Die Frage nach dem Beobachter. "Ich" sitze ja irgendwo gemütlich in diesem Körper, irgendwie in dessen Zentrum und schaue mir von da aus die vorbeiziehenden Lebensdinge an wie einen Film. Mir geschieht dies und das, doch ich selber bin nicht berührt davon. Ich beobachte. Ich beobachte mein Gefühl, wenn mir etwas geschieht. Bin ich mein Gefühl? Ich sage: "Ich beobachte." Doch bin ich mein Beobachten? Ich sage: ich habe ein Gefühl, also sehe ich mich getrennt von diesem Gefühl. Ich beobachte hat ebenfalls die Trennung zwischen mir und meiner Beobachtung. Existiert meine Beobachtung, das Gefühl zu beobachten auch ohne mich? Gibt es mich auch ohne Wahrnehmungen? Einfach so, als so eine Art durchsichtige, eigenschaftslose Wolke? Nachts, wenn ich traumlos schlafe, wo ist dann meinn Ich-Gefühl, wo ist der Beobachter, wenn mir nichts erscheint? Was weiss ich in diesem Moment von mir? Morgens, wenn ich aufwache und mich erinnere, dass ich nicht geträumt habe, erinnere ich mich nicht an ein Ich im traumlosen Schlaf. Habe ich deshalb nicht existiert?
Beiträge von bibo
-
-
nibbuti:bibo:
Könnte jemand bitte nochmal erklären, was "inhärente Existenz" oder "Wesenhaftigkeit" meint. Warum ist direktes Erkennen des Fehlens von Wesenhaftigkeit befreiend oder erleuchtend?
ZitatCūḷasīhanāda Sutta - Der Löwenruf
14. "Ihr Bhikkhus, wenn ein Tathāgata, ein Verwirklichter und vollständig Erleuchteter behauptet, die völlige Durchdringung aller Arten von Anhaftung zu lehren, beschreibt er die völlige Durchdringung aller Arten von Anhaftung vollständig: er beschreibt die völlige Durchdringung der Anhaftung an Sinnesvergnügen, der Anhaftung an Ansichten, der Anhaftung an Regeln und Ritualen und der Anhaftung an eine Lehre von einem Selbst."15. "Ihr Bhikkhus, bei solch einem Dhamma und solch einer Disziplin wird es offensichtlich, daß die Zuversicht in Bezug auf den Lehrer in die richtige Richtung geht, daß die Zuversicht in Bezug auf das Dhamma in die richtige Richtung geht, daß die Erfüllung der Übung der Sittlichkeit in die richtige Richtung geht, und daß die Zuneigung unter den Gefährten im Dhamma in die richtige Richtung geht. Warum ist das so? So ist es, wenn das Dhamma und die Disziplin wohl verkündet und wohl erklärt ist, befreiend, zum Frieden führend, erklärt von einem, der vollständig erleuchtet ist."
16. "Was haben nun diese vier Arten der Anhaftung als Quelle, was als Ursprung, woraus werden sie geboren, woraus entstehen sie? Diese vier Arten der Anhaftung haben Begehren als Quelle, Begehren als Ursprung, sie werden aus Begehren geboren, sie entstehen aus Begehren. Was hat Begehren als Quelle, was als Ursprung, woraus wird es geboren, woraus entsteht es? Begehren hat Gefühl als Quelle, Gefühl als Ursprung, es wird aus Gefühl geboren, es entsteht aus Gefühl. Was hat Gefühl als Quelle, was als Ursprung, woraus wird es geboren, woraus entsteht es? Gefühl hat Kontakt als Quelle, Kontakt als Ursprung, es wird aus Kontakt geboren, es entsteht aus Kontakt. Was hat Kontakt als Quelle, was als Ursprung, woraus wird er geboren, woraus entsteht er? Kontakt hat die sechsfache Sinnesgrundlage als Quelle, die sechsfache Sinnesgrundlage als Ursprung, er wird aus der sechsfachen Sinnesgrundlage geboren, er entsteht aus der sechsfachen Sinnesgrundlage. Was hat die sechsfache Sinnesgrundlage als Quelle, was als Ursprung, woraus wird sie geboren, woraus entsteht sie? Die sechsfache Sinnesgrundlage hat Name-und-Form als Quelle, Name-und-Form als Ursprung, sie wird aus Name-und-Form geboren, sie entsteht aus Name-und-Form. Was hat Name-und-Form als Quelle, was als Ursprung, woraus wird es geboren, woraus entsteht es? Name-und-Form hat Bewußtsein als Quelle, Bewußtsein als Ursprung, es wird aus Bewußtsein geboren, es entsteht aus Bewußtsein. Was hat Bewußtsein als Quelle, was als Ursprung, woraus wird es geboren, woraus entsteht es? Bewußtsein hat Gestaltungen als Quelle, Gestaltungen als Ursprung, es wird aus Gestaltungen geboren, es entsteht aus Gestaltungen. Was haben Gestaltungen als Quelle, was als Ursprung, woraus werden sie geboren, woraus entstehen sie? Gestaltungen haben Unwissenheit als Quelle, Unwissenheit als Ursprung, sie werden aus Unwissenheit geboren, sie entstehen aus Unwissenheit."
17. "Ihr Bhikkhus, wenn Unwissenheit überwunden wird und wahres Wissen in einem Bhikkhu entsteht, dann haftet er mit dem Verschwinden der Unwissenheit und dem Entstehen von wahrem Wissen nicht mehr an Sinnesvergnügen an, er haftet nicht mehr an Ansichten an, er haftet nicht mehr an Regeln und Ritualen an, er haftet nicht mehr an einer Lehre von einem Selbst an. Wenn er nicht anhaftet, ist er nicht aufgeregt. Wenn er nicht aufgeregt ist, erlangt er persönlich Nibbāna. Er versteht: 'Geburt ist zu Ende gebracht, das heilige Leben ist gelebt, es ist getan, was getan werden mußte, darüber hinaus gibt es nichts mehr.'"
Dankeschön! Was davon "realisierst" Du, wenn ich fragen darf - magst Du in Deinen eigenen Worten davon sprechen?
-
Könnte jemand bitte nochmal erklären, was "inhärente Existenz" oder "Wesenhaftigkeit" meint. Es wurde zwar bereits gut erklärt und ich habe vieles darüber gelesen, kann aber einfach noch nicht finden, was genau gemeint ist. Mein intelektuelles Verständnis ist so: ich nehme irgendetwas wahr und es erscheint mir sofort als "das da", was irgendwie nichts mit mir zu tun hat, da draußen vor sich hin existiert für sich, irgendetwas "anderes" ausserhalb von mir. Obwohl ich intelektuell relativ klar sehe, dass es so etwas nicht gibt, erscheint es mir gefühlsmäßig doch so. Der Tisch da z.B. scheint mir nicth abhängig von meiner Wahrnehmung und begrifflichen Prozessen, obwohl ich, wenn ich darüber nachdenke schon "weiß", dass er natürlich von meiner eigenen Wahrnehmung abhängt. Ich denke aber wohl eher, dass es so sein müsste - weniger sehe ich das direkt. Und wenn ich nun den Buddha richtig verstehe, gibt es neben der gedachten eine direkte, unmittelbare Einsicht in diese Wahrheit von der Bedingheit der Dinge. Hat jemand hier diese direkte Einsicht und kann davon berichten, wie das ist. Warum ist direktes Erkennen des Fehlens von Wesenhaftigkeit befreiend oder erleuchtend?
Herzliche Grüße,
Bibo -
Herzlichen Dank, das sind alles sehr anregende Erklärungen! Jetzt denke ich ein wenig darüber nach und frage vielleicht weiter.
Bibo
-
gbg:
Man ist weder einer seiner Gedanken noch eines seiner Gefühle usw.
Auf der Selbstsuche mittels der Sinne kann sich das Selbst nicht finden.
Buddhisten schlußfolgern: "Ein Selbst gibt es nicht"
(Die Upanishaden sagen was bleibt sei der Atman)Christian Anders sagt wenn ich es richtig verstanden habe: Das Selbst gibt es es ist aber durch die Sinne nicht beobachtbar weil es Selbst der Beobachter ist.
(Er sagt auch: Das Auge kann sich selbst nicht sehen)Beobachten ist ein Verb.
Das bedeutet das Selbst ist nicht durch sein Beobachten erklärt.
D.h. es beobachtet aber zugleich stellt sich die Frage was da beobachtet.
Was ist es das sich da indirekt durch sein Beobachten zeigt?!Nun meine Frage:
Wie steht der Buddhist zu dieser Argumentation zu diesem Mysterium Selbst?
L.G. gbg
"Der Buddhist" würde wohl mit der Leerheit des Beobachters argumentieren, so denke ich. Beobachten existiert demnach zwar als geistige Erscheinung mittels "Zuschreibung" jedoch nicht substantiell aus sich heraus. So in der Richtung denke ich wären buddhistische Argumente, wie ich es bislang verstehe.
herzlich!
Bibo -
nibbuti:
was denkst du ist die Nahrung für Gefühle?Naja, sie brauchen etwas, auf das sie bezogen sind - oder gibt es ganz und gar auf nichts bezogene Gefühle? Es braucht als Nahrung wenigstens einen Bezugspunkt, würde ich sagen. Damit sich ein Gefühl wiederholt einstellen kann muss sich dieser Bezugspunkt wohl ebenfalls wiederholt einstellen.
Herzlich!
Bibo -
Was ist genau mit Wesenhaftigkeit/Substanzhaftigkeit gemeint? Ist es dieselbe geistige Sicht, die meint, es gäbe eine letzte, unteilbare Ursubstanz im Universum? Und warum und wodurch genau ist es uns verborgen, daß wir getäuscht sind in der Wahrnehmung dieser Wesenhaftigkeit in Bezug auf unser eigenes Ich?
Herzliche Grüße,
Bibo -
Ich danke Dir nibbuti für diese schöne Erklärung.
Herzlichen Gruß,
Bibo -
Grund:Zitat
Ideal (von gr. idéa, Gestalt, Urbild) ist ein Begriff der philosophischen Ästhetik, Ethik und Wissenschaftstheorie. Ideal ist ein Vollkommenheitsmuster.
Ideale sind die Folge von Erziehung und Sozialisation, sowohl frühkindlicher passiv erduldeter als auch späterer aktiv unternommener.Es scheint, als ob das Kultivieren eines Ideales (oder von Idealen) essentieller Bestandteil des Buddhismus ist. Es ist so etwas wie eine "Vergöttlichung" einer Vorstellung. Der perfekte Lehrer, der perfekte Lebenswandel, die perfekte Lehre, die perfekte Übung, die perfekte Ethik.
Ideal kann Zu-Flucht sein.
Als bloße Idee sprengt es Raum und Zeit, die begrenzenden Bedingungen jeglichen empirischen bewußten Erlebens und suggeriert dem bewußt-Sein dadurch eine Art Befreiung von sich selbst.Ideal ist aber meist Flucht.
In dem Maße wie sich bewußt-Sein diese Vorstellung aneignet und damit notwendigerweise verdinglicht, wird die Vorstellung eine Ideales zur zwanghaften (neurotischen) Flucht vor dem was ist oder nicht ist. Ideal ist dann Obsession.Achtsamkeit bzgl. des blitzschnellen und unwillkürlich gewohnheitsmäßgen Erscheinens von Idealen als Vergleichsstandards des bewußt-Seins ist erhellend. Es ist nicht so sehr in Form begrifflichen, schwerfälligen und langsamen denkenden Vergleichens als vielmehr in Form von spontan entstehenden Spannungen aufgrund einer unscharf "erspürten" Diskrepanz zwischen "Ist" und "Soll" (Ideal) wie sich gewohnheitsmäßige Obsession mit Idealen bemerkbar macht.
Sammeln von "Ursachen", um eine ideale vermeintliche "Wirkung" zu erzielen oder die Vorstellungen von "Transformation" eines "Ist" zum idealen "Soll" sind typische Beispiele der Obsession mit Idealen.
Ich denke, das alles seinen Platz hat, auch das idealisierte Denken. Es wird eine Zeit lang Kraft für das Zurücklegen einer bestimmten Wegstrecke freisetzen und dann wird es sich, wie alles andere auch wieder auflösen. Es ist vielleicht weniger eine Frage, ob es gut oder schlecht ist, Ideale zu entwickeln als mehr ein Stadium, dass sich ganz natürlich einstellt, solange ein Pfad begangen wird, solange es die Idee von "unterwegs-sein" im Geist gibt.
-
Guten Abend,
ich bin neu hier und mich interessiert unter anderem diese Frage: Wie "wirkt" die Einsicht in Leerheit, so dass man Erleuchtung erlangt und was ist Erleuchtung? Ist es ein andauerndes Glücksgefühl in der Art wie wir Glücksgefühle kennen? Ist es etwas völlig anderes? Wie kann ein Glücksgefühl von der Art, wie wir es kennen, anhalten - wie kann ich jetzt, wenn ich ein Glücksgefühl habe, sicher sein, dass es die Erleuchtung ist, die bis in alle Eweigkeit bestehen bleibt? Was ist Ewigkeit? Ewige Zeitdauer? Leerheit, wenn ich richtig verstanden habe, betrifft alle Phänomene, auch das Phänomen Zeit. Löst sich also mit der Einsicht der Leerheit der Gedanke der Dauer auf? Kommt dann nicht trotzdem der nächste Augenblick? Zu realisieren, dass nichts wesenhaft ist, warum ist das ein Tor zur Erleuchtung?
Herzliche Grüße,
Bibo