu deiner Aussage und wozu sollte ein solches
    "absolut objektives Leiden" notwendig sein für das Leiden und
    Elend das die Wesen erleben? Und gibt es denn überhaupt irgend
    etwas auf der Welt das die Wesen erleben und das "absolut objektiv" wäre?

    Bakram:
    accinca:


    Hättest du nicht "Es gibt quasi keine Freude" schreiben können?


    Hättes du nicht "Es ist das Begehren bzw. unser Abneigungen" da
    können wir meinen was wir wollen?


    Natürlich, spielt es eine Rolle ?


    Ich glaube schon. Der Mensch empfindet je nach Begehren ein Wohl oder
    ein Wehgefühl. Entsprechend empfindet er Freude und Leiden.
    Zu sagen es gibt quasi keine Wohl oder Wehe kann man eigentlich nicht sagen.
    Was soll denn das heißen "es gibt" oder "es gibt nicht"?
    Soweit es den "es gibt" überhaupt "gibt" und soweit es
    begehrende Lebewesen gibt sind Wohl und Wehe ein Indikator
    für die (schlechte) Qualität des Lebens und es gegenüber dem
    Wehe an möglichen Wohl mangelt.

    Bakram:

    Es gibt überhaupt kein absolutes quasi objektivierbares "Leid", kein "dukkha" auf der Welt oder sonst wo.


    Hättest du nicht "Es gibt quasi keine Freude" schreiben können?


    Bakram:


    Oder wie schon Seneca meinte: "Es sind nicht die Dinge die uns beunruhigen, sondern unsere Meinung über die Dinge". Bakram


    Hättes du nicht "Es ist das Begehren bzw. unser Abneigungen" da
    können wir meinen was wir wollen?

    Onda:

    Das ist die Didaktik des rund 300 Jahre nach Buddhas Dahinscheiden entstandenen Palikanons, mehr nicht. Von ihr auf Gautamas Motive zu schließen ist immer spekulativ. Darum: "es könnte sein..."Onda


    Das kommt daher, weil uns die Motive Gotamos bekannt sind.
    Ob jemand die Gesundheit erlangen möchte oder ob er die
    Krankheit beenden will ist nämlich das Gleiche. Darüber aber
    aber einen Streit künstlich zu entfachen ist verwerflich.

    TMingyur:


    Da kann man dann mit einem Beil die Fingerspitzen abschlagen. Dann kommt es zu Fingerstumpf-Juckreiz. Der breitet sich dann wieder überall hin aus ... Körper und sog. "Geist" ...TM


    Das nennt sich dann Dukkha das mit Leiden, Geburt und Leben nichts zu tun hat nur
    ein gewisses Unbehagen. 8)

    Onda:

    Als es dann später daran ging, eine Didaktik für seine Lehre zu entwickeln (er hatte allergrößte Bedenken, ob die Menschen seine Lehre überhaupt verstehen würden), hat er sich für dukkha als Ausgangspunkt entschieden. dukkha eignet sich gut aus pädagogischen Gründen, da die Leiderfahrung für die Menschen so universell ist, dass alle daran anknüpfen können. Onda


    Im Mittelpunkt der Lehre steht natürlich das Erwachen aus dem Leiden.
    Gesundheit ist das höchste Ziel, nibbana größtes Heil (M75) heißt es,
    und natürlich hat der werdende Buddha das Haus verlassen diese
    Leidbefreiung zu suchen. Die Überwindung des Leidens von Alter
    Krankheit und Tod in einem nie endenden Kreislauf des Todes war
    der Mittelpunkt seines ganzen Motivation. Ohne das Leiden wäre
    er niemals aus dem Hause in die Hauslosigkeit gegangen. Genau
    das sagte er auch in einer Lehrdarlegung:


    "Wären, ihr Mönche, nicht drei Dinge in der Welt anzutreffen, so würde der Vollendete, Heilige, vollkommen Erwachte nicht in der Welt erscheinen und die vom Vollendeten verkündete Lehre und Zucht würde nicht in der Welt leuchten. Welches sind diese drei Dinge? Geburt, Alter und Tod. Doch weil eben, ihr Mönche, diese drei Dinge in der Welt anzutreffen sind, deshalb erscheint der Vollendete in der Welt, der Heilige, vollkommen Erwachte, und deshalb leuchtet in der Welt die vom Vollendeten verkündete Lehre und Zucht." A 10. 76

    Onyx9:
    Onda:

    Nein - das ist Buddhadharma. Die Essenz des Buddhadharma. Die unglückliche Formulierung von "Geburt ist Leiden etc." führt auf eine gänzlich falsche Fährte. Es geht ums Erwachen - um nichts anderes. Onda


    Da hast Du nicht verstanden, daß Geburt tatsächlich Leiden ist,
    es gibt diverse Bücher, z.b. von Stanislav Grof, die das erhellend beschreiben.


    Genau, von was sollte man auch erwachen wenn nicht vom
    Dasein des Leidens der Geburt. Nur sie führt zum Tod.


    Ich sagte doch: Die gleiche Lehre und nicht eine ganz
    andere ohne Götter, Hölle und Heil.

    Onda:

    Stell dir vor, accinca, ein neuer Buddha erscheint. Im 21 Jahrhundert. Und lässt es sich, wie sein historischer Vorgänger, nicht nehmen, Lehrreden zu halten. Onda


    Ein neuer Buddha könnte erst kommen wenn die Lehre
    des vorigen Buddha nicht mehr vorhanden ist und seine
    Lehre wäre ja keine andere Lehre sondern genau die Lehre
    die alle Buddhas lehren.

    Elliot:

    Meinst Du mit "Gefühl des Abgespaltenseins" vielleicht nicht Dukkha, sondern den Ursprung von Dukkha?


    Zitat

    "Und was, Freunde, ist die Edle Wahrheit vom Ursprung von Dukkha? Es ist das Begehren, das erneutes Werden bringt, das von Ergötzen und Begierde begleitet ist, und das sich an diesem und jenem ergötzt; nämlich Begehren nach Sinnesintensität, Begehren nach Dasein und Begehren nach Daseinsmöglichkeit. Dies wird die Edle Wahrheit vom Ursprung von Dukkha genannt." (http://www.palikanon.com/majjhima/zumwinkel/m141z.html)

    Elliot


    Begehren nach Dasein und Begehren nach Daseinsmöglichkeit ist das gleiche.
    Die Übersetzung ist verhunzt.

    Elliot:

    Sofern er also nicht bewusstlos war, wird er die Hörner oder die Hufe der Kuh durchaus wahrgenommen haben.Elliot


    Genau, nur sprachlich kann man das "er" aus diesem Satz schlecht weg nehmen.
    Wenn "er" gesehenes, bewußtes usw. nur als gesehenes, bewußstes sieht und
    dadurch "er" nicht mehr dabei ist, dann ist dieser Satz schon einigermaßen paradox.


    Aber wollen wir jetzt mal die sprachlichen Probleme beiseite lassen und davon
    absehen, dann ist "er" (also der Geist) in Frieden wie es heißt. Das bedeutet:
    Die Formulierung er solle Gesehenes nur als gesehenes, gehörtes nur als
    gehörtes usw. nehmen deutet aber darauf hin, das der Geist zu dieser Zeit
    seine Aktivitäten nicht so entfaltet wie er es normalerweise bei gewöhnlichen
    Menschen tut.
    Der Zwang aus diesen Wahrnehmungsprozeßen "Hörner", "Hufe" und "Kuh"
    zu interpretieren oder möglicherweise sogar der ganze Wahrnehmungsprozeßzwang
    fällt bei einem solchen Geist weg. Das würde heißen es kann, muß aber nicht zu Wahrnehmungsprozessen kommen. So mag auch dies unterschiedlich sein.


    So kann man es auch sagen durchschaut und abgelöst (Anhangen aufgegeben).

    Maybe Buddha:

    Du bist doch, wenn ich mich recht erinnere, auch der Meinung (im Gegensatz zb zu Tmingyur), das der Buddha immer noch Kontakt, Wahrnehmung und Gefühl hatte und auch altern und sterben musste, oder?
    Wenn dem so ist, müsstest du ja auch Onda's Ansicht teiln, denn der Buddha hatte Dukkha ausgelöscht aber musste dennoch altern, erkranken und sterben. Somit kann Altern, Krankheit und sterben nur bedingt Dukkha sein... Nämlich nur wenn man Dukkha noch nicht überwunden hat.
    Oder, wie TM meint, das der Buddha durch die Erleuchtung keinen Kontakt, kein Gefühl, kein altern, keine Krankheit, kein Tod mehr kannte und erfahren hat und somit kein Dukkha mehr hatte.
    Vielleicht verwechsel ich dich jetzt auch, aber ich hab irgendwie in erinnerung das du und Elliot bei dem Thema vs TM standet...


    Sei es um deine Erinnerung. Zu dieser Sache haben wir
    "meine Sicht" ja schon eben bei der Kuh besprochen:
    "Wenn etwas gedacht wird, soll es nur Gedachtes sein.
    So solltest du dich üben: Wenn das, was du denkst, nur Gedachtes sein soll und das, was du siehst, nur Gesehenes, und das was du spürst nur Gespürtes, dann bist du nicht dabei, wenn die Kuh dich zu Tode trampelt oder aufspießt; wenn du nicht dabei bist, dann bist du weder unter den Hufen der Kuh, noch auf den Hörnern der Kuh, noch bist du vor der Kuh. Dies ist das Ende des Leidens"


    Nur gedachte, gesehenes, gespürtes, gehörtes usw. und keiner dabei.

    Onda:


    Nicht Geburt ist dukkha, nicht Altern, nicht Tod - es ist dieses Gefühl des Abgespaltenseins, dieses Leiden des abgekapselten "Ich".Onda


    Endlich eine bessere Lehre als die des Buddha
    der hat ja alles als Leiden beschrieben was natürlich
    daran lag, das ihm nichts gut genug war. Immer wollte
    er was besseres. Was ein Glück das wir nicht so sind.... oder doch?

    Onda:

    "Glaubst du wirklich, dass es "dort draußen" etwas gibt - die Erleuchtung, das Nirvana, eine besondere Erkenntnis -, das dich befriedigen könnte? Hast du je 'etwas' gefunden, das den existentiellen Juckreiz deines Geistes wirklich stillen konnte? So etwas gab es nie und wird es nie geben. Mag sein, dass der Juckreiz einen Augenblick lang nachlässt, doch selbst dann solltest du nicht vergessen, dass es "dort draußen" immer wieder etwas Neues geben wird. Solange du dich abgrenzt, wird es immer etwas geben, was du haben oder loswerden musst. Der Vorrat an diesen Dingen ist unerschöpflich. Und die Erleuchtung wird lediglich zu einem weiteren Verlangen einem weiteren Juckreiz, den zu stillen wir versuchen. "


    Steve Hagen: Buddhismus im Alltag. S. 43


    Wenigstens hat er mit seinem Buch seinen Juckreitz vorübergehend befriedigen können.