Das Problem mit dem Beobachter ist, dass es in der Tat genau das ist was sich von allen Erfahrungen dissoziiert und sich als ein konkretes, bleibendes und separates etwas begreift. Dies ist jedoch etwas, was auf Nicht-Wissen basiert, denn unsere falsche Sichtweise verzerrt die selbstklare und mühelose Soheit aller Erfahrungen.
Ich würde trotzdem sagen, dass es lohnenswert ist sich mit diesem scheinbaren Beobachter auseinanderzusetzen, sozusagen als Upaya.
Wir müssen unserer eigenen Intelligenz auf den Grund gehen. Mit Intelligenz meine ich etwas absolut elementares. Dinge werden erkannt, man orientiert sich an diesen Dingen und richtet sich nach ihnen aus. Eine Flamme hat die Eigenschaft, dass sie äußere Dinge beleuchten kann. Jedoch hat sie auch die Eigenschaft sich selbst auszuleuchten. Selbstklarheit ist sozusagen ihre Natur. Ähnlich verhält es sich mit unserer wissenden Intelligenz, sie ist in der Lage sich selbst zu erkennen.
Wir haben den Eindruck, dass unsere Intelligenz von unserem Intellekt abhängt. Dabei ist diese Intelligenz sehr viel subtiler. Sie ist genau das Glück was wir im außen suchen, der Schatz auf dem der Bettler unbewusst sitzt. Wir sind davon ständig abgelenkt. Wir müssen uns darüber im klaren sein, dass man unseren Geist zwar nicht wie ein Objekt betrachten kann, jedoch kann er sich selbst erleben. Er ist intelligent, empfänglich, offen und scheint die Quelle unserer Vitalität zu sein.
Und jetzt kommt die Projektion die shankar angesprochen hat ins Spiel. Projektionen können grob und subtil sein. Unsere unterbewussten Ansichten (die nicht wirklich verbal sein müssen) formen unsere Realität. Sie schaffen so zu sagen Realitäts-Tunnel. Die Intelligenz die ich oben erwähnt habe lässt sich auch erleben, obwohl diese Projektionen aktiv sind.
Mit diesen falschen Ansichten die projiziert werden verhält es sich so, dass es Dinge sind die auf einem falschen Glauben in Bezug zur Realität basieren. Es sind Dinge die, wie gesagt, im Gegensatz zum Wissen auf Glauben beruhen und damit diese "Realität" nicht so wahrnehmen wie sie wirklich ist.
Die zentralen falschen Ansichten sind Dualität und Inhärenz. Sie führen dazu, dass wir den Eindruck haben ein separates Selbst zu sein. Auf der einen Seite eine inhärent, fixierte und substanzielle Welt, auf der anderen ein inhärent, fixiert und subsanziell exisitierendes Selbst.
Wenn dann also unsere Intelligenz sich selbst erkannt hat wird das Ganze zu einer enormen spirituellen Erfahrung. Man hat wirklich den Eindruck sein wahres Selbst entdeckt zu haben. Es ist wie ein beobachtendes Auge, das alles sehen kann außer sich selbst. Zu diesem Zeitpunkt sind jedoch duale und inhärente Projektionen die auf falschen Ansichten beruhen immer noch präsent. Deswegen ensteht der Eindruck es würde tatsächlich eine unveränderliche und unsterbliche Seele geben. Bei den Advaitins ist dieses Selbst jedoch instabil und kollabiert nach einiger Zeit in eine Singularität in der Subjekt und Objekt non-dual sind. Advaita geht nur bis zu diesem Punkt. Sie zerschlagen die falsche duale Projektion und denken sie wären am Ende der Fahnenstange angelangt.
Das tatsächliche Biest ist allderings die inhärente Projektion, die unsere Wahrnehmung massiv verzerrt. Das ist die Big-Daddy Ignoranz die uns dazu verleitet im Subjekt (ob als gewöhnliches oder als Super-Ich), als auch in den Objekten eine Essenz zu sehen. Ihre Leerheit wird nicht begriffen und ihr bedingtes Entstehen auch nicht.
Anatta-Realisation knackt diese Projektion in Bezug zu diesem scheinbaren Beobachter/intelligenten Wissenden/Selbst/bleibenden Hintergrund und es führt zum Sehen wie es wirklich ist, wie es im Bahiya Sutta steht:
Im Bezug zum Gesehenen, wird es nur das Gesehene geben, [-> Kein Seher]
Im Bezug zum Gehörten, nur das Gehörte, [-> Kein Hörer]
Im Bezug zum sinnlich Erfahrenen, nur das sinnlich Erfahrene, [-> Kein Erfahrer]
Im Bezug zum Erkannten, nur das Erkannte. [-> Kein Erkenner]
Dann wird es kein Du in Verbindung zu diesem geben.
Wenn es kein Du in Verbindung zu diesem gibt,
wird ein Du weder hier, noch dort, noch dazwischen sein.
Dort wo Wasser, Erde, Feuer, Luft
keinen Halt mehr finden,
scheinen weder Sterne,
noch lodert eine Sonne,
selbst der Mond scheint nicht:
und doch ist dort keine Dunkelheit.
Und wenn dies einer selbst erkannt hat,
durch den hl. Wandel, ein Weiser, ein Brahmane,
ist er von Form und Formlosigkeit,
von Freud und Leid befreit.
Das ist Anatta. Es beendet diese Art von Projektionen. Ist jedoch immer noch nicht das Ende. Wie man am Abhidamma und Buddhaghosa sehen kann besteht die Möglichkeit Nicht-Selbst realisiert und die Falschheit eines wirklich existenten Selbst durchschaut zu haben, jedoch werden die Dhammas/Sinnes-Objekte/Erfahrungen immer noch als inhärent betrachtet und damit wirklich existent. Deswegen ist Nagarjuna in Erscheinung getreten und hat auch die Leerheit von Objekten gelehrt. Das ist kein Nihilismus sondern die Freiheit von allen Extremen. Für Theravada-Gelehrte ist Nirvana ein wirklich existentes Element. Im Mahayana ist Nirvana die Leerheit von Samsara und kein verborgener inhärenter Raum.