Beiträge von 123XYZ im Thema „Die Mahayana-Sutren - Leseplan?“

    yofi:

    Ob sich schon jemand Fragen bezüglich der Gläubigkeit gestellt und Grundsatzfragen mit sich geklärt hat?


    Dazu empfehle ich Helmut Poller:


    http://helmutpoller.eu/text/sutra.06.pdf


    Sorry die verspätete Antwort, aber ich war im Sog mir ein grundlegendes Wissen um die Mahayana-Sutren anzueignen.


    Die Frage die Du stellst und auch der Text passen durchaus zu meiner Motivation punkto der Sutren.
    Im Theravada hat man´s leicht: Die Lehrreden des Buddha sind die Basis.
    Was ist die Basis des Mahayana/Vajrayana? Da dachte ich das gleiche Schema auch auf die Sutren anwenden zu können.
    In dieser Hinsicht ist der von Dir gelinkte Helmut Poller Text sehr aufschlussreich!
    Man kann das Theravada/Pali-Kanon-Schema nicht gleichermaßen auf die Mahayana-Sutren anwenden. Es handelt sich bei letzteren um keine konkreten zB Meditationsanweisungen o.ä.
    Daher kann ein "Leseplan" wie ich ihn hier erörtern wollte auch nicht das Selbe wie ein Leseplan für die Nikayas sein.
    Es stellt also letztlich mehr eine Orientierungshilfe dar um zu wissen welchen Teil des Pfades durch einzelne Sutren vertieft werden können.
    Statt wie bei den Nikayas zB jeden Tag eine Lehrrede nach einen bestimmten Plan zu lesen sollte ein einziges/oder mehrere Mahayana-Sutra(s) ein Leben lang studiert werden ;)
    Aber man fängt dann vielleicht besser zB mit einem Prajnaparamita-Sutra an und wendet sich später dem zB Nirvana-Sutra zu.


    Der Poller-Text hat sehr schön meine noch vorhandenen Grübeleien Theravada-Mahayana zerstreut!
    Ich bin seit meines Lebens kein Traditionalist sondern progressiv eingestellt und kann die Pro-Mahayana/Vajrayana-Argumente Pollers sehr gut nachempfinden! 8)

    Ich habe den Eindruck gewonnen das man sich beim Lesen der Mahayana-Sutren am Besten an den Klassifizierungen


    - Prajnaparamita-Sutren (zweite Drehung)
    - Tathagathagarbha-Sutren (Ende zweiter bis Anfang dritter Drehung)
    - Yogacara-Cittamatra-Sutren (dritte Drehung)


    sowie


    - diverse Sutren (Bodhisattva-Pfad, Reines Land, ..)


    orientiert.


    Was meint Ihr? Kann man das so sagen?

    @kilaya: Das freut mich zu hören. Dann mach´ ich mal weiter (noch habe ich Lust) ;)


    Auch interessant zum Thema:


    Karl Brunnholzl beschreibt in seinem Buch "When the Clouds Part: The Uttaratantra and Its Meditative Tradition as a Bridge between Sutra and Tantra (Tsadra)" folgende von Dölpopa Sherab Gyaltsen (1292-1361) in "Ocean of Definitive Meaning: A Teaching for the Mountain Hermit" eingeführte Sutren-Unterteilung:


    5 Tathagathagarbha-Sutras
    1. Tathagathagarbhasutra
    2. Avikalpapravesadharani
    3. Srimaladevisutra
    4. Mahabherisutra
    5. Angulimaliyasutra


    10 Tathagathagarbha-Sutras
    6. Sunyatanamamahasutra
    7. Dharanisvararajasutra
    8. Tathagathagunajnanacintyavisayavataranirdesasutra
    9. Mahameghasutra
    10. Mahāparinirvāṇasūtra


    5 Sutras of definitive meaning
    1. Pancasatikaprajnaparamitasutra
    2. das Maitreya-Kapitel
    3. Gandavyuhasutra
    4. Prasantaviniscayapratiharyanamasamadhisutra
    5. Ratnameghasutra


    10 Sutras of definitive meaning
    6. Suvarnaprabhasottamasutra
    7. Samdhinirmocanasutra
    8. Lankavatarasutra
    9. Sarvabuddhavisayavatarajnanalokalamkarasutra
    10. Buddhavatamsakasutra


    Diese Einteilung wurde in den folgenden Jahrhunderten von verschiedenen Meistern übernommen und leicht verändert.
    Kedrup Je Geleg Balsang (1385-1438), Kungtang Göncho Denpe Drönme (1762-1823), Tukwan Lobsang Chökyi Nyima (1737-1802), Gahto Rigdzin Tsewang Norbu (1698-1755), Tubten Legshe Sangpo (1835-?), Taranatha (1575-1634), Dzamtang Khenpo Ngawang Lodrö Tragpa (1920-1975), Sangye Nyenpa Rinpoche (1968-)... u.a. fügen einzelne Sutren hinzu, ersetzen einzelne Sutren, verändern die Reihenfolge..etc.


    In Anlehnung an die verschiedenen dargestellten Listen sowie den im Uttaratantra benannten Sutren kommt Karl Brunnholzl auf insgesamt 24 Sutren, die mit "Tathagathagarbha" assoziiert werden können:


    1. Tathagathagarbhasutra
    2. Anutvapurnatvanirdesaparivarta
    3. Srimaladevisutra
    4. Dharanisvararajasutra
    5. Mahāparinirvāṇasūtra
    6. Angulimaliyasutra
    7. Mahabherisutra
    8. Lankavatarasutra
    9. Tathagathagunajnanacintyavisayavataranirdesasutra
    10. Sarvabuddhavisayavatarajnanalokalamkarasutra
    11. Ratnadarikasutra
    12. Mahameghasutra
    13. Abidharmamahayanasutra
    14. Sthiradhyasayaparivartasutra
    15. Avikalpapravesadharani
    16. Sunyatanamamahasutra
    17. Buddhavatamsakasutra
    18. Ratnakuta
    19. Suvarnaprabhasottamasutra
    20. Samdhinirmocanasutra
    21. Gaganaganjapariprcchasutra
    22. Sagaramatipariprcchasutra
    23. Prasantaviniscayapratiharyanamasamadhisutra
    24. Candrapradipasutra

    Und abschließend noch die tw. deutsche Übersetzung (wie immer ohne Gewähr auf Korrektheit!) der Sektion "Diverse Sutren" aus 84000.co:



    Die bekannteren Sutren Lalitavistara, Laṅkāvatāra und Lotus-Sutra sind hier enthalten.
    Das Mahāparinirvāṇasūtra wird hier als besonders wichtig beschrieben. Es wurde sogar in diversen Kangyurs in eine separate Sektion eingeteilt.
    Exisitiert davon eine deutsche Übersetzung?
    (Nachtrag: Konnte eine tw. deutsche Übersetzung finden: Jens-Uwe Hartmann - Der Buddha über die vier Arten von Asketen: ein Beitrag zum Text des Mahäparinirvänasütra
    Ist aber wohl auch im Pali-Kanon enthalten)


    Sorry wenn meine letzten Posts einem Monolog gleichen!
    Ich war motiviert mal etwas Infos punkto der Fragestellung zusammen zu tragen.


    Ich habe dadurch durchaus einen besseren Überblick über Einordnungsmöglichkeiten und Stellenwert verschiedener Sutren im tibetischen Buddhismus gewinnen können.

    Die Beschreibung von Ratnakuta – die Juwelenhaufen-Klasse der Sutras auf 84000.co ist m.E. nicht besonders interessant punkto der Fragestellung, daher hier nur das Wesentliche:



    Interessant finde ich dabei zB das auch zwei "Reines Land"-Sutren darin enthalten sind, da ich wissen wollte ob diese auch im Kangyur beinhaltet sind.
    Das Kāśyapaparivarta wurde von Asaṅga, Śāntideva, Nāgārjuna und anderen Autoren erwähnt.
    Für das Studium eines Laien- und auch Ordinierten scheinbar eher unwichtiger.

    War wieder fleissig am Englisch üben und habe die Beschreibung von Avatamsaka – der „Blumengirlande“-Sammlung zusammengehöriger Sutras aus http://read.84000.co/#lobby teilweise ins Deutsche übersetzt.
    (Wieder gilt: Kein Anspruch auf korrekte Übersetzungsarbeit!... bin absoluter Laie auf dem Gebiet ;) )



    Diese Sutra-Sammlung scheint also weniger im tibetischen Buddhismus studiert zu werden. Einzelne Kapitel wie zB das Kapitel 45 und dessen Zusammenfassung sollen von größerer Popularität sein.


    Hier auch Infos zum ‚Blumengirlanden-Sutra‘: https://de.wikipedia.org/wiki/Avatamsaka-Sutra

    Ich war mal fleissig und habe mich im Übersetzen einiger Stellen in der unter http://read.84000.co/#lobby enthaltenen Beschreibung der Prajnaparamita-Sutren geübt:
    (bitte über stümperhafte Übersetzung hinwegsehen ;) )



    Recht aufschlussreich wie ich meine.


    Hier noch eine Einordnung vom „Schmuck der klaren Erkenntnis“ ( Abhisamayālaṃkāra) in den Lehrplan im tibetischen Exil-Kloster Sera in der Klosteruniversität:

    Bhikkuni Jampa Tsedroen:

    Im Exil-Kloster Sera in der Klosteruniversität werden fünf Haupttexte studiert.
    In den ersten drei Jahren beschäftigen sich die Mönche mit „Düdra“ (bsdus grwa), den gesammelten Themen, wobei es sich um vorbereitende Texte zur Logik und Erkenntnistheorie (tshad ma; pramåna) handelt. Dann beginnen die Studien zu den Vollkommenheiten, die insgesamt fünfeinhalb Jahre dauern. In dieser Zeit werden zum Beispiel auch vier zusätzliche Themen (zur bkol bzhi) behandelt: erstens die zu interpretierende und die endgültige Bedeutung der Aussagen des Buddha, zweitens die 20 Arten von Sangha, insbesondere in Beziehung zu dem Hörerfahrzeug des Buddhismus, drittens die drei Daseinsbereiche, also die Versenkungsstufen innerhalb des Begierdebereichs, des Formbereichs und des formlosen Bereichs, viertens das Abhängige Entstehen.
    Im Anschluß daran wird der eigentliche zweite große Themenkomplex studiert: die Vollkommenheiten anhand eines Kommentars zum Prajñåpåramitå-Sutra, dem Schmuck der Klaren Erkenntnis von Maitreya (mNgon par rtogs pa'i rgyan, Abhisamayålamkåra). Das dritte große Studiengebiet heißt Madhyamaka und wird in drei Jahren absolviert. Dabei geht es um die Philosophie des Mittleren Weges, die Leerheit. Als viertes folgen zwei Vinaya-Jahre, die ethische Disziplin. Dort werden vor allem die Gelübde untersucht, also die Disziplin der Noviz-Mönche und -Nonnen sowie der vollordinierten Mönche und Nonnen. Der fünfte Haupttext ist der Abhidharmakosa, das „Schatzhaus des Wissens“, von Vasubandhu, für den sich die Mönche ein Jahr Zeit nehmen. Er behandelt die Kosmologie und Metaphysik, und es geht sowohl um die äußere Welt als auch die Lebewesen darin. Insgesamt nehmen die fünf hauptsächlichen Studiengebiete vierzehneinhalb Jahre ein. Es folgen noch einmal sechs Jahre in der sog. Karam- und Lharam-Klasse, in der die Erklärungen über Vinaya und den Abhidharmaksa wiederholt werden. Wer ein voll qualifizierter „Geshe-Lharampa“ werden möchte, muß also insgesamt etwa zwanzigeinhalb Jahre lang die fünf Haupttexte studieren.


    (Quelle: https://www.tibet.de/fileadmin…herab-sera-ausbildung.pdf)

    Eine gute Orientierung liefert auch die Seite http://read.84000.co/#lobby


    Hier finden sich auch allgemeine Beschreibungen der im Kangyur befindlichen Sutren-Sektionen.


    Prajnaparamita – die transzendente, vollkommene Weisheit
    23 Texte
    die zweite Drehung des Rades

    Avatamsaka – eine „Blumengirlande“-Sammlung zusammengehöriger Sutras

    1 Text
    wird als dritte Drehung des Rades klassifiziert


    Ratnakuta – die Juwelenhaufen-Klasse der Sutras
    Auch hier und hier ab Seite 60 näher beschrieben
    49 Texte
    eine Art „Mahayana-Enzyklopädie“ (zweite und dritte Drehung)


    diverse Sutren
    266 Texte
    hier finden sich einige populäre Sutren wieder wie zB Lotos-Sutra
    (zweite und dritte Drehung)


    Werde mir das bei Zeit mal genauer durchlesen. Beim groben Stöbern habe ich schon nützliche Informationen zur besseren Orientierung dort finden können.


    Mangels vorhandener Übersetzungen ins deutsche könnte man auch alternativ aus dem chinesischen, japanischen.. ins deutsche übersetzte Texte verwenden.

    @curiosity: Gerne! Freut mich wenn´s interessiert. Ich bin ja auch gerade am Lernen.
    Sôhei: Wie schon gesagt, ich zerfranse nicht. Danke für den Literaturtipp
    verrückter-narr: Danke :) Ich werde Deinen Beitrag später lesen und erst mal posten, da ich zeitgleich geschrieben habe.


    Weitere Zitate zu den
    Amitābha-Sūtras


    Seite 96:

    Die drei oben genannten Texte beschreiben den Ursprung und die Eigenschaften des von Buddha Amitābha geschaffenen reinen Landes. Unter dem Begriff das „reine Land” versteht man einen Bereich, der im Geist der Bodhisattvas entstanden ist. Er kann genauso im Geist jedes Praktizierenden geschaffen werden. Im Sprachgebrauch der chinesischen Chan-Buddhismus-Schule gilt die „reine Befreiung“ sogar als Synonym für das „reine Land“
    […]
    In den Amitābha-Sūtras geht es jedoch meistens um eine Befreiung von aussen. Diese Befreiung erfolgt durch die Kraft Buddhas und ist mit der Geburt im reinen Land gleich zu setzen. Lebewesen können in dieses Land hineingeboren werden, auch wenn sie nur den Namen des Buddha Amitābha rezitieren. Entscheidend sind das Vertrauen und der Glaube an Amitābha.


    Blütenkranz-Sūtra

    Seite 102:

    Das Blütenkranz-Sūtra enthält je nach der Fassung 30-45 Bücher (resp. kleinere Sūtras).
    Es ist ein äusserst umfangreiches Werk, das man als Sūtra-Sammlung bezeichnen kann. Viele Teile dieses Werkes kursierten ursprünglich als Einzeltexte. Andere wurden erst während der Kompilation des ganzen Werkes verfasst. Im Laufe der Zeit erhielt der Text noch in Indien mehrmalige Änderungen und Ergänzungen.447 Die Entstehung des Sūtra ist im Zeitraum vom 1.Jh.v. bis 5. Jh.n. festzusetzen. Die zwei ältesten Teile sind das Sūtra der zehn Bodhisattva-Stufen (Skt. Daśabhūmika-sūtra) und das Rhinozeros- [oder auch] Helden-Sūtra (Skt. Gandavyūha-sūtra). Vom Inhalt her teilt sich das Blütenkranz-Sūtra in acht (ggf. neun) Versammlungen von Bodhisattvas, die sich an sieben unterschiedlichen Orten treffen. Die Belehrungen werden jeweils von einem Bodhisattva gehalten.


    Das entspricht dann wohl "Avatamsaka – der „Blumengirlande“-Sammlung zusammengehöriger Sutras" im tibetischen Kangyur.

    Vimalakīrti-Sūtra

    Seiten 113-114:

    Das Vimalakīrti-Sūtra enthält Reden des Meisters Vimalakīrti. Nach den Aussagen des Sūtra lebte er zu der Zeit von Śākyamuni in der Stadt Vaiśalī. Vimalakīrti war ein reicher Mann, der eine grosse Rolle in Wirtschaft und Politik der damaligen Zeit spielte. Als Laie erlangte er eine tiefgründige Erkenntnis über die buddhistische Lehre und verhielt sich immer wie ein Bodhisattva. Er predigte auch seine eigene Lehre, die Lehre von der „unvorstellbaren Befreiung“ und vermochte sie den Bedürfnissen eines jeden Menschen anzupassen.
    In China wurde diese Schrift als eine der ersten übersetzt und erlangte weit-reichende Anerkennung. Ein Laie, der in einer Person sowohl einen erfolgreichen aristokratischen Kaufmann als auch einen buddhistischen Weisen verkörpert, entsprach genau dem chinesischen Ideal eines Gelehrten. Vimalakīrti führte sein irdisches Leben wie alle Leute und betrieb Handel. Trotzdem vermochte er die Wahrheiten des Buddhismus genauso gründlich oder noch gründlicher als Mönche und Asketen zu erkennen. Vor allem strebte er auch danach, anderen den Sinn der Lehre zu erklären.
    Obwohl das Werk von einer bestimmten historischen Person verfasst worden ist, gilt es trotzdem als Bestandteil der geistigen Überlieferungslinie Buddhas und wird zu den Worten Buddhas, nämlich den Sūtras gezählt.


    Seite 115:

    Der Schwerpunkt des Sūtra liegt auf der Erkenntnis der Leerheit aller Dinge und auf der Nicht-Zweiheit oder Gegensatzlosigkeit. Vimalakīrti erklärt die Nicht-Zweiheit mit dem Schweigen, das als eine vorzügliche Redekunst und nicht als Mangel des Wissens aufzufassen ist. Aus einer solchen Nicht-Zweiheit entstehen reine Handlungen.


    Die "Dritte Drehung" des Rades?


    ... soviel als Kurzzusammenfassung einzelner Sutren bzw Sutrengruppen aus der Dissertation. Es werden in dieser die jeweiligen Sutren noch konkret Kapitel für Kapitel bearbeitet.

    Zitat zum
    Prajñāpāramitā-sūtra

    Seiten 80-81:

    Das Sūtra von der Vollkommenheit der Weisheit (Skt. Prajñāpāramitā-sūtra) stellt einen äusserst wichtigen Teil des buddhistischen Kanons dar. Es ist dermaßen umfangreich, dass man es eher als eine Sūtra-Sammlung oder eine Sūtra-Gruppe bezeichnen sollte. Die hier enthaltenen Schriften thematisieren hauptsächlich die Begriffe „Weisheit“ und „Leerheit“, die durch Auflösung der dualen Verhältnisse der Erscheinungen eine direkte Wahrnehmung der wirklichen Realität ermöglichen. Diese und andere Ideen der Prajñāpāramitā-Texte haben den Mahāyāna-Buddhismus sehr geprägt. Das Sūtra entstammt im ältesten Teil dem 1. Jh.n. Zu dieser Zeit wurde das Sūtra von der Vollkommenheit der Weisheit in 8000 Versen (Skt. Ashtasāhasrikā-prajñāpāramitā-sūtra) niedergeschrieben. Später entwickelten sich daraus auch Versionen in 10.000, 18.000, 25.000 und 100.000 Versen.
    […]
    Die Ideen dieser Weisheitslehre wurden von vielen Buddhisten weiter interpretiert und entwickelt. So befasste sich der indische Philosoph der Mādhyamika-Schule Nāgārjuna (2. Jh.n) mit einer tiefgehenden Ausarbeitung der Themen (z.B. des Leerheitsbegriffes) der Prajñāpāramitā-Philosophie.
    Das ganze Werk ist heute in der chinesischen Übersetzung erhalten, im Sanskrit-Original sind nur 12 kleinere Sūtras aus dem ganzen Werk vorhanden. Die chinesische Version besteht aus mehr als 600 Bänden und enthält 40 Einzelsūtras.
    Die zwei berühmtesten Texte sind das Herz-Sūtra und das Diamant-Sūtra


    Anhand dieser Info würde ich meinen das ein Studium sowohl des Leerheits-Begriffes incl. anschließendem oder gleichzeitigem Studium von Prajñāpāramitā-sūtren gewinnbringend wäre. Dies würde der oben geschilderten "Zweiten Drehung" entsprechen.


    Zitat zum
    Lotos-Sutra

    Seite 84:

    Das Sūtra vom (weissen) Lotos der wunderbaren Lehre wird meist kurz Lotos-Sūtra genannt. Der älteste Teil entstand in Indien im 1. Jh.n. und erreichte China im dritten Jahrhundert. Die erste chinesische Übersetzung wurde im Jahr 225 fertig gestellt.


    Seite 85:

    Vom Inhalt her weist diese Schrift viele spätere Entwicklungen des Buddhismus auf. In der heutigen Form ist es kein einheitliches religiöses Werk, sondern eher eine Anthologie von Erzählungen, Gleichnissen und Belehrungen, die von dem einen oder anderen Aspekt aus die Lehre erklären. In Hinsicht darauf, dass die Wahrheit nicht in Worten fassbar ist, geht der Text auf keine tiefen philosophischen Thesen ein. Deshalb betrachten manche Forscher das Lotos-Sūtra nur als eine Einleitung eines nie zustande gekommenen Textes.
    Vor allem preist der Text die Weisheit und die Lehrmethode Buddhas. Gleichzeitig wird auch die Wichtigkeit der Rezitation seines Namens und des Glaubens an ihn betont.
    Infolgedessen ist auch die Befreiung eine Befreiung durch eine äussere Macht. Menschen befreien sich nicht selber, sondern werden von einem Bodhisattva oder einem Buddha zur Befreiung geführt.

    Sherab Yönten:

    Für mich sind die Sutras aber nicht unbedingt eine Quelle der Diskussion, sondern eine Quelle der Praxis und Inspiration ;)


    Für mich sind sie sowohl als auch ;)



    Ich konnte einen recht guten Text über die Mahayana-Sutren finden: Der Begriff „Befreiung“ in buddhistischen Sūtras
    Hier als pdf zum Download


    Zitate aus dem Text punkto
    "Allgemeine Informationen über Mahayana-Sutren"


    Seiten 65-66:

    Zum ersten Mal, vermutlich im Jahr 525 v., drehte Śākyamuni das Rad in Sārnāth für die Hörer, seine ersten Schüler. Hier erörterte er die Grundlagen seiner Lehre: die vier Wahrheiten und den achtfachen Weg. Seine zweite Predigt fand auf dem Geiergipfel in der Stadt Rājagriha statt. (Dieser Ort ist für Anhänger des Hīnayāna als eine historische Stätte heilig. Mahāyānins sehen ihn als Wohnsitz des transzendentalen Buddha und als Ursprungsort der Mahāyāna-Sūtras.) Gemäss dem Mahāyāna-Buddhismus sollen zu dieser Zeit die Konzepte wie „Bodhisattva“ (Wesen der Erleuchtung) und „Śūnyatā“ (Leerheit) entstanden und die philosophische Grundlage des Sūtra von der Vollkommenheit der Weisheit (Skt. Prajñāpāramitā-sūtra) gelegt worden sein. Die dritte Darlegung der Lehre fand (nach der Anschauung der Gläubigen der Mahāyāna-Lehre) in Vaiśalī statt. Hier entstanden die Grundideen des Sūtra vom Abstieg nach Lanka (Skt. Lankāvatāra-sūtra), des Sūtra von der Enträtselung der Gedanken (Skt. Samdhinirmocana-sūtra) ebenso wie die Grundlage für die Schule des reinen Geistes (Skt. Cittamātra).


    Es ließe sich also schon mal in "Zweites Rad" (zB Prajñāpāramitā-sūtra) und "Drittes Rad"-Sutras (zB Lankāvatāra-sūtra, Samdhinirmocana-sūtra, Reines-Land-Sutras) unterteilen.
    Die zweite Drehung würde ich natürlich vor der Dritten studieren.


    Seite 71:

    Die meisten Mahāyāna-Sūtras entstanden in Indien über einen Zeitraum von 700 Jahren. Die ältesten stammen aus dem 1. Jh.v., die jüngsten aus dem 6. Jh.n. Heute zählt man insgesamt ca. 600 Sūtras, die entweder in Übersetzungen oder im Sanskrit-Original überliefert worden sind. Ihre Verfasser sind nicht bekannt. Das Mindestalter von Sūtras lässt sich vo allem aus den Übersetzungen ins Chinesische erschliessen.
    Nicht alle Sūtras stammen aus Indien und nicht alle sind Übersetzungen. Manche Texte haben kein Sanskrit-Original. Sie werden zwar als Werke indischen Ursprungs betrachtet, können jedoch auch in China oder anderen buddhistischen Ländern verfasst worden sein. So ist z.B. das Shoulengyan jing (Skt. Śūramgama-sūtra) höchstwahrscheinlich ein chinesisches Werk, das später in andere Sprachen übersetzt wurde.
    Da bei den meisten Übersetzungen genaue Quellenangaben fehlen, ist es schwierig festzustellen, ob die frühen Sanskrit-Versionen der Texte noch erhalten sind. Jedenfalls gibt es heute wenige buddhistische Schriften im Sanskrit, die den überlieferten chinesischen Übersetzungen genau entsprechen. Viele Texte, die im Sanskrit überliefert sind, haben im Laufe der Zeit viele Änderungen und Ergänzungen erfahren und stammen aus einer relativ späten Zeitperiode. Die chinesischen Übersetzungen sind dagegen in vielen Fällen von früheren, heute nicht mehr erhaltenen Sanskrit-Textversionen gemacht worden.
    Buddhistische Gelehrte mit ihren Sanskrit-Texten trafen in China kurz nach der Zeitenwende ein. Zu dieser Zeit fanden auch die ersten Übersetzungen statt.


    Hier ist sogar von 600 Sutren die Rede!!


    Seite 72:

    Der Übersetzungsprozess der Sūtras verlief in China über mehrere Jahrhunderte. Die Übersetzer lebten in verschiedenen Orten des grossen Landes und benutzten aufgrund des zeitlichen oder räumlichen Abstandes verschiedene Terminologien, weshalb der heutige chinesische Kanon nicht homogen ist und mehrere Übersetzungen der gleichen Texte enthält.
    In der Zwischenzeit entwickelte sich der Buddhismus in Indien weiter. In China entstanden mehrere Richtungen der Übersetzungstechniken. So unterschieden sich die später übersetzen Texte sowohl inhaltlich als auch terminologisch und grammatikalisch.


    Seiten 72-73:

    Die klassische Phase umfasst den Zeitraum vom 5.- 7. Jahrhundert. Vor allem wurden zu dieser Zeit die Mahāyāna-Texte bearbeitet. Die Übersetzer waren besser ausgebildet und gingen systematisch und wissenschaftlich vor. Die traditionell vom Sinn eng besetzten Wörter wurden vermieden. Man bildete viele neue Wörter, z.B. durch phonetische Abbildung der Sanskrit-Silben.
    [...]
    Viele Schriften wurden mehrmals von verschiedenen Personen übersetzt. Von manchen Sūtras gab es sogar sieben und mehr Varianten, die dann auch noch mit verschiedenen Titeln versehen wurden.


    Die späte Phase umfasste den Zeitraum vom 7.- 12. Jahrhundert. Der berühmteste buddhistische Gelehrte dieser Zeit war Xuanzang. Er hatte an der Klosteruniversität Nālanda studiert, beherrschte sehr gut Sanskrit und war ein herausragender Übersetzer. So wird z.B. seine Übersetzung der Da bore boluomiduo jing (Sūtra von der Vollkommenheit der Weisheit) von Wissenschaftlern als die beste Übersetzung im ganzen Kanon eingeschätzt


    Das "Sūtra von der Vollkommenheit der Weisheit" wird also als beste Übersetzung im ganzen chinesischen Kanon eingeschätzt, auch interessant.


    Seiten 78-79:

    Die übersetzten Werke wurden allmählich gesammelt und zu einer umfassenden Ausgabe zusammengebracht. Anfangs nannte man diese Sammlung Yiqie jing (Alle Schriften).
    In Dunhuang ist eine solche Ausgabe aus dem Jahr 479 gefunden worden. Später setzte man den Begriff Dazang jing (Grosse Sammlung der Schriften) ein, den man noch heute als Bezeichnung des Kanons verwendet.

    Sôhei, nyalaana:


    Wie ich ja unmissverständlich dargelegt habe soll es in diesem Thread um die Mahayana-Sutren gehen.
    Einfache Statements wie zB "Ich kann das Sutra XY empfehlen, da wird der Leerheits-Begriff essentiell und tiefgründig beschrieben", "Das Sutra XY habe ich nicht verstanden, es ist sehr subtil und verwendet viele Paradoxa" o.ä. sind da schon hilfreich um einfach mal etwas mehr über die zahlreichen Sutren zu wissen.


    Bislang weiss ich nur das es Mahayana-Sutren gibt und diese in verschiedene Kategorien (siehe oben) aufgeteilt sind. Diese Kategorien variieren je nach Literatur auch wieder.
    Was ist zB die "Blumengirlanden"-Sammlung? Gibt es hier eingängige und weniger eingängige, sehr lange und sehr kurze, populäre und unpopuläre... Sutren?
    Solche Infos können schon bei der Orientierung helfen. Fiktives Beispiel: "Ich nehme mich jetzt des populären und von allen Linien als wichtig erachteten Sutra XY über Leerheit an nachdem ich mir genügend Wissen über Leerheit durch andere Literatur angeeignet habe".. dazu muss man aber erst mal wissen das dieses Sutra XY populär, wichtig angesehen ist und Leerheit zum Thema hat.


    Sôhei: Aus genannten Gründen spielt es auch keine Rolle welche Grundlagenliteratur ich bislang gelesen habe. Ich neige auch nicht zur "Zerfransung" und werde mein Bewusstsein hinsichtlich des buddhistischen (und sonstigen) Kosmos weiterhin vielseitig, weiträumig und offen halten.


    Letztlich geht es mir darum einfach mal über die Mahayana-Sutren zu reden um etwas mehr über diese zu lernen. Ein Buch "Die Mahayana-Sutren" wäre echt klasse ;)
    Welche sind am populäresten? Welche am komplexesten? Welche am Ältesten? Welche am Neuesten? Welche besonders wichtig? Welche gut für den Einstieg ins Sutras-Fahrzeug? Welche erst nach vertiefterem Studium?...usw


    Ich habe vorab die Suchfunktion benutzt aber noch keine Diskussion vorgefunden wo das Thema mal ordentlich diskutiert wurde.
    Wie immer denke ich bei der Eröffnung solcher Threads nicht nur an mich sondern alle derzeitigen und zukünftigen LeserInnen die von den erarbeiteten Informationen profitieren können.
    Ich denke das Thema mal gründlich anzugehen kann gewinnbringend für viele sein.

    @All: Ich habe bislang nur das Herz-Sutra in verschiedensten Varianten kennen gelernt. Es wird in einer Zen-Sangha am Ende der Meditation rezitiert und in einem tib. Zentrum vor der Meditation.
    Ich will auch noch gar nicht beginnen mit dem Sutra-Pfad, da ich mich noch (und wohl auch noch länger!) im Tripitaka-Pfad befinde. Ich lese derzeit das Majjhima Nikaya.
    Allerdings bin ich auch jetzt schon interessiert am weiteren Verlauf des Pfades, d.h. am Übergang zum und Verlauf des Bodhisattva-Fahrzeuges bis hin zum Tantra-Fahrzeug.
    Während des Threads "Buddhanatur (Mahayana-Uttaratantra-Shastra)" ist klar geworden das es durchaus Werke gibt, die an bestimmter Stelle des Lehrplanes eingeordnet werden. In letzterem Fall also zB als letztes Glied des Sutra-Pfades vor Beginn des Tantra-Pfades.


    Wie bereits gesagt war ich mir selbst unsicher wie ich die Titel-Fragestellung am besten formuliere. Ich empfinde die zahlreichen Mahayana-Sutren als verwirrend. Es existieren wie erwähnt Sutren, die keine Sutren im eigentlichen Sinne sind (Plattform-Sutra) und/oder einer bestimmten Tradition zugeordnet werden. Es existieren Sutren, die sehr kurz und eingängig sind (zB Herz-Sutra) und es existieren Sutren, die extrem lang sind (zB Kegon-Sutra). Dann werden die Sutren wie oben geschildert verschiedenen Kategorien zugordnet..usw Viele Sutren wurden bis heute gar nicht ins deutsche oder wenigstens englische Übersetzt.
    Die einzelnen tib. Schulen haben ja traditionelle oder auch modernisierte Lehrpläne, daher denke ich das das Bodhisattva-Fahrzeug bestimmt auch eine zumindest weit verbreitete, allgemein übliche Struktur aufweist an der man sich beim Studium orientieren kann.


    @Sherab Yönten: Welche Sutren hast Du denn im Lehrplan gehabt?
    Sicherlich ist es am einfachsten man folgt einfach dem vorgegebenen Lehrplan. Ich möchte mich allerdings zusätzlich eigenständig vorab orientieren um auch Schriften die nicht im Lehrplan stehen lesen zu können ohne mich damit zu "verwirren".
    Ich vermute außerdem das meist die Kommentare studiert werden, bin aber selbst auch sehr interessiert an den Ursprüngen.


    Ich sagte ja gar nicht alle Mahayana-Sutren lesen zu wollen. Ich möchte aber etwas über die Mahayana-Sutren lernen und hierzu eine Art "Landkarte" im Kopf haben um einzelne Sutren besser verorten zu können.
    Wenn es um die Lehrreden des Buddha im Pali-Kanon geht kann man sich ja auch orientieren an zB der ersten Lehrrede, den letzten Lehrreden, Lehrreden an besonders edle Schüler, Lehrreden an Haushälter, Lehrreden über Dukkha, Lehrreden über die Erleuchtung...etc Das Buch "In den Worten des Buddha" von Bikkhu Bodhi bietet da zB eine gute Orientierungshilfe.
    Gibt es ein ähnliches Werk auch für die Mahayana-Sutren?


    verrückter-narr: Wie immer besten Dank für die guten Links und Infos!
    Sôhei: Auch toller Link, danke!


    P.S.: Letztlich kann der Thread auch ganz einfach als Einladung zur Diskussion rund um Mahayana-Sutren verstanden werden ;)

    Hallo liebe Buddhanaturen :)


    Ich wusste nicht wie ich den Thread-Titel wählen sollte, weil ich punkto "Mahayana-Sutren" zahlreiche Fragen habe die mir durch den Kopf geistern.
    Ich hätte gerne eine gewisse Ordnung in den zahlreichen vorhandenen Mahayana-Sutren an der ich mich orientieren kann für eine Art Leseplan.


    Im Kangyur werden die Sutren zB in die Abteilungen
    - Prajnaparamita – die transzendente, vollkommene Weisheit;
    - Avatamsaka – eine „Blumengirlande“-Sammlung zusammengehöriger Sutras;
    - Ratnakuta – die Juwelenhaufen-Klasse der Sutras;
    - diverse Sutren
    unterteilt.


    Auf der englischen Wiki-Seite "Mahayana sutras" finden sich auch Unterteilungen in u.a.
    - Bodhisattvapiṭaka - Klassifizierung von Asanga: Kollektion der Lehren für Bodhisattvas
    - Reines Land-Sutras: Zentrale Schriften des Amithaba-Buddhismus
    - Tathāgatagarbha-Klasse Sutras
    - Esoterische Sutras
    - Dritte Drehung-Sutras
    - Proto-Mahayana-Sutras
    uvm..


    Fragen, die mir durch den Kopf geistern:
    Das "Plattform-Sutra" soll wenn ich richtig verstanden habe ein reines Zen-Sutra sein. Gibt es also auch Sutren die nicht zum Vajrayana-Pfad gehören?
    Weiterhin gibt es natürlich das Problem mit zahlreichen nicht ins deutsche oder wenigstens englische übersetzten Sutren. Welche Übersetzungen exisitieren überhaupt bislang?
    Laut engl. Wiki existieren um die 100 verschiedene Sutren im chinesischen und tibetischen Kanon oder auch als Sanskrit-Schriften. Herz-Sutra, Diamant-Sutra, Lotos-Sutra kennen wohl die meisten, was ist mit den ganzen anderen Sutren?


    Und am Wichtigsten:
    Wie orientiere ich mich idealerweise im "Sutren-Dschungel" wenn ich vom Grundlagen- ins Sutren-Fahrzeug wechsele? Mit welchen Sutren fange ich an und wie geht es weiter. Welche Sutren zum Schluss?
    Immer auch im Hinterkopf dabei: Existiert überhaupt eine deutsche oder wenigstens englische Übersetzung?