Über den Autor Zur Entstehungsgeschichte dieses Buches
( aus "Die zwei Eilboten" S.215 ff)
Bhikkhu Sujato wurde 1966 als Anthony Best in der Stadt Perth im
Westen Australiens geboren. Er wuchs in einem liberalen katholischen
Elternhaus auf und besuchte als Kind eine Schule, die von einer Christlichen
Bruderschaft geleitet wurde. In den 1980er Jahren besuchte er an
der University of Western Australia zwei Jahre lang Literatur- und Philosophievorlesungen,
brach sein Studium aber ab und begann eine Karriere
als Rock-Gitarrist in der Indie-Band Martha’s Vineyard.
Nachdem er einige Jahre erfolglos in der alternativen Musikszene verbracht
hatte, ging er Anfang der 1990er Jahre gänzlich desillusioniert
nach Thailand, um in einem buddhistischen Kloster bei Chiang Mai an
einem Retreat teilzunehmen. Obwohl er bis dahin keine Meditationserfahrungen
und Kenntnisse im Buddhismus besaß, entschloss er sich nach
dem Retreat, seine Erfahrungen zu vertiefen und fuhr zum internationalen
Kloster Wat Pah Nanachat, das im Nordosten Thailands liegt und in
der Tradition von Ajahn Chah steht. Im darauf folgenden Jahr wurde er
als Novize in den Orden aufgenommen. Im Jahr 1994 erteilte man ihm
die volle Ordination.
Bhikkhu Sujato verbrachte drei Regenzeiten (vassa) im Bodhinyana-
Monastery bei Ajahn Brahm und mehrere Jahre in abgelegenen Einsiedeleien
und Höhlen in Thailand und Malaysia, bis er 2003 wieder nach
Australien zurückkehrte.
Neben seinen Dhamma-Büchern und Essays ist Bhikkhu Sujato auch
für sein aktives Engagement für die Rolle der Frauen im Buddhismus
bekannt. Er engagiert sich insbesondere für die Wiedereinführung des
Bhikkhunî-Ordens in der Theravâda-Tradition.
Zu seinen Büchern und Essays zählen u.a. das hier vorliegende A Swift
Pair of Messengers, A History of Mindfulness, Sects & Sectarianism,
Bhikkhunî Vinaya Studies, White Bones Red Rot Black Snakes, Just a little
Peace, When Life begins, The Mystique of the Abhidhamma. [siehe unter
http://santifm.org/santipada/]
Zur Entstehungsgeschichte dieses Buches. Blogbeitrag des Ehrw. Sujato
zur Neuauflage seines Buches A Swift Pair of Messengers / Die zwei Eilboten
[2010]:
Ich begann die Arbeit an diesem Buch, als ich mich im Kloster und
Meditationszentrum Sukhavana in Ipoh, Malaysia aufhielt. Zu dieser Zeit
wurde in der Gemeinschaft viel über dieses Thema diskutiert, da in den
malaysischen Meditationszentren die Mahasi-Schule dominierte. Anfang
der 1990er Jahre gab es nur den Ehrw. Dhammavuddho, der sich für eine
lehrredenorientierte Samatha-Praxis einsetzte. Später wurden Lehrer wie
Ajahn Brahm und dann Pa Auk Sayadaw zunehmend bekannter, und ihrem
Einfluss ist es zu verdanken, dass es heute ein größeres Gleichgewicht
zwischen den beiden Ansätzen Samatha und Vipassanâ gibt.
Als ich mit meiner Meditationspraxis begann, lernte ich im Wat Ram
Poeng in Chiang Mai (Thailand) den Stil Mahasi Sayadaws. Damals hatte
ich eine Erfahrung, die überwältigend und transformativ war und mich
dazu bewog, meine Praxis einfach fortzusetzen. Ich erinnere mich, wie ich
nach Beendigung meines ersten Retreats danach fragte, welche Bücher
man zu diesem Thema lesen sollte – bis dahin hatte ich nur ein Dhamma-
Buch gelesen: Ajahn Buddhadasas Handbook for Mankind. So empfahl
man mir einige Bücher, wie z. B. What the Buddha Taught, Seeing the
Way und einige Bücher über die Mahasi-Technik. Dennoch war ich unbefriedigt.
Und so erkundigte ich mich nach diesen „Suttas“ von denen ich
gehört hatte, spürte aber einen leichten Widerwillen bei meinen Lehrern.
Dennoch bekam ich den Majjhima-Nikâya zu lesen und war begeistert.
Ich kann mich noch gut an meine Verwirrung erinnern, da ich im Majjhima-
Nikâya nichts über die Technik des Benennens, über die Vipassanâìâòas
und all die anderen Techniken lesen konnte, dir mir beigebracht
wurden. Stattdessen las ich ständig etwas über diese ominösen „Jhânas“.
Als ich mehr über die Jhânas wissen wollte, antwortete man mir, dass der
Buddha auf diese Art zu meditieren pflegte, er diese aber Technik seinen
Nachfolgern nicht empfohlen hatte. Das erschien mir etwas seltsam, aber
ich wusste damals noch nicht genug, um etwas zu erwidern.
Später, als ich nach Wat Pah Nanachat ging, übte ich weiter nach der
Mahasi-Methode. Ich entwickelte ein reges Interesse für diesen Ansatz
und las alles, was ich über Mahasi Sayadaw, U Pandita, Nyanaponika, U
Silananda und den anderen Vertretern dieses Ansatzes finden konnte. Bei
meinem ersten klösterlichen Retreat als Anagarika, das ich mit den Mönchen
im Dschungel von Dao Dum verbrachte, lernte ich das Mahâsatipaúúhâna-
Sutta in Englisch auswendig und verwendete U Silanandas
Kommentar als Studienführer. Im Grunde habe ich erst durch diese Lektüre
etwas über die Mahasi-Methode gelernt, da man mir in Wat Ram
Poeng nur Anweisungen gab, wie ich zu meditieren hatte.
In meiner Naivität konnte ich damals noch nicht verstehen, wie überhaupt
jemand Interesse daran haben sollte, Samatha zu praktizieren –
wussten diese Leute nicht, dass es nicht notwendig und sogar gefährlich
ist? Wussten sie nicht, dass man von dem dabei entstehenden Glücksgefühl
abhängig werden kann? Ich steckte in dieser wunderbaren Einbildung
fest, die Folge der Praxis des „Einen Weges“ war. Trotz allem
begann ich allmählich, mit verschiedenen Samatha-Praktiken zu experimentieren.
Das lag zum einen an dem Einfluss der Lehrreden und zum
anderen an der Meditation, wie sie in der thailändischen Waldtradition
gelehrt wird. Die Waldtradition verhält sich in Bezug auf Meditationstechniken
sehr undogmatisch und ermutigt zu jeder Technik. Ajahn
Pasanno, mein damaliger Lehrer, lehnte die Trennung von Samatha und
Vipassanâ ab. Er lehrte hauptsächlich Ânâpânasati. Dann entdeckte ich
die Metta-Praxis Ajahn Mahachatchais, die von diesem Tag an bis heute
meine Hauptpraxis blieben sollte.
Nachdem ich nun Samatha praktizierte, die Lehrreden studierte und
eine Vielzahl von Ansichten kannte, entwickelte sich bei mir eine eigene
Vorstellung. Ich akzeptierte nun, dass Samatha eine gute und nützliche
Praxis war. Doch war ich nach wie vor von einer Sache nicht überzeugt:
Wie sollte Jhâna für den Stromeintritt eigentlich notwendig sein?
Dann lebte ich drei Jahre in der Gemeinschaft von Ajahn Brahm, in
der die Samatha-Praxis augenscheinlich stark betont wird. Meine eigene
Praxis machte während dieser Zeit gute Fortschritte. Diese Fragen wurden
in der Gemeinschaft viel diskutiert und man war sich uneins in Bezug
auf dieses wichtige Thema. Ich war diesbezüglich immer noch unsicher,
insbesondere, da ich nach meiner Ankunft in Bodhinyana noch stark an
den traditionellen Standpunkt der Theravâda-Kommentare haftete. Erst
als mir klar wurde, dass die Kommentare in wichtigen Bereichen falsch
lagen, ließ ich meine Anhaftung los.
Die entscheidende Frage lag in der Beschreibung des Pfades, d.h., ob
dieser als ein „Geist-Moment“ betrachtet werden kann, wie die Kommentare
behaupten. Die Lehrredenpassagen, die dieser Auffassung widersprechen,
sind zu zahlreich und zu deutlich, um ignoriert zu werden. Wenn
die Kommentare etwas derart Wichtiges so falsch auffassen, wie sollte es
dann erst mit anderen Dingen sein?
Ich verließ Bodhinyana und landete, immer noch über die Notwendigkeit
der Jhânas im Unklaren, wieder in Ipoh. Diese Frage wurde immer
wichtiger und ich begann Nachforschungen anzustellen, insbesondere
studierte ich den Klassiker Satipaúúhâna Vipasssana Meditation: Criticisms
and Replies. Zu dieser Zeit wurden von malaysischen Mönchen, wie z. B.
Visuddhacara, Artikel publiziert, die die Meinung vertraten, es gäbe einen
breiten Konsens über die Irrelevanz der Jhânas.
Ich habe mir das alles sehr sorgsam durch den Kopf gehen lassen. Eine
vernünftige Erklärung lag mir sehr am Herzen. Mir ging es nicht darum,
mich in eine Kontroverse einzumischen, aber all diese unterschiedlichen
und respektierten Lehrer machten nun mal unterschiedliche Aussagen zu
diesem Thema. Weil ich in meiner eigenen Praxis Klarheit suchte und
auch anderen diesbezüglich präzise Ratschläge geben wollte, musste ich
diese Frage wirklich verstehen.
Ich arbeitete mich Schritt für Schritt durch die Argumente gegen die
Samatha-Praxis, nahm mir die Aussagen der Vipassanâ-Meister vor und
verglich sie genau mit den Lehrreden. Nach einiger Zeit wurde mir bewusst,
dass ihre Argumente von den von ihnen zitierten Lehrredenpassagen
nicht gestützt werden. Und je mehr ich mich in die Lehrreden einarbeitete,
desto mehr erkannte ich die Bedeutung von Samatha.
Die wesentliche Einsicht, die das Problem bei mir löste, war ganz einfach:
Immer, wenn ich die Passagen las, die von den Vertretern der Mahasi-
Schule zur Untermauerung ihres Ansatzes der „reinen-Einsicht“ zitiert
wurden, stellte ich fest, dass ich versuchte, all diese unklaren, seltenen
kleinen Passagen mal hier und mal dort in den Lehrerden zu interpretieren,
während die zentralen Passagen über die Praxis immer ignoriert zu
werden schienen. Ich dachte über einen Ratschlag nach, den Ajahn Brahm
vom Ehrw. Nyanaponika erhalten hatte: Dass zentrale Lehraussagen niemals
durch geringfügigere oder sekundäre Passagen herabgesetzt werden
sollten, besonders, wenn es sich um zweifelhafte Interpretationen handele.
Mit wurde zunehmend klarer, dass die Vipassanâ-Schule zur Untermauerung
ihres Argumentes systematisch alle Hauptlehraussagen zur Praxis
unter Zuhilfenahme der komplizierten Struktur des Abhidhamma wegerklären
musste, die, wie ich davor bereits feststellen konnte, mit den
Lehrreden überhaupt nicht übereinstimmt.
Dies ist auf den ersten Blick nicht sofort zu erkennen, da die zugrunde
liegende Theorie gewöhnlich hintangestellt wird, wenn die Vipassanâ-
Technik gelehrt wird. Sie kommt aber sehr deutlich zum Vorschein, wenn
man – wie in Satipaúúhâna Vipassana Meditation: Criticisms and Replies –
zum Kern der Sache vordringt.
Schließlich habe ich mich entschieden, einige meiner Beobachtungen
in einem Essay zu fixieren, das den Namen A Swift Pair bekommen sollte.
Das Buch wurde handschriftlich verfasst und ist dann von einigen Laien-
Unterstützern in Ipoh abgetippt und digitalisiert worden. Der Original-
Entwurf enthielt ein Kapitel, in dem ich alle Behauptungen der Vertreter
der Mahasi-Schule durch den Vergleich mit den Lehrreden Punkt für
Punkt widerlegt habe. Dieses Kapitel habe ich später wieder herausgenommen,
da ich es für zu konfrontativ hielt. Vieles von dem Material
wurde jedoch an anderen Stellen wieder ins Buch eingearbeitet. Ich bedaure
dies, denn man hätte so die einzelnen Positionen und Argumente
klarer verstehen können. Leider sind meine Quellenangaben mittlerweile
verlorengegangen.
Das Buchmanuskript wurde nach einiger Kosmetik im Jahr 2000 von
Inward Path in Penang herausgegeben. Damals wurden 2000 Exemplare
gedruckt, gleichzeitig wurde die PDF-Datei des Buches im Internet zum
Download zur Verfügung gestellt.
2010 habe ich dieses Buch hauptsächlich aus stilistischen Gründen
noch einmal überarbeitet: Das Original war zu formell und gedrungen.
Ich war so in die Welt der Lehrreden vertieft, dass ich irgendwie vergessen
haben muss, dass die meisten an dieser Arbeit Interessierten vielleicht
noch nie eine Lehrrede gelesen haben. Mit meiner Überarbeitung habe ich
versucht, das Buch etwas verständlicher zu machen. Obwohl man stilistisch
und inhaltlich noch viel mehr machen könnte, ist diese überarbeitete
Neuauflage alles, was ich im Augenblick bewerkstelligen konnte. Aufgrund
meines Zeitmangels habe ich mich gleich zu Beginn der Überarbeitung
entschieden, die Recherchen nicht auf den neuesten Stand zu brin-
gen, sondern nur den Prosa-Teil. So enthält die neue Fassung im Grunde
denselben Inhalt wie die erste Version. Im Text wurden lediglich einige
komplexere und umständliche Ausführungen herausgenommen und mehr
Erklärungen hinzugefügt.
Seit der ersten Veröffentlichung im Jahre 2001 hat die Samatha-
Meditation so etwas wie ein Comeback erlebt und scheint mittlerweile
offensichtlich voll im Trend zu liegen. Dies bringt natürlich neue Probleme
mit sich, die jedoch über den Rahmen dieses Buches hinausgehen.