Beiträge von void im Thema „Buddhismus 2.0“

    bel:

    Das ist reine Demagogie.
    "Säkularer Buddhismus", jedenfalls so, wie seine Proponenten ihn verstanden wissen wollen, hat aber auch nix gemein mit dem hier karikierten "westlichen Buddhismus" in seinen Formen von "Wellness-Buddhismus" bis "Manager-Zen".


    In seinem Buddhismus 2.0 schreib Batchelor:

    Zitat


    „Säkular“ kommt vom lateinischen „saeculum“, was „diese Zeit“ bedeutet. Damit ist nicht nur das Hier und Jetzt gemeint, sondern das Zeitalter, in dem wir uns befinden. Als säkularer Buddhist verstehe ich meine Praxis in erster Linie als Antwort auf die Krise, die Fragen und das Leiden unserer Zeit. Historisch gesehen ist das, glaube ich, in jeder Epoche der Fall gewesen, in der der Buddhismus in einer Gesellschaft in Blüte stand. Ob wir die Zeit des historischen Buddha nehmen, als er auf das Drängende und die Krisen seiner Zeit geantwortet hat, oder die Zeit, als der Buddhismus nach China, Tibet oder in irgendein anderes Land kam: Er ließ sich vollkommen auf die vorhandene Situation ein.


    Was ist denn gegen säkularen Buddhismus zu sagen, wenn es ihm gelingt einerseits authentisch buddhitisch zu sein, und andererseits auf die Probleme unserer Zeit zu antworten. Was kann man denn daran kritisieren? Was soll den daran schlecht sein, wenn es funtioniert?


    Von daher macht es Sinn, den Blick auch auf die Risiken und Nebenwirkungen zu richten. Uns zu sehen was passiert, wenn man Buddhismus so an das Säkulum anpasst, dass es nicht auf die Probleme unserer Zeit antwertet sondern sich im Denken der Zeit verfängt. Und dann entstehen eben unbeabsichtigte Formen von "Wellness-Buddhismus" bis "Manager-Zen". Und genau darauf geht der Artikel von Litsch ein.


    Demagogisch wäre es säkularen Buddhismus jetzt mit diesen Verfallerscheinungen gleichzusetzten, also nur die möglichen Nebenwirkungen und nicht die positiven Möglichkeiten zu betrachten.

    Indem man den Buddhismus also von den traditionellen, patrirachalen, feudalen Zügen reinigt, die ihm von seinen asiatischen Ursprüngen angaftet, besteht die Gefahr, vom Regen in die Traufe zu kommen, und sich den Ideologien und Verblendungszuammenhängen unserer Gesellschaft anzudienen. Franz-Johannes Litsch , einer der Proponenten eines Engagierten Buddhismus schreibt dazu:



      Auf dem Weg zum Wellness-Buddhismus?


      Der westliche Buddhismus hat nunmehr das Image eines kurzfristigen exotischen Lifestyle-Trips erworben, so dass sich derzeit kein bekannter europäischer Denker oder Wissenschaftler mehr dazu veranlasst fühlt, sich tiefer mit ihm zu befassen oder sich gar zu ihm zu bekennen. Er wird unter diesen zumeist als harmlos, naiv und weltfremd bewertet. Dazu trägt sehr seine unglückselige Vermischung mit Esoterik und New Age bei. Hier hält man ihn für nützlich, um sich seiner für eigene Zwecke zu bedienen. In Zeiten von zunehmendem beruflichem und gesellschaftlichem Stress und breiter wirtschaftlich-politischer Perspektivlosigkeit bietet der Buddhismus offensichtlich individuelle Fluchten des mystischen Vergessens, friedlicher Entspannung und sanfter Wellness-Verwöhnung. Gelegentlich auch geistiges und körperliches Fitness-Training für Manager und Erfolgswillige.


      Das ist der Punkt, an dem die Kritik Zizeks ansetzt. Er fürchtet, dass ein solcher Buddhismus nichts dazu beiträgt, den heute immer deutlicheren, kulturellen, gesellschaftlichen, ökologischen Zerstörungsaspekten der westlichen Zivilisation eine heilsame Wendung und Orientierung zu geben, sondern im Gegenteil dazu verhilft, den herrschenden "Verblendungszusammenhang" (Adorno) weiter zu stabilisieren, ja sogar zu vertiefen. Anders gesagt: Zizek wirft dem westlichen Buddhismus vor, dass er der globalisierten und hochtechnisierten Gierökonomie des Westens nun auch noch die fehlende spirituelle Metaphysik und leistungssteigernde, entspannte Gelassenheit liefere – auf dass der totale Zugriff auf die Welt und alles Leben noch effizienter zu Ende geführt werden kann. Er nennt den Buddhismus die "ideale Religion des neoliberalen Kapitalismus" und setzt seine eigene Hoffnung auf eine Erneuerung des Christentums.


      Die Aussagen Zizeks im einzelnen lassen erkennen, dass er den Buddhismus insgesamt, wie auch den westlichen nicht wirklich gründlich kennt, dennoch muss anerkannt werden, dass er etwas beobachtet, was jeden ernsthaft an der Lehre und Praxis des Buddha Interessierten beunruhigen muss. Denn es war ganz eindeutig nicht die Zielsetzung des Erwachten, zu jenem "pursuit of happiness" (Jagen nach Glück) jedermanns beizutragen, wie es der amerikanischen Verfassung zu Grunde liegt, wie es als "american way of life" missionarisch heute in aller Welt verbreitet wird und wie es immer stärker zur eigentlichen Zivilreligion der westlichen Konsumgesellschaften wird. Denn hier geht es um die grenzenlose Erfüllung aller Träume, Wünsche, Illusionen, Begierden und Abneigungen, nach der das individuelle Ich zur Bestätigung und Erweiterung seiner Existenz greifen möchte. Dem Buddha dagegen geht es um die Befreiung von allem Greifen nach einem Ich oder nach Dingen und damit um das Erlangen eines Glücks, das nicht an irgend etwas gebunden ist.


      Neue Verkleidungen des Ichs


      Bei aller derzeitigen Offenheit der westlichen Welt gegenüber dem Buddhismus, die grundlegende Ich-Orientierung ist dort in keiner Weise verschwunden, sondern reinkarniert sich nur in neuer Gestalt: im Konzept der konsumfreudigen Selbstverwirklichung, der marktwertbewussten Ich-Inszenierung, des psycho- und biotechnischen Persönlichkeitsdesigns. Es geht längst nicht mehr um die christliche "Vervollkommnung der Seele" sondern um das erfolgreiche Coming out als Ich-AG. Wo die Ökonomie zur eigentlichen Religion wird, werden wir zu Produzenten und Verkäufern unser selbst als Ware – unseres "hart erarbeiteten" Selbst – auf einem grenzenlosen Markt der Ich-Konkurrenz. Die eigene Person wird zur Aktiengesellschaft, das Leben zum Gewinn- oder Verlust-Geschäft. Umgekehrt wird die Religion immer mehr zur Ökonomie, zum religiösen Supermarkt und Business.


      Westlicher Buddhismus – Nein danke ?

    Karnataka:


    Ganz klar ist die Trennung von Religion und Staat und die Weltlichkeit, die jene Trennung für den Menschen brachte, zu begrüßen. Das steht, glaube ich, außer Frage.
    ...
    Traurig finde ich nur das Beispiel mit dem D L , ausgerechnet! Er hat die Trennung im Exil vollzogen, ja selbst die Einrichtung eines Dalai Lamas vom Wunsch des Volkes abhängig gemacht und überhaupt den Friedensnobelpreis gekriegt.


    Ja, komisch. Beim Dalai Lama empfindet man das als angenehm wie er in seiner Position Mönch, Celebrity, Wissenschaftsfan, Vorkämpfer für die tibetische Sache und Förderer von Dialog zwischen Religionen und tibetischen Schulen miteinander kombiniert. Nach der reinen Lehre der Säkularisierung ist das aber gerade so eine Vermischung der unterschiedlchen Sphären abzulehnen.


    Aber Ist ein Dalai Lama, der sich für den Dialog mit Wissenschaft, Promis interessiert und für die Tibetischen Rechte kämpft wirklich schlechter als sein Kollege Geshe Kelsang, dem sogar die Rime-Bewegung die innerhalb des tibetischen Buddhismus schulübegreifend wirkt zu weit geht und der von einem Gelug-Lehrer erwartet, vor allem die Lehre seiner eigenen Schule von anderem abzugrenzen?


    Auch der vorherige Papst Benedikt fordert ja eine Entweltlichung der Kirche. Also sich aus der Gesellschaft und ihren weltlichen Belangen - aus dem Engegement in Schule und Sozialwesen zurückzuziehen und sich quasi hinter die Klostermauern zurückzuziehen. Ist so eine Entfernung von Alltag und Sakralen wünschenswert oder führt das gerade dazu, dass da jede Bodenhaftung verloren geht? Der Kampf gegen Degeneration, Vermischung und faule Kompromisse ist bis zu einem gewissen Grad sinnvoll, aber er kann ebenso zu einer Sicht führen, die das "reine Eigene" gegenüber allen Formen von Kompromiss und Dialog abschottet.


    Sind Bestrebungen des enaggierten Buddhismus abzulehnen weil sie Säkularität untergraben? Also Abt Muhos Idee unter
    Obdachlosen im Schlosspark von Ôsaka ein Zengruppe zu führen oder Claude AnShin Thomas Engegement gegen den Krieg? Das wäre doch reichlich absurd. Ist Säkularität als totale Trennung von religiösen und weltlichen wirklich erstrebenswert oder funktioniert eine vom Alltag abgespaltene Praxis überhaupt nicht?

    peeter:

    Es steht da doch das Du/Ich/Wir an den Punkt angelangen, wo das wahre Selbst (?) erkannt wird und es steht da nichts davon, dass das Selbst angreift .. oder was meinst Du mit ...angreifen..?
    Allerdings angekommen beim wahren Selbst gibt es wohl kaum noch Angriffsflächen. Ruhen in dir Selbst. In deiner Mitte, wo alles um dich herum passieren mag, dich aber in keinster Weise irgendwas berühren kann!


    Ich denke da genau anders herum. Also das für Buddha die Idee des Anatta ganz zentral war und er deswegen versucht hat, nicht von einem "wahren Selbst" zu reden, da dieser Begriff ja eine handelnde Person suggeriert. Auch sprach er vom Verlöschen des Wollens, was ja eher Kapitulation als Angriff bedeutet. Und auch ein Rückzug in eine Mitte ist mir fern. Am wenigsten Angrifffläche bietet man, wenn man sich ganz öffnet und alles annehmen kann was da so rumschwirrt.


    Klar kann man die Abwesenheit eines Selbst als wahres Selbst bezeichnen. So wie man ja auch Nichtrauchen druchaus als Zigarettenmarke sehen könnte. Aber verwirrt das nicht alles total?

    peeter:
    Merkur-Uranus:

    3. die Praxis der Achtsamkeit. (Soweit wir wissen, war Meditation zur Zeit des Buddha weitgehend eine Innenschau und eine Vertiefung der Konzentration bis zu dem Punkt, an dem man sein eigenes wahres Selbst oder atman erkennen konnte.)


    :!::!::!::!:


    na...nicht nur das. Die anderen Punkte sind auch von eklatanter Bedeutung.
    Wobei 3. ruhig an erster Stelle stehen dürfte, denn meiner Meinung baut das andere Verstehen darauf auf, denn das Selbst ist es ja wohl!, dass die anderen "Punkte" dann in "Angriff" nehmen kann/könnte.
    ...was immer das Selbst/Ich auch sein mag ... !


    Das sieht man dann ja, wenn es angreift.

    Aiko:

    Das wird auch hier so verstanden - S.12.15. Der Sproß aus dem Hause Kaccāyana - 5. Kaccānagotta Sutta - wobei aparapaccya sich als "auschließlich" versteht und hier meint - sich ausschließlich auf die Lehre Buddhas verlassend. Aber - hier ist auch gemeint, dass es selbst herausgefunden werden muss, als ein "selbst erfahren" und nicht auf ein Wissen über etwas.
    Power könnte hier auch als "Kraft" verstanden werden - quasi aus eigener Kraft, oder so. Das käme dann in Richtung "joriki"


    Ich versteh das auch so dass es hier draum geht, dass man nicht bloss glauben muss, sondern es um etwas geht, was eine jeder für sich in seiner eiegenen Erfahrung nachvollziehen kann. Also etwas ähnliches wie das im Kalamer-Sutra gesagte.


    Batchelor verseht das dann so, dass hier ein Primat des Individuums gegenüber der Autorität und ein Primat der Erfahrung gegenüber dem "Glauben" gelehrt wird. Was ja herrlich säular nach unabhängig des Individuums gegenüber der Autorität klingt.


    Man kann das aber auch ganz anders sehen - als Kapitulation individuellen Ansichten und Meinungen vor der Wirklichkeit. Diese kapitulation passt aber überhaupt nicht mehr zum "unabhängigen Individuum".

    Onda:


    Ich denke, mit ein wenig Wohlwollen erschließt sich schon, was Batchelor unter säkular versteht.
    Ihm geht es auch um das Vordringen zur Essenz des Buddhadharma und ums Entrümpeln verzichtbarer Elemente. Kein schlechtes Projekt. Spirituelle Lehren nehmen oft kulturelles Strandgut auf, das nicht zur Essenz zählt.


    Ich würde da zwei Sachen unterscheiden:



      Erstens mal der buddhitische Weg zur Freiheit vom Leiden. Für diesen geht es nur darum, was unheilsam und was heilsam ist. Das kann im konkreten Fall alles Mögliche sein. Auch für uns Befremdliches wie eine harte und unmenschlche Umgebung, die das Ego unter Druck setzt. Ich schliesse nicht aus, dass es Bedingungen gibt unter denen ganz traditionelle Formen der Frömmigkeit, wie das Rezitieren von Sutren oder die Verehrung mittels Buddha-Statuen Ergebnisse zeitigen. Im Vajrayana wird auf die yogische Tradition und auf ihr tiefes Wissen von körperlich-geistigen Zusammenhängen zurückgegriffen. Nur weil für den Uneingeweihten ein Gerede von Energiekananalen und Tropfen höchst seltsam wirkt, bedeutet das auch nicht, dass es wirkungslos ist. Oder was ist mit asketischen Praktiken, dem betrachten von verwesenden Leichen. Im Licht der Moderne wirkt das alles befremdlich und mittelaterlich. Natürlich besteht bei all diesen Mitteln die Gefahr, das man an ihnen anhftet und sie so von einem Hilfe zu einem Hindernis werden. Jeder Weg hat seine Riskien und Nebenwirkungen und natürlich der eine mehr und der andere weniger.


      Der zweite Punkt ist die Beziehung zwischen Buddhimus und Gesllschaft und Kultur. Auch wenn der Buddhismus oftmals vorgibt, mit seiner Hauslosigkeit jenseits der Gesellschaft zu stehen, ist er real gesehen Teil von ihr. Und hier entfalten Elemente buddhitischer Praxis und Tradition ein über ihre spirituelle Dimeension hinausgehende Wirkung. Im tibetischen Buddhismus wurden Regeln, die zur Leitung eines Klosters gedacht waren auf die Verwaltung eines Landes angewandt und ein buddhitische Feudalismus mit grausem und unmenschlichen Elementen entstand. Im Zen wurde man zum Ideengeber eine Samurai Ethik und legitimierte die Kunst des Tötens mit Floskeln von Leerheit. Der Begriff des Bonzens, der ursprünglich eines buddhitischen Mönch bezeichnet wurde zum Synonym für eine parasitären Funktionsträger. Und so wie man im christlchen Mittelalter die Leute mittelse der Konzepte von Himmel und Hölle an ihren Platz hielt, wurde das Konzept der Wiedergebeurt zur Drohkulisse. Behinderte wurden nicht als hilfsbedürftig sondern als ehemalige Verbrecher gesehen, die ihre gerechte Strafe verbüssen.


    Warum ich auf dem Begriff der Säkularisation herumreite:



      Säkularisation bedeutet doch vor allem die Trennung von geistigen und weltlichen. Also dass in der Kirche keine Kruzifixe herumhängen oder das kein Land buddhitisch geführt wird. Säkulrisation bedeutet eine strenge Trennung von Religion und Staat die gerade die unter Punkt 2. genannten Misstände beseitigt. Aber ebenso wie der weltliche Bereich dadurch weltlicher wird, wird der spirituelle Bereich eben NICHT weltlicher sondern kann sich auf seiner Kernaufgabe konzentrieren. In diesem Sinne ist dann pardoxerweise konservative Knochen wie Geshe Kelsang säkularer als der Dalai Lama weil er meint Gelug-Mönche sollten eher meditieren als Exilstaaten zu führen, sich mit Hollywood und Wissenschaft austauschen oder für Apple Werbung machen.


      Auf der anderen Seite kann man unter Säkularisierung versteht, die Religion selbst zu verweltlichen. Also alles was man als nicht mehr zeigemäß und mit der modernen Sicht auf Demokratie, Menschenwürde und Rationalität unvereinbar erachtet, wegzulassen. Wenn man dabei meint, das was modern sei, sei deswegen immer auch heilsam im buddhitischen Sinn und das was nicht modern sei sei unheilsam, mogelt man sich um das eigentlich Problem herum und macht es sich unglaublich einfach.


    Es wäre natürlich schön wenn sich wunderbarerweise herausstellt, dass das was die Moderne unter Freiheit und Menschenwürde vesteht genau das sei, was der Buddhismus unter Befreiung versteht. Aber auch wenn es da natürlich Überschneidungen gibt, gibt es eben auch Bereiche die sich nicht über einen Kamm scheren lassen. Da muss jede einzlene Schule, jeder einzlene Praktizierende und auch die Gemeinsacht als Ganzes immer wieder von Fall zu Fall abwägen, was angemessen und was sogar gefährlich ist.


    Dieser Aufgabe aus dem Weg zu gehen und vom Buddhismus alles nicht-moderne wegzulassen ist eine Extremposition die dem notwendigen Prozess der schrittweisen Annäherung sogar im Weg steht.

    Onda:

    Mensch, seid ihr streng mit dem armen Batchelor!
    Ihr spielt euch auf seine Kosten ganz schön auf, werte Dharma-Brüder und -schwestern!
    Unterm Strich eine eher abstoßende Veranstaltung.


    Diese ganze Frontenbildung säkular-traditionell kommt doch daher, dass man sich nicht so genau darüber verständigt, was man damit genau mit "säkular" meint. Je schwammiger alles ist desto mehr, projiziert man da hinein. Indem man das aufdröselt kann an klarer darüber reden
    und Missverständnisse verschwinden.


    In ganz vielen Dingen, also z.B wenn es um die Rolle von demokratischer Mitbestimmung in der Sangha geht, um die Ablehnung von Aberglaube und Brauchtum, sind viele hier ja sogar sehr "säkular".

    malsehen:

    Nur zur Info bezüglich der Verwendung des Begriffes Säkular durch Herrn Batchelor. Ich habe vor einigen Wochen sein Essay mal aus dem englischen übersetzt, bin aber aus Zeitgründen nicht zum Feinschliff gekommen. Hier ein Teil der Einleitung seines Textes, in dem Batchelor etwas zu dem Begriff sagt:


    S. Batchelor:



    Ich benutze den Begriff „säkular“ in drei sich überschneidenden Bedeutungen: 1) Im üblichen Sinn, in dem das Wort auch aktuell in den Medien verwendet wird: Dort ist „säkular“ das, was im Unterschied sogar Gegenteil zu dem steht, was als „religiös“ bezeichnet wird. Wenn bei einer Podiumsdiskussion über ein Thema wie die Existenz Gottes der Moderator sagt, dass er nun X einladen möchte, eine säkulare Position zu der Frage darzustellen, dann verstehen wir die Begriffe „säkular“ und „religiös“, ohne dass wir diese allzu präzise definieren müssten. 2) Ich werde den Begriff ebenso mit vollem Bewusstsein seiner etymologischen Wurzeln verwenden. Im lateinischen bedeutet saeculum „dieses Zeitalter“, „dieses Jahrhundert“ oder „diese Generation“. Mit dieser Bedeutung beziehe ich mich auf alle Beziehungen, die wir zu unserer, dieser Welt haben. Also alles, was das Leben auf unserem Planeten für uns in persönlicher, sozialer und im Bezug auf unsere Umwelt ausmacht. 3) Ebenso verstehe ich den Begriff in seiner westlichen, historisch-politischen Bedeutung. Ich beziehe mich hierbei auf (Definition v. Don Cupitt) „Den Übergang der Hoheit über einen bestimmten Lebensbereich von der Kirche auf die ,weltliche‘ Macht des Staates. Cupitt zeigt auf, wie in den letzten zwei-, dreihundert Jahren „ein weiträumiger und langanhaltender Prozess der Säkularisierung die Gänze unserer Kultur verändert. Der religiöse Einflussbereich schrumpft langsam bis zu dem Punkt, an dem die Mehrheit der Menschen ihr ganzes Leben ohne auch nur einen Gedanken an Religion leben kann und dies auch tut“ (Cupritt 2011, 100).


    Diese Begriffsverwirrung ist schrecklich. Nehmen wir mal an, ich nehme mir Batchelor als Vorbild und benutze den Begriff „Idiot“ in vier sich überschneidenden Bedeutungen: Einmal in seiner Grundbedeutung "Privatperson", dann in der davon ableiteten Bedeutung "Laie" und drittens in seiner auf geistig zurückgebliebene oder minderbegabte Personen zielenden Bedeutung und viertens in der von Dostojewski in seinem Roman itendierten Bedeutung die ein spirituell besonders reinen Wesens bezeichnen soll.


    Oder ich bezeichne mit Gott einerseits alles Gute in der Welt, zweitens ein Wesen mit Bart und drittens die Vernunft!


    Graaaaaah!!!!!


    ... ich schlage mir jetzt mein ethymongolisches äh epimongolisches Wörterbuch an den Kopf bis der Qualm aus meinen Nüstern versiegt!

    Doris Rasevic-Benz:

    Die werte Aiko schreibt, sie fasse was aus einem Buch von Batchelor zusammen und verweist auf einen früheren Thread.
    Der Link führt aber nur zu einem von ihr geposteten Zitat aus Wikipedia.


    Beide bezihen sich auf Batchlors autobigraphisches Buch "Bekenntnisse eines ungläubigen Buddhisten".

    Onyx9:


    Da blutet mein Herz. Von allen Linien lässt sich der Zen-Begriff von eitlen Pfauen am Besten herzerren
    und das nur, weil es dankenswerterweise der inneren Freiheit der Erfahrung den weitesten Platz einräumt
    unter Normen, Regeln, religiösen Schnickschnack.
    Dieser Absatz ist so penetrant falsch und hirnrissig in seinen Andeutungen, daß es wirklich zum Heulen ist, daß so ein Typ
    überhaupt bekannt geworden ist.


    Aber was sind in dem Absatz genau Batchelor Denkfehler? Es ist nicht so leicht die dingfest zu machen. Ich glaube Batchlor verwechselt da einige Dinge.


    Das erste ist natürlich, dass Zen gerade deswegen, weil es aus der Einheit heraus denkt, Gegensätze wie rein und unrein, heilig und profan, hoch und niedrig verwirft. Und eben auch keine vom Alltag losgelöste Heiligkeit gelten lässt. Aber für die Beispiele wo "heilige Kühe" wie Buddhstatuen, Schriften oder Normen herbgesetzt werden gibt es dann auch die entgegengesetzten Beispiel, wo gezeigt wird, dass das was uns trivial, weltlich und unwürdig erscheint "heilig" ist. Weil Form und Leere einander druchdringen. Indem Batchelor aber nur die eine Seite beleuchtet, sieht er eine Tendenz zur Säkulariserung wo gar keine da ist.


    Das zweite ist der Begriff "Metaphysik". Indem Buddha nur das betrachtet, was zur Befreiung führt und Spekulationen und Welterklärung hinten anstellt ist er sehr pragamatisch. Gleichzeitig untercuxht er indem nach der Ursache des Leidens forscht, genau die Mechanismen die unsere Wirklichkeit hevorbringen. Diese Frage, nach der Grundlage unserer Wahrnehmung ist einer der wichtigsten metaphysischen Fragestellungen überhaupt. Für Batchelor bedeutet der Begriff Maetphysik wohl soetwas wie "das Übernatürliche".


    Der Begriff des Säkularen ist ein europäischer Begriff der damit zu tun hat, das im Zuge dessen was Max Weber "Entzauberung der Welt" nannte, Religion permanent an Boden verlor. Das hat bestimmt damit zu tun, das der Mensch in den letzten Jahrhunderten die Welt unterwarf und immer weniger den Launen der natur ausgeliefert war. Max Weber schrieb vor so hundert Jahren:


    wiki:


    „Die zunehmende Intellektualisierung und Rationalisierung bedeutet also nicht eine zunehmende allgemeine Kenntnis der Lebensbedingungen, unter denen man steht. Sondern sie bedeutet etwas anderes: das Wissen davon oder den Glauben daran: daß man, wenn man nur wollte, es jederzeit erfahren könnte, daß es also prinzipiell keine geheimnisvollen unberechenbaren Mächte gebe, die da hineinspielen, daß man vielmehr alle Dinge – im Prinzip – durch Berechnen beherrschen könne. Das aber bedeutet: die Entzauberung der Welt. Nicht mehr, wie der Wilde, für den es solche Mächte gab, muss man zu magischen Mitteln greifen, um die Geister zu beherrschen oder zu erbitten. Sondern technische Mittel und Berechnung leisten das. Dies vor allem bedeutet die Intellektualisierung als solche."

    http://de.wikipedia.org/wiki/Entzauberung_der_Welt


    In dem die Herrschaft des Menschen über die Welt zunimmt, schwindet also die Macht des Nicht-Verstehbaren. Aber stimmt das? Oder ist es nicht so, dass in dem Masse wie der Mensch an Herrschaft gewinnt er sich selbst zum Rätsel und zur Bedrohung wird. Er sich in einer Situation wiederfindet, wo er sich den entfesselten Kräften des eigenen Unterbewusstsein gegenübersieht und er den Marktkräften genauso hilflos ausgeliefert ist wie "der Wilde" den Gewittern.

    Onda:
    bel:

    ... und es zeugt schon von gehöriger Hybris, zu glauben, man könne es im Westen schneller schaffen.


    Ich habe keine Ahnung, welche Zeitvorstellungen Batchelor bezüglich der Umgestaltung des Buddhismus hat. Ich denke, es dürfte ihm klar sein, dass das nicht im Hau-Ruck-Verfahren zu bewerkstelligen ist. Der Buddhismus hat sich stets & überall anderen regionalen Kontexten angepasst. Anders gesagt: die Form Unterlag bei ihrer Wanderung über den Globus der Wandlung. Im Westen muss und wird das zwangsläufig auch geschehen. Warum die Wandlungsfähigkeit des Buddha-Dharma im Westen (ich meine die Form und nicht die Essenz!) sich nicht ebenso demonstrieren sollte, wie sie sich in Tibet, Japan oder Burma gezeigt hat, ist nicht zu vermitteln.


    Onda


    Japan bewegt sich auch langsam auf eine moderne Gesellschaft zu. In einigen Jahrzehnten werden die Leute dort wie hier Autos fahren und Computer besitzen. Ich seh das alles kommen.

    Merkur-Uranus:

    "Der Punkt, um den es mir geht, ist folgender: Dem Buddhismus ist es gelungen, von Indien nach China, Tibet und Japan zu gelangen, in ganz unterschiedlichen Kulturen, und jedes Mal passte er sich erfolgreich an, ohne die ihm zugrundeliegende Metaphysik des indischen Denkens zu hinterfragen. Mein Gefühl gegenüber einem Buddhismus, der jetzt in die Moderne vordringt - und ich meine damit nicht nur den Westen, sondern die gesamte moderne globalisierte Welt -, ist, dass die Lücke zwischen dem traditionellen Buddhismus in Asien und der Moderne größer ist als die Lücke, die vielleicht zwischen Indien und China bzw. Indien und Tibet existierte. Ich bin mir ganz und gar nicht sicher, ob der Buddhismus überhaupt eine Zukunft haben wird, solange einfach nur kleine Änderungen an den asiatischen Traditionen vorgenommen werden. Deshalb schlage ich vor, darüber nachzudenken, ob wir den Patienten vielleicht einer etwas größeren Operation unterziehen sollten. Mir ist dabei sehr wohl bewusst, dass der Patient das möglicherweise nicht überleben wird." Stephen Batchelor


    Vielen Dank. Das ist ja schon eine sehr heftige Aussage.


    Es gibt ja einige Lehrer, die ihre Sorge zum Ausdruck bringen, dass der Buddhismus insgesamt in einem schlechten Zustand ist. Im Zen fällt mir da Abt Muho ein, der der mal äußerte, dass der Zen in Japan zum größten Teil eine Begräbnismafia sei. Auch vorher haben ja auch Hakuin und auch Dogen gesagt, dass die Praxis zu ihrer Zeit reichlich verkommen sei. Von S.Dhammika gibt es ja das Essay Broken Buddha, in dem er Misstände im Theravâda anspricht. All diese Kritik erscheint mir selbstkritisch und konstruktiv und darauf hinzudeuten, dass sich Strukturen ändern müssen um die Lehre Buddhas aufrechtzuerhalten.


    Aber es kommt mir vor, als gibt es da einen wichtigen Unterschied zwischen solchen Stimmen und Batchelor. Bei obigen Stimmen erscheint mir der Buddhismus als eine Klinge, die nach einiger Zeit stumpf wird und sich den Gegebenheiten anpasst. Anstatt gegen Verblendungen anzugehen, wird der Buddhismus selbst Teil des Establishment und verliert sich in bequemen Machtstrukturen. Wenn das passiert, braucht es Leute, die die Klinge wieder schärfen und Aberglaube und Korruption entgegen treten.


    Bei Batchelor passt dieses ganze Bild nicht. Für ihn ist nicht der Buddhismus etwas, was den Fesseln der Welt entgegensteht. Mir kommt vor als schlägt sein Herz vor allem für die Aufklärung ihre Werte von Hinterfragbarkeit, Toleranz, Menschenrechten und Demokratie und es ist der Buddhismus der im Verdacht steht, Aberglaube, Machtstrukturen zu befördern und Opium für das Volk auszuschenken. Nur dort wo sich der kritische Geist eines Sokrates und buddhitsches Denken treffen, also im Kalamer-Sutra, ist er für Batchelor akzeptabel. Es ist also eine Kritik die weniger buddhitische Selbstkritik ist sondern von einem Aussen an den Buddhismus herangetragen wird.


    Das ist natürlich nur eine Nuance im Tonfall der Diskussion aber das macht ja viel aus. So wie es ja auch ein Unterschied ist, ob jemand von sich selbst sagt, er sei Krank und brauche dringend eine Therapie oder ob man jemand anderen sagt, er solle sich einer "grösseren Operation" unterziehen und sich wichtige Stücke rausscheiden lassen. Das zeugt wirklich von einer ziemlichen Hybris.

    Karnataka:


    Eine eher säkulare Richtung im Buddhismus dürfte sich aber nicht lediglich im Wunsch ergehen, dem restlichen Buddhismus das Wasser abzugraben, d.h. gegen Wiedergeburt & Co. zu argumentieren und so weiter. Dies würde dem Gedanken der Toleranz widersprechen. Vielmehr käme ihr die wichtige Aufgabe zu, eine säkulare Ethik zu vertreten, Karma vom rationalen Standpunkt zu bestimmen, die Lehre von Glück und Leid zeitgemäß auszulegen usf.


    Ich verstehe nicht ganz wie Batchelor seinen Buddhismus 2.0 meint? Sieht er darin rein eine zusätzliche Möglichkeit für Ungläubige oder soll der ganz Buddhismus auf Version 2.0 upgeradet werden? Ist das 2.0 so etwas ähnliches wie die Sicht der Christen auf die Juden, die diesen ja quasi vorwerfen den Messias verschalfen zu haben. Das wäre schon ein wenig herablassend. Und jemand der in so modernen Zeiten immer noch Niederwerfungen und Mantras praktiziert oder an Widergeburt glaubt wäre dann wie jemand der Betamax benutzt, ein Grammophon besitzt und Regentänze aufführt - ein Ewiggestriger. Meint Batchelor das oder sind das unsere Ängste?


    Im zweiten Fall versteh ich das sich alle aufregen im ersten eigentlich nicht. Auch aus Stephen Batchelors Biografie werde ich nicht ganz schlau. Anfangs war es ja so, dass er sich zunächst den tibetischen Buddhismus der Gelug-Schule praktizierte. ( also gerade den Verein vom Dalai Lama)


    Dann geriet er aber in Gewissensnöte geriet, weil er nicht an Widergeburt glauben wollte, was bei seinen Lehrer auf Befremden stiess. Seine daraus stammende Motivation ist es anderen solche Probleme zu ersparen und auch solchen "Ungläubigen" eine Zugang zu Buddhas Lehre zu eröffnen, ist nachvollziehbar.


    Später wurde er Zen-Mönch und Schüler des südkoreanischen Lehrers Kusan Sunim. Da im Zen die Widergeburt nicht die Rolle wie im tibetischen Buddhismus hat ( wir entstehen und vergehen ja Augenblick für Augenblick) hätte er damit ja glücklich sein können aber leider verstarb dann sein geschätzter Lehrer und er fand keinen Zugang zu dessen Nachfolger. Daraufhin wurde Batchelor zum Laien, kehrte nach England zurück und lehrte einen nicht traditionsgebundenen säkularen Buddhismus.


    Aber vor allem die letzte Wendung ist mir schleierhaft. Ist es wirklich so, dass eine säkulare Herabngehensweise innerhalb des koreanischen Zen nicht möglich ist, oder ist es da so dass die biografische Änderung ( ich bin keine Mönch mehr, sondern ein engagierter schulunabhängier Laie) die zu einer entsprechenden Weltbild führt. Wo man sich als Herausgeber eine buddhitische Magazins um Allegmeinbuddhitisches und die Verankerung in der Gesellschaft kümmert. Es ist ja schön, dass es schulübegreifende Magazine wie Tricycle oder auch "Buddhismus aktuell" gibt und es ist auch schön, dass buddhitische Dachorganisationen wie die DBU gibt. Und Menschen, die Buddhismus als Nichts von Gesellschaft und Kultur losgelöstes sehen sondern da Annäherung versuchen.


    Aber die DBU macht ja eben so liebe Sachen, wie ihren Gruppen Räumlichkeiten zu Verfügung zu stellen und das Veskh zu organsisieren und Platformen wie "Buddhismus aktuell" zu schaffen. Nicht einen Meta-Buddhismus aufzuziehen, der diesen etwas vorschreibt.

    Doris Rasevic-Benz:

    ... Ich sprech mal von mir: Mir macht das alles gar keine Angst. Aber vielleicht liegt das auch daran, dass meine Erwartungen nicht in Richtung Erleuchtung usw. gehen? Mir geht es immer darum, mich selbst zu verstehen und meine Mechanismen zu durchschauen. Da ist dann jedes Wegziehen von Böden eine Freude und erwünscht. Wenn ich Halt im Dharma suchen würde, dann könnte das schon eher ein Problem sein. Für mich ist das ein Abenteuer und ich bin neugierig. Ich suche keine Rettung, keine Sicherheit, kein Seil, keinen Trost.


    Davon rede ich doch. Jeder Schritt der über das Bekannte hinausführt ist ersteinmal mit Unsicherheit behaftet. Angefangen dabei wenn man sich zum ersten mal allein in den Kindergarten traut bis hin zum Einlassen auf einen Partner. Also immer wenn man eine Situation nicht ganz im Griff hat und sich auf etwas neues und Abenteurliches einlässt. Dieses Unsicherheit äußert sich positiv als Freheit und Abenteuer und negativ als Angst und Verlorenheit.


    Doris Rasevic-Benz:

    .Darf ich Dich fragen, ob Du schon mal im Dharma was Unhinterfragbares gefunden hast?
    Hat der Buddha nicht selbst gesagt, seine Lehre sei verstehbar und klar und man solle alles genau prüfen und gegebenenfalls ändern, wenn was unrichtig sei?


    Die Lehre ist sogar sehr hinterfragbar und auch pragmatisch. Es ist die Praxis, die jenseits des Verstehens und Begreifens führt. Verstehen wollen ist ja immer ein Versuch zu kontrollieren und einzuordnen. Blosse Konzepte an die Stelle der Wirklichkeit zu setzten.


    Gerade weil Buddha selbst a kein schwärmerischer, abhehobener Typ war, sondern besonnen, strukturiert und in der Kommunikation bewandert, muss es ja möglich sein beides zu erreichen. Also einerseits buddhitische Institutionen und Praktiken kritisch zu sehen und wo nötig zu entmystifizieren. Und auf der anderen Seite den Kern des Buddhismus die Praxis, nicht auf den Alltagsverstand zu reduzieren und so zu trivialisieren.


    Es ist ein falsches Verständnis von Ganzheitlichkeit das einen dazu verleiten kann zu meinen, was für den einen Bereich gilt sei auch für den anderen gut. Aber das stimmt ja nicht. Nur weil ich in der Medfikation im Hier und Jetzt verharre und die kritischen Stimmen in meinem Hinterkopf ungstört verhallen lasse bedeutet das nicht, dass man im organisatorischen Bereich deswegen unkritisch sein soll. Und wenn ich etwas kritisch hinterfrage, dann brauche ich nicht deswegen während der Meditation dauernd ins Denken abzuschweifen.

    Zu versuchen, den Buddhismus von unnötigem Ballast zu befreien, ihn von Aberglauben und kulturellen Beiwerk zu befreien ist eine sehr ehrenvolle Sache. Genauso wichtig ist es an religiöse Strukturen kritisch heranzugehen und unhinterfagte Autoritäts- und Machtstrukturen aufzuzeigen. Von daher ist es prinzipiell gut, wenn es Leute gibt, die sich für Aufklärung und Entmystifzierung einsetzten


    Ich glaube aber, dass es gerade für so eine Aufgabe sehr wichtig ist, dass es von innen geschieht. Wenn jemand sehr tief in seiner Tradition verwurzelt ist, kann er bei jeder einzelnen Sache entscheiden, inweiweit sie da den Pfad lebendigen Dharma verkörpert oder reines Beiwerk ist. Dann kann man z.B statt Roben Jeans tragen, Rezitationen auf Deutsch machen oder bestimmte Ehrfurchtsgesten gegenüber Lehrern einfach abschaffen. Vielleicht hätte Batchelor, wenn sein koreanischer Lehrer nicht gestorben wäre, sogar selber so jemand sein können. So aber befindet er sich in einer freischwebedenden Position zwischen den einzelnen Traditionen und das was er da so bringt erweckt in mir den Eindruck eine kleinsten gemeinsamen Nenners - Eines Minimalbuddhismus, der mehr aus dem Kopf kommt als aus der Erde.


    Eines Buddhismus also, der so vernünftig und aufgeräumt erscheint, dass er einem überhaupt keine Angst mehr macht. Aber genau das was am Buddhismus Angst macht, also dass er der normalen Wahrnehmung den Boden unter Füssen wegreisst und Abgründe auftut ist ja das was die über das indivduum hinausgehende Freiheitsräume auftut. Aber alles wo ein unverstehbarer und unhinterfrabarer Abgrund gähnt, gerät bei Batchelor gleich in den Verdacht Transzendenz zu stiften und deswegen kommt da ein Brett drauf, damit da keiner reinfällt.


    Kann man entmystifizieren und gleichzeitig diese Offenheit erhalten? In seinem frühen Werk "Mit anderen allein." versuchte Batchelor eine existentialistische Annäherung an den Buddhismus. Das hat mir deswegen gefallen, weil der Existentialismus ja Fragen aufreisst und unsere Fragilität aufzeigt. Also dass wir ziemliche Trottel im Chaos sind, die nicht wissen woher sie kommen, wohin sie gehen und wer sie überhaupt sind.


    Der jetzige Batchelor scheint mir von diesem Suchenden weit entfernt zu sein. Anstatt das alles offen ist, ist jetzt scheinbar alles ganz klar. Anstatt Alternativen auzutun und Bestehendes in Frage zu stellen, soll sich der Buddhismus anscheinend einfach in die moderne Gesellschaft und ihre Werte einfügen.