Rechte Rede

  • Isabel:

    Hallo ihr ;)


    Ich habe mir seit einiger Zeit vorgenommen, darauf zu achten, wenn ich mich mit jemandem unterhalte, nicht schlecht über Dritte zu reden, immer die Wahrheit zu sagen und dabei so mitfühlend wie möglich vorzugehen. Nun stellt sich mir folgendes Problem: meine Gesprächspartner fangen sehr oft an, über nicht-anwesende Personen schlecht zu reden bzw ihren gesamten Unmut über eine bestimmte Person bei mir "abzuladen". Nun will ich ja nicht unhöflich sein und sagen "Können wir bitte über etwas anderes reden? Ich lästere nicht so gerne über andere...", denn es interessiert mich ja, was sie bewegt, aber ich will nicht in den Klatschsermon einstimmen. Bisher beschränke ich mich darauf, entweder nichts zu sagen oder so allgemeine Antworten zu geben wie "Aha." oder "Okay." Wirklich befriedigend finde ich das aber nicht.
    Was kann ich tun?


    Liebe Grüße,
    Isabel


      Grüß Dich Isabel,
      denkst du es wäre so viel schlechter den Leuten, entsprechend deiner Stimmungslage, die Meinung zu sagen?

  • Isabel:

    Ich habe mir seit einiger Zeit vorgenommen, darauf zu achten, wenn ich mich mit jemandem unterhalte, nicht schlecht über Dritte zu reden, immer die Wahrheit zu sagen und dabei so mitfühlend wie möglich vorzugehen. Nun stellt sich mir folgendes Problem: meine Gesprächspartner fangen sehr oft an, über nicht-anwesende Personen schlecht zu reden bzw ihren gesamten Unmut über eine bestimmte Person bei mir "abzuladen". Nun will ich ja nicht unhöflich sein und sagen "Können wir bitte über etwas anderes reden? Ich lästere nicht so gerne über andere...", denn es interessiert mich ja, was sie bewegt, aber ich will nicht in den Klatschsermon einstimmen. Bisher beschränke ich mich darauf, entweder nichts zu sagen oder so allgemeine Antworten zu geben wie "Aha." oder "Okay." Wirklich befriedigend finde ich das aber nicht.
    Was kann ich tun?


    Hallo Isabell,


    da geht es mir ähnlich. Ich rede auch, so gut es mir gelingt, nicht schlecht über andere. Auch stimme ich mich nicht in in solche Rede ein, wenn sie bei jenen aufkommt, mit denen ich gerade bin.


    Je nach Situation habe ich folgende Erfahrungen gemacht:


    -- Nichts dazu sagen. Kein Kommentar. Kein Mitreden. Wenn die innere Absicht und Vertrauen in mir stark genug ist, wirkt das auch nach außen. Die 'Schwingungen' kommen an, das Thema verebbt. Dabei darf ich natürlich nicht in inneren Ablehnung über das Verhalten der anderen fallen, sondern muss immer zur freundlicher Zuversicht und Vertrauen ins Dhamma zurückkehren.


    -- Weg gehen. manche Situationen sind so, dass ich mich dann einfach Verabschiede, mich woanders hinstelle, mir andere Gesprächspartner suche, wenn die negative Kraft der anderen in dem Moment zu stark ist und ich das oben beschriebene nicht anwenden kann, d.h., wenn es mich in dem Moment zu sehr 'aus der Bahn' wirft.


    -- Aussprechen. Ich sage, dass es mir nicht gefällt, in Abwesenheit Dritter schlecht über sie zu reden. Oder ich erwähne, dass es leicht fällt, schlecht über andere zu reden, wie es denn wäre es denn zur Abwechslung mal damit wäre, etwas Gutes über andere zu sagen. Manchmal kommt es an Das kommt oft an, denn niemand möchte, dass über sie/ihn schlecht geredet wird und kann es nachvollziehen. Außerdem ist diese Moral natürlicherweise in uns angelegt, so, dass wenn sie von außen jemand anregt, schnell ein 'schlechtes Gewissen' da ist. Auch hier gilt: mein Vertrauen muss gut sein´, damit es mir damit gut geht.


    Aus eigener Erfahrung kann ich Dich nur dazu ermutigen. Mein Umgang damit hat mir gezeigt, dass es nur dann wirklich heilsam für mich und andere ist, wenn ich genau in mich hineinspüre, was ich gerade brauche. Denn sonst kann es leicht zu einer schadhaften-Kopf-Aktion verkommen. Es hat eine Weile gedauert, aber mit der Zeit bin ich immer sicherer darin geworden.


    Schöne Grüße

  • Mirco:

    Zitat

    -- Aussprechen. Ich sage, dass es mir nicht gefällt, in Abwesenheit Dritter schlecht über sie zu reden.


    Find ja schlechte Rede zu Anwesenden schlimmer.
    Manche kriegen schon Herpes und rote Empörbäckchen, wenn die Rede mal ein bischen nah und rauh wird. :roll:
    Da sag ich: Was geht, Herr Biedermeier - Prinzessin uff die Erbse... ? Mal hingucken, wieso man da so einknickt. Nicht Verantwortung an die Umwelt abgeben.

    Honen Shonin: "Weil es den Übenden in der heutigen Zeit aber gut geht, finden sie Einschränkungen schwer."

  • Mirco:

    Dabei darf ich natürlich nicht in inneren Ablehnung über das Verhalten der anderen fallen, sondern muss immer zur freundlicher Zuversicht und Vertrauen ins Dhamma zurückkehren.


    Das ist wirklich wichtig. Danke.

  • Mirco:

    Zitat

    Dabei darf ich natürlich nicht in inneren Ablehnung über das Verhalten der anderen fallen, sondern muss immer zur freundlicher Zuversicht und Vertrauen ins Dhamma zurückkehren.


    "Darf ich nicht, muss ich"... Ist mir zu künstlich. Zu moralisch. Das ist die Sprache des unbemühten Sitzens. Es heißt, das Sitzen umfasst die drei Übungsfelder. Das ist so.
    Ich seh oft Leute, die den Zeigefinger heben und erziehen, sie scheinen ängstlich dabei. Ängstlich bekümmert um ihr Seelenheil und die biedere Harmonie. Aber das kommt einem Ersticken gleich und das nenn ich Fremdbestimmung.
    Achtsamkeit verwickelt sich gar nicht in dem Maße im Selbstschutzinstinkt, der dies und das verlangt.

    Honen Shonin: "Weil es den Übenden in der heutigen Zeit aber gut geht, finden sie Einschränkungen schwer."

  • Ist es denn nicht schon Selbstgefälligkeit nach einem Planwerk für "rechte Rede" zu verlangen ?

    Honen Shonin: "Weil es den Übenden in der heutigen Zeit aber gut geht, finden sie Einschränkungen schwer."

  • al-Nuri:

    Ist es denn nicht schon Selbstgefälligkeit nach einem Planwerk für "rechte Rede" zu verlangen ?


    ein Kontrollversuch bedeutet, ich will (es so und so) haben -
    meinst du das?

  • Rechte Rede bedeutet für mich auch mit anderen darüber zu diskutieren was und wie sie etwas sagen.
    Wenn jemand Kritik über jemand anderen äußert, dann ist dies nicht immer schlechte Rede. Es kann ja auch der Wunsch sein andere auf ihr Fehlverhalten hinzuweisen.
    Wenn man die "rechte Rede" zu passiv interpretiert, dann kann dies unter Umständen dazu führen, dass man gleichgültig wird. Ermahnende Worte können für alle beteiligten hilfreicher sein als ein schweigen.
    Das muss man wohl jedes Mal neu abwägen. Wenn man "schlecht" über jemanden spricht, dann kann dies ja auch eine Verunsicherung sein und man möchte eine zweite Perspektive haben. Aus Sicht der
    Brahmanen waren vielleicht auch Buddhas lehren eine "schlechte Rede". Die Motivation ist wohl das entscheidende. In einer Demokratie mit Meinungsfreiheit gehört es ja eben dazu, dass wir frei eine Meinung äußern dürfen und das bedeutet fast immer, dass es irgendeinen gibt der uns dafür kritisiert und eine Gegenposition einnimmt. So gibt es ja auch zu recht Kritik am Buddhismus und wir sollten dies nicht als unrechte Rede abtun, sondern uns damit auseinander setzen und selbstkritisch prüfen ob etwas hilfreiches an der Kritik dran ist.

  • al-Nuri:

    Mirco:

    Zitat

    ... Ich sage, dass es mir nicht gefällt, in Abwesenheit Dritter schlecht über sie zu reden.


    Find ja schlechte Rede zu Anwesenden schlimmer.


    Mit Meinungen ist es wie mit der Austrittsöffnung des Darmes - jeder hat eine.


    Schöne Grüße

  • boehnchen:
    al-Nuri:

    Ist es denn nicht schon Selbstgefälligkeit nach einem Planwerk für "rechte Rede" zu verlangen ?


    ein Kontrollversuch bedeutet, ich will (es so und so) haben -
    meinst du das?


    Ja. Ablehnung-Zuneigung. Besser: mehr sitzen und angenehmen ( aber bloß nicht perfekten 8) ) Umgang pflegen. Und nich so ville erwarten. Von niemandem. Ferdsch.

    Honen Shonin: "Weil es den Übenden in der heutigen Zeit aber gut geht, finden sie Einschränkungen schwer."

  • Es kommt wohl auf die Umstände an, eine starre Regel ohne Ausnahmen ist rechte Rede nicht glaube ich.


    Man soll die Wahrheit sagen, aber wenn man z.B. durch eine Lüge großes Unheil verhindern kann, dann würde ich nicht zögern zu lügen.
    Man soll nicht andere kritisieren, aber wenn man jemand vor einem unheilsamen Einfluss warnen kann, dann würde ich das tun.
    Man soll nicht roh und unangenehm reden aber auch wenn eine Wahrheit unangenehm wirkt, werde ich sie nicht verschweigen oder beschönigen.
    Man soll nicht schwätzen aber wenn man einem einsamen Menschen mit einem Schwätzchen aus einer Depression helfen kann, werde ich auch über belangloses Zeug reden.


    Und ich hoffe dass mir das alles keine schlechten karmischen Reaktionen einbringt, weil die Absicht dahinter gut ist.

  • mukti:


    Und ich hoffe dass mir das alles keine schlechten karmischen Reaktionen einbringt, weil die Absicht dahinter gut ist.


    Nein, keine schlechten, aber Karma erzeugt das schon, Mukti, davon bin ich überzeugt. :D

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Solange dabei an Karma gedacht wird, wird Karma erzeugt. Jedenfalls für mein Verständnis von Karma.
    Wenn ich was tue in guter Absicht und ohne Gedöns vorher oder nachher, ohne zu erwägen "Was bringt es mir?", kann da doch kein Karma mehr entstehen.
    Solange ich hoffe, es möge kein schlechtes Karma entstehen, entsteht Karma. Aber ich finde das nicht schlimm.

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • Ich finde das auch nicht schlimm, liebe Doris. Ich selbst denke auch nicht an Karma. Insofern muss ich meinen Beitrag korrigieren.


    Nisargadatta Maharaj hat einmal auf die Frage eines Schülers, woher er denn wisse, dass seine "innere Stimme" ihm das richtige sage, geantwortet, weil ich mich nicht fürchte, nichts begehre und niemanden hasse.
    Wenn ich aufhöre, mich zu fürchten, ging dem vielleicht voraus, dass ich aufhörte, mich darum zu kümmern, was andere von mir denken, oder indem ich eine gesunde realistische Einschätzung meiner Selbst habe. Zu wissen, dass ich sterblich bin und letztlich alles vergänglich, ist ebenso hilfreich, genauso wie dennoch lebendig zu bleiben, die Situation richtig zu bewerten und couragiert zu sprechen und zu handeln.
    Ich denke, dass das die wichtigsten Voraussetzungen überhaupt sind, um im Sinne "tue Recht und scheue niemand" handlungsfähig zu sein. Das war übrigens der Lieblingsspruch meines Vaters. :lol:
    Aber: Alles leichter gesagt als getan. ;)
    _()_ Monika

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Monikadie4.:
    mukti:


    Und ich hoffe dass mir das alles keine schlechten karmischen Reaktionen einbringt, weil die Absicht dahinter gut ist.


    Nein, keine schlechten, aber Karma erzeugt das schon, Mukti, davon bin ich überzeugt. :D


    Mag sein, Hauptsache es geht aufwärts und nicht abwärts. Dann verbessern sich auch die Voraussetzung für die Erleuchtung.

  • "ich liebe diesen abscheulichen und hasserfüllten Menschen und ich liebe mich dafür, dass ich diesen abscheulichen Menschen hasse"


    Erzeugt das Karma ? Und wenn ja welches ? :)

  • keks:

    "ich liebe diesen abscheulichen und hasserfüllten Menschen und ich liebe mich dafür, dass ich diesen abscheulichen Menschen hasse"


    Erzeugt das Karma ? Und wenn ja welches ? :)


    Verwirrung würde ich sagen ;)

  • Hi al-Nuri

    al-Nuri:

    Besser: mehr sitzen und angenehmen ( aber bloß nicht perfekten 8) ) Umgang pflegen. Und nich so ville ...


    das ist kein Kontrollversuch? (Ablehnung-Zuneigung)

  • mukti:

    Und ich hoffe dass mir das alles keine schlechten karmischen Reaktionen einbringt, weil die Absicht dahinter gut ist.


    Dhamma zum Gruße, mukti,


    ich hab' es so gelernt:


    Die Tat an sich wirkt eindeutig und die Absicht dahinter bestimmt, wie stark die Wirkung ist.


    Bedeutet im Fall dieses Threads wohl: wenn ich mit 'guter Absicht' schlecht über jemanden Spreche, dann erfahre ich die Auswirkungen davon in milderer Form, als täte ich es mit schlechten Absichten. Die negative Wirkung aber bleibt.


    Grüße

    Einmal editiert, zuletzt von Mirco ()

  • Jojo:
    Losang Lamo:

    Aber wenn's mich triggert, labere ich natürlich selber immer noch kräftig mit. Wie gesagt, Rechte Rede ist eine Übung. Mein persönliches Hauptarbeitsfeld, wo ich unendlich viel zu lernen habe.


    Passiert mir leider auch immer wieder. Grad gestern noch. :cry:
    Zwar nicht plump offen, - hm, das war NICHT-GUT.
    Bin immer wieder überrascht, wie krass destruktiv das wirkt. Vor allem für mich selbst.
    Ich muss immer wieder, immer wieder: Einfach mal die Fresse halten :cry: und schlicht aushalten, was mir dabei an Emotionen durch den Körper brettert


    Die Klappe halten ist SEHR gut !
    Manchmal gehe ich abends beschämt in mein Bett,
    und ziehe die Bettdecke ueber mein Hirn,
    weil ich wieder mal nicht geschwiegen habe
    und der ganze Unsinn tatsächlich auf mich selbst zurueckfällt :idea:


    Die rechte Rede und gutgemeintes Mitgefuehl
    kommt in den meisten Fällen eh nich gut - versteht kaum einer ..... weil : immer Nur draufhauen,
    insbesondere verbal.
    Es gibt Zeiten, da möchte ich aus dieser Welt einfach verschwinden . . .


    LG, Gitte

    Es ist eine wahre Schmach und Schande, daß wir Christen wie blinde Hühner umhergehen und nicht erkennen, was in uns ist und davon gar nichts wissen.
    Johannes Tauler

  • mukti:

    Es kommt wohl auf die Umstände an, eine starre Regel ohne Ausnahmen ist rechte Rede nicht glaube ich.


    Ich denke, es ist besser, den Verzicht auf bestimmte Redeweisen als Teil eines "Heilungsprozesses" zu betrachten. So weiß man zumindest, wie man "Ausnahmen" (die ja vorkommen können) zu bewerten hat.


    Die eigenen Absichten für gut zu halten, macht sie nicht deswegen auch schon gut. Und wer meint, er müsse sich auf "dünnes Eis" begeben, um dort Eingebrochene zu retten, der sollte sich nicht wundern, wenn er selbst einbricht.

  • brigittefoe:

    Es gibt Zeiten, da möchte ich aus dieser Welt einfach verschwinden . . .


    [/color]


    Ich auch, liebe Gitte! Deshalb suchen wir ja nach einer L Ö S U N G.
    _()_ Monika

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)