Zen und Luzides Träumen

  • Hallo ihr Lieben,


    es geht ja, nach allem, was ich bisher über Zen weiß, darum, die Realität in voller Klarheit zu sehen. Nun übe ich schon seit einem Jahr luzides Träumen (Wikipedia erklärt es gerne ;) ) und frage mich, ob nicht auch das Herbeiführen eines luziden Traums ( = Klartraum, der Träumende ist sich Bewusst, dass er träumt) ein Hilfsmittel ist, "näher" an das wahre Sehen zu kommen?
    So gesehen Schule ich meinen Geist ja, die Illusion, ein Traum wäre real zu durchbrechen, und ihn als das zu erleben was er ist, eben ein Traum.


    Ich möchte sicher keinen Ersatz zu Zazen finden, doch wäre dies eine Möglichkeit, auch im Traum zu sehen?

  • Moin Intri,

    Zitat

    ...."näher" an das wahre Sehen zu kommen?


    Was ist für dich "wahres sehen" und was ist "falsches sehen"?


    Alles Liebe,
    Ji'un Ken

  • Hi Intri


    Klarträume können interessante Erfahrungen sein, aber auch einen noch tiefer in den Sumpf ziehen.


    Im Zen sagt man zu solchen Bewusstseinserscheinungen Makyo.


    Sie sind nur eine Projektion Deines Geistes und es gibt klarere, subtilere Zustände.


    Deswegen solltest Du ihnen mit Gleichmut begegnen.


  • Wenn es wahre Erkenntnis im Zen gibt, dann ist diese sicher nicht durch Hilfsmittel oder Tricks zu erlangen. Selbst Zazen oder die Lehre werden zu Hindernissen, wenn sie zur Methode werden.


    Dieter

  • diether:

    Wenn es wahre Erkenntnis im Zen gibt, dann ist diese sicher nicht durch Hilfsmittel oder Tricks zu erlangen. Selbst Zazen oder die Lehre werden zu Hindernissen, wenn sie zur Methode werden.


    Dieter


    Hi Diether


    Was verstehst Du unter "wahrer Erkenntnis im Zen"?


    Und wie ist sie Deiner Ansicht nach zu erlangen?


    :?:

  • Moin Zusammen,

    Ji'un Ken:


    Was ist für dich "wahres sehen" und was ist "falsches sehen"?


    Nach dem Buch, das ich gerade über Zen lese, verstehe ich unter wahrem Sehen eben das Sehen der Wirklichkeit, dass man im Zen erreichen will. Als falsches Sehen würde ich dann das "normale" Sehen, die Welt in vorgefassten, begriflich eingeordneten Kathegorien, fragmentiert zu sehen, bezeichnen.
    Korrigiere mich wenn ich daneben liege, ich bin um jeden Rat dankbar. ;)


    Zitat


    Klarträume können interessante Erfahrungen sein, aber auch einen noch tiefer in den Sumpf ziehen.
    Sie sind nur eine Projektion Deines Geistes und es gibt klarere, subtilere Zustände.


    Klar, es sind und bleiben Träume...Projektionen wie du sagst. Daraus ergeben sich für mich dann zwei Fragestellungen:


    Zum Einen, wie sehr es dienlich ist, da sie ja der klarste Zustand sind den wir im Schlaf erreichen können (btw. wäre es vllt. sogar möglich Zazen im Klartraum zu praktizieren?).


    Zum Anderen die Frage, wie sehr sich unsere Wahrnehmung da im Kern vom wachen Zustand unterscheidet, denn wir sehen ja in beiden Fällen eine Wirklichkeit, die so nicht ist, durch den Blick unserer Sinnesorgane, die ja selbst schon filtern, bzw. ein fragmentiertes Bild im Gehirn wiedergeben.


    Dein Bild ist aus Waking Life, oder? ;)

  • Intri:


    ...Zum Anderen die Frage, wie sehr sich unsere Wahrnehmung da im Kern vom wachen Zustand unterscheidet, denn wir sehen ja in beiden Fällen eine Wirklichkeit, die so nicht ist, durch den Blick unserer Sinnesorgane, die ja selbst schon filtern, bzw. ein fragmentiertes Bild im Gehirn wiedergeben.
    ...


    Hallo Intri,
    auch wenn sich die Wahrnehmung im Traum nicht unterscheiden mag, so ist für mich der Traum immer wieder auch ein Hinweis, wo ich im "Wach-Traum" stehe, d. h. ich sehe im Traum eventuelle Sehnsüchte, die ich sonst nicht mehr wahrnehme oder leugne, ich sehe im Traum Gefahren, die mir Hinweis sein können, oder auch Fortschritte, wo mir sonst das Feedback fehlt. Ich jedenfalls benutze meine Träume, für mein tägliches Hin-Gucken auf die eventuell zur Gewöhnung gewordenen scheinbaren richtigen oder falsch entwickelten Praxis. Es ist ein Dialog.
    Liebe Grüße
    Monika

  • monikamarie:


    ... d. h. ich sehe im Traum eventuelle Sehnsüchte, die ich sonst nicht mehr wahrnehme oder leugne, ich sehe im Traum Gefahren, die mir Hinweis sein können, oder auch Fortschritte, wo mir sonst das Feedback fehlt. Ich jedenfalls benutze meine Träume, für mein tägliches Hin-Gucken auf die eventuell zur Gewöhnung gewordenen scheinbaren richtigen oder falsch entwickelten Praxis.


    Interessant, dass heißt, du benutzt deine Klarträume, oder Träume an die du dich erinnerst, um Unterdrücktes oder durch Gewohnheit Abgestumpftes zu erkennen?


  • Moin Intri,
    wenn du vor dem PC sitzt und den Monitor siehst, ist das dann wahres oder falsches sehen für dich?


    Zitat

    ....die Welt in vorgefassten, begriflich eingeordneten Kathegorien, fragmentiert zu sehen, bezeichnen.


    Hat das für dich was mit dem Sehen zu tun oder eher mit dem, was du daraus machst, wie du das Gesehene einordnest?
    Alles Liebe,
    Ji'un Ken

  • Ja, Intri, und vor vielen Jahren habe ich mich sehr mit Träumen beschäftigt, sie aufgeschrieben und auf Symbole und Zeichen geachtet. Träume haben mir immer wieder gezeigt, wo ich langgehen muss. Zum Beispiel habe ich immer wieder auch von Ereignissen aus meinem alltäglichen Leben geträumt, die dann eintraten, und so konnte ich die Erkenntnis aus dem Traum dann entsprechend im z. B. Berufsleben umsetzen. Sie hatten viel mit Versöhnung in Familie, Ehe, Beruf und mit mir selbst zu tun. Alles konnte ich dank dieser Eingebungen auch im täglichen Leben nach einer gewissen Zeit umsetzen. Ich habe mich mit allen versöhnt, obwohl ich früher große Angst vor einigen hatte - z. B. meine "großen Brüder".


    Ich habe mal auf einer Dienstreise ein großes Problem mit dem Drucker gehabt. Damals war ich Zweitsekretärin und hatte immer viel Zoff mit der Ersten. Stundenlang musste ich an ihrer Seite verharren, um ihren unlogischen verwirrten Versuchen zuzuschauen, bis ich mir ein Herz nahm und mich ins Hotelbett verabschiedete. Am Morgen erwachte ich mit der Lösung in großen Lettern geschrieben vor meinen Augen auf. Ich bin dann schnellstens wieder an den Drucker und habe die Lösung umgesetzt, und siehe da, der Drucker funktionierte. Das hat der Ersten zwar "leider" ;) den Rest gegeben, aber mein Vertrauen in mich und mein unbewusstes Wissen weiterhin gestärkt.


    Wenn ich mich z. B. auf dem richtigen Weg befinde, träume ich meistens von gut begehbaren Wegen oder aber auch felsigen, abschüssigen, schwierigen, die ich jedoch furchtlos und behende durchwandere. Bin ich auf dem Holzweg, träume ich manchmal, dass ich in den verkehrten Zug gestiegen bin oder die Bahn nicht bekomme oder den Bahnsteig nicht finde. Das sind alles für mich Hinweise.


    Da ich meistens täglich schweige oder nur das "normale" mit meinem Mann bespreche, bin ich dankbar für diese Form der Kommunikation - übrigens auch für dieses Forum. :)


    Liebe Grüße
    Monika

  • Hallo thecap,


    unter wahrer Erkenntnis verstehe ich unmittelbare Erkenntnis. Mit anderen Worten, keine mittelbare Erkenntnis, die durch Emotionen oder Konditionierung verzerrt ist. Da sie unmittelbar ist, ist sie auch unvermittelbar, d.h. wenn jemand Erleuchtung erlangt in dem Moment, in dem sein Fuss in das heisse Badewasser eintaucht, heisst das nicht, dass wir Alle ganz einfach Erleuchtung erlangen koennen dadurch, dass wir den Fuss in das heisse Badewasser tauchen, auch wenn wir es mit groesster Konzentration immer wieder versuchen.


    Ich glaube, wir alle haben schon mal einen Vorgeschmack oder Ahnung davon erhalten. Wie ein Blick unter den Vorhang, oder eine Sicht vom Schwanz des Oxens, der um die Ecke verschwindet, wodurch wir den Ochsen erahnen koennen.


    Wenn die unmittelbare Erfahrung moeglich ist, dann muss es sich um ein generelles Phaenomen handeln, dass nicht auf Zen beschraenkt ist. Aber Zen ist wohl kompromissloser als andere Traditionen wenn es darum geht sich aufs Wesentliche zu konzentrieren.


    Dieter

  • Ji'un Ken:


    Moin Intri,
    wenn du vor dem PC sitzt und den Monitor siehst, ist das dann wahres oder falsches sehen für dich?


    Wenn ich bisher alles richtig verstanden habe, eher falsches sehen, denn ich denke ja "oh, ein monitor", interpretiere die Welt vor mir also schon, und sehe nicht in ganzer Fülle. Oder?


    Zitat


    Hat das für dich was mit dem Sehen zu tun oder eher mit dem, was du daraus machst, wie du das Gesehene einordnest?


    Du meinst, eigentlich liegt es nicht am sehen, denn man sieht die dinge ja schon wie sie sind, sondern was der "Filter" aus Sinnesorgan und Gedanken daraus macht? Ich glaube ich ahne, worauf du hinaus willst.
    Liebe Grüße
    der Intri

  • Moin Intri,
    wenn du vor einem Monitor sitzt und denkst "oh, ein Monitor" dann ist das doch gar nicht so schlecht. Du könntest auch denken, "oh, ein Auto". Aber dann hättest du früher oder später bestimmt ein Problem. Monitor ist eine Benennung, eine Bezeichnung auf die man sich geeinigt hat. Sie hat innerhalb unserer Sprache Gültigkeit.


    Zitat

    Du meinst, eigentlich liegt es nicht am sehen, denn man sieht die dinge ja schon wie sie sind, sondern was der "Filter" aus Sinnesorgan und Gedanken daraus macht?


    Richtig. Es kommt darauf an, was du aus den Informationen, die der Sehsinn in Zusammenarbeit mit dem Sehbewusstsein und dem gesehenen Objekt konstruiert, machst.


    Alles Liebe
    Ji'un Ken