Beiträge von freeman im Thema „Karma, die unliebsame Diskussion“

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    Markus Bertulat:

    Ohne Karma und den Daseinskreislauf (oder andere Erklärungsmodelle) würden wir wie die Schafe durch die Welt gehen. Fressen, blöken, vergessen.


    So ist es. Und u.a. Buddha hat einen klaren Weg gewiesen, diesem Schafsdasein des Fressens, Blökens und Vergessens ein- für allemal zu entgehen.

    Peeter:
    Sophie:

    Ich liebe es, mit gläubigen Buddhisten im Tempel zu meditieren und zu chanten; aber in persönlichen Gesprächen bin ich immer wieder aufs Neue befremdet, wenn ich erfahre, wie gleichmütig sie z.Bsp. auf elende, auch vom Westen mitverursachte Zustände in der 3. Welt reagieren. Und die Aussage, wir könnten froh sein, daß wir aufgrund unserer Verdienste im Westen leben, finde ich unerträglich. Da tut sich eine Kluft auf; ich bin traurig, daß die Karma-Lehre sich so auswirken kann. --Ergeht es jem. ähnlich??


    Ich denk, dass es sophie auch sehr um diese obige Aussage ging.!


    Gleichmut ist nicht gleich weggucken;
    auch nicht, einfach alles so geschehen zu lassen


    Hallo Peeter,


    ja sicher, kein Problem. Aber was hilfts, wenn Sophie die Karmalehre völlig falsch interpretiert?! Sie hat offensichtlich überhaupt keine Ahnung von der Karmalehre, sonst würde sie so nicht denken und schreiben. Von mir aus kann sie ja gerne die Karmalehre so interpretieren, wie es ihr passt und sie dann komplett über Bord werfen, mich persönlich kratzt das nicht im Geringsten, denn es ändert nichts an der Tatsache Karmas und Vipakas. Wer dem Buddha folgt, ohne der Karmalehre oder auch der Wiedergeburtslehre Buddhas zu folgen, der ist wie jemand, der sich das Floß der Lehre aneignet, es zu Wasser lässt, sich draufsetzt, losfährt und dann hingeht und fleissig hier und da und dort LÖCHER ins Floß bohrt, LÖCHER ins Floß reisst. Da sage ich dann mal:


    Gute Reise und viel Spaß noch beim Chanten mit gläubigen Buddhisten!


    LG,
    freeman

    Sophie:

    Entschuldigt bitte, daß ich so in Euren Austausch " hineinplatze" mit meinem Anliegen: Ich ( ungäubige, engagierte Buddhistin ) liebe Buddha, nehme täglich Zuflucht, praktiziere, das Mantra OM MANI PADME HUM begleitet mich innerlich Tag und Nacht; aber die Karma-Lehre war mir schon vor 35 Jahren fremd, und inzwischen empfinde ich sie sogar als inhuman. Diesen Glaube, daß man sich sein Wohlergehen selbst verdient hat, und daß der andere, der gerade leidet, schlechtes Karma abarbeitet (z.Bsp. die krebskranke Freundin, oder die junge Frau in Indien, die in einer Textilfabrik 12 Std. am Tag schuftet) finde ich empörend, und ich kann mir nicht vorstellen, daß Gautama Buddha, lebte er heute, dieser Ansicht wäre. - Ich liebe es, mit gläubigen Buddhisten im Tempel zu meditieren und zu chanten; aber in persönlichen Gesprächen bin ich immer wieder aufs Neue befremdet, wenn ich erfahre, wie gleichmütig sie z.Bsp. auf elende, auch vom Westen mitverursachte Zustände in der 3. Welt reagieren. Und die Aussage, wir könnten froh sein, daß wir aufgrund unserer Verdienste im Westen leben, finde ich unerträglich. Da tut sich eine Kluft auf; ich bin traurig, daß die Karma-Lehre sich so auswirken kann. --Ergeht es jem. ähnlich??


    Liebe Sophie,



    Buddha war auch nie der Ansicht, daß Zitat "z.Bsp. die krebskranke Freundin, oder die junge Frau in Indien, die in einer Textilfabrik 12 Std. am Tag schuftet" aufgrund ihres persönlichen Karma in dieser misslichen Lage ist! Da hast Du natürlich vollkommen recht.


    Aber von Karma und Vipaka hast Du offenbar nicht die geringste Ahnung, denn sonst würdest Du die Karmalehre nicht leugnen und versuchen, in einer derart polemischen Weise gegen die Karmalehre Buddhas zu argumentieren. Beschäftige Dich erstmal mit dem rechten Verständnis der Karmalehre Buddhas, dann können wir weiter sehen:



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    Na, wenn es, wie Du sagst, kein Gut und Böse, sondern nur Existenz gibt und man sich bloß von allen materiellen und sonstigen Dingen und Wesen/Menschen unabhängig zu machen braucht, dann hab ich für meinen Teil alles erreicht. Ich bin vollkommen mit meinem Dasein zufrieden und das ganz ohne großen materiellen Wohlstand. Vermisse ich auch nicht im Geringsten, den materiellen Wohlstand. Dafür hab ich spirituellen Wohlstand, da bin ich quasi Rockefeller :) Also alles in Buddha, was meine Wenigkeit betrifft. Ich wünsche Dir selbiges!


    LG,
    freeman

    Joram:
    freeman:

    Ich nenne Deine Behauptung schlichtweg zynisch und eine Verdrehung, bzw. Umkehrung der Tatsachen! Du verstösst damit massiv gegen das Gebot der rechten Rede.


    Freeman, wenn man Zitate aus dem Konzept reißt, kommt es zu solche Missverständnissen. Das nenne ich "schlichtweg zynisch und eine Verdrehung, bzw. Umkehrung der Tatsachen! Du verstösst damit massiv gegen das Gebot der rechten Rede." - um DEINE Worte zu benutzen...


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    Werte/r Joram, herzlichen Dank für Deinen wertvollen Hinweis. Hier also gerne nochmal der Gesamtpost von Toddler:


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    Toddler:

    Wenn man hungert, Mangel leidet neigt man aus reiner Selbsterhaltung eher zu unmoralischem Verhalten: Diebstahl, Verbrecheln. Meist werden Verbrechen von jenen verübt die wenig Chancen haben. Sie eilen von Finsternis zu Finsternis. Materielle Finsternis und spirituelle Finsternis.


    Werter Toddler,


    wie lässt es sich dann erklären, daß jene, die in der Welt politische Macht ausübten und ausüben, offenbar dieselben sind, die für die größten Verbrechen der Menschheitsgeschichte verantwortlich sind? Wer ist zum Beispiel für das grenzenlose Elend und Morden des ersten und des zweiten Weltkriegs verantwortlich? Wer ist für die weltweite Ausrottung der indigenen Völker, besonders in der sog. "Neuen Welt" verantwortlich? Wer ist für die weltweite Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen verantwortlich? Wer ist für die mafiösen Strukturen in der Weltpolitik verantwortlich? Wer ist für die Vertreibung und Ermordung unzähliger buddhistischer Mönche in Tibet verantwortlich usw usw usw...?! Etwa diejenigen, die "hungern und Mangel leiden", die politisch und finanziell Machtlosen, die Chancenlosen?! Ich kann anhand unzähliger Fakten belegen, daß die politisch Mächtigen eben für den Großteil der Verbrechen in der Menschheitsgeschichte verantwortlich zeichnen. Kannst Du jedoch Deine Behauptung irgendwie belegen?


    Ich nenne Deine Behauptung schlichtweg zynisch und eine Verdrehung, bzw. Umkehrung der Tatsachen! Du verstösst damit massiv gegen das Gebot der rechten Rede.

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    Markus Bertulat:

    „Es gab irgendwann auch den Punkt in meinem Leben an dem ich dachte: Gehst Du zur Beichte oder verzeihst Du Dir selbst? „


    Yoh, ich hab den Mist zum Teil noch miterlebt, den verdammten Beichtstuhl in der katholischen Kirche, katholischen Religionsunterricht, pipapo... Daher hatte ich ja auch den Begriff „Beichte“ in Anführungszeichen gesetzt. Klar, ich hab mir das, was ich so verzapft habe im Leben verziehen. Das Schlimmste hatte ich mir ja auch "nur" selbst angetan. Mittlerweile ist z.B. der Drogenfilm auch fast 20 Jahre her.


    Markus Bertulat:

    „Wer hat denn noch nie im Leben etwas Nichtgegebenes genommen?„


    Ja, doch, es soll tatsächlich solche Leute geben. Die haben wahrscheinlich das bessere Karma 8)


    Markus Bertulat:

    „Ich sehe im Sich-Selbst-Verändern hauptsächlich zwei Problematiken. Der innere Konflikt und der äußere Konflikt. Der innere Konflikt ist die Arbeit an sich selbst. Der äußere Konflikt ist die Arbeit mit anderen. Zum einen hat der Mensch ein Bild von sich selbst. Zum anderen haben andere Menschen ein Bild von einem. Jetzt kann es zwei Täuschungen geben. Man erkennt sich selbst nicht richtig. Andere erkennen einen nicht richtig. Wenn ein Mensch mit Fehl erkennt, es ist Fehl in mir, dann kann er dies ändern. Er erkennt dann, es ist kein Fehl in mir. Andere Menschen haften jedoch oft an ihrer eigenen falschen Vorstellung. Sie erkennen bei einem Menschen der mit Fehl war, nun ohne Fehl ist, nicht das dieser ohne Fehl ist. Sie haften immer noch an der Vorstellung, das dieser Mensch mit Fehl ist, weil er mit Fehl war. - Dem begegnet man mit Selbstvertrauen durch die eigene gute Tat.“


    Das hast Du sehr treffend formuliert. Ich stimme dem vollkommen zu. Wobei ich zugeben muß, daß mir die Arbeit mit anderen schwererfällt, wenn es um spirituelle Dinge geht. Da habe ich meinen eingeschworenen Freundeskreis, allesamt hartgesottene Desperados und Ketzer, damit komme ich noch am besten zurecht, liegt wohl an meinem Karma 8)


    Markus Bertulat:

    „Eine Falle in die ich persönlich gerne tappe ist, dass ich denke etwas bestehendes schaffen zu können. Dann ist die Enttäuschung doch groß wenn ich erkenne, dass etwas vermeintlich bestehendes erlischt. Das Wort Enttäuschung ist eigentlich schön, weil es enttarnt. „


    Du wirst lachen, das mit dem positiven Aspekt der „Ent-täuschung“ ist mir auch schon vor längerer Zeit aufgegangen. Kann ich nur unterschreiben. Eigentlich versuche ich nicht mehr, mir große spirituelle Ziele zu stecken, denn ich habe für mich persönlich in der Richtung eigentlich genug erreicht. Damit will ich nicht sagen, ich sei vollkommen. Aber das will ich ja auch garnicht werden. Ich will noch besser an der Gitarre werden, andere Ziele habe ich eigentlich kaum noch.




    Ja, ich glaube auch, daß jeder eine gewisse Wahl hat. Natürlich kann man nicht alles auswählen, was einem so im Leben begegnet. Aber das ist auch gut so, sonst wärs wahrscheinlich ziemlich langweilig. Dass „alle Dinge im Geist entstehen“ unterschreibe ich jetzt mal so nicht. Ich hatte dazu auch mal einen ganz interessanten Thread: http://www.buddhaland.de/viewtopic.php?f=22&t=11543


    Manche behaupten eben, alles entstünde im Geist, andere wiederum behaupten das Gegenteil. Ich bleib da mal schön auf dem sog. „mittleren Pfad“, lege mich nicht auf irgendein Extrem fest. Über Geist, Leib-Seele und so gibt’s endlose Debatten, da halt ich mich lieber raus ;)


    Allem andern, was das Reden und Handeln und deren Folgen betrifft, stimme ich vollkommen zu.



    Markus Bertulat:

    „ Neben dem Pali-Kanon ist auch Nietzsche zu empfehlen:


    "Betrachte die Herde, die an dir vorüberweidet: sie weiß nicht, was Gestern, was Heute ist, springt umher, frißt, ruht, verdaut, springt wieder, und so vom Morgen bis zur Nacht und von Tage zu Tage, kurz angebunden mit ihrer Lust und Unlust, nämlich an den Pflock des Augenblicks, und deshalb weder schwermütig noch überdrüssig. Dies zu sehen geht dem Menschen hart ein, weil er seines Menschentums sich vor dem Tiere brüstet und doch nach seinem Glücke eifersüchtig hinblickt – denn das will er allein, gleich dem Tiere weder überdrüssig noch unter Schmerzen leben, und will es doch vergebens, weil er es nicht will wie das Tier. Der Mensch fragt wohl einmal das Tier: warum redest du mir nicht von deinem Glücke und siehst mich nur an? Das Tier will auch antworten und sagen: das kommt daher, daß ich immer gleich vergesse, was ich sagen wollte – da vergaß es aber auch schon diese Antwort und schwieg: so daß der Mensch sich darob verwunderte.
    Er wunderte sich aber auch über sich selbst, das Vergessen nicht lernen zu können und immerfort am Vergangenen zu hängen: mag er noch so weit, noch so schnell laufen, die Kette läuft mit. Es ist ein Wunder: der Augenblick, im Husch da, im Husch vorüber, vorher ein Nichts, nachher ein Nichts, kommt doch noch als Gespenst wieder und stört die Ruhe eines späteren Augenblicks. Fortwährend löst sich ein Blatt aus der Rolle der Zeit, fällt heraus, flattert fort – und flattert plötzlich wieder zurück, dem Menschen in den Schoß. Dann sagt der Mensch »ich erinnere mich« und beneidet das Tier, welches sofort vergißt und jeden Augenblick wirklich sterben, in Nebel und Nacht zurücksinken und auf immer verlöschen sieht."
    http://www.zeno.org/Philosophi…storie+f%C3%BCr+das+Leben


    Ja, die gute alte Herde :D... der Nietzsche war schon ein verdammt heller und luziferischer Kopf. Ich steh auf luziferische Leute, die haben immer sowas erfrischend Eigensinniges, zweifeln ständig und machen andern ihre Instantgewissheiten madig... he he.


    Allerdings, die Erinnerung halte ich für eine sehr wichtige Angelegenheit. Erinnerung ist aus meiner Sicht Segen und Fluch zugleich. Das Segensreiche daran ist, daß man über die Fähigkeit der Erinnerung z.B. aus früher begangenen Fehlern lernen kann. Wenn ich z.B. mit Drugs in Versuchung geführt werde, dann kommt sofort die Erinnerung an all die toten Freunde, die für nichts frühzeitig buchstäblich den Löffel abgegeben haben. Da fällts mir dann relativ leicht zu widerstehen. Der Nachteil an der Erinnerung ist natürlich, daß sie manchmal schmerzt.


    Wir können meiner Ansicht u.a. aufgrund unseres Karmas nicht mehr vollkommen zurück ins Dunkel. Wir haben das Licht des Tages, das Licht des Bewusstseins gesehen, tragen es in uns, wir haben vom "Baum der Erkenntnis" gegessen. Regression ins Tiereich wäre da sicher der falsche Weg. Uns bleibt wohl keine andere Wahl, als irgendwann, und sei es in einer Milliarde Jahre, vollständig Mensch zu werden.


    Nietzsche selbst war ja ein sehr ambivalenter Mensch. Ich verehre ihn sehr, u.a. besonders wegen seiner ätzenden Kritik am Christentum. Allerdings konnte er meiner Ansicht nach nicht wirklich alles Christliche in sich transzendieren, so sehr er auch dagegen polemisierte. Seine letzten Briefe waren denn auch bezeichnenderweise mit „Dionysos der Gekreuzigte“ unterschrieben. Nietzsche war ein Mensch, der extrem unter der Knute seiner Mutter und seiner Schwester (die später seinen Ruf an die Nazis verschachert hat; Nietzsche nannte sie mal „die antisemitische Kuh“) gelitten hat. Er konnte sich nie von ihnen befreien. Er träumte von der Rückkehr zum Dionysischen, aber im Real Live konnte er sich einfach nicht vom bürgerlichen Korsett befreien. Seine einzige „Beziehung“ zu einer Frau war ja Lou Salome. Und diese Beziehung war eine einzige Katastrophe für ihn. Er hätte mal lieber ordentlich feiern und bum*** sollen, statt immer nur zu studieren, zu lesen und nur vom Dionysischen zu träumen. Letztlich hat er dann vom „Übermenschen“ und vom „Willen zur Macht“ geträumt, er selbst aber war ein Ohnmächtiger, der sich aus dem verklemmten Bürgerkorsett seiner Zeit einfach nicht befreien konnte- ich glaube, das (und Mutter und Schwester) war es auch, was ihn in den Wahnsinn trieb.


    Um zum Thema dieses „Karma-Threads“ zurückzukehren, möchte ich abschliessend sagen, daß ich grundsätzlich folgende Möglichkeiten sehe:


    Schicksal, Gott (Götter) oder eben Karma.


    Schicksal fällt für mich weg. Gott im allgemein gebräuchlichen Sinne ebenfalls. Also erscheint mir die Karmalehre die weitaus beste Lösung. Besonders, da sie sich in meinem Leben ständig bestätigt. Ich glaube, die Leute, die ein Problem mit der Karmalehre haben, verstehen einfach nicht, was damit wirklich gemeint ist. Immer wieder hör oder lese ich z.B., dass Leute Karma mit Moral verwechseln. Oder das man mit der Karmalehre nur das Elend in der Sozialpolitik rechtfertigen wolle usw. Das ist mir unbegreiflich. Karma besagt für mich genau das, was u.a. im Palikanon gesagt wird:


    Es ist die Handlung und die hinter der Handlung stehende Geistesart, der Charakter, die Innen-Wahrnehmung des Handelnden und seine Tatabsicht. Das nenne ich Karma. Aber wir könnens auch gerne anders nennen, der Sachverhalt bleibt derselbe. Wir könnens auch gerne "die Handlung, sowie der damit verbundene Charakter/Geisteshaltung und die damit verbundene Innen-Wahrnehmung" nennen, es läuft auf dasselbe hinaus... Karma ist als Begriff einfach praktikabler, nicht so umständlich und langatmig... Jedenfalls kann niemand leugnen, dass es Taten und Tatabsichten, bzw. eine die Tat begleitende Geistehaltung gibt, oder?! Nichts anderes besagt eben Karma.


    Und Vipaka ist eben die Frucht der Handlungen.


    Niemand kann mir erzählen (was Du ja auch nicht tust), daß ein Handelnder keinerlei Absicht hat oder keinerlei Charakter oder keinerlei Innen-Wahrnehmung. Niemand entgeht seiner Innenwahrnehmung. Niemand kann seine Innen-Wahrnehmung komplett mit jemand anderem tauschen. Das ist doch eine vollkommen alltägliche Erfahrung.


    Und niemand kann mir erzählen, daß Handlungen keine Folgen für den Handelnden haben. Jeder Handelnde vertraut ja stillschweigend darauf, daß seine Handlungen Folgen haben. Wenn jemand zum Beispiel einen Nagel in die Wand schlagen will, dann hat er eine bestimmte Geisteshaltung dabei, eine gewisse Konzentration auf die Handlung und eben auch auf die Frucht der Handlung:


    Er zielt darauf ab, dass eben der Nagel mithilfe des Hammers tatsächlich in die Wand gelangt. In Wirklichkeit vertraut jeder Mensch bei jeder Handlung auf die Frucht seiner Handlung, da führt kaum ein Weg dran vorbei. Mit Moral, wie manche hier immer wieder meinen, hat das erstmal nicht viel zu tun (ich bin garantiert kein Moralapostel :grinsen: ). Vielmehr gehts hier um Naturgesetze, die in uns selbst und um uns herum wirken, ob wir das wollen oder nicht, ob wir das zur Kenntnis nehmen oder nicht. Taten haben Folgen. Das wird auch jedes weltliche Gericht bestätigen 8) Und wer dem weltlichen Gericht entgeht, der entgeht dennoch nicht Karma und Vipaka. Man kann nur ernten, was man sät. Wer Tomaten sät, kann nicht erwarten, Kartoffeln zu ernten. Wir ernten, was wir säen. Simpler kann ich es leider auch nicht mehr formulieren.
    Oh, jener Karmafaden reicht tief, tief, unendlich tief...


    Übrigens ist ja auch, wie Du sicher weisst, die Karmalehre keine buddhistische Erfindung, die gabs lange vor Buddha. Nun denn, hier soll jeder selbst entscheiden, was er für das Beste hält.


    Sind wir uns im Wesentlichen einig?



    Hey Dude, du bist auch korrekt :D rOcK oN!
    freeman

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    Wo wir grad bei den Heiligen sind, nutze ich einfach mal die Gelegenheit für eine kleine „Beichte“.
    Bitte nehmt mir nicht übel, dass ich einige Posts zuvor schrieb, ich wolle zu dem Thema nichts mehr sagen. Es ist mir einfach zu wichtig.


    Ich hoffe, niemand sieht mich als scheinheilig oder so, nur weil ich mich an der Karmalehre orientiere. Ich hab hier im Forum nicht verborgen, daß ich auf der Strasse aufgewachsen bin. Ich habe in meinem Leben bestimmt viel Scheisse gebaut und habe das auch nie geleugnet. Im Gegenteil sage ich tausendmal am Tag, daß ich mich am ehesten den Aussenseitern, Randfiguren, Desperados zugehörig fühle, ich bin nämlich selber einer. Das habe ich auch oft hier im Forum gesagt.


    Ich war 5 Jahre auf Heroin und Koks, ich hab geklaut, eingebrochen, mich reichlich geprügelt, ich hab 3 Erziehungsheime von innen gesehen. Ich hab heftigst gefeiert im Leben. Wenn ich nicht einigen Inspirationen begegnet wäre, wie zB. Buddha, aber auch vielen anderen inspirierenden Menschen und meine Gitarre nicht hätte, dann wäre ich längst untergangen, tot. Also habe ich nicht den geringsten Grund, mich als Heiligen zu sehen. Ich wollte auch nie ein Heiliger sein. Aber ich habe gelernt, daß alle meine Taten Folgen für mich selbst hatten (und zum Teil auch für andere).


    Hätte ich das nicht gelernt, dann wäre ich schlicht und einfach verreckt. Und ich hatte keinen Bock, mit einer scheiss Nadel im Arm abzukratzen. Also hatte ich gewisse Konsequenzen zu ziehen, um nicht unterzugehen. Ich musste der Realität ins Auge sehen. Und das heisst für mich heute, dass es gewisse Naturgesetze gibt, die ich besser nicht auf Dauer übertreten sollte, wenn ich mir nicht fürchterlich die Finger verbrennen will. Ich weiss was Gier und Unwisssenheit ist (Hass, das dritte buddhistische Wurzel-Übel, liegt eher weniger in meiner Natur). Das habe ich von A - Z studiert, am eigenen Leib mit der Pumpe in der Hand, jahrelang. Ich war ein lebender Toter, ein Zombie, ein kaputter Junkie eben. Meine üblen Taten hatten allesamt üble Folgen für mich selbst (und zum Teil für andere). Heute versuche ich, mehr das Heilsame zu hegen und zu pflegen, ich hab kein Bock mehr auf Gier und Unwissenheit.


    Als Teenager habe ich mal der Mutter eines Freundes das Portemonaie geklaut und wurde nur einen Tag später überführt. Wenn ich der Frau heute, nach Jahrzehnten auf der Strasse begegne, dann kommt ein Gefühl in mir auf, als hätte ich ihr das Portemonaie gestern erst geklaut. Grosse Scham kommt dann auf und das Bewusstsein, daß ich damals einen üblen Fehler begangen hatte. Das, genau das nenne ich Karma. Ich habe leider einfach kein anderes Wort dafür, sorry... wie soll man das am besten nennen? Gib mir ein anderes Wort...


    Ich habe für mich daraus gelernt, daß es besser ist, nicht zu klauen. Besser für mich selbst vor allen Dingen. Und auch einige andere Dinge besser nicht zu tun. Ich will das nicht mehr. Hätte ich aus diesen Dingen nichts gelernt, wäre ich heute tot oder säße im Knast. All dies nenne ich mein selbstgewähltes Karma, ich habe leider kein anderes Wort dafür.



    keep rockin,
    freeman

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    Nachtrag zu den Worten von brigittefoe über die indigenen Völker:


    Fakt ist, dass es nur noch eine verschwindend geringe Zahl frei nomadisierender, indigener Völker gibt. Die Kultur des Abendlandes hat sie mit der Bibel in der einen und dem Schwert in der anderen Hand bewusst und willentlich praktisch vollkommen ausgerottet- für Land, für Gold und für den christlichen Glauben. Ob mit oder ohne Karma:


    Wenn die abendländische Kultur nicht sehr bald ihr Verhältnis zur Natur ändert, dann wird sie untergehen, daran besteht nicht der geringste Zweifel. Wer seine natürliche Umgebung zerstört, der zerstört sich selbst. Zu diesem Bewusstsein, das zumindest für die (nomadisierenden) indigenen Völker eine Selbstverständlichkeit war, muss die abendländische Kultur erst noch reifen. Viel Zeit allerdings bleibt da wahrlich nicht mehr. Ob mit oder ohne Karma.

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    Herzlichen Dank für diese Worte, brigittefoe! :)

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    Sumedhâ:

    was meinst du genau mit "Buddhist" sein oder Buddhist nicht sein, vieleicht erübrigen sich dann diese discusionen


    Offenbar hatte ich ein vollkommen falsches Bild vom Buddhismus und von Buddhisten. Ihr seid ja Buddhisten, ich nicht. Daher könnt ihr das sicher viel besser beurteilen, als ich.


    Ja, damit erübrigen sich zumindest für mich als Nicht-Buddhisten die Diskussionen um den Buddhismus. Ich werde mich daher hier im Forum aus weiteren Diskussionen bezügl. Buddhismus besser heraushalten, bevor ich weiterhin hier etwas Falsches über Dinge schreibe, die ihr sicher als praktizierende Buddhisten viel besser versteht, als ein Nicht-Buddhist wie ich. Ihr werdet schon wissen, was ihr aus dem Palikanon streichen könnt oder ob ihr den Palikanon, Karmalehre, Wiedergeburtslehre usw. überhaupt braucht... es hat sich ja offenbar hier im Forum eindeutig erwiesen, daß ich davon überhaupt keine Ahnung habe.


    Ich bin konfessionslos und werds auch bleiben. Möge daher die Disskussion um Karma, Buddhismus usw. ohne mich weiterlaufen, ich sag dazu nichts mehr.


    _()_

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    Sumedhâ:

    wozu brauchst du denn den Buddhismus? du bist doch kein buddhist ?


    Liebe Sumedha,



    kannst Du mir bitte zeigen, wann oder wo ich gesagt hätte, ich bräuchte den Buddhismus?


    Ich sagte, wenn ich mich recht erinnere, schon ziemlich oft, daß ich kein Buddhist bin. Wozu also sollte ich den Buddhismus brauchen, liebe Sumedha?


    Wenn einer den Buddhismus braucht, dann doch wohl die Buddhisten, oder?


    Wenn aber selbst die Buddhisten keinen Buddhismus brauchen sollten, wozu dann ein buddhistisches Forum?


    Du bist Buddhist, nehme ich an, werte Sumedha? Woher sonst Dein Name "Sumedha", der immerhin aus dem Palikanon stammt, wenn ich recht informiert bin....?



    Liebe Grüße,
    freeman

    Markus Bertulat:
    freeman:

    Wenn der Buddhismus Karma und die Wiedergeburt leugnet, dann brauch ich keinen Buddhismus, denn dann ist ja mit dem Tod sowieso alles vorbei, dann spielts keine Rolle, was man bis zum Tod glaubt oder nicht glaubt, dann ist jegliche Meditation, jeglicher Buddhismus und auch das Zen überflüssig.


    Genau das ist es (und wiederum nicht). Der Buddhismus geht mit der Zeit. Die Lehre wird zeitgemäß interpretiert.
    Im Zen geht es nicht um eine Erlösung nach dem Leben, sondern im Leben. Im Hier und Jetzt.
    "Meister gibt es die Wiedergeburt?" - "Woher soll ich das wissen?" - "Aber du bist doch Meister?" - "Aber kein toter Meister!"
    Das sagt doch alles... :D


    Lieber Markus,



    was mach ich dann mit der grundlegenden BASIS ALLER buddhistischen Schulen, nämlich dem Palikanon? Buddhismus ohne Palikanon ist wie ein Baum ohne Wurzeln- er geht ein.


    Wenn es kein Karma und keine Wiedergeburt gibt, dann brauche ich auch keine Erlösung, denn dann ist auch die Erlösung mit dem Tod zuende, nicht wahr?


    Oder man betrachtet den Tod selbst als Erlösung- dann genügt ein Strick, ganz ohne Buddhismus, ganz ohne Zen, ganz ohne Lehre, ganz ohne Meister, nicht wahr?


    Wenn der Tod sowieso für jeden das letzte Wort ist, dann verschwenden wir hier nur unsere Zeit, dann sollten wir nach dem altbekannten Motto leben:



    "Lasset uns fressen und saufen, denn morgen sind wir tot."

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    Onda:


    Logische Konsequenzen sehen anders aus. Mit der Entsorgung von "Karma" wäre das Gesetz von Ursache und Wirkung natürlich nicht aus den Angeln gehoben. Natürlich haben Taten Folgen. Aber dafür brauche ich kein "Karma".
    In seiner anspruchsvollen und elaborierten Interpretation ist Karma weit mehr als bloß Ursache & Wirkung.


    Lieber Onda,


    was schätzt Du, wie oft kommt im Palikanon ungefähr der Begriff KARMA vor? Willst Du die Karmalehre wirklich aus dem Palikanon streichen? Ich kann das nicht glauben, echt nicht, tut mir leid... :grinsen:

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    Warum nicht auch gleich die vier edlen Wahrheiten und den achtfältigen Pfad über Bord werfen? Immerhin sind auch diese untrennbar mit der Karmalehre verknüpft.


    Tja, mh... was bleibt dann noch übrig von der Lehre des Buddha? Kein Karma, keine Wiedergeburt, keine vier heiligen Wahrheiten, kein achtfältiger Pfad. Mh... "am Kopf kratz".... :lol:


    ... vielleicht bleibt ja dann immerhin noch sone Art "Leere"?....

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    Mein letzter Post ist natürlich nur die bescheidene Sicht eines Nicht-Buddhisten. Ihr müsst als Buddhisten selbst sehen, was ihr über Bord werft und was nicht, was ihr tut und was nicht. Das ist allein Euer Karma.


    Wenn der Buddhismus Karma und die Wiedergeburt leugnet, dann brauch ich keinen Buddhismus, denn dann ist ja mit dem Tod sowieso alles vorbei, dann spielts keine Rolle, was man bis zum Tod glaubt oder nicht glaubt, dann ist jegliche Meditation, jeglicher Buddhismus und auch das Zen überflüssig.



    Metta,
    freeman

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    Natürlich kann man die Karma-Lehre über Bord werfen. Allerdings wirft man damit einen der wesentlichsten Kernaspekte des Palikanon über Bord. Was aber soll der Buddhismus ohne Palikanon sein? In meinen Augen Willkür und Beliebigkeit. Wie gesagt, ich bin kein Buddhist. Man kann die Karmalehre über Bord werfen und so tun, als hätten Taten keine Folgen (was die logische Konsequenz daraus wäre). Aber was macht ihr dann mit der weltlichen Justiz? Werft ihr die auch über Bord ?...



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    Kainer Wahr:

    Mein Einwand hakt an folgender Stelle ein: Das Opfer trägt über sein angesammeltes Karma die Verantwortung für das was ihm widerfährt.


    Lieber Kainer Wahr, Dein EInwand ist vollkommen berechtigt und zwar aus folgenden Gründen:




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    (Ich erlaube mir daher, zu wiederholen): Meine Sicht auf Karma ist in etwa die Folgende:


    Wenn ich auf die Strasse gehe und mir fällt ein Ast auf den Kopf, dann ist der Ast aufgrund des Kausalitätsgesetzes vom Baum gefallen. Aber die Art und Weise, wie ich dann damit umgehe, das ist bestimmt durch mein eigenes Karma. Ich unterscheide also zwischen Kausalität und Karma.


    Ich glaube z.B., daß das Kastensystem in Indien Unrecht ist (nicht nur in Indien gibt es große soziale Ungerechtigkeit). Ein Mensch, der in die unterste Kaste geboren wird, ist für dieses soziale Elend nicht verantwortlich, man kann nicht sagen, es sei sein Karma. Vielmehr ist die Landespolitik dafür verantwortlich, sie ist die kausale Ursache für das soziale Elend der untersten Kaste. Ansonsten könnte jeder Diktator die schlimmste Diktatur einführen und dann einfach den Leuten sagen, diese Diktatur sei nunmal ihr persönliches Karma. Swami Vivekananda sagte einmal in einer großen Rede vor internationalem Publikum den untersten Kasten, sie sollten Sanskrit studieren, um ihre Lage zu verbessern, sie seien selbst schuld an ihrer sozialen Lage, weil sie eben kein Sanskrit studieren würden. Ich nenne eine solche Ansicht zynisch.[/b]


    Das, was einem Menschen von aussen widerfährt, das nenne ich Kausalität. Die Art und Weise, wie ein Mensch auf das reagiert, was ihm widerfährt, das nenne ich Karma. Ein Mensch handelt seinen Gewohnheiten entsprechend, seinem Karma entsprechend. Karma ist die Art und Weise, wie ich die Welt, die Wesen, den ganzen Kosmos und mich selbst wahrnehme. Mein Karma bestimmt meine innere Haltung dem Kosmos gegenüber und damit mein Handeln in diesem Kosmos. Daher hat Karma ein ungeheures Gewicht, denn es beeinflusst meine gesamte Art der Wahrnehmung und damit mein gesamtes Leben.


    Eines meiner Ziele, an denen ich hart arbeite, ist es, mein Karma zu überwinden und das Karma anderer Menschen zu verstehen, damit ich diese Menschen besser verstehen kann, ihre Art und Weise, die Dinge wahrzunehmen. Das ist nicht einfach, denn dazu muß ich permanent die eigenen Projektionen fallenlassen. Eine Übung, die nie endet.

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    Stimmt, Buddha sagte "Betet keine Götter an". Und warum? Weil selbst sie dem Verrecken nicht entgehen. Um wieviel weniger der Mensch?


    Aber, um mich nochmal zu wiederholen:


    Zeige mir jemand auch nur einen einzigen Menschen, der dem Verrecken, dem Abkratzen mit oder ohne Meditation entgeht und ich überleg mir das mit dem Karma.

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    ... ich sitz grad vorm Monitor :)


    Nee getz mal im Ernst: KARMA war der erste wirkliche Lichtblitz für den Gautama, als er vom Palastleben auf die Strasse, in die Dörfer zog. Was sah er dort?


    Er sah das Elend, das Verrecken, das Abkratzen, dem niemand, absolut niemand entgeht. Und da ist bei ihm die erste wesentliche Lampe angegangen:


    Dhamma, das Gesetz dem niemand entgeht. Nichtmal Gott oder die Götter entgehen dem Karma. Wer geboren wurde muß sterben.


    Zeigt mir auch nur einen einzigen Menschen oder Gott, der dem Verrecken dauerhaft entgangen ist und ich überleg mir das mit dem Karma.


    Dieses Verrecken und seine karmischen Ursachen zu realisieren ist aus meiner Sicht die erste Stufe der Meditation, Satipatthana:

    Markus Bertulat:
    freeman:

    Falls der Buddhismus tatsächlich ohne Karma auskommt...


    Grüß dich Freemann!
    Ziel ist es kein Karma zu erzeugen...
    Sitzen, sitzen, sitzen. ;):lol:


    Hiho Markus,


    Das mag vielleicht für Buddhisten zutreffen, aber nicht für mich :)

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    Geronimo:

    Aber es gibt so viele Dinge die die Menschen aus Unwissenheit tun und glauben, und dann bringen sie das auch noch in Verbindung mit dem Buddha. Ich halte es für wichtig bei solchen Dingen immer mal wieder Klartext zu reden.


    Jap, dem kann ich nur zustimmen, absolut, ohne Einschränkung. Dies ist übrigens ein Grund dafür, weshalb ich mich garnicht erst "Buddhist" nenne. Wenn ich nämlich mal was Falsches hinsichtlich der Buddhalehre äussern sollte, dann kann man das nur mir persönlich anlasten, aber nicht dem Buddha, dem Dharma oder dem Sangha... hähähä :grinsen:



    LG,
    freeman