Beiträge von mukti im Thema „Visuddhi-Magga vs. Sutta-Piṭaka“


    Leuchtet mir eigentlich nicht recht ein, dass dieser ewige Atman der immer der Gleiche wäre, erschöpft oder geleert werden könne. Also dass sie sich da so deutlich selbst widersprochen hätten.


    Und wieso sollte sich atta hier auf den ewigen Atman beziehen, der ja angeblich nicht gequält werden kann?

    Elliot:


    SN 1:78/S I 44 = S.1.78. Bedacht - 8. Kāma Sutta (http://www.palikanon.com/samyutta/sam01_81.html#s1_78)


    Der Zusammenhang ist:



    Wieso sollte das Folgende dieselbe Devata sein? Die hier ist verschwunden, dann kommt die Nächste:


    Zitat

    (Die Devatā:)
    "Was um jeden Preis wird er nicht hergeben, was wir der sterbliche Mann nicht aufgeben wollen?"
    "Kimatthakāmo na dade, kiṃ macco na pariccaje?"


    (Der Erhabene:)
    "Sein Atman wird der Purusha nicht hergeben, sein Atman wird er nicht aufgeben wollen."
    "Attānaṃ na dade poso, attānaṃ na pariccaje."


    Elliot:

    Hier wird Atman also im brahmanischen Sinn als Seelen-Selbst verstanden.


    Muss nicht sein:


    Zitat

    ‘‘Kimatthakāmo na dade, kiṃ macco na pariccaje;
    Kiṃsu muñceyya kalyāṇaṃ, pāpikaṃ na ca mocaye’’ti.


    ‘‘Attānaṃ na dade poso, attānaṃ na pariccaje;
    Vācaṃ muñceyya kalyāṇaṃ, pāpikañca na mocaye’’ti.


    http://www.tipitaka.org/romn/


    Posa bedeutet auch Mann und muss sich nicht auf den brahmanischen Purusha beziehen. Weshalb das auch so übersetzt wird:



    Da ergibt das einen anderen Sinn.

    Ich glaube übrigens dass diese Sache mit Atman und Brahman ursprünglich auf Erfahrungen beruht, nicht nur gedankliche Ansichten sind. Die Yogis haben eine hohe Stufe der Loslösung als ein Selbst erlebt. Der Buddha hat dann noch den letzten Schritt darüber hinaus gemacht.
    Wenn diese Erfahrungen fehlen, kann man das Sutta-Pitaka nicht wirklich verstehen. Man weiß ja nicht wie weit die Erfahrung des Buddhagosha gegangen ist, aber ein reiner Theoretiker wird er als praktizierender Bikkhu bestimmt nicht gewesen sein.

    Elliot:
    mukti:

    Empfindung gibt es, aber "Ich bin" gibt es nicht, eben nur als Empfindung.


    Diese "Ich bin"-Empfindung ist Ausdruck des Anhaftens an den Daseinsgruppen.


    Ja und so ist das auch im Visuddhi Magga gemeint.


    Elliot:

    Dieses Anhaften/Festhalten hat aber mit Atman oder Nicht-Atman eigentlich nicht viel zu tun.


    Naja "Ich bin Atman" ist auch Anhaften.

    Sôhei:
    mukti:


    Für mich verdichten sich die Hinweise dass "Anatta" sowohl eine ewige als auch eine zeitliche Essenz, also ein zeitweiliges Ich, verneint, und wenn's so weitergeht bin ich bald restlos überzeugt.


    Schießt das nicht über´s Ziel hinaus?
    Also warum etwas Verneinen, was als Empfindung ("Ich bin") doch eigentlich nicht anzweifelbar ist, sondern eben nur bezüglich seiner Beschaffenheit?


    Ja, die Verneinung bezieht sich auf die Beschaffenheit nicht auf die Empfindung. Empfindung gibt es, aber "Ich bin" gibt es nicht, eben nur als Empfindung.

    Elliot:
    mukti:

    Laut Digital Pali Reader hat Atta eine zweite Bedeutung: ... Laut Pali-Dictionary Vipassana Research Institute: Klaus Mylius übersetzt mit "Seele, Selbst, Ich, Individduum", Nyanatiloka mit "Selbst, Persönlichkeit" und soweit ich weiß ist das auch im Theravada die traditionelle Auffassung.


    Ja, deshalb heißt dieser Strang ja auch "Visuddhi-Magga vs. Sutta-Piṭaka", weil selbst innerhalb der Theravada-Tradition sehr bald der Begriff Atman in einer andern Bedeutung verwendet wurde, die er noch im Sutta-Piṭaka, also mutmaßlich zur Zeit des Buddha, hatte.


    Das scheint mir eine voreilige Schlussfolgerung zu sein, die ich bislang nicht teile.



    Dieser klassische Atman ist die erste und am meisten gebräuchliche Bedeutung. "Atta" wird im Sutta-Pitaka aber auch mitunter in der zweiten Bedeutung gebraucht, wie wir bereits gesehen haben. Diese zweite Bedeutung kommt laut Yogawiki auch dem Begriff "Atman" zu. Man könnte jetzt der Sache weiter nachgehen und mehr diesbezügliche Stellen im Sutta-Pitaka und in den Darshanas heraussuschen. Und wenn man überdies noch weitere akademische und traditionelle Meinungen dazu heranzieht, steht man glaube ich mit der Ansicht dass Atta oder Atman ausschließlich etwas Ewiges Unzerstörbares bedeute, ziemlich alleine da.



    Ich habe mich hier aber auf die Darshanas bezogen und nicht auf den Sutta-Pitaka, aufgrund deiner Feststellung:


    Zitat

    In den meisten davon taucht der Begriff Atman auf und mal Brahman und mal Purusha und vieles andere, aber ich meine (man könnte das ja mal in dem anderen Strang durchsehen), niemals wird dort unter Atman etwas vergängliches, zerstörbares verstanden, zumindest in dieses sechs orthodoxen Darshanas nicht.


    Da bin ich mir überhaupt nicht sicher und vermute vielmehr dass dort "Atman" schon manchmal ein vergängliches Ich oder Selbst bedeutet. Diese 6 orthodoxen Darshanas sind wohl insgesamt recht umfangreich, man könnte sich mal auf die Suche machen.


    Oft wird "Atman" etymologisch als Atem oder Lebenshauch gedeutet, womit wohl nicht die Atemluft gemeint ist, sondern die Essenz des Lebens als etwas Geistiges oder Spirituelles. Die Ansicht dass dies entsteht und vergeht wird es auch in der alten Welt gegeben haben, wenn auch in der Minderheit. Ebenso wie der Begriff "Seele" nicht ausschließlich die ewige Seele meint, sondern auch einfach nur das Innerste des Menschen. So wird auch unter "Atman" in Wörterbüchern neben der Bedeutung "ewige Seele" auch noch als "individuelles Selbst" angegeben, was laut Yogawiki auch "Wesen, Natur, die eigene Person (im Sinne von "sich selbst"), Eigentümlichkeit, den Leib, Körper, Verstand, die Intelligenz" bedeuten kann.


    Wie es auch im Brahmajāla Sutta steht:


    Zitat

    (1) „Da hat, ihr Mönche, irgend ein Asket oder Priester diese Meinung, diese Ansicht: Da ja doch dieses Selbst formhaft, aus den vier Hauptstoffen entstanden ist, von Vater und Mutter gezeugt wird, so geht es bei der Auflösung des Leibes zugrunde, geht verloren, besteht nicht mehr nach dem Tode; daher fällt denn also dieses Selbst völliger Vernichtung anheim. Auf solche Weise künden die einen des lebendigen Wesens Zerstörung, Vernichtung, Aufhebung an.
    (2) „Einem solchen entgegnet nun ein anderer: Es ist wohl dieses Selbst so beschaffen, wie du sagst: ich sage nicht, daß es das nicht gibt. Aber dieses Selbst ist nicht schon insofern gänzlich vernichtet. Es gibt noch ein anderes Selbst, ein himmlisches, formhaftes, nach Lust umherschweifendes, das an der körperlichen Speise teilnimmt. Das kennst du nicht und siehst es nicht während ich es kenne und sehe. Es ist aber dies das Selbst, das bei der Auflösung des Leibes zugrundegeht, verlorengeht, nach dem Tode nicht mehr besteht; erst insofern ist das Selbst völliger Vernichtung anheimgefallen. Auf solche Weise künden die anderen des lebendigen Wesens Zerstörung, Vernichtung, Aufhebung an.


    Und so geht es weiter mit den Entgegnungen, bis zur siebenten Ansicht:


    Zitat

    Es gibt noch ein anderes Selbst, das nach völliger Überwindung der Nichtdaseinsphäre in dem Gedanken 'Das ist die Ruhe, das ist das Ziel' das Reich der Grenze möglicher Wahrnehmung erreicht. Das kennst du nicht und siehst es nicht, während ich es kenne und sehe. Es ist aber dies das Selbst, das bei der Auflösung des Leibes zugrundegeht, verlorengeht, nach dem Tode nicht mehr besteht; erst insofern ist das Selbst völliger Vernichtung anheimgefallen. Auf solche Weise künden die einen des lebendigen Wesens Zerstörung, Vernichtung, Aufhebung an.
    http://palikanon.com/digha/d01_4.htm


    Hier wird also alles vom physischen Körper bis hin zum feinsten Geistigen als vergängliches Selbst, als "Atta" bezeichnet.


    Für mich verdichten sich die Hinweise dass "Anatta" sowohl eine ewige als auch eine zeitliche Essenz, also ein zeitweiliges Ich, verneint, und wenn's so weitergeht bin ich bald restlos überzeugt.


    Das würde dann aber die Stelle im Vishuddhi Magga bestätigen, dass es da im Grunde


    Zitat

    keinen Fühlenden (I),
    keinen Täter (II),
    keinen Erlösten (III) und
    keinen auf dem Pfade Wandelnden (IV) gibt.


    Laut Digital Pali Reader hat Atta eine zweite Bedeutung:


    Zitat

    2. Oneself, himself, yourself. Nom. attā, very rare. S i.71, 169; iii.120; A i.57, 149 (you yourself know whether that is true or false. Cp. Manu viii.84. Here attā comes very near to the European idea of conscience.


    Laut Pali-Dictionary Vipassana Research Institute:


    Zitat

    attā:Self,body,person,individuality; life,mind soul; in a non-buddhist sense the paramātman or Universal Soul


    Klaus Mylius übersetzt mit "Seele, Selbst, Ich, Individduum", Nyanatiloka mit "Selbst, Persönlichkeit" und soweit ich weiß ist das auch im Theravada die traditionelle Auffassung.


    Es gibt noch einige Stellen im Sutta-Pitaka wo Atta nicht im Sinne des ewigen Atman gebraucht wird, z.B. Dhammapada 157:


    Zitat

    Der Weise nehme sich, wenn er sich schätzt, in acht,
    Er halte stets sich wach im dritten Teil der Nacht!


    Attānañce piyaṃ jaññā, rakkheyya naṃ surakkhitaṃ;
    Tiṇṇaṃ aññataraṃ yāmaṃ, paṭijaggeyya paṇḍito.


    Im Yogawiki steht dass Atman auch diese zweite Bedeutung hat:


    Zitat

    Atman (Sanskrit: आत्मन् ātman m., Nom. Sg. आत्मा ātmā) bedeutet Hauch, Seele, das Selbst, Wesen, Natur. Atman kann auch die eigene Person (im Sinne von "sich selbst"), Eigentümlichkeit, den Leib, Körper, Verstand, die Intelligenz sowie Allseele, Weltseele bezeichnen.
    http://wiki.yoga-vidya.de/Atman


    Bezüglich der Darshanas:


    Elliot:


    In den meisten davon taucht der Begriff Atman auf und mal Brahman und mal Purusha und vieles andere, aber ich meine (man könnte das ja mal in dem anderen Strang durchsehen), niemals wird dort unter Atman etwas vergängliches, zerstörbares verstanden, zumindest in dieses sechs orthodoxen Darshanas nicht.


    Na wer weiß, da bin ich mir nicht so sicher.


    Das ist aber nicht die Vernichtungsansicht nach D.1.4, sondern die Ansicht " nach dem Tode werde ich unvergänglich, dauerhaft, ewig, nicht der Veränderung unterworfen sein, ich werde so lange wie die Ewigkeit überdauern."


    Das glaube ich nicht, es gab im Samkhya schon einen transzendenten Atman (Purusha), aber kein Brahman:


    Zitat

    Obwohl der Purusha im Samkhya als "jenseits von Raum, Zeit und Kausalität", als "ewig rein und frei" beschrieben wird, stellt er in dieser Philosophie keinen einzigartigen, ungeteilten, alldurchdringenden Urgrund dar wie das Brahman der Upanischaden, sondern es existiert eine unendliche Anzahl von individuellen Purushas.


    Anscheinend hat es das schon zu Zeiten des Buddha gegeben:


    Zitat

    Ein alldurchdringendes Wesen in der Gestalt einer "letzten Wirklichkeit", eines "Einen ohne Zweites" (Ishvara, Brahman) wird in dem klassischen anti-theistischen Sankhya kategorisch ausgeschlossen (dies ändert sich in der späteren, theistischen Ausprägung des Samkhya, die sich dem Schwestersystem des Yoga angleicht und Ishvara als Schöpferinstanz mit in ihr Lehrgebäude aufnimmt). Das Gesetz des Karma vollzieht sich im klassischen Samkhya noch ohne Einwirkung eines höchsten Gottes. Auch diese Auffassung teilt dieses System mit dem Jainismus sowie auch mit dem Buddhismus, die beide ungefähr zeitgleich mit Samkhya entstanden.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Samkhya

    bel:
    mukti:

    Wegdiskutieren kann man es nicht, auch nicht indem man über paticcasamuppada, anatta u.a. diskutiert, man muss schon den ganzen Pfad gehen. In der "höchsten Sicht" ist es dann aber weg:

    .


    Nein, nur irrige Ansichten über "Selbst" sind "weg". Das Erwachen ist im Erwachten (Vimuttasmim vimuttamiti, M121), genau in diesem Nama-Rupa-Zusammenhang, nirgendwo anders.


    Doch kein Ende des Leidens? Nö das ist für mich indiskutabel. Die Lehre führt nicht zum Ende des Leidens, da legst di nieda. Gute Nacht.

    bel:


    Es gibt Leiden. Und das deshalb, weil jemand empfindet - man kann dieses jemand nicht wegdiskutieren. Auch nicht durch "höchste Sicht". Was "Sicht bezüglich anatta" sagt, ist, daß dieses "Jemand" nicht allein aus sich selbst heraus, nicht nur aus einem anderen, nicht allein aus diesen beiden und nicht ohne Grund wirkt - daß es nur im Nexus "Paticcasamuppada" besteht.


    Wegdiskutieren kann man es nicht, auch nicht indem man über paticcasamuppada, anatta u.a. diskutiert, man muss schon den ganzen Pfad gehen. In der "höchsten Sicht" ist es dann aber weg:

    Zitat

    Nichts anderes lehre ich als das Ende des Leidens. (Öhm, steht irgendwo im PK)

    .

    mukti:


    Und wäre "Wesen" mehr als eine Bezeichnung?


    bel:


    Im Erleben natürlich, im Leiden, z.B.
    Heilung macht auch Annahme notwendig, bloße Distanzierung führt zu nix.


    Aber nicht in dem Fall den du genannt hast:

    Zitat

    Natürlich kann man sagen "Ich bin dieser Körper" - und zwar ganz ohne "ich und mein" und ohne "ewiges Selbst" ...."Ich" ist in diesem Fall nur ein Personalpronom."


    "Wesen" ist in diesem Fall nur ein Substantiv. Mit "ich" und "mein" ist es Erleben, im Leiden z.B.


    Zur Heilung führt der achtfache Pfad, das ist jetzt aber ein eigenes Thema.

    bel:
    mukti:

    Genau, das ist die Antwort auf deine Frage: "Ich" ist in diesem Fall nur eine Bezeichnung.


    Und zwar in zweierlei Hinsicht:
    1.
    bezüglich der speziellen Merkmale die eben dieses Wesen (so wirkend) ausmachen, sonst würde eine Benennung ja keinen Sinn machen, aber auch
    2.
    bezüglich der allgemeinen Daseinsmerkmale, die erst zur Kategorie "Wesen" führen.


    Und wäre "Wesen" mehr als eine Bezeichnung?

    bel:
    mukti:

    Wie populär das damals war sei dahingestellt, jedenfalls ist es heutzutage die gewöhnliche materialistische Ansicht. Sie besagt einfach "ich bin der Körper", dieses Wesen, diese Person.


    Was soll "ich" denn sonst sein?
    Schließlich ist ja auch vom Buddha so genial überliefert: "da war ich nun, diesen Namen hatte ich, dieser Familie gehörte ich an, dies war mein Stand, dies mein...." oder gar "Die Befreiung ist im Befreiten".


    Nur dass der Buddha halt nicht der Vernichtungsansicht anhing, sondern "das Todlose" gefunden hatte, das ohne Ich und Mein und ohne ewiges Selbst ist, so seine Lehre.

    Elliot:
    mukti:

    Da steht jetzt mal fest, dass sich "Atta" im Sutta-Pitaka nicht nur auf einen metaphysischen ewigen Atman bezieht.


    Also zumindest steht mal fest, dass es unter dutzenden Varianten verschiedener Atman-Lehren auch welche gab, wo jemand den Atman an die Daseinsgruppen gebunden und mit ihnen untergehend verstand. Auch wenn das vermutlich nicht sehr populäre Lehren waren.


    An die Gruppen gebunden, bzw. der Atman ist der Körper der geboren wird und stirbt, daher "besteht er nicht mehr nach dem Tode":


    Zitat

    Da hat, ihr Mönche, irgend ein Asket oder Priester diese Meinung, diese Ansicht: Da ja doch dieses Selbst formhaft, aus den vier Hauptstoffen entstanden ist, von Vater und Mutter gezeugt wird, so geht es bei der Auflösung des Leibes zugrunde, geht verloren, besteht nicht mehr nach dem Tode; daher fällt denn also dieses Selbst völliger Vernichtung anheim. Auf solche Weise künden die einen des lebendigen Wesens Zerstörung, Vernichtung, Aufhebung an. http://palikanon.com/digha/d01_4.htm


    Wie populär das damals war sei dahingestellt, jedenfalls ist es heutzutage die gewöhnliche materialistische Ansicht. Sie besagt einfach "ich bin der Körper", dieses Wesen, diese Person. Das ist nach D.1.4. eben eine falsche Ansicht.
    Das finde ich auch nachvollziehbar, in den Bestandteilen des Körpers und des Geistes ist kein "Ich" zu finden. Wo also sollte dieses Wesen sein?


    Da steht jetzt mal fest, dass sich "Atta" im Sutta-Pitaka nicht nur auf einen metaphysischen ewigen Atman bezieht. Dieser zeitweilige, mit den Khandha identische Atman ist dann ein Wesen oder eine Person, denn ein Körper mit Bewusstsein ist ja das, was ein Wesen ausmacht. Dazu heißt es eben im Visuddhi-Magga, dass es in Wirklichkeit kein Wesen gibt, ebenso wie die Ansicht, dass ein zeitweiliges Atta existiere, im Sutta-Pitaka vom Buddha verworfen wird, nicht?


    Eigentlich wäre ich ja nicht auf die Idee gekommen, das hinduistische "So’ham" mit dem "n’eso’ham" im Sutta Pitaka gleichzusetzen, weil sich das eine "so" (er, das) eben auf das Absolute bezieht und das andere "so" auf die Daseinsgruppen. Also hier "ich bin das Absolute" und dort "Ich bin nicht die Daseinsgruppen".

    Hallo Simo,


    Simo:


    atta erstreckt sich im Ganzen sehr viel tiefer, bis hin zum vorreflexiven, unthematischen "ich-bin"-Vermeinen (asmi-māna), welches, solange noch avijjā vorhanden ist, aufgrund der grundliegenden Perspektivität jeglichen Erlebens immer gegeben ist.


    Gute Erklärung finde ich, nett dass du mal wieder schreibst hier.

    Elliot:


    -> Keine der fünf Daseinsgruppen ist geeignet, die Kriterien eines metaphysischen Atman, Jivatman oder sonstigen übersinnlichen, ewigen, perfekten Selbstes zu erfüllen, und zwar aufgrund ihrer Vergänglichkeit und Unvollkommenheit.


    Die Nicht-Existenz von herkömmlichen Personen und Wesen jedoch daraus abzuleiten, das scheint mir nicht nachvollziebar.


    Interessante Schlussfogerung, aber offenbar war der Begriff Atta im Umfeld des Buddha nicht ausschließlich im Sinne eines ewigen metaphysischen Atman gebräuchlich:


    Zitat

    Da hat, ihr Mönche, irgend ein Asket oder Priester diese Meinung, diese Ansicht: Da ja doch dieses Selbst formhaft (attā rūpī), aus den vier Hauptstoffen entstanden ist, von Vater und Mutter gezeugt wird, so geht es bei der Auflösung des Leibes zugrunde, geht verloren, besteht nicht mehr nach dem Tode; daher fällt denn also dieses Selbst (attā) völliger Vernichtung anheim. Auf solche Weise künden die einen des lebendigen Wesens Zerstörung, Vernichtung, Aufhebung an.


    http://palikanon.com/digha/d01_4.htm
    Pali: http://palikanon.com/pali/digha_mula/digha01.htm


    Auch wenn man Atta hier ausschließlich mit einem metaphysischen Selbst gleichsetzt, bleibt immer noch dieser zentrale Teil der Lehre:


    Dies ist nicht mein, dies bin ich nicht, dies ist nicht mein Selbst
    N’etaṃ mama, n’eso’ham-asmi, na m’eso attā


    Ich bin nicht der Körper, habe ihn nicht, er ist kein Selbst, hat kein Selbst, ist nicht in einem Selbst und es ist auch kein Selbst drin, wo bliebe da noch Platz für ein Wesen oder eine Person?


    Wenn an den Daseinsgruppen angehaftet wird, gibt es die Ansicht "Personen und Wesen":



    Wenn nicht dran angehaftet wird, gibt es die Ansicht "Personen und Wesen" nicht: