Beiträge von void im Thema „Wollen Buddhisten zurück in den Mutterschoss‏ ?‏‏“

    Dorje Sema:

    Meine etwaige Antwort lautete: das Milarepa unter dem Aspekt der Prajnaparamita ( dem Mutterschoß der Buddhas der drei Zeiten und zehn Richtungen) in der letzten Belehrung an Gampopa sein weißes Gewand hinten herum hochzog; und selbigem seinen mit Hornhaut und Schwielen besetzten Popo zeigte, mit der Aussage dies sei die höchste und geheimste Belehrung, manifestierte.


    Es bringt mich ein wenig zum Schmunzeln weil es so nahe an einem Koan ist: Als Joshu gefragt wird „Welche Bedeutung hat Bodhidharmas Kommen aus dem Westen?“ geht es ja auch um so ein Thema. Wie kann ein Befreiter etwas wollen, z.B so eine Reise unternehmen, wo in ihm doch der Wille versiegt ist? Joshu antwortet: "Der Eichbaum dort im Garten“ was ziemlich Nahe an Gampopas Antwort ist. Der Sinn eines Koans ist es natürlich, diese Antwort in ihrer ganzen Tragweite zu realisieren ansatt schwielenlos flockig drumrumzulabern.


    Praxis fängt natürlich mit Willen an, aber irgendwann fällt dieser Wille weg und die Praxis verselbständigt sich. Kommt nicht mehr aus dem Kopf, sondern wächst aus dem Boden. Korrig & Schwielig.


    Ich sage doch nirgendwo dass die Suche nach Glück und Vertrauen etwas ist, was verkehrt läuft. Ich sage nur, dass der Dharma keine Suche nach glüklichen Geisteszuständen ist. Diese können sich auf dem Weg ergeben, aber man kann auch an ihnen ganzschön anhaften.


    Mal ein Beispiel: Wenn dir jemand etwas Unagenehmes sagst, dann kannst du das an die Vorbeirauschen lassen und dich auf innere glückliche Geisteszustände konzentrieren. Das ist etwas ganz anderes als wenn du innerliche so gefestigt bist dass du dich ganz auf den anderen und seine Kritik einlassen kannst. Im ersten Fall benutzt du budhistische Techniken als Flucht um Ungenehmes auszublenden und sich ihm nicht stellen zu müssen. Das ist auch für den anderen blöd, der mit dir ein offenes Gespräch sucht, aber subtil abgewiesen wird. In seiner expliziten Form, also wenn man zu anderens agen würde "Das was du mir sagst, geht mir sonstnochwo vorbei" oder wenn man sich wegdreht und so tut als beachtet man den anderen nicht, würde ein solche Verhalten als extrem rüde,unhöflich un beleidigend betrachtet werden. Als Zeichen von Ungeduld und Ignoranz. In der subtilen Form, wo du dich auf den Atem konzentrierst satt auf den Gesprächpartner kannst du dir dagegen vormachen es handle sich um Geduld und Achtsamkeit, um einen Abbau von Anhaftungen oder sonstnochwas.


    Buddha war jemand der aus dem angenehmen Umfeld seines elterlichen Palastes ausbracht und sich mit der leidhafte Wirklichekeit konfrontierrte. Soll seine Lehre dazu dienen sich in seinem Inneren einen Wolkenkuckuckspalast aufzubauen, in den man sich schmiegen kann, wenn die Realität mal wieder zu gemein zu einem war?

    Mascha:


    Wer (wie 40-60% von uns) unsicher gebunden, oder sogar frühkindlich traumatisiert wurde, der sucht nach ebendiesem - soweit einverstanden. Nur was ist regressiv oder Deva-Strahlemann-Bereich an

    Zitat

    sichere Bindung an diese, die ihn durchs halbe Leben trägt: vertrauensvoll, zuversichtlich und selbstbewußt.

    ??


    Es ist nichts verkehrt oder regressiv oder gar retardiert daran, das Vertrauen suchen und finden zu wollen, das Kinder ursprüglich hatten. Es ist im Gegenteil erwachsen und gesund :)


    Das kindliche Vertaruen und Glück wiederzufinden ist an sich gut.


    Aber was machst du damit? Benutzt du es erwachsen und verantwortungsvoll oder betrachtest du es als einen Endzweck? Benutzt du die gewonnene Freheit um in Richtung der Freheit weiterzuwandern oder legst du dir deine Freheit als Fessel an? Es ist problematisch insofern als es dazu dient sich von dem Leid der anderen abzuschotten. An friedvollen Geisteszuständen kann man sehr anhaften und sich auch durchaus ein "erleuchtetes Ego" daraus konstruieren.


    Matthias65:


    warum sollen friedvolle Geisteszustände ein "Wellness Kokon" sein ?
    Bei dem Thread "Samsara" habe ich geschrieben, das es im Buddhismus darum geht, die "84.000 Geistesgifte" zu reduzieren, um sie dann ganz zu überwinden. Und diesen "friedvollen Geisteszustand" bewertest Du nun etwas abfällig mit "Wellness Kokon" ? Im Threead "Samsara" sprach ich von "Nirvana" oder "Buddhaschaft", wenn dieser friedvolle Geisteszustand erreicht ist. Vielleicht kannst Du das nochmal näher erklären was Du meinst?


    Es ist ja nicht jeder friedvolle Geisteszustand gleich eine Buddhaschaft. Da kann man sich druchaus auf einen Nebengipfel verirren und dann denken, man sei dort, wo es nicht mehr weitergeht. Und insofern man sich da ins Aus manövriert hat, ist es eine Sackgasse. Das was Buddhschaft ausmacht ist ja, dass man sich ganz auf dem Boden der Wirklichkeit und nicht in bedingten, konstruierten Geisteszuständen befindet, mögen sie noch so subtil und angenehm sein.


    Wenn es jemanden schlecht geht und er ist Alkoholiker, dann greift er nach der Flasche, um das ihn umgebende Leid nicht zu spüren. Genauso kann man sich eine Praxis angewöhnen, mit der man in angenehme Geisteszustände gerät. Dann greift man aus einer ähnlichen Motivation zum Meditationskissen wie der Alkoholiker zur Flasche. Als einer Flucht, um sich der Wirklichkeit nicht stellen zu müssen. Als einer sehr subtilen Form der Anhaftung die sich selbst als buddhitische Praxis verstehen kann.

    Das ist durchaus eine sehr legitime Frage.


    Jemand der das Glück einer harmonischen Kindheit hatte, trägt im besten Fall ein Grundvertrauen in sich, einen "inneren Mutterschoss", der es ihm ermöglicht sich auch schwierigen Situationen mutig und geduldig auszusetzten. Jemand anderes der das nicht hatte sucht dies grundlegende Geborgenheit sein ganzes Leben lang. Aber wozu sucht man die Geborgenheit?


    Um sich darin fallenzulassen? Sich einen Wellness-Kokon aus friedvollen Geisteszuständen zu basteln, in dem man wohlig plätschernd herumvergitieren und am Däumchen lutschen kann. Ich glaube in der buddhitischen Tradition ist man sich der Gefahr derartiger Gesteszustände sehr bewusst und man assoziiert sie mit den Deva-Bereich (Strahlemann und Söhne). Da man da aber nicht in der Wirklichkeit ruht sondern in irgendwelchen selbstgebastelten Geisteszustände schwelgt, ist ein darartiges Glück an Bedingungen gebunden. Es ist eine Flucht und früher oder später gibt es ein schlimmes Erwachen. Die Welt auszusperren funktioniert nicht.


    Auf der anderen Seite ist der buddhitische Weg durchaus ein Weg zurück, bei der man die Energie die sich in allerlei Anhaftungen verfranst hat wieder einsammelt. Aber eben nicht um darin zu schwelgen sondern um befreit von der eignen (Sehn-)sucht sich der Welt, dem Leid und anderen Menschen stellen zu können.


    Natürlich kann der erste Ansatz, an den Rockzipfel der archaischen Übermutter zu fliehen und wieder glücklich zu retardieren, den zweiten korrumpieren. Religion wird dann nicht zu einer "Beendigung aller Sucht" sondern zu einem nur noch wirksameren Mittel zu Flucht und Sucht.


    Die Tödliche Doris: Über - Mutti