Beiträge von Karnataka im Thema „Wie praktiziert Ihr Mitgefühl ?“


    zur Leerheit:


    zunächst muss man, so wenigstens meine Meinung, deutlich sehen, worum sich alles dreht: nämlich um das Bewusstsein unseres Todes und um jene Beunruhigung, ins Nichts geworfen zu sein. Diese Verfasstheit wird mehr oder weniger bewusst erlebt und steht in unmittelbaren Zusammenhang mit teils gierigen Anhaftungen, die in ihrer Unbesonnenheit nur Leid erzeugen, und der hartnäckigen Bildung der Geistesgifte.


    von daher braucht es eine Erfahrung (die einen Glauben unterstützt, erzeugt, festigt), die den Menschen von Grund auf komplettiert und befähigt, sein Dasein in dieser Welt einzuordnen. Dies ist überaus schwierig. Offenbar gibt es jedoch eine Tür zu einer möglichen Erfahrung, d.h. es gibt eine Möglichkeit, einen Weg zu unterrichten, der zu einer Erfahrung führt, die unsere fundamental destruktive und verängstigte Verfasstheit heilt.


    natürlich weiß ich nicht genau, wie mit dem Streit und der Unsicherheit bezüglich der Erfahrung Leerheit umzugehen ist, da ich sie ja nicht besitze. Gesucht ist jedenfalls eine Erfahrung, die unzweifelhafte Gewissheit gibt und von daher zunehmend eine heilsame Wirkung entfaltet. Dabei kann ich gut verstehen, dass diese Erfahrung der Reflexion bedarf und befähigt, leidenschaftlich davon zu sprechen.


    dennoch habe ich einen Einwand: es gibt kein Ausweichen ins Metaphysische! Für mich zeigt sich hier in der Diskussion und anderswo schon auch die Tendenz, die Frage der Ethik eher links liegen zu lassen. Sicher wird kaum wer die Frage nach seinen persönlichen Geistesgiften im Internet ausführlich beantworten. So nehme ich aber das oben angesprochene Thema Urteilskraft (Weisheit) als nächstes mal bewusst, um mich von der Metaphysik zu befreien! :)


    spannendes posting! Zukünftiger Buddha... auch nicht schlecht :)
    ja, das Urteilsvermögen (Weisheit), damit will ich mich ohnehin beschäftigen - mach ich gleich morgen!


    LG, Wolfgang

    Turmalin:


    wieso glaubst du, dass Tobias deine Zitate gelesen hat? ;) die Ansicht ist schlicht richtig... mit weiterem Erklärungsbedarf... aber es ist ganz klar, dass im Buddhismus unterschieden wird zwischen normalen positiven Handlungen, die mit Anhaften einhergehen und transzendenten Handlungen ( Paramitas)- die ohne Anhaften an die Vorstellung eines " Ich" einhergehen. Solange man sein Gegenüber als ein Objekt erlebt und sich selbst als das mitfühlende Subjekt, ist Anhaftung an sich selbst da. Das heißt, man hat nicht nur das Gefühl ein "ich " zu sein. Sondern auch Empfindungen wie " ich bin ein guter Mensch" usw. Beim " Objekt" des Mitgefühl treten daher dann oft Empfindungen des Verletztseins auf. Weshalb es dann auch dazu kommt, dass Leute sich nicht helfen lassen wollen. Weil sie das Gefühl haben, derjenige, der helfen will, erhöht sich selbst damit. Und drückt die zu- helfende person irgendwie subtil runter. Verletzt ihr Selbstwertgefühl.Diese Problematik kann nur dann mit der Wurzel ausgerissen werden, wenn der Glaube an ein" ich" erlischt.


    Ich denke in deinen Posts kommt noch heraus, dass die ganze Sache nicht so einfach ist. Da gebe ich dir Recht. ;) Denn irgendwie sollte man ja schon mit dem Mitgefühl- üben anfangen, auch wenn man noch nicht in der Lage ist, eine echte Leerheitserfahrung zu haben.


    also, die Meditation von Mitgefühl versucht ja gerade, egozentrische Vorstellungen und ichbezogene Wünsche ein bisschen zu verlassen und beispielsweise einem Menschen ohne alle Besitzansprüche liebevoll zu begegnen, für andere da zu sein und nur diesen Blickwinkel zu bewahren (und so weiter). Dabei erlebt man Freude. Der Pfiff an der Sache liegt also gerade darin, selbstbezogene Vorstellungen zu überwinden und vielleicht auch einen kognitiven Zustand abseits der Egozentrik zu verwirklichen, was durchaus zu einer Versenkung führen kann.


    Im realen Leben machen sich diese Übung und Erfahrung inneren Glücks mehr als bezahlt, da man automatisch eine positive Einstellung hat und eine gelungene gemeinsame Situation mit anderen Menschen sucht. Unwillkürlich erfährt diese Einstellung auch Anerkennung, denn im Prinzip ist das genau jenes, wenn es ehrlich ist, was einen Menschen sympathisch macht.


    das allein reicht nicht, das ist schon klar, sondern der Geist braucht eine Vorstellung, Erfahrung, ein Wissen, das ihn zutiefst erfüllt und berührt, die Angst von ihm nimmt und sein Verhaftetsein relativiert. Wie du richtig bemerkt hast, besitze ich aber keine echte Leerheitserfahrung und, offen gesagt, strebe ich sie auch nicht übermäßig an, wenngleich ich deren Gültigkeit wirklich anerkenne.



    uff – und ich dachte schon, es wäre ganz egal, was ich hier poste, liest eh keiner…
    Danke! :)


    meine Lesart der Lehre des D L , sprich: Mahayana, ist doch so, dass Mitgefühl als grundlegende, vorausgehende Praxis zu verstehen wäre. Speziell fallen mir hier bestimmte Texte ein, auf die Seine Heiligkeit irgendwo ausführlich eingeht ("Die Lampe der Erleuchtung" oder so...), ich glaube, bei der veröffentlichten Lehrrede von Klagenfurt.


    Dennoch magst du sicher recht haben und das Versiegen destruktiver Anhaftungen wird durch die Ansicht/Erfahrung Leerheit gewaltig unterstützt und ich kann mir gut vorstellen, dass solch eine befreiende Einsicht zugleich viel Potential für Mitgefühl freisetzt. Ich möchte also überhaupt nicht widersprechen! Schließlich zählt deine Erfahrung.


    Persönlich meine ich aber, dass Manches auch von anderen Lehren beansprucht wird, wogegen alle die Notwendigkeit der Einsicht in das Mitgefühl betonen. Ein Mensch, der das Wesen und den Gewinn von selbstloser Hilfe und so weiter nicht einsichtig zu verinnerlichen sucht, scheint mir tatsächlich verblendet, weshalb ich dies auch höher bewerte.

    Ein paar unkommunikative Gedanken vom 15. April :)


    Was die Geistesgifte, Gier, Hass und Verblendung, angeht, denke ich, dass es natürlich Einsicht braucht in die Destruktivität von Selbstbezogenheit und den Zusammenhang von Gier und Leid, in die Projektion eingefahrener Beziehungsmuster, in den möglichen unsichtbaren Hintergrund von Unsicherheit usw.


    Diese kognitive Einsicht sollte aber, glaube ich, nur einen Teil der Bemühung ausmachen. Denn die Geistesgifte sind sehr stark mit Emotion verknüpft. Emotion ist aber zum Teil in einem viel älteren Gehirnareal verwurzelt, wo sie schon zu Urzeiten für Angriff und Flucht und so zuständig war. Daher gibt es hier nur bedingt die Möglichkeit, durch Einsicht zu formen.


    So, denke ich, sollte Meditation stark um eine emotionale Komponente bemüht sein. Erst wenn selbstlose Liebe, Mitgefühl und Verbundenheit tatsächlich eine intensive gefühlsmäßige Qualität entfalten, die Erfahrung von innerem Glück erzeugen (Mama + ich = ungetrennt :) ), kann diese grundsätzliche Gestimmtheit erreicht und geschult werden.


    Die bloße Einsicht in den leidhaften Charakter der Geistesgifte dürfte also nicht auszureichen, da die grundlegende destruktive Energie nur von einem kognitiven Kanal in den nächsten verschoben wird. Das Leid, das man in sich und für andere schafft, ginge derart beinahe ungebremst weiter, glaube ich.

    Holzklotz:

    Ich sehe das recht pragmatisch.
    Je genauer ich durch Meditation/Achtsamkeit mein eigenes Leiden und seine potentielle Macht kennen lerne, desto mehr kann ich mich in meine Mitmenschen/Mitlebewesen hinein versetzen. Ich fühle mich dadurch z.B. seltener persönlich angegriffen, weil ich weiß, dass Leiden zu einer bestimmten Reaktion geführt hat, die mich ansonsten vielleicht verletzt hätte. Aus diesem Grund kann ich auch "mitfühlender" reagieren, ohne mich intelektuell zu irgend etwas zwingen zu müssen.
    Ich glaube deshalb nicht, dass Mitgefühl explizit geübt werden muss.


    Die Trias Gier, Hass und Verblendung in sich zu identifizieren, diese Begriffe für sich urbar zu machen, deren Zusammenhang mit dem eigenen Leid zu erkennen, bildet natürlich den Grundstock von Lehre und Befreiung, würde ich sagen. Dieses Erkennen lässt sich nicht überspringen, genauso wenig wie die Überwindung emotionaler Probleme, welche die Meditation behindern, ja im Keim ersticken können.


    Mir ging es so, dass ich Schritte, die darüber hinausgehen, schwer oder gar nicht anerkennen konnte. In den Schriften des Dalai Lamas stieß ich dann permanent auf den Begriff Mitgefühl. Langsam erkannte ich, welch machtvolles emotionales Instrument derart in die Hand gegeben wird, den eigenen Geist zu schulen. Dies gilt besonders für das soziale Leben, das du ansprichst! Denn sobald man diesen Schlüssel in sich und für sich entdeckt hat, findet man zunehmend zu Leichtigkeit und reiner Freude, glaube ich.


    Dennoch, um dem Mitgefühl halbwegs freie Bahn zu lassen, bedarf es aus meiner Sicht schon unter Umständen einschneidender Korrekturen. Gier: welcher schädliche Wunsch, welche Sucht beherrscht mein Denken? Hass: welche für mein Glück so wichtige ehrliche und echte Aussöhnung muss gelingen? Verblendung: welchem Teil des buddhistischen Weges stehe ich verständnislos gegenüber? Verzeih, wenn dies besserwisserisch klingt, aber aus Mahayana Sicht folgt dieser grundsätzlichen Weichenstellung aufgrund von Achtsamkeit das natürliche Einüben des Mitgefühls, glaube ich.


    Schließlich sollte dann auch die „Leerheit“ kein meditativer Zufallstreffer sein, sondern sich aus dem Wunsch, vollständig für andere Menschen da zu sein, sowie der Lehre des Mahayana organisch ergeben, so hoffe ich.
    (Natürlich ist die genannte Abfolge relativ, und es gelingt ja beispielsweise, die Weisheit des Geistes, die aus Leerheit entsteht, in kleinen Ansätzen zu erfassen, auch wenn der Weg noch vor einem liegt - wie das auch bei mir als Anfänger der Fall ist)
    Soweit meine Ansicht dazu.

    ich möchte dem Mitgefühl in seinem Zusammenhang mit Selbst-Losigkeit im Sinne von Leerheit noch weiter nachgehen, beide sind ja die zentralen Themen im Mahayana.


    Eine Unterscheidung wird darin gesehen, dass Mitgefühl mehr der „konventionellen Wirklichkeit“, wie es heißt, zuzuordnen ist und inhaltlich in engstem Bezug zum tatsächlichen Leben steht. Die meditative Beschäftigung mit Leerheit soll dagegen helfen, eine endgültige Wirklichkeit zu finden.


    Der Dalai Lama spricht hier von Methode und Weisheit und die Texte, die er behandelt, zeigen durchwegs die altruistische Haltung als Voraussetzung, um schlussendlich die Leerheit der Phänomene und des Selbst zu erkennen.


    Ich habe festgestellt, dass mir die psychologische Erklärungsebene liegt und ich damit gut kann. Klar geht es im Mitgefühl um Selbstlosigkeit, so wie auch die Meditation einer Leerheit des Ichs Selbstlosigkeit meint. Vielleicht gibt es aber noch eine tiefere Ebene. So gefällt mir die Erklärung, wonach das innere Glück, das wir durch Mitgefühl herauf beschwören können, auf erste Lebenserfahrungen zurückgreift, also auf eine Entwicklungsphase, von der man annimmt, der Säugling würde sich noch gar nicht getrennt von seiner Mutter erfahren. In diesem Sinn könnte die intensive meditative Konzentration auf liebevolle Güte und selbstlose Liebe diese Urerfahrung reaktivieren, sprich das Einssein in Liebe mit der Mutter.


    Vielleicht kann ein solches Gestimmtsein einen weiteren meditativen Schritt zunehmend gelingen lassen, der ebenso früheste Erfahrungen anlangt. Gemeint ist die Selbst-Losigkeit, der Leerheit des Ichs. Dieses Ich tritt ja als sehr frühe Entwicklung aus dem Geist und nimmt und benutzt ihn schließlich. Wenn es also gelingt, dieses Ich in der Konzentration als ein Geschaffenes, Konstruiertes und die verblüffende Fähigkeit des Geistes fernab vom Ich festzuhalten, so ist dies vielleicht ein guter erster Schritt in die Richtung, die der Buddhismus schließlich als eigentliche Wirklichkeit behauptet. Zumindest die Weisheit, die aus der Herangehensweise erwächst, kann ich aus dem Gefühl bestätigen. Mal sehen…


    Dies scheint mir jedenfalls eine plausible Erklärung für den Zusammenhang der zwei elementaren Begriffe im Mahayana auf psychologischer Ebene. Dazu kommt eine romantische Vorstellung, die mich immer schon beschäftigt hat. Demnach ist ein spiritueller Weg irgendwie ein Weg zurück, ein Weg in die Kindheit, in die früheste Kindheit etc.


    wenn ich auf die Schnelle Mitgefühl für mich definiere, würde ich es als Mischung ansehen. Zum einen heißt es, echt und ehrlich für den anderen da zu sein, sich selbst ganz zurück zu stellen. Zum anderen gilt es, sich an das Fünkchen Glück zu erinnern, dass man in so einer Situation schon empfunden hat, und dieses immer deutlicher zu erkennen – ein Lernprozess.
    Ein Pol funktioniert nicht ohne den anderen – eben eine Mischung.

    VOOM108:

    So wie es verschiedene Ebenen buddhistischer Belehrungen an sich gibt: psychologische, spirituelle, magische - gibt es halt auch verschiedene Ebenen des Mitgefühls: psychologische, spirituelle, magische...


    Wenn man nur eine davon losgelöst betrachtet, kann es sich niemals völlig stimmig anfühlen. Und doch hat jede Ebene zu ihrer Zeit und in ihrem Kontext ihre Berechtigung.


    Der Dalai Lama erfüllt ja viele Rollen, als Regierungschef, als Bodhisattva, als Mönch, als Gelehrter usw. Vermutlich muss man alles, was er sagt und schreibt erstmal in den jeweils richtigen Kontext stellen, bevor man es richtig bewerten kann. Und dann stellt sich immer noch die Frage: Als er das sagte, können wir wissen, was er gewusst; können wir sehen, was er gesehen hat?


    Dem kann ich vollkommen zustimmen!
    Es gibt so unterschiedliche Hintergründe und beispielsweise bin ich der Ansicht, dass der DL als spirituelles Oberhaupt sich seit geraumer Zeit weg von den metaphysischen Themen und Erklärungen, Karma und Wiedergeburt, noch stärker hin zu einer universellen Ethik und Vernunft bewegt. Müsste man untersuchen.
    (Ich entsinne mich in einem Dialog von 2009 gelesen zu haben, er wolle öffentlich zu Karma und Reinkarnation nicht sprechen – gemeint ist wohl die Öffentlichkeit von facebook etc.)
    Zudem finden sich die kulturellen Eigenheiten und das besondere Gedankengut des tibetischen Buddhismus in früheren Publikationen ausreichend dargestellt.
    Das politische Oberhaupt im Schlachtfeld der Politik, in einer so leidvollen Situation – darüber brauchen wir nicht zu reden – der Friedensnobelpreis spricht deutlich.


    Zu seiner Rolle als Mönch und Lehrer:


    Es mag banal klingen, doch sehen wir nicht ein inneres Glück, welches den Menschen zum Leuchten bringt? Woher kommt die innere Übereinstimmung, die ich zu seiner Person empfinde? Damit meine ich sicher nicht, mich vergleichen zu können. Ich spreche aber auch nicht von reiner Bewunderung und Identifikation. Man identifiziert sich beispielsweise mit einem Menschen, um zu lernen, freier von Angst zu werden (besonders in der Jugend).


    Ich meine, das, was der DL verkörpert, hat zu tun mit dem Schlüssel, den er uns gibt: mit der Schulung des Mitgefühls. Das Mitgefühl, das die Gleichheit aller Wesen in ihrem Streben nach Glück zum Gegenstand hat, ist selbst wesentlicher Faktor inneren Glücks. So, glaube ich, lautet die augenscheinliche Botschaft des "glücklichen" DL. Daher deute ich mein Gefühl der Übereinstimmung als Zeichen, wie sehr der DL diese Ebene des gemeinsamen Menschseins verkörpert. Ich glaube, auf dieser Ebene können wir die feinfühlige Bescheidenheit des DL in ihrem Wesen erkennen und Inspiration daraus zu schöpfen.

    Interessant, dass der Dalai Lama zu dem Thema auch eine sehr tiefenpsychologische Erklärung und säkulare Perspektive nennt. Zwar bringt er Erkenntnisse der frühkindlichen Bindungsforschung in Zusammenhang mit der Wirkung, welche die Entfaltung von Mitgefühl auf die Person selbst hat (die frühkindliche Bindungsforschung hat gezeigt, wie sehr die kognitive, psychische und körperliche Entwicklung schon beim Säugling von emotionaler Zuwendung abhängen):


    „Das Wunderschöne am Mitgefühl ist, dass sich bei seinem spontanen Aufsteigen im Menschen eine innere Tür zu dieser Liebeserfahrung des Kindes öffnet, die Teil unserer grundlegenden Wirklichkeit ist.“


    In Hinblick auf die Sutra lassen sich die ersten Sätze dann als Aufforderung lesen, solch eine frühe Erfahrung zu reaktivieren und dabei auch in die Rolle der eigenen Mutter zu schlüpfen, die der Säugling vielleicht gar nicht so sehr von sich getrennt erlebt:


    Wie eine Mutter ihr Leben aufs Spiel setzen würde,
    um ihr Kind, ihr einziges Kind zu schützen,
    so sollte man auch ein grenzenloses Herz
    bezüglich aller Wesen pflegen.


    Weiter schreibt der Dalai Lama zur therapeutischen Wirkung auf den Menschen:

    „(…) Wenn wir also füreinander Mitgefühl empfinden, kehren wir zu unserer tiefsten Natur zurück. Sobald sich die innere Tür auftut, wird es mühelos möglich, auf andere zuzugehen und mit ihnen in Kontakt zu kommen. Aus diesem Grund ist das größte Gegengift gegen Unsicherheit und das Empfinden der Angst das Mitgefühl, weil es den Menschen wieder auf den Grundstock seiner eigenen inneren Stärke zurückbringt. Ein wirklich mitfühlender Mensch verkörpert einen sorgenfreien Geist der Angstfreiheit, der sich der Freiheit von egoistischen Sorgen um sich selbst verdankt.“


    Dies ist doch eine ungewohnte Perspektive zum Thema Mitgefühl, da weder mit Gerechtigkeit noch in spiritueller Weise dafür geworben wird, sondern sehr psychologisch und direkt der Gewinn für die eigene Persönlichkeit heraus gestellt wird.


    Dennoch macht mich so eine Sichtweise nicht ganz glücklich. Zu säkular! :)

    Metta Sutta, aus dem Sutta Nipata 1,8


    Wie eine Mutter ihr Leben aufs Spiel setzen würde,
    um ihr Kind, ihr einziges Kind zu schützen,
    so sollte man auch ein grenzenloses Herz
    bezüglich aller Wesen pflegen.


    Kultiviert mit Wohlwollen für den gesamten Kosmos
    ein grenzenlos weites Herz;
    nach oben, nach unten und ringsherum,
    ohne Hindernis, ohne Feindseligkeit oder Hass.


    Ihr mögt stehen, gehen,
    sitzen oder niederliegen,
    solange ihr wach seid,
    bleibt entschieden bei dieser Achtsamkeit.

    euh:

    von Karnataka am 14.12.2012, 16:23


    Ja was meinst du wie ist das?
    Mich erinnert das an die Geburt meiner Tochter, es war so ein sanftes Gefühl der Verbundenheit, Sie zu erleben war so toll das es mich jetzt noch emotional trifft


    Dem eigenen Kind Glück zu wünschen ist ein uns angeborenes, emotionales Mitgefühl. Über diesen unmittelbaren Bereich hinaus müssen wir Mitgefühl erst entwickeln. Da ich einen Adoptivsohn habe, weiß ich mit Sicherheit, dass sich liebevolle Güte hier praktisch von selbst ausgebreitet hat. Doch schon in einer Partnerschaft ist die Verbundenheit keine so selbstverständliche.


    Der Dalai Lama beschreibt die Entwicklung von Mitgefühl als einen Prozess, der ein bestimmtes Wissen erfordert (gilt für einen erwachsenen Menschen, denke ich). Man soll ständig darüber nachdenken und dieses Wissen durch Reflexion oder Meditation verinnerlichen, bis es zu einer festen Überzeugung wird. Auch an sie muss man sich ständig erinnern und sich vertraut machen. So wird sie zu einem Bestandteil der geistigen Gewohnheit. Hier erst wird Mitgefühl spontan und entsteht mühelos, wenn man über andere nachdenkt.


    Mitgefühl selbst ist nicht unbedingt eine Emotion, da es gefördert werden muss. Die Emotion, die nun aber zum Mitgefühl hinzutritt, ist von hoher Intensität. Mitgefühl ist nun nicht mehr auf dem Niveau des Denkens, schreibt der Dalai Lama.


    Ich meine, Mitgefühl durch Meditation und Bemühen um liebevolle Güte und den Wunsch, das Glück anderer zu mehren, entwickeln zu können. Dabei kommt es mir vor, als würde ich der Spur meines eigenen, inneren Glücks folgen.

    Wie viel Glück empfinden Eltern,
    wenn sie aus ganzem Herzen,
    ihrem Kind das größte Glück wünschen!
    Mit Tränen in den Augen denken sie:
    Mein Leben würde ich für das kleine Wesen geben.


    Könnte ich mich nur
    ohne alle Egozentrik und Ambivalenz
    als unwichtiger Teil eines großen Ganzen empfinden,
    von jenem Wunsch nach bestem Wissen erfüllt.
    Mit wie viel Freude
    würde ich meinen Mitmenschen begegnen!