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ZitatAlles anzeigenAus: "Das Diamantlicht des gewöhnlichen Geistes - Mahamudra Praxis"
Verfasser: 9. Karmapa Wangchug Dorje; Kommentator: Beru Khyentse Rinpoche
"Sogar wenn du durch diese Meditation starkes Vertrauen, Mitgefühl und derlei Qualitäten entwickelt hast, werden diese sich an ihrer eigenen Stelle (aufgrund ihrer Unbeständigkeit) wieder auflösen, wenn sie nicht durch Mahamudra (das Verständnis der Untrennbarkeit von Mitgefühl und Leerheit) gereinigt worden sind. Nimm an, du entwickelst Mitgefühl für jemanden, der keine solchen guten Dharmaqualitäten besitzt: Momentan denkst du, es wäre nützlich, ihm zu helfen. Wenn du, obwohl dies keinerlei letztendlichen Nutzen brächte, deine eigenen guten Dharmaqualitäten fallen läßt, um ihm zu helfen, hat sich Mitgefühl als Feind erhoben.
Ein Beispiel. Angenommen, du siehst einen Jäger, der Schwierigkeiten hat, einen Hirsch zu töten, und aus Mitgefühl für diesen grausamen Menschen entschließt du dich, ihm zu helfen. Wenn du dein eigenes Mitgefühl für Tiere und dein Gelübde, nicht zu töten, aufgibst und ihm hilfst, das Tier zu erschießen, hat sich Mitgefühl als Feind erhoben.
Auch in diesem Fall solltest du (die Natur dieses) Mitgefühls erkennen. Ruhe, indem du es weder blockierst noch ausbaust. Werde dir über die Natur dieses starken Mitgefühls in der Sicht von Mahamudra klar. Durch unermüdliche Gebete (zum Wohl aller andern) wirst du, während du dich in diesem Zustand befindest, das Mitgefühl, das sich als Feind erhebt, ausschalten und das Wohl der andern in Übereinstimmung mit dem abhängigen Entstehen bewirken.
Die Fähigkeit, andern mühelos zu helfen, entsteht nach dem Gesetz von Ursache und Wirkung als Ergebnis dieser Gebete ebenso wie durch die Verwirklichung der Einheit von Mitgefühl und Leerheit. Während du auf die Erleuchtung hinarbeitest, ist es grundlegend, Mitgefühl zu entwickeln und andern zu helfen ‑ aber mit Weisheit.
Es besteht ein großer Unterschied zwischen einem Bodhisattva, der unkonventionelles Verhalten einsetzt, um jemandem zu helfen, weil er sieht, daß dies letztlich wohltätige Wirkungen hervorbringen wird, und einem Anfänger ohne Verwirklichung, der sehr emotional andern stümperhaft zu helfen versucht, damit nicht wirklich hilft und nur seine eigene Praxis schädigt. Gib nicht vor, ein Bodhisattva zu sein, wenn du es nicht bist, und gebrauche Mitgefühl nicht als Rechtfertigung für impulsives Handeln. Aber selbstverständlich mußt du jemandem, der zum Beispiel im Begriff ist zu fallen, helfen. Du mußt einfach deinen gesunden Menschenverstand gebrauchen."