Charles Taylor: Ein säkulares Zeitalter

  • Ich lese gerade das Buch "Ein säkulares Zeitalter" von Charles Taylor.


    Was heißt es, daß wir heute in einem säkularen Zeitalter leben? Was ist geschehen zwischen 1500 – als Gott noch seinen festen Platz im naturwissenschaftlichen Kosmos, im gesellschaftlichen Gefüge und im Alltag der Menschen hatte – und heute, da der Glaube an Gott, jedenfalls in der westlichen Welt, nur noch eine Option unter vielen ist?

    Um diesen Wandel zu bestimmen und in seinen Folgen für die gegenwärtige Gesellschaft auszuloten, muß die große Geschichte der Säkularisierung in der nordatlantischen Welt von der frühen Neuzeit bis in die Gegenwart erzählt werden – ein herkulisches Unterfangen, dem sich der kanadische Philosoph Charles Taylor in seinem mit Spannung erwarteten neuen Buch stellt. Mit einem Fokus auf dem »lateinischen Christentum«, dem vorherrschenden Glauben in Europa, rekonstruiert er in geradezu verschwenderischem Detail die entscheidenden Entwicklungslinien in den Naturwissenschaften, der Philosophie, der Staats- und Rechtstheorie und in den Künsten. Dem berühmten Diktum von der wissenschaftlich-technischen »Entzauberung der Welt« und anderen eingeschliffenen Säkularisierungstheorien setzt er die These entgegen, daß es die Religion selbst war, die das Säkulare hervorgebracht hat, und entfaltet eine komplexe Mentalitätsgeschichte des modernen Subjekts, das heute im Niemandsland zwischen Glauben und Atheismus gefangen ist.

    Bei seiner Darstellung tritt er vereinfachenden Darstellungen entgegen die diese Geschichte als - wie er das nennt "Subtraktionsgeschichte" erzählen. In diesen wird von der Zurückdrängung des Religiösen so erzählt, dass sich beim Wegfall des Religiösen nahezu automatisch die moderne Auffassung als die einzige "wirkliche Sicht auf die Welt" auftut. Dem gegenüber betont er ein wie komplexes Hin und Her die reale Geschichte des Säkularen war.


    Weil dies ja auch für den Buddhismus und insbesondere für den säkularen Buddhismus interessant sein könnte, dachte ich mir, das ich in diesem Thread einige Konzepte aus dem Buch und meine Gedanken dazu hineinstellen.

  • void

    Hat den Titel des Themas von „Ein säkulares Zeitalter“ zu „Charles Taylor: Ein säkulares Zeitalter“ geändert.
  • Wenn man an die Säkularisierung denkt, dann denkt man natürlich als erstes an die Zeit der Aufklärung rund um die französische Revolution in der das Christentum immer mehr in die Defensive gerät.


    Von daher ist es interessant, dass Charles Tylor da wo anders ansetzt - bei "Entzauberung der Welt" innerhalb des Christentums.


    Zitat

    Wenn wir uns anschauen, wie die normalen Leute und bis zu einem gewissen Grade auch die Angehörigen der Elite vor 500 Jahren gelebt haben, können wir in zahllosen Hinsichten erkennen, inwiefern es sich so verhielt. Zunächst einmal lebten diese Menschen in einer Welt der guten und der bösen Geister. Zu den bösen gehörte natürlich auch Satan, aber ganz abgesehen von ihm wimmelte es in der Welt von zahllosen Teufeln, die von allen Seiten her drohten: Dämonen und Geister des Waldes und der Wildnis, aber auch Teufel, von denen im Alltag Gefahr ausging. Auch auf der Seite des Guten waren die handelnden Geister zahlreich. Zu ihnen gehörten außer Gott die Heiligen, die angebetet wurden. In bestimmten Fällen besuchte man ihr Grab oder den Reliquienschrein, etwa weil man auf Heilung hoffte oder weil man sich für eine bereits erbetene und gewährte Heilung bedanken wollte. In anderen Fällen ging es um die Errettung aus höchster Gefahr, beispielsweise bei einer Seefahrt. Diese außermenschlichen Akteure kommen uns vielleicht gar nicht so fremd vor. Sie verstoßen zwar gegen den zweiten der oben erwähnten Grundsätze der modernen Weltanschauung, wonach der menschliche Geist (wie wir normalerweise zu glauben geneigt sind) als einzige Form des Geistigen im Kosmos gilt. Dennoch scheinen diese Akteure einem ähnlichen Bild des Geistigen zu entsprechen wie wir selbst: Auch ihr Geist ist derart, daß ihm Sinn oder Bedeutung in Gestalt guter oder böser Absichten innewohnen kann. Allerdings wird die Fremdartigkeit der verzauberten Welt bei dieser Betrachtungsweise nicht deutlich genug. Gerade am Heiligenkult läßt sich ablesen, inwiefern die Kräfte in diesem Fall nicht durchweg Akteure, subjektive Wesen waren, die darüber entscheiden konnten, ob sie jemandem einen Gefallen taten. Vielmehr wohnten auch Dingen Kräfte inne.2 Denn das segensreiche Wirken der Heiligen wurde oft mit den Zentren in Verbindung gebracht, an denen ihre Reliquien aufbewahrt wurden. Dabei handelte es sich entweder um einen (vermeintlichen) Teil ihres Körpers oder um einen Gegenstand, der zu Lebzeiten eine mit ihnen zusammenhängende Rolle gespielt hatte, etwa Splitter des echten Kreuzes oder das Schweißtuch, das die heilige Veronika benutzt hatte, um das Gesicht Christi abzuwischen, und das bei bestimmten Gelegenheiten in Rom zur Schau gestellt wurde. Daneben lassen sich weitere Gegenstände anführen, die mit sakramentalen Kräften ausgestattet waren, wie zum Beispiel die Hostie oder zur Lichtmeß geweihte Kerzen und dergleichen. In diesen Gegenständen steckte spirituelle Kraft, und deshalb mußte sorgfältig mit ihnen umgegangen werden. Falls sie falsch behandelt wurden, konnten sie schrecklichen Schaden anrichten. Im Grunde gab es in der verzauberten Welt keine wirklich klare Grenzlinie zwischen personaler Handlungsfähigkeit und nichtpersonalen Kräften. Das läßt sich ebenfalls am Fall der Reliquien erkennen. Die von ihnen bewirkten Heilungen galten ebenso wie der Fluch, der auf denen lastete, die sie gestohlen oder sonstwie falsch behandelt hatten, als Wirkungen, die von ihnen als Kraftzentren ausgingen und zugleich von dem Entgegenkommen oder dem Zorn des Heiligen, dem sie gehörten.


    Das heißt es gab in der "verzauberten Welt" keine Trennung zwischen Geisteszuständen und Welt und Dinge wie Sünde und Krankheitvkagen nahe beieinander.


    Der Weg den Tylor nachteichnet ist der von einem "porösen Selbst" , das ein Spiel äußere Kräfte, Gottheiten und Mächte ist , hin zu einem "abgebufferten Selbst" das sich als unabhängig von der Welt sieht.


    Diese Entwicklung hatte viel mit der Hexenverfolgung zu tun. Während gebildete Eliten und vor allem geistliche auch im Mittelalter einen Bezug zum Christentum der Bibel hatte, gab es gerade in der Volksfrömmigkeit sehr viele magische Elemente. Man setzte der schwarzen Magie eine weiße Magie entgegen. Zum Ausgang des Mittelalter wurde dies aber zunehmend als Problem gesehen und man versuchte auch das gemeine Volk "richtig" zu Christianisierung. Im Zuge dieser Bewegung würde dann auch vieles von dem was man vorher als "weise Magie" gutgeheissen hatte als bedenklich eingestuft. Es entstand eine Angst vor Magie insgesamt die dann in der Hexenverfolgung ihren Ausdruck fand.


    In der Reformation wurden dann zunehmend etablierte Formen des magischen Denkens im Christentum als bedenklich gesehen : Reliquien, Sakramente, heilige Orte und heilige Zeiten. Diese Säkularisierung passierte aber eben aus religiösen Gründen: Heiligkeit kam nur Gott zu und die verzauberten Dinge waren deswegen Götzendienst die die Glorie Gottes schmählerten.


    Von daher würde diese erste Welle der Säkularisierung von fanatischen Gläubigen getragen und die Hexenverfolgung ist kein Phänomen des Mittelalters sondern eines der Neuzeit in dem die Entfremdung und die Angst vor dem vorher vertrauten verzauberten Denken ausgedrückt wurde.

  • Was einem bei dieser Darstellung natürlich auf den Nägeln brennt ist, welche parallele Entwicklungen es im Buddhismus gab.


    So etwas wie die Hexenverfolgung gab es in Japan nicht. Das was dem am nächsten kam, war die Angst vor Gestaltwandlern wie Kitsune - Menschen die sich in Füchse verwandeln können. Die Angst vor Gestaltwandlern trat zu einer Zeit auf, als im Übergang von einer Reusökonomie zu einer Gelddökonomie die egalitäre Struktur des japanischen Dorfs verschwand und einige Familien sehr reich wurden und andere in Schulden versanken. Der Vorwurf dass da jemand mit "bösen Kräften im Bunde steht" war naheliegend. Solche Fälle würde auch von den Behörden untersucht es nahm aber nie das Ausmaß eines Hexewahns an.


    Aber trotzdem gab es auch in Japan einen Zeitpunkt an dem die älteren von Vajrayana beinflusste buddhistischen Sekten ( Shingon, Tendai) an Rückhalt verloren und von neuen religiösen Schulen ( Shin-Buddhismus, Zen, Nichiren) verdrängt wurden.


    Ein wichtiger Punkt war hier, dass die alten Schulen sehr in die Politik verstrickt waren. Sowohl Tendai als auch Shingon und Kofukuji hatten ja stattliche Armeen und versuchten sich als Machtblock zu etablieren. Von daher war ein Vorteil von Zen das man eher eben auf dem religiösen Gebiet blieb.


    So wie es auch in Europa immer mehr normale, bürgerliche Menschen gab die lesen konnten und sich für Religion interessierten, gab es das wohl auch in Japan im Buddhismus. Und deswegen verloren Schulen wie der Shingon wo es einen großen Spalt zwischen Ordinierten und Nicht-Ordinierten gab und Shin Buddhismus und Nichiren-Buddhismus wo dieser Unterschied verkleinert wurde, erhielten Zulauf. So wie es in Europa eine Hi Wendung zu Augustinus Idee von der Gnade gab, wurde auch im Shin Buddhismus der Versuch sich durch Werke Heil zu erkaufen abgelehnt


    Aber es gibt auch bedeutende Unterschiede. Im Christentum denkt man ja an eine für alle verbindliche "wahre Religion" während dem Buddhismus solche Unduldsamkeit eher fremd ist. Einzig im Nichiren Buddhismus gab es wohl die Idee, alle anderen buddhistischen Schulen seien fehlgeleitet.


    Und ein anderer wichtiger Punkt ist, dass der Staat in Japan nicht auf den Buddhismus angewiesen war sondern mit dem Konfuzianismus etwas hatte, was angereichert mit Shintoismus als Staatsideologie verwendet werden konnte.

  • Wenn man an die Säkularisierung denkt, dann denkt man natürlich als erstes an die Zeit der Aufklärung rund um die französische Revolution in der das Christentum immer mehr in die Defensive gerät.


    wenn man so anfängt was soll es dann noch werden ausser einem Märchen, void. Gut es ist ein akademisches Märchen insofern aber moment warum gut. Nein! Nicht gut! Nicht gut finde ich diese Diskurse die da für Geld und eigenes Ansehen in die Welt gesetzt werden! So furchtbar manchmal - da bin ich froh meinen Humor dazu gefunden zu haben :D .


    Auch deswegen ein liebevoller Gruss und ein Kuss auf die Stirn aller Namen die man anscheinend liebt und in neuem Arrangement vorzeigen muss.

  • Aber nochmal:


    Bei der Transformation (REFORM) die Taylor anspricht haben wir zunächst eine "verzauberte Welt" in der vieles miteinander verbunden ist. Das Individuum ist in die Gesellschaft eingebunden, die Gesellschaft in die Welt und die Welt im göttlichen Plan. Und in der "REFORM" findet dann eine radikale Entbettung statt. Wo dann Gott und Welt geschieden sind, Mensch und Natur und der Mensch Gott nur mehr in seinem inneren und seinem Gewissen begegnet. So dass man nur noch das letzte Element wegnehmen muß, um bei der säkularen Auffassung zu sein.


    Warum war so eine Transformation notwendig? Könnte ich nicht als König damit zufrieden sein, wenn die Bauern eben ihren Aberglauben pflegen so lange sie ihre Abgaben tätigen Warum konnte man da in im europäischen Mittelalter und Japan Aberglauben und Verflechtung der unterschiedlichsten Bereichen tolerieren, während es dem Menschen der Neuzeit so ein Gräuel war! Warum atomisierte Menschen statt esoterisches Kuscheln wo alles eins ist?


    Von Clinton gibt es ja den Satz "It's the economy, stupid" dem sicher auch Marx zugestimmt hätte. In Japan gab es trotz aller Entwicklung noch eine von der Landwirtschaft dominierte Wirtschaft. In dieser ist alles am besten wenn es statisch ist. Das bedeutet die Kirche beim Dorf zu lassen und die Bauern an der Scholle nebenan. Während die europäische Wirtschaft zunehmend eine der Mobilisierung wurde. Im Gegensatz zu Japan lagen die europäische Mächte beständig in Krieg und Konkurrenz miteinander. Dies bedeutete ein dauernder Nachschub an Steuern und an Soldaten. Durch den Kolonialismus würde die Produktion immer wichtiger. In Polyanis Buch "The Great Transformation" ist ja beschrieben, wie man die bäuerlichen Kommunen und ihre sozialen System attackierte um bezugslose Proletarier für die Industrie zu schaffen. Auch ein Soldat sollte ja eben seine bisherige Identität abstreifen und als Individuum funktionieren. Den Zusammenhang sieht man gut an Cromwells New Modell Army. Es war einer der ersten Armeen wo der Stand egal war und die Kommandogewalt unabhängig von der sozialen Rangfolge vergeben wurde. Gleichzeitig war die Armee eben ein Hort der Puritaner - also religiöser Extremisten. Und natürlich war die News Model Army als eine Parlamentsarmee ein Instrument des Parlaments.


    Ist dies in Japan vorstellbar? Das nächste was wir hier zu einem Puritaner haben ist wohl Nichiren. Und tatsächlich gab es einmal eine Zeit wo Kyoto - ähnlich wie Calvins Genf - ganze 5 Jahre ein Hort der Lotussekte war die überall ihre Kriegstürme hatte ( Hokke Ikki)

    As shogunal power declined following the Ōnin War (1467–1477), townspeople in Kyoto had to mount their own defenses against incursions from provincial warlords and armed peasant leagues. In an era when religious institutions were also economic, political, and even military powers in their own right, the townspeople's district organizations for self-government and self-protection were closely tied to their Hokke temples. The sect's exclusivist orientation served as a basis for machishū solidarity vis-à-vis traditional overlords, who included not only aristocrats and warriors but also powerful shrines and temples. In 1532, having united with warrior allies to repel peasant forces organized by the Jōdo Shin, or True Pure Land sect, the Hokke-based machishū set up a virtually autonomous government in Kyoto, carrying out police and judicial functions and refusing to pay various taxes and rents. The reign of the Lotus League (Hokke ikki ) lasted until 1536, when monks of Mount Hiei, joined by other traditional elites who resented the erosion of their authority in the capital, attacked and burned every Hokke temple in Kyoto.

    Da haben wir ja einige ähnliche "moderne Elemente" Religiöse Unduldsam gepaart mit Händlern und Selbstorganisation.


    Während es natürlich zu den feudalustisch-traditiinalistischen Kräften in Japan auch welche in Europa gab. Nicht nur die Schreine der Tokugwawas in Nikko haftet etwas barock- absolutistischen an. Die nächste Entsprechung ist vielleicht das Österreich der Habsburger wo man sich auch in einer ewigen, gottgewollten Monarchie wähnte in der sich nichts ändern sollte.

  • Die Trennung von Staat und Religion - was als Säkularisierung üblicherweise bezeichnet wird - wird heutzutage Stück für Stück zurück gebaut, durch Ideologen, schließlich ist Religion nichts anderes als eine Ideologie, die auf der Idee eines "Gottes" beruht.

    :zen:



  • schließlich ist Religion nichts anderes als eine Ideologie, die auf der Idee eines "Gottes" beruht.


    Nein das ist eine Idee von dir

  • Die Trennung von Staat und Religion - was als Säkularisierung üblicherweise bezeichnet wird - wird heutzutage Stück für Stück zurück gebaut, durch Ideologen, schließlich ist Religion nichts anderes als eine Ideologie, die auf der Idee eines "Gottes" beruht.

    Aktuelles Beispiel:

    „Und die, die hier mit Friedenstauben rumlaufen, sind deshalb vielleicht gefallene Engel, die aus der Hölle kommen, weil sie letztendlich einem Kriegstreiber das Wort reden.“

    Olaf Scholz - offenbar mit Gott im Bunde - auf einer Wahlkampfrede in München am 18.08.2023

    Das Tao ist nicht auf die Vereinigung mit den Menschen bedacht;
    wenn die Menschen auf nichts bedacht sind, vereinigen sie sich mit dem Tao.
    Yuanwu Keqin (1063 - 1135)

  • Die Trennung von Staat und Religion - was als Säkularisierung üblicherweise bezeichnet wird - wird heutzutage Stück für Stück zurück gebaut, durch Ideologen, schließlich ist Religion nichts anderes als eine Ideologie, die auf der Idee eines "Gottes" beruht.

    Aktuelles Beispiel:

    „Und die, die hier mit Friedenstauben rumlaufen, sind deshalb vielleicht gefallene Engel, die aus der Hölle kommen, weil sie letztendlich einem Kriegstreiber das Wort reden.“

    Olaf Scholz - offenbar mit Gott im Bunde - auf einer Wahlkampfrede in München am 18.08.2023


    ganz schön säkulär wie da der Kanzler spricht ...


    gruselig

  • Die Trennung von Staat und Religion - was als Säkularisierung üblicherweise bezeichnet wird - wird heutzutage Stück für Stück zurück gebaut, durch Ideologen, schließlich ist Religion nichts anderes als eine Ideologie, die auf der Idee eines "Gottes" beruht.

    Nach den "Subtraktiontheorien" die Taylor angreift ist es so, dass man einfach nur das religiöse Element zurückdrangen muß und das Säkulare bleibt übrig. In Wirklichkeit ist es aber so, dass das kein reines Wegnehmen ist sondern die Konstruktion eines "ziviler Ersatz" - einer gemeinsame zivile Ordnung und Ideologie, die mühsam erarbeitet werden mußte. Diese brauchen keinen religiösen Glauben aber analog dazu Vertrauen und Comittment. Also dass man z.B Wahlen, Justiz und Wissenschaft als Instanzen anerkennt.


    Wenn man die Krise rein als "Rückkehr der Religion" versteht dann liegt man vielleicht falsch. Es ist eher ein Vertrauensverlust dieser bestimmten zivilen Ordnung".


    Von daher finde ich den Ansatz von Taylor so wichtig säkulare Ordnungen nicht einfach als etwas zu sehen, was sich von selbst auftut, sobald alte religiöse Weltsichten wegbrechen.

  • Säkularisierung
    1. Einleitung Die Säkularisierungsthese ist ein hoch umstrittenes konzeptionelles Konstrukt, das von verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen verwendet…
    www.bibelwissenschaft.de


    Zitat

    Ursprünglich wurde der Säkularisierungsbegriff im kirchenrechtlichen Kontext verwendet. Im mittelalterlichen kanonischen Recht meinte der Begriff den Übertritt des Mitglieds eines Mönchsordens (regularis), der sich der auf Dauer angelegten Klosterregel unterworfen hat, in den Stand eines Weltgeistlichen (saecularis), der auf eine säkulare, das heißt zeitlich befristete Ordnung bezogen ist. Den kulturgeschichtlichen Kontext für diese rechtliche Regelung bildete die seit dem 11. Jahrhundert von der Kirche des lateinischen Westens selbst betriebene funktionale Trennung von Kirche und politscher Gewalt (Kampf gegen Investitur), ihr Bemühen um sakramentale Reinheit und institutionelle Selbständigkeit und die damit verbundene De-Sakralisierung der politischen Herrschaft (Berman, 1991; Angenendt, 2014, 311-318f.; Lutz-Bachmann, 2015, 80). Die kulturgeschichtliche Voraussetzung des Säkularisierungsvorgangs bestand also in der schärferen Unterscheidung zwischen religiöser und weltlicher Sphäre, die allerdings mit der Unterscheidung zwischen Diesseits und Jenseits nicht zusammenfiel und diese daher auch nicht in Frage stellte.



    Säkularisation 1802/03
    1. Lebensweltliche Verortungen Die lebensweltliche Relevanz des Themas wird schon allein dadurch ersichtlich, dass sich der Begriff „Säkularisation“ mit dem...
    www.bibelwissenschaft.de


    Kirche – Staat
    1. Biblischer Befund Die Bibel enthält weder eine Staatslehre noch eine Theorie über das Verhältnis von Staat und Kirche. Abstrakte staatstheoretische...
    www.bibelwissenschaft.de

    :zen:



  • Säkularisierung
    1. Einleitung Die Säkularisierungsthese ist ein hoch umstrittenes konzeptionelles Konstrukt, das von verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen verwendet…
    www.bibelwissenschaft.de


    Taylor fängt einfach mit der Feststellung an, dass wir in der westlichen Welt in einem säkularen Zeitalter leben:


    Zitat

    Was besagt die Behauptung, wir lebten in einem säkularen Zeitalter? Der These, daß es sich so verhält, würde fast jeder zustimmen. Damit meine ich »uns«, die wir im Westen leben oder, anders formuliert, im Nordwesten beziehungsweise in der nordatlantischen Welt. Dabei reicht die Säkularität zum Teil und in unterschiedlicher Weise über diese Welt hinaus. Dem Urteil, diese Welt sei säkular, kann man offenbar kaum etwas entgegenhalten, wenn man diese Gesellschaften mit irgendwelchen anderen Phänomenen der menschlichen Geschichte vergleicht, das heißt mit fast allen übrigen Gesellschaften der Gegenwart (also etwa den islamischen Ländern, Indien oder Afrika) einerseits oder mit der restlichen Menschheitsgeschichte andererseits – einerlei, ob sie sich im atlantischen Raum oder sonstwo abgespielt hat. Nicht so klar ist hingegen, worin diese Säkularität eigentlich besteht. Um sie zu charakterisieren, kommen vor allem zwei Merkmale oder vielmehr Merkmalsgruppen in Frage. Bei der ersten Gruppe geht es um die gemeinsamen Institutionen und Gebräuche, wobei der Staat besonders hervorsticht,aber durchaus nicht das einzige Merkmal darstellt. Der Unterschied bestünde demnach in folgendem: Während die politische Organisation aller vorneuzeitlichen Gesellschaften in irgendeiner Weise mit dem Glauben an – oder der Loyalität gegenüber – Gott oder einer Vorstellung vom letzten Realitätsgrund zusammenhing, auf einem solchen Glauben beruhte oder durch ihn verbürgt war, gibt es im modernen westlichen Staat keinen derartigen Zusammenhang. Heutzutage ist die Kirche von den politischen Strukturen getrennt. (Es gibt zwar zwei Ausnahmen – nämlich Großbritannien und die skandinavischen Länder –, doch sie sind so unauffällig und

    halten sich so zurück, daß sie eigentlich gar keine Ausnahmen darstellen.) Die Religion oder ihr Fehlen ist weitgehend Privatsache. Die politische Gesellschaft wird als eine Gesellschaft gesehen, der religiöse Menschen (jeglicher Couleur) genauso angehören wie nichtreligiöse.


    Er differenziert das dann in drei Bedeutungen:


    Zitat
    1. Die erste Bedeutung von »Säkularität« ist demnach durch Bezugnahme auf das Öffentliche definiert. In dieser Öffentlichkeit, so heißt es, gibt es keinen Gott mehr und keinen Hinweis auf letzte Realitätsgründe. Oder um es von einer anderen Seite zu betrachten: Wir spielen unsere Rollen in verschiedenen Tätigkeitsbereichen – im Rahmen der Ökonomie, der Politik, der Kultur, des Bildungswesens, des Berufs und der Freizeit –, doch die Normen und Prinzipien, nach denen wir uns dabei richten, und die Überlegungen, die wir anstellen, verweisen uns im allgemeinen weder auf Gott noch auf irgendwelche religiösen Überzeugungen.
    2. In der zweiten Bedeutung des Wortes besteht Säkularität darin, daß der religiöse Glaube und das Praktizieren der Religion dahinschwinden; daß sich die Menschen von Gott abwenden und nicht mehr in die Kirche gehen.
    3. In der dritten Bedeutung ginge es vor allem um die Bedingungen des Glaubens. So aufgefaßt, besteht der Wandel hin zur Säkularität unter anderem darin, daß man sich von einer Gesellschaft entfernt, in der der Glaube an Gott unangefochten ist, ja außer Frage steht, und daß man zu einer Gesellschaft übergeht, in der dieser Glaube eine von mehreren Optionen neben anderen darstellt, und zwar häufig nicht die bequemste.


    Und ausgehend davon stellt er die Frage:


    Zitat

    Eine mögliche Formulierung der Frage, die ich hier beantworten möchte, lautet wie folgt: Warum war es in unserer abendländischen Gesellschaft beispielsweise im Jahre 1500 praktisch unmöglich, nicht an Gott zu glauben, während es im Jahre 2000 vielen von uns nicht nur leichtfällt, sondern geradezu unumgänglich vorkommt?


    Von der Festellung des Unterschied kommt er also zu der Frage nach dessen Ursache.


    Dies sind natürlich nur grobe Anfangsworte und später präzisiert er sein Vorhaben.

  • In dem Text von Bibelwissenschaft.de wird die "Sakukarisierungsthese" als eine These gesehen und es werden ihr mehrere Sachen unterstellt.


    Zitat

    Zweitens geht die Säkularisierungsthese davon aus, dass der religiöse Bedeutungsrückgang auf Prozesse der Modernisierung zurückgeführt werden kann (explanatorischer Kern). Damit ist nicht verneint, dass es auch andere Faktoren religiösen Wandels gibt und dass Religion in diesen Wandel auch selbst aktiv einzugreifen vermag



    Dem widerspricht ja Taylor geradezu. Für ihn hat sich der religiöse Befeutungsrückfang in einer sehr komplexen Bewegung vollzogen in der ja in Reformation und Hxenverfolgung das Heilige aus der Welt angezogen und in Gott gebündelt wurde. Die Deskralasierung geschah zur Glorie Gottes. Was dann aber bedeutete dass man vieles "Weltliche" - die Verwaltung von Städten, die Legitimation von Herrschaft, die Heilung von Kranken eben "weltlich" erledigen mußte. Zu bestimmten Zeiten bedeutete die Trennung von Religiösen und Weltlichen dass das Religiöse Religiöser wurde. Geistliche, Mönche und Nonnen mußten eben nicht gleichzeitig Lehrer, Krankenschwestern und Lehensherrn sein sondern sich religiösen Aufgaben witmen.


    Zitat

    Das ist einmal die Annahme, dass sich die soziale Signifikanz von Religion in modernen Gesellschaften im Vergleich zu früheren Zeitepochen abschwächt (empirisch-historische Deskription). Mit dieser Behauptung sind gegenläufige Entwicklungen ebenso wenig ausgeschlossen wie Umwege, Ausnahmen, Ambivalenzen und Paradoxien. Notwendig impliziert ist in die Säkularisierungsthese allerdings die Annahme, dass vormoderne Kulturen durch einen höheren Stellenwert von Religion und Kirche gekennzeichnet sind als moderne.


    Das Gefühl Tür frühen Neuzeit war, dass die Welt "nicht christlich genug" war. Hier nochmal Taylor:


    Zitat

    Erasmus gewann den Eindruck, daß viele fromme Handlungen volkstümlichen Charakters ausschließlich nutzenorientiert waren, und das fand er abstoßend:


    Zitat

    Es gibt Menschen, von denen bestimmte himmlische Kräfte durch besondere rituelle Bräuche verehrt werden. Der eine entbietet dem Christopherus Tag für Tag seinen Gruß, wenn auch nur dann, wenn er das Bild des Heiligen sieht, denn er macht sich weis, er sei an solchen Tagen gegen einen bösen Tod geschützt. Ein anderer betet zum hl. Rochus – aber warum? Weil er glaubt, sich damit die Pest vom Leibe zu halten. Wieder ein anderer wendet sich an Barbara oder Georg und murmelt Gebete, um nicht in Feindeshände zu fallen. Dieser Mensch legt vor Apollonia ein Fastengelübde ab, um die Krätze loszuwerden. Manche schenken den Armen einen Teil ihres Gewinns, um ihr Geschäft vor dem Ruin zu bewahren; andere stiften dem Hieronymus eine Kerze, damit er ein bereits ruiniertes Geschäft rette.

    Für Erasmus war das im Grunde das gleiche wie Götzenverehrung.


    Eine Säkularisierung des Alltagslebens, also dass jemand bei Kränze zum Arzt geht, bei Fahrzeugproblemen zum Mechaniker und bei Finanzproblemen zum Anlageberater zu gehen, wäre Erasmus das kleinere Übel als ein Gott und zahlreiche Heilige die zwar in jede Ritze der Gesellschaft wuchern dort aber nur als Talismane zu Götzen verkommen.


    Statt diffuse "Modernisierung" als Grundlage von Säkularisierung zu sehen verortet er den ursprünglichen Impuls im religiösen Denken selbst. Nur als die Reform und Gegenreform sich dann ineinander verkeilten, gab es andere Bewegungen und Motive.

  • Warum es in Europa zur Glaubensspaltung kam
    Vor der Reformation erleben die Christen des Abendlandes gewaltige Umbrüche. Die folgenreichste aller Umwälzungen geht von Martin Luther aus, der sich gegen…
    www.geo.de


    Man sollte schon sehr genau hinsehen, was im 15.Jh. Kirche war und dass es das Leben gekostet hat, wenn man eigene Lehren formulierte - deshalb war das alles eine Existenzfrage - die im 14 Jh. durch die Pestepidemien, in denen 1/3 der europäischen Bevölkerung hinweggerafft wurde, bereits viele mit der Angst vor Tod und Verdammnis bekannt gemacht hatte. Die Kirchen gaben der Sünde und den Juden die Schuld.


    Es ging weniger darum an Gott zu glauben, als den Vorstellung der Kirche von Gott zu glauben. In den folgenden 500 Jahren kämpfte die katholische Kirche gegen ihren ständigen Machtverlust. Eine Zäsur war der Westfälische Friede nach dem 30jährigen Krieg, mit dem sie weiter an Macht verlor, neben dem Kaiser. Zum ersten Mal entstand die Idee eines Völkerrechts.


    Ich will da nicht weiter auf Taylor herum hacken aber auf so einer abstrakten Ebene erscheint das doch eher grob und auch etwas crude, wenn er die Kirche selbst als Treiber der Säkularisierung ansieht. Das kann ja nur negativ gedacht werden, als eine beständige Folge von Verlusten aufgrund von Fehlverhalten und Fehlentscheidungen.

    :zen:



  • Ich will da nicht weiter auf Taylor herum hacken aber auf so einer abstrakten Ebene erscheint das doch eher grob und auch etwas crude, wenn er die Kirche selbst als Treiber der Säkularisierung ansieht. Das kann ja nur negativ gedacht werden, als eine beständige Folge von Verlusten aufgrund von Fehlverhalten und Fehlentscheidungen.

    Wenn das so ruberkam, als sei "die Kirche" der Treiber von Säkularisierung habe ich das wohl falsch rübergebracht.


    Während im Mittelalter eine große Kluft zwischen religiösen Eliten und in kollektiven Riten gefangener einfacher Bevölkerung gab, wurden ja hin zu Hochmittelalter Städte und Handelswege wichtiger und es entstanden Universitäten. . Von daher gab es immer mehr Laien die sich selber Gedanken machen könnten was sie in der Bibel Käsen und was sie vor ihren Augen sahen. Und was sie sagen war nicht eine Welt die zu weltlich war sondern im Gegenteil: sie sahen zu viel Aberglauben, zu viel Machtmissbrauch, schreiende Ungerechtigkeit und so weiter. Es entstand ein Wunsch nach REFORM einer als verweltlicht und entstellt empfundenen Kirche.


    Zitat

    Wie ist es dazu gekommen? Es gibt viele Ursachen. Manche Autoren nennen die folgenden: der Humanismus der Renaissance, die wissenschaftliche Revolution, das Aufkommen des »Polizeistaats« und die Reformation. Das ist durchweg richtig. Aber um alle diese Ursachen zu verstehen, müssen wir die Wichtigkeit einer Bewegung würdigen, die im Spätmittelalter in Gang kommt und darauf abzielt, die europäische Gesellschaft umzugestalten, damit sie den Forderungen des Evangeliums und später der »Zivilisation« nachkommt. Vielleicht wäre es nicht falsch, diesbezüglich das allzu abgenutzte Wort »revolutionär« heranzuziehen, denn dieser Drang zur REFORM war der Nährboden, aus dem die europäische Vorstellung von der Revolution hervorgegangen ist. Um eine rhetorische Formulierung von Saddam Hussein zu mißbrauchen: Diese Bewegung war »die Mutter aller Revolutionen«. Was ich hier als »REFORM« bezeichne, war die Äußerung einer tiefreichenden Verdrossenheit über das hierarchisch abgestützte Gleichgewicht zwischen dem Leben der Laien und dem Leben derer, die sich zum Verzicht berufen fühlten. In einer Hinsicht war diese Unzufriedenheit durchaus verständlich. Diesem Gleichgewicht zufolge mußte man sich damit abfinden, daß sehr viele Menschen außerstande wären, dem Vollkommenheitsanspruch gerecht zu werden. Sie müßten in einem gewissen Sinn von den Vollkommenen »getragen« werden; und dieser Gedanke beinhaltet etwas, das der Grundgesinnung des christlichen Glaubens widerspricht. Als Erklärung des Unbehagens, der zunehmenden Forderung nach Schließung der Lücke, genügt das allerdings nicht. Alle Zivilisationen, deren Organisation um eine »höhere« Religion kreist, kennen eine große Kluft zwischen den Engagierten und den weniger Engagierten, zwischen äußerst anspruchsvollen Formen der Verehrung


    Taylor führt das dann noch aus. Christentum und auch Buddhismus sind für ihn "achsenzeitliche Religionen" die in sich ein Potential zur radikalen Umkehr des Menschen tragen. Allerdings bestand der mittelalterlichen Kompromiss darin, dass nur für eine Minderheit dieses Ideal lebbar wurden, während das einfache Volk seine heiligen Orte, Rituale und Heilige hatte. Nun ergab sich - eben auch getrieben durch solche angserfüllende Sachen wie Pest, Klimaveränderung, Missernten und Krieg, die Idee man müsse mit dem Christentum erst machen und es konsequent in der ganzen Gesellschaft durchsetzten.


    Taylor nennt da Calvins Genf und auf Seite der Gegenreformation den Mailänder Bischof Borrormeo:


    Zitat

    Carlo Borromeo, der bedeutende Mailänder Bischof der Gegenreformation, reformierte viele kirchliche Bräuche in Übereinstimmung mit besonders avancierten Vorbildern. Er verurteilte den Karneval und sonstige Überbleibsel des Heidentums, bei denen Sakrales und Profanes miteinander vermischt wurden. Er versuchte, Tiere von der Kirche fernzuhalten, das Tanzen in Friedhöfen zu untersagen, Charivaris zu ächten und so weiter. Kurz, er bemühte sich, eine geordnete und weniger »verzauberte« Spielart des christlichen Brauchtums durchzusetzen. Außerdem unterstützte er die Stadt bei ihren Bemühungen, Arme und Vagabunden zu organisieren und zu disziplinieren.


    In dieser Rigorosität und Humorlosigkeit und dem Bemühen um Diziplin ist das ja etwas, was später im absolutistischen Polizeistaat" und in der von Foucault beschriebenen Diziplinargesellschaft mündet.



    Zitat

    Es gibt bestimmte gemeinsame Merkmale, die alle diese Bemühungen um Reform und Organisation durchziehen: (1) Sie sind aktivistisch, suchen nach leistungsfähigen Maßnahmen zur Neuorganisation der Gesellschaft und sind überaus interventionsfreudig. (2) Sie streben nach Uniformierung und wollen auf alles und alle ein und dasselbe Modell oder Schema anwenden. Sie versuchen, Anomalien, Ausnahmen, Randständige und alle möglichen Nonkonformisten aus der Welt zu schaffen. (3) Sie sind gleichmacherisch. Ihr Operationsgebiet besteht zwar immer noch aus Gesellschaften, die auf Rangunterschieden basieren, aber ihre allgemeine Tendenz geht dahin, Verschiedenheiten zu vermindern, die Massen zu unterrichten und dafür zu sorgen, daß sie immer mehr den Maßstäben genügen, die auch für die Höhergestellten gelten.


    Die Moderne hat viel von einer "Mobilisierung". Und da finde ich es sehr glaubwürdig wenn frühe, christliche Mobilisierungsbewegungen die Grundlage für die weitere Mobilisierung ist. Wenn christliche Disziplinierungen in den Drill der militärischen Disziplinierung übergehen. Oder wie bei Max Weber der protestantische Sparchfuchs im kapitalistischen Dagobert Duck steckt.


    Dies im aber wie gesagt nur der Anfang, weil ja eben der religiöse Franziskus von einem Calvin oder einem Borromeo wenn sie sich ineinander verkeilen zu sehr großen Problemen führt.


    Gerade in England war man ja irgendwann religiöse Differenzen so Leid, dass man Religion Schritt für Schritt zur Privatsache machte. (Was natürlich nie ganz geklappt hat. Selbst Tony Blair dürfte ja erst nach seinem Amt Katholik werden)

  • Vielleicht wäre es nicht falsch, diesbezüglich das allzu abgenutzte Wort »revolutionär« heranzuziehen, denn dieser Drang zur REFORM war der Nährboden, aus dem die europäische Vorstellung von der Revolution hervorgegangen ist. Um eine rhetorische Formulierung von Saddam Hussein zu mißbrauchen: Diese Bewegung war »die Mutter aller Revolutionen«.

    Mir ist offen gesagt schleierhaft wie Taylor hier auf Saddam Hussein kommt und dessen Formulierung "Mutter aller Schlachten" zu "missbrauchen". Was soll das denn?

    :zen:



  • Mir ist offen gesagt schleierhaft wie Taylor hier auf Saddam Hussein kommt und dessen Formulierung "Mutter aller Schlachten" zu "missbrauchen". Was soll das denn?

    Heutzutage wirkt das reichlich bizarr und ziemlich weit hergeholt. Aber als Taylor 1998-99 die Gifford Lectures hielt, aus denen das Buch entstand war es anscheinend eine kurze Zeit recht verbreitet:


    Der Begriff "Mutter aller ..." wurde populär, ähnlich einem geflügelten Wort. Er dient in der deutschen Sprache zur Hervorhebung unterschiedlicher Gegenstände oder Sachverhalte, wie zum Beispiel Feste, Kirchen, Puppen, Straßen oder Städte.[2] Die amerikanische Filmkomödie Hot Shots erhielt bei der deutschen Synchronisation den Untertitel „Die Mutter aller Filme“. Der US-amerikanische Fußballtrainer Steve Sampson sprach 1998 vor der WM-Begegnung mit der Islamischen Republik Iran, Saddam Husseins Feind im Ersten Golfkrieg, von der „Mutter aller Spiele“[3] und die amerikanische Autorin Rebecca Solnit gab einem Roman den Titel „Die Mutter aller Fragen“.

    Ich finde es super, dass das aufgehört hat. In der so genannten Schlacht wurden ja sehr viele Leute getötet und von daher taugt es nicht als billige Steigerungsforn.