Lieber SPK,
lass mich unseren Dialog nochmal aufgreifen, denn nur im Kontext dieses Dialogs ist es mir möglich, die aus meiner Perspektive angemessenen Worte zu finden
Dann ist Karma für dich etwas physikalisches und nicht etwas psychologisches (quasi)?
Diese Unterscheidung mache ich nicht. Karma ist in erster Linie Intentionalität. Intentionalität kann sich in äußerer Handlung manifestieren oder nur in inneren Gedanken, die ja auch Handlungen sind.
Die Anhäufung solchen Karmas kann entsprechende Wiedergeburt, d.h. neues Dasein (primäre Erfahrung), verursachen und/oder sekundäre Erfahrungen in diesem neuen Dasein.
Es gibt also de facto nur Erfahrung, welche karmischer Natur ist, weil sie von Karma und karmischen Gewohnheiten verursacht ist.
Auch die Selbst-Wahrnehmung ist karmischer Natur. Meine Selbst-Wahrnehmung als Mensch unter Menschen ist rein karmischer Natur und alles was ich in diesem Menschenbereich erfahre ebenso.
Darauf du:
Ich sehe das mit der Selbstwahrnehmung anders, weil es eine Frage des Bezugssystems ist, das man selber hat. Dieses Bezugssystem hat imho ein Erwachter nicht mehr. Jedenfalls nicht so wie ein Weltling. Er hat zwar eine Selbstwahrnehmung in dem Sinne dass er wahrnimmt, aber er nimmt es nicht persönlich.
Beispiel: er fährt mit dem Auto und wird geschnitten. Dann ist ihm natürlich bewusst, dass er geschnitten wurde, aber er ergreift es nicht und macht da sein persönliches Ding draus (Karma), regt sich noch stundenlang auf oder brettert sogar hinterher um sich zu rächen.
Natürlich siehst du das anders, denn das ist ja deine Erfahrung, das so oder anders zu sehen. Und meine Erfahrung, das so oder anders zu sehen, ist eine andere. Und dies ist genau, was ich mit 'karmischer Wirkung' meine: Alle Erfahrung ist karmische Wirkung.
Weil wir nicht das gleiche Karma haben, sehen wir selbst Karma und seine Wirkungen anders.
Dann schreibst du:
Aber wenn du Früchte hier als Umstand interpretierst (so wie ich das verstehe), dann müsstest du konsequenterweise auch sagen, dass alle Babys (Rentner, Behinderte, Kriegsopfer, usw.) die ermordet, gefoltert oder misshandelt werden in ihrem letzten Leben selber wahrscheinlich Mörder oder so etwas waren. Und dass Karma hier im Grunde ein physikalisches Naturprinzip ist.
Wenn ich die Erfahrung mache, dass 'Babys (Rentner, Behinderte, Kriegsopfer, usw.) ... ermordet, gefoltert oder misshandelt werden' dann ist das ja auch karmische Wirkung, meine karmische Erfahrung.
Alles was ich äußere ist im Kontext des mittleren Weges zu sehen. Deshalb ist die Folgerung, dass weil ich dies als meine karmische Erfahrung bezeichne, ich behaupten würde, dass es sich außerhalb von mir in Wahrheit nicht ereignen würde, nicht angemessen.
Ich sage ja, dass die Realität für uns nicht zugänglich ist, und dass das ignorante Bewußtsein uns zwischen Extremen hin und herwirft. Dass die Lehre in Worten nur eine Vermittlerrolle einnimmt. Wenn also meine Worte den Eindruck vermitteln würden, ich würde sowas wie 'alles ist nur Geist/Bewußtsein' behaupten, dann ist das ein falscher Eindruck.
All dies, meine karmische Erfahrung, dass ich diese 'Babys (Rentner, Behinderte, Kriegsopfer, usw.)' wahrnehme, und die karmische Erfahrung der 'Babys (Rentner, Behinderte, Kriegsopfer, usw.)' ist also in meiner Antwort oben enthalten:
Ich sage nichts anderes als dass alles eine Ursache hat bzw die Folge komplexer Interaktionen von Ursachen und Bedingungen ist. Wer behauptet, karmische Wirkungen in deterministischem Sinne zu verstehen, der ist seinem Unwissen aufgesessen. Ich würde in der Welt über Karma nicht als 'physikalisches Naturprinzip' sprechen, weil dies in der Welt ein irreführendes Gleichnis wäre. Warum? Weil die Menschen irrtümlich an Physik glauben.
Dies alles berücksichtigend kann ich sagen:
Was man jedoch wissen kann ist:
Positives Karma hat niemals negative Effekte, sondern nur positive.
Negatives Karma hat niemals positive Effekte, sondern nur negative.
Das Karma, das man anhäuft, verschwindet nicht einfach wieder so, sondern es wird mittelbar Effekte haben.
Man kann nicht die Folgen von Karma erfahren, welches nicht auf eigenen Handlungen und Motivationen beruht.
Warum können wir das wissen?
Weil es gelehrt wurde.
Und wenn wir es trotzdem ignorieren, dann kann das doch als Ignoranz bezeichnet werden, oder?
Du antwortest darauf:
Ja, da steht was über Karma, aber nicht dass das die einzige Gesetzmäßigkeit ist, wie sich Umstände (und Konsequenzen) erklären lassen.
....
Und ich frage mich, was ich eigentlich erklärt habe, denn die Realität ist uns ja nicht zugänglich und 'die Umstände', sind nur unsere karmische Erfahrung.
Unser Gespräch, das wir so über Karma geführt haben, ist unsere karmische Erfahrung. Unsere Sichtweisen, die wir im Rahmen unseres Gespräches mit Worten ausdrückten, ist unsere karmische Erfahrung.
Dass wir glauben, wir würden uns hier als Menschen unterhalten, ist unsere karmische Erfahrung.
Unsere gesamte Erfahrung ist karmische Erfahrung und ist nichts anderes als eine 'magic show' - wenn auch eine mitunter sehr leidhafte - weil die Realität nicht zugänglich für uns ist.
Ich hoffe, ich konnte wenigstens andeutungsweise mit Worten ausdrücken, was mich die Buddhas und Bodhisattvas gelehrt haben oder anders: was in meinem Falle aus der Interaktion von Buddhanatur und Karma als sprachlicher Ausdruck in diesem Zusammenhang resultiert.
