Beiträge von Schroedinger im Thema „Zen-Priester unter Missbrauchsverdacht“



    Ich kann die Empörung von c.d. verstehen, nur sollte man auch sich kritisch selbst sehen und vor allem erkennen, dass man sich gerade nicht auf sich selbst verlassen kann, weil man über sich nicht die volle Kontrolle hat. Es ist aber schon auch ein Hinweis, dass das hinterherlaufen von "Meistern" oder "Lehrern" zweifelhaft ist und der wahre Meister die Übung selbst ist, also wir uns nur vom Buddhadharma führen lassen sollten, wie Kosho Uchiyama das so formuliert.
    Anders gesagt - der wahre Buddha sitzt im inneren des Hauses - der Meister ist man selbst. Insofern ist auch Genpo D. ein Meister, denn es ist ihm ja gelungen im Fach Tarnen und Täuschen zur Meisterschaft zu gelangen. Und das liegt nicht nur an ihm, sondern auch an denen, die Illusionen pflegen. Ich erinnern mich an einen Besuch zweier Zen-Meister, die sich stolz mit Genpo präsentierten. Die Fotos sind inzwischen wohl auf allen Seiten gelöscht. 8)
    Man sollte auch bedenken, dass das, was einer schreibt wohl nicht dem entsprechen muss, was einer tut - bestes Beispiel ist da Eido Shimano. Und auch die videos auf Mystika zeigen eine Seite von Genpo D., die dazu verleiten und vllt. auch sollten, ein falsches Bild zu vermitteln.


    Zitat

    Lass dich beim Studium und der Praxis des Buddhadharma nur vom Buddhadharma selbst leiten, nicht von deinen persönlichen Gefühlen oder weltlichen Ideen.
    Der Gegenstand deines Respekts muss Zazen selbst sein, denn Zazen ist dein wahrer Lehrer.
    Zazen bedeutet die Lehre „Gewinn ist Illusion, Verlust ist Erwachen“ konkret umzusetzen. Zazen muss sich in den beiden Praktiken des Gelübdes und der Reue manifestieren und durch die drei Herzen im Alltag lebendig sein: das freudige Herz, alte Herz und große Herz.


    http://antaiji.org/de/services…nts-of-practice-uchiyama/

    Axel:
    Tychiades:


    Grundsätzlich kann der Hunger nicht gestillt werden, da wir immer essen müssen und letztlich der Körper ernährt werden muss. Hunger ist ein körperlicher Zustand und alle, die da so lapidar meinen, man könne sich da einfach herausziehen, wissen wohl nicht, wie schwierig es ist von Sucht loszukommen - also sich von den drei Geistesgifte, Gier, Hass und Verblendung zu "entsüchten". Deshalb ist im Lebensrad in jedem Daseinsbereich auch ein Bodhisattva dargestellt, der Hilfe bietet. Dem Hungergeist hilft dabei die Praxis der Freigiebigkeit und Großzügigkeit, also das erste paramita.


    Ich weiß nicht, ob wir vielleicht aneinander vorbei reden, ob ich mich schlecht und unklar ausdrücke oder einfach nur falsch denke. Was Du damit meinst, wenn Du beide als 'Hungergeister' bezeichnest, habe ich, glaube ich, schon in Deinem ersten Beitrag verstanden. Ich halte das auf einer gewissen Ebene auch nicht für verkehrt: Beide suchen im Außen etwas, dass sie 'ganz' und 'komplett' machen soll, aber diese Lücke, dieses Loch lässt sich so nicht füllen, und kaum ist es gestopft, tut sich ein anderes auf. Aber ist es wirklich so, dass in dem Fall, auf den Du Dich beziehst, beiden 'Hungergeistern' mit der gleichen 'Therapie' gedient ist (also mit der Praxis der Freigiebigkeit und Großzügigkeit)? Ich weiß es nicht, ich kann meinen Finger nicht drauflegen, aber irgendwas fühlt sich da für mich 'schief' an.


    Ein Argument, was im Zusammenhang mit sexuellem Mißbrauch aufkommt, ist das Bedürfnis des/der anderen. Wie in dem Interview so schön gesagt war:

    Zitat

    "Sexuellen Missbrauch gibt es auch bei Zen-Lehrern," sagt Corinne Frottier. Sie ist Zen-Meisterin aus der Linie von Taisan Maezumi Roshi. Sie glaubt, dass Zen-Lehrer nicht per se die besseren Menschen sind. Es liege auf der Hand: Wenn ein Lehrer mit einer Schülerin sexuellen Kontakt habe, breche er damit die ethischen Regeln: "Ich meine, wenn ein Lehrer nicht mehr in der Lage ist wahrzunehmen, dass da jemand sitzt, der leidet, ja, dann hat der Lehrer ein Problem."


    Hier vermag jemand nicht zu sehen, dass genau der Lehrer, der ja das gleiche Problem hat, wie der Schüler, das sieht und zwar sehr groß, genau und deutlich sieht. Und oft wird auch das als Begründung angeführt, dass man ja gesehen, gefühlt hat, was der andere will. Das ist auch der Kontakt, das den sexuellen Mißbrauch von Kindern bestimmt, sofern sie ein entsprechendes Alter haben - sie werden als Opfer von anderen wahrgenommmen, weil sie einsam sind, leiden etc.
    Irgendwo habe ich gelesen, dass es auch um den Verstoß gegen das sila: nehmen, was einem nicht gegeben wurde, geht.


    In den Darstellungen der Hungergeister sind es gegenseitige Fütterungen, der Hungergeist kann sich nicht selbst ernähren. Sie brauchen den anderen. Am schärfsten ist so eine Beziehung in der "folie a deux" zu erkennen. Die Gier, das Haben wollen, bestimmt das Tun eines Hungergeistes und daher ist das Gegenmittel, das Geben und zwar in einem Maß, dass er mehr gibt als er nimmt, bis er immer weniger nimmt und immer mehr gibt.
    Mark Epstein hat diese sechs Daseinsbereiche des Lebensrades als buddhistisches Modell für den neurotischen Geist verwendet in seinem Buch "Thoughts Without a Thinker". Man muss dabei eben sehen, dass es sich um Handlungen und Wiederholungszwänge neurotischer Menschen handelt, die dann durch ihre Taten entweder ihren Zustand stabilisieren wollen oder dazu unfähig sind und in einem anderen Bereich auftauchen. Es kann eben dann Sinn machen, dass jemand durch seinen Aufstieg zum Leiter einer Gemeinschaft seinen Zustand stabilisert und sich daraus eben die Energie erklärt, die jemand da aufbringt. Z.B. Shimano ist so ein Fall. Und was die Kirche anbetrifft - der beste Platz für einen Wolf ist die Kanzel und die Herde, die sich um ihn schart.

    Axel:
    Tychiades:

    Useless


    Der Begriff Hungergeist findet sich in den Daseinsbereichen des buddhistischen Lebensrades.


    Sorry, aber glaubst Du wirklich, ich wüsste das nicht... :? Ich wollte bloß Deinen Gebrauch von 'Hungergeister' sozusagen vom Kopf auf die Füße stellen.


    Du hast geschrieben:

    Zitat

    Aber man sollte nicht übersehen, dass es 'Hungergeister' oben und weiter unten in der Nahrungskette sind. Nenn' mich Moralapostel, aber es gibt einen handfesten Unterschied zwischen jemandem, der sich aus Hunger für Nahrungsmittel prostituiert und zwischen dem 'Sexhungrigen' am anderen Ende, der Nahrungsmittel für Sex gibt.


    Es gibt natürlich einen Unterschied zwischen dem "Anbieter" und dem Konsumenten von Nahrungsmitteln. Mit dem Begriff des Hungergeistes ist jedoch der Umstand bezeichnet, dass der Hunger nicht gestillt werden kann und das ist hier auch das Gemeinsame. Zu deinem Beispiel der Prostitution dann, nur so viel - auch hier ist es sehr schwierig auszusteigen und zu einer "Arbeit" überzugehen. Der heutige Begriff der "Sex-Arbeit" verschleiert, dass es Handel ist.


    Grundsätzlich kann der Hunger nicht gestillt werden, da wir immer essen müssen und letztlich der Körper ernährt werden muss. Hunger ist ein körperlicher Zustand und alle, die da so lapidar meinen, man könne sich da einfach herausziehen, wissen wohl nicht, wie schwierig es ist von Sucht loszukommen - also sich von den drei Geistesgifte, Gier, Hass und Verblendung zu "entsüchten". Deshalb ist im Lebensrad in jedem Daseinsbereich auch ein Bodhisattva dargestellt, der Hilfe bietet. Dem Hungergeist hilft dabei die Praxis der Freigiebigkeit und Großzügigkeit, also das erste paramita.


    Du hast danach gefragt, wieso ich der Ansicht bin, dass Tradition immer auch ein Mißbrauch der an der Tradition Beteiligten ist. Ein schönes Beispiel ist Hermann Hesse "Das Glasperlenspiel" - der virtuose Spieler Josef Knecht, der im Orden bis ganz oben hin aufsteigt, zeigt sich am Schluss als lebensuntüchtig in der Welt. Um also eine Tradition aufzubauen und zu erhalten braucht es Menschen, die sich diesem Tun hingeben und "opfern". Da ist natürlich immer ein Stück Freiwilligkeit dabei, die sich als Neigung zeigt, aber ohne einen Verdienst, dem symbolischen Kapital z.B. dürfte das nicht lange funktionieren.

    Useless


    Der Begriff Hungergeist findet sich in den Daseinsbereichen des buddhistischen Lebensrades.

    Zitat

    Die Hungergeister leben im Reich der unbefriedigten Begierden. Sie können wegen ihres engen Schlundes nichts zu sich nehmen und leiden unter Hunger und Durst. Den Giften Habgier und Geiz setzt der rote Buddha mit dem Nektargefäß die Tugend der Freigiebigkeit und Opferbereitschaft entgegen.


    Nahrung meint hier dies:
    http://www.palikanon.de/digha/notes/d33_f66.html
    http://www.bghh.de/1983_1-3__Nyanaponika__4_Nahrungen.pdf


    Vorstellungen von Macht werden im Geist gezeugt. Außerhalb des Geistes gibt es keine Macht bzw. da ist nichts. Alles erzeugt der eigene Geist. Selbst Fakten sind "geistgezeugt". Es besteht dann offenbar ein Hunger nach diesem "Erzeugnis", sowohl auf seiten des "Schülers", als auch auf der des Lehrers. Beides stabilisiert ja die jeweilige Position.
    Wenn dann aber jemand auftaucht, der das infrage stellt und die Unsicherheit hinter der Fassade bemerkt, bzw. überhaupt bemerkt, dass das nur Fassade ist, also wenn Zweifel aufkommen, dann wird es kritisch. Aus diesem Grund sind ja diese Koan zu herrlich - da kann man nämlich nahezu jeden abprallen lassen. Das sind nämlich die Zuckerstücke auf dem Weg, die dir als Hungergeist ausgestreut werden und dann - wenn du sie alle geschluckt hast und in das Schema des Meisters passt, dann darfst du auch ihm nachfolgen. Diejenigen, die das infrage stellen, sind schon lange vorher verschwunden - übrig bleiben diese vom gleichen Charakter.
    Das lässt sich an Frau Frottee erkennen, die meint man können verschweigen, dass man Dharma-Nachfolger von Genpo Merzel ist. Bzw. Maezumi, der dreifache Linienhalter hat dem Glassmann und dieser dem Genpo Merzel das Stöckchen weiter gereicht und der letztere hat es dann an Genno Pages weitergegeben und die wiederum an Corinne Frottier, die meint, man könne einige Glieder der Traditionskette mal so unter den Tisch fallen lassen.



    In diesem Sinn - das Internet macht ja auch einiges transparent. Und wenn die Seite nicht mehr aufzurufen ist, es gibt da immer noch den cache. Wenn ich schon diese Roben sehe, die ja nichts anderes sind als Zeichen für Einbildung von Hierarchie, Macht und blablabla.

    fotost:


    Mein Ansatz aus unserer säkularen Gesellschaft (Deutschland 2017) heraus bleibt gleich

    Zitat

    Es ist unter ethischen Aspekten zuerst die Angelegenheit der Zen Gemeinde sich darüber auszulassen, ob und wie weit die besonderen Strukturen des Zen Systems mögliche Straftaten befördert haben. Die Straftat selbst ist in einem Staat wie Deutschland am Ende Sache der Gerichte.


    Das Problem ist ja die Struktur als Sekte, was man z.B. an den Zeugen Jehovas oder den Scientologen sehen kann. Sofern die Gemeinschaft das unter sich ausmacht und es nicht nach außen dringt, kann auch die Gesellschaft nichts ausrichten, auch wenn sie entsprechende Gesetze hat. Ähnliches gibt es bei der Mafia und anderen korrupten Gemeinschaften.
    Die Frage ist dann, wie stellt man Transparenz her?

    fotost:


    Ich sehe hier deutliche Parallelen zu Mißbrauchsvorwürfen gegenüber Priestern der katholischen Kirche. Für Außenstehende gibt es bei der katholischen Kirche zum Glück eine straffe Hierarchie. A) ist für B) zuständig. B) ist für C) zuständig. Zuständig in jeder Beziehung. Personalrechtlich, in Bezug auf Finanzen für Entschädigungen (falls möglich), menschlich oder auch nur in Bezug auf die buddhistische Gemeinde in Deutschland insgesamt.


    Ich empfehle dir mal "Vows of Silence" - da geht es um die straffe Hierarchie und ihre (Un)fehlbarkeit. 8)
    http://www.vowsofsilencefilm.com/

    Sind Zen-Meister besonders anfällig für Machtmissbrauch?


    Das war wohl die einzige Frage, die hier in dem link gestellt wurde.


    Und die Antwort ist natürlich banal: Menschen, die Macht haben, sind nicht nur anfällig für Mißbrauch, sondern der Gebrauch von Macht kann bereits als Mißbrauch gesehen werden. Das ist nämlich kulturell abhängig.


    Nun ist die Frage aber doch die, wieso hat einer, wie ein Zen-Meister überhaupt Macht?
    Und da fängt es bereits an - die Vorstellungen, die einer selbst hat, der in so eine Position gekommen ist, die machen was mit ihm/ihr. Die lassen sie glauben, sie würde was übertragen.


    Zitat

    Wenn ein Lehrer mit einer Schülerin sexuellen Kontakt habe, breche er damit die ethischen Regeln: "Ich meine, wenn ein Lehrer nicht mehr in der Lage ist wahrzunehmen, dass da jemand sitzt, der leidet, ja, dann hat der Lehrer ein Problem."


    Ein Problem, das er weitergebe an Schülerinnen und Schüler und damit weiteres Leid erzeuge, sagt Frottier.


    Wobei sie eben nicht sieht, dass es etwas Gemeinsames gibt, zwischen den beiden Turteltauben: sie sind Hungergeister. Und jeder, der da so ein Positiönchen hat, realisiert auch seine Hungergeist-Seite. Und die Linie, die da von dem "großen Pionier des modernen Zen, der eine einzigartige Tradition buddhistischer Übung zu einer weltweiten Bewegung gemacht hat" dem alkohol-und sexabhängigen Taizan Maezumi begründet wurde, sollte man durchaus sich genauer ansehen, wenn man so vollmundig über Autorität schwafelt. Das nennt sich Rosinenpicken - über die Jahre und Jahrhunderte, nimmt man nur noch das, was da an schönen Dingen überbleibt. Aber man muss auch klar sehen, eine Tradition - sei sie sozial oder religiös - kann sich nur aus dem Mißbrauch ihrer Mitglieder ergeben - Tradition ist also immer ein Mißbrauch der Menschen, die diese Tradition tragen. Und zwar ein wechselseitiger Mißbrauch.
    https://genjoan.net/links/

    void:

    Ich habe Sudhana so verstanden, dass buddhitische Insitutionen Lehrer mit sozialen Kapital ausstatten. Und eben dieses soziale Kapital ( Titel, Nimbus der Heiligkeit und der Weisheit ) missbraucht werden kann, um Leute zu missbrauchen.


    Ich weiß jetzt nicht, was da Sudhana unter sozialem Kapital verstehen will, aber jede Institution hat einen Ruf und seine Angehörigen haben daran teil. Wenn da also Vertrauen verspielt wird, siehe Kirche, VW, USA - dann führt das natürlich zu einer Entwertung. Man kann das mit dem Kapitalbegriff ausstatten und von sozialem Kapital reden, aber bereits bei der Institution "Geld" sieht man, dass hier nur Vertrauen vorliegen braucht, damit das funktioniert, der Geldumlauf.


    Zitat


    Und der Abbau von sakralen Brimborium wäre - weil es eine quelle unhinterfragbarer Autorität ist - in Punkto Missbrauch eine nützliche Sache.


    Das ist ja ein alter Hut - die Verehrung von Symbolen, wie Robe und Schale, hat den 6. Patriarchen ja fast an den Rand der "Verzweiflung" gebracht, als Myo in deshalb verfolgte.

    Zitat


    Was aber wenn sich herausstellt, dass sich die drei nicht signifikant unterscheiden? Und der Turnlehrerdem die Mutter vertraut genauso viel "soziales Kapital" hat, wie der Geistliche im prächtigen Ornat. Dann wäre es eben kein Grund, traditionelle Element abzubauen.


    Man muss einfach sehen, dass Menschen mit Autorität aufwachsen, sie vorfinden und dass dann der Übergang von der einen A. zur anderen nicht immer gelingt. Das ist genau das, was Übertragung bedeutet - schon in der Familie, wird da was übertragen. Da sich dann aber die Zeiten geändert haben, wird das Übertragene auch schnell sinnlos, wertlos, nutzlos.
    Bei Dogen findet sich dann eben im Genjokoan dies:

    Zitat

    Wenn ein Mensch zuerst nach der Lehre verlangt, entfernt er sich damit weit vom Ort der Lehre.
    Sobald ihm die Lehre richtig übertragen ist, ist er unverwandt ein ursprünglicher, ganzer Mensch.
    ....
    Wer die Lehre noch nicht vollkommen in Körper und Geist aufgenommen hat, meint, dass er ihr bereits genüge.
    Wenn die Lehre Körper und Geist ganz ausfüllt, dann merkt einer, dass noch etwas fehlt.


    Zitat


    Es wäre interessant, ob dieser Zusammenhang untersucht wurde.


    https://www.bpb.de/apuz/26805/…oziale-ungleichheit?p=all

    Der Unbuddhist:

    Man kann natürlich darüber streiten, wie eine Ethik zu begründen sei.


    Darüber würde ich mich nicht streiten, aber es gibt ne Menge fundierte Ausarbeitungen dazu. Spinoza wäre so eine.


    Zitat


    Das ändert aber nichts am zweiten Teil des Problems: Dass viel im Buddhismus im Westen der Schwierigkeit dieser Begründung aus dem Weg gehen, indem sie einfach voraussetzen, das Problem sei im Meister gelöst.


    Hier kommst du auf den Punkt: der Meister liefert ihnen ad personam ein Vorbild. Das kann dann zur Entlastung führen, indem man meint, man müsse sich selbst nicht anstrengen, sondern alles dem anderen überlassen. Der wiederum nimmt einem auch alles ab, weil er auch seinen Vorteil sieht. Spätestens hier müsste einem dann schon klar sein, dass das ein Selektionsprozess ist, der da läuft. Es scheiden sich die Geister.
    Aber:
    Im Erwachten ist das auch gelöst, wie es ja so heißt - im Erlösten ist Erlösung *. Bloß, der Erwachte hat auch kein Problem und keine Ethik. Nimmt man dann die Ansage Dogens - Übung ist Erleuchtung, dann sollte einem hier klar sein, dass man keinen Meister braucht, sondern dass die Übung der Meister ist. Es ist aber sinnvoll und hilfreich gemeinsam mit anderen zu üben, denn man braucht die anderen, mit ihrem ganzen Scheiss, an dem man sich hochzieht. Sonst wäre es ja stinklangweilig.


    * Die passenden Lehrreden sind z.B. MN 109 oder 147, statt erlöst heißt es dann je Übersetzer befreit.

    void:


    Ich gehe davon aus, der Unbuddhist meint den Fall, wo eine Übereinkunft etwas ist, was gegenüber den einzelnen Egoismen so eine weniger egoistische Metaebene aufspannt.


    Er meinte,

    Zitat

    Wir wissen heute, eine Ethik lässt sich nicht aus irgendwelchen objektiven Tatsachen herleiten. Z.B. in dem man Das Gute im Menschen voraussetzt. Ergo ergibt sich eine Ethik immer auf Basis von Übereinkünften.


    Wenn man das Gute im Menschen nicht voraussetzen kann, woher kommt es dann? Übereinkünfte bzw. Verträge werden mit Gleichrangigen getroffen, aber bereits hier ist das eine Annahme, die unterstellt wird. Bevor ich aber Verträge abschließe, braucht es bereits dafür eine Grundlage.
    Es ist m.E. umgekehrt: die Übereinkünfte ergeben sich auf Basis einer Ethik.
    Wenn man nun hinsichtlich der Ethik keine gemeinsame Basis hat, lassen sich Übereinkünfte nicht schließen. Es kommt zum Zerfall.

    Der Unbuddhist:


    Vielleicht sollte man es allgemeiner angehen und die Problematik folgendermaßen thematisieren: Wir wissen heute, eine Ethik lässt sich nicht aus irgendwelchen objektiven Tatsachen herleiten. Z.B. in dem man Das Gute im Menschen voraussetzt. Ergo ergibt sich eine Ethik immer auf Basis von Übereinkünften.


    Wen meinste denn mit "wir"?
    Bereits Piaget hat ein moralisches Urteil beim Kind gesehen und es gibt im Menschen eine Grundüberzeugung hinsicht dessen, was Gut und Nicht-Gut ist. Übereinkünfte sind bereits Formen der Korruption dieser subjektiv-objektiven Grundüberzeugung.

    void:
    Tychiades:


    Es geht im Dokusan um die Koan-Schulung bzw. die WEG-Schulung. Da vertraut man sich dann schon einem anderen an, aber man lässt seinen Verstand nicht vor der Tür. D.h. der Betreffende kann jederzeit den Meister anzeigen, oder erzählen, was da passiert ist.


    Aber das gilt ja auch für viele Formen der Psychotherapie z.B der Verhaltenstherapie. Auch da ist der Verstand nicht ausgeschaltet. Aber der Gesetzgeber untersagt trotzdem Sexualität.


    Ich frage mich, warum da so stark mit zweierlei Mass gemessen wird.


    Das ist eine unterliegt einer Berufsordnung, die der Staat regelt und die Leute haben einen Beratungsvertrag mit dem Psychotherpeuten. Der darf außerdem Heilen und entsprechend muss er alles unterlassen, was diesem Ziel schädlich ist, d.h. seelische Verletzungen, wie Missbrauch einer Vertrauensposition. Lies mal den Peter Rutter, Verbotene Nähe.
    Das andere - also dieser ganze Zen-Kram, Buddhismus und sonstige Religion, ist reine Privatsache von Erwachsenen und vergleichbar mit dem Umgang zwischen Freunden. Lediglich bei Kindesmissbrauch hat der Staat Einflussrechte.

    void:

    Aber ist es nicht im religiösen Bereich nicht auch so, dass man sich ziemlich öffnet (z.B beim Dokusan) , also einen entsprechenden gesetzlichen Schutz bräuchte?


    Was meinst du mit öffnen?
    Es geht im Dokusan um die Koan-Schulung bzw. die WEG-Schulung. Da vertraut man sich dann schon einem anderen an, aber man lässt seinen Verstand nicht vor der Tür. Außerdem fängt man mit dieser Art der Schulung erst nach einer Zeit der Praxis an. Wenn also ein "Meister" schnell Schüler um sich sammelt, dann ist da auch was faul.
    Der Betreffende kann außerdem jederzeit den Meister anzeigen, oder erzählen, was da passiert ist. Ich finde schon die Ansage, was da gesprochen würde, darf nicht nach außen dringen, ist schon bedenklich. Auch das Beichtgeheimnis gilt ja nicht für den Beichtenden, sondern für den Beicht"vater".


    Shunryu Suzuki hatte mal auf die Anmerkung einer Schülerin - sie habe sich in ihn verliebt - geantwortet, er habe Disziplin für zwei. Das glaube ich ihm sogar. Aber genau darum geht es, dass man weiß, was so alles auf dem WEG für Fallen zu finden sind.

    Christopher:


    Ich darf also festhalten: man kann nicht von einem zertifizierten Zen-Meister selbst nach jahrzehntelanger Koan-Training erwarten, .....


    Das einzige was du erwarten kannst, ist dass dich einer in seiner Tradition "durchgewunken" hat. Er hätte es dir ja auch schwer bis unmöglich machen können.
    Wenn du da glaubst, jetzt hättest du was und wüsstest Bescheid, dann sieht es schlecht für dich und die anderen aus, die genauso glauben.
    Darin besteht ja meine Kritik am System Rinzai.
    Warum Hozumi Genpo zum Tempelvorsteher machte und damit eine Ableger in Deutschland seiner Tradition, kann er allein beantworten. Das hat m.E. vor allem was mit Gründen zu tun, die garnichts mit der Person und dessen Zen-Verständnis zu tun haben braucht. Und mit "Erleuchtung" hat es nun schon garnichts zu tun.

    Sudhana:


    Meine persönliche Sicht: solche 'Skandale' lassen sich schlicht und einfach nicht verhindern. So lange es Institutionen gibt, werden diese nicht ausschließen können, dass sie immer wieder von dysfunktionalen Repräsentanten desavouiert werden, die ihre Position durch Mimikry erlangt haben. Die Frage ist daher weniger, wie man so etwas verhindert, als wie man damit umgeht. Dazu gehört ja auch diese Diskussion hier ...


    ()


    Zunächst sollte man schon institutionelle Veränderungen vornehmen. Es ist m.E. auffällig, dass diese Skandale im Rinzai-Zen aufkommen. Hier wird der Spitze einiges zugemutet, an Einsicht, Erleuchtung und so weiter. Daher muss man die Spitze abschaffen, damit kein "Predator" an die Spitze kommt und als Alpha-Fuchs sich unter die Hühner macht.


    Im Klosterleben hatte der Abt ja eine Funktion, die das Leben einer Gemeinschaft regelte und da kannte man sich auch, man lebte ja zusammen. Man hatte keinen Computer und leider ist es ja heute so, dass auch im Klosterleben von Benediktinern der Abt nicht die Video-Sammlung mit den Pornos durchkämmt. Das macht man heute nicht. Dafür fliegt das dann irgendwann schon auf, wenn die Polizei Hinweisen nachgeht.


    Nun sind diese Fälle des Rinzai auch alle als "Tempelleben" firmiert - und ich weiß noch, wie toll das viele fanden, dass ein Tempel, ein Ableger aus Japan, hier sich niedergelassen hat. Deshalb sollte man auch wachsam sein, bei Einrichtungen, die so einen Internatscharakter haben und man hier auch Menschen umsonst arbeiten lässt, auf freiwilliger Basis, Dana, klar. Aber wie ist es mit den Unfallversicherungen? Und dgl.
    Hier hat m.E. die DBU eine wichtige Aufgabe, das zu diskutieren.

    Doris Rasevic-Benz:

    Also, ich brauche andere. Ich kann nicht einmal alleine einen Kaffee trinken.


    Kaffe trinken kann ich schon allein. Nur herstellen, das schaffe ich nicht selbst. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es mir nicht gut bekommt, wenn ich multitasking mache und während des Kaffeetrinkens auch noch rede.

    Axel:
    Tychiades:

    (...)d.h. sei dir selbst der Freund, den du brauchst. Dann braucht man keinen Freundeskreis oder sowas.


    Deinen Beitrag habe ich so verstanden, das Du den 'Freundeskreis' eigentlich für eine ganz gute Einrichtung hälst... :?
    Im übrigen ist auch gemeinschaftliches Klettern sehr beliebt und die Bergwacht holt vermutlich mehr Solo-Kletterer aus irgendwelchen Felsspalten... :)


    Hast schon recht. Nur, sollte man sich eben beim gemeinsamen Klettern nicht auf die anderen so verlassen, dass man sich eben hängen lässt.


    Da gibt es ein schönes Sutra:

    Axel:
    Tychiades:

    Ich finde da andere Begriffe, die im Buddhismus ja ihren Ursprung haben, angemessener. Freund ist so ein Verhältnis, in dem auch der eine, dem anderen mal die Meinung sagen kann und muss.


    Eigentlich stimme ich Dir da zu. Aber wie wir beim FWBO gesehen haben, kann auch dieses Freundschaftsverhältnis verbogen und pervertiert werden. (Ich will jetzt nicht auf Triratna eindreschen, da sehe ich gerade heute auch viel Positives.)


    Man muss halt unterscheiden, ob es echt ist oder nur eine Floskel. Deshalb ist eine der grundlegenden Eigenschaften auf diesem Weg die Unterscheidung der Geister - und das Wort Buddhas - seid euch selbst eine Insel - d.h. sei dir selbst der Freund, den du brauchst. Dann braucht man keinen Freundeskreis oder sowas. Deshalb ist ja das Solo-Klettern so beliebt, weil man auch die Erfahrung machte, dass Seilschaften hinderlich sind.

    Festus:
    Doris Rasevic-Benz:

    ... Alle, alle berufen sich auf ihre Lehrer und betonen ihre eigene Unvollkommenheit und das eigene unvollkommene Verständnis des Dharma. Sie alle zeichnet Demut aus, Respekt und ein unverkrampfter und offener Umgang mit der eigenen Unvollkommenheit. Das wird immer und immer wieder angeführt. Ich erlebe selbst wie sie sich verbessern und korrigieren lassen, selbst immer wieder nachfragen, auch die "unwissenden" Schüler, wie sie ihre Grenzen zeigen, ganz ungekünstelt....


    Das sind auch meine Erfahrungen mit meinen Lehrern, trotz des strengen, japanischen Rinzai-Zen. :)


    Klar doch - Tradition ist eine eigene Form von Autorität. Und gerade die japanische Kultur lebt ja aus ihrem traditionellen Verständnis und der über Generationen erhaltenen Handwerkskünste. Das ist schön, liebenswert und leider auch nur ein Kampf gegen Vergänglichkeit. Für reiche Leute ist das was Besonderes. So ein Kobe-Rind-Steak im Burj Khalifa. Unvergesslich - und wenn du dann noch deinen Zen-Meister dazu einladen kannst, da wird er nicht nein sagen und das wird er nicht vergessen, wegen der Tradition der wechselseitigen Verpflichtung.

    Doris Rasevic-Benz:


    Ich habe den Eindruck, dass viele entweder Lehrer total ablehnen oder sich kritiklos unterwerfen.


    Das ist nur eine Medaille und macht das Problem deutlich - wenn schon Lehrer-Schüler-Verhältnis, dann geht das nur, wenn die eine Seite führt und die andere folgt. Und wenn es da zu Streit und ähnlichem kommt, dann kannst du als Schüler dir einen anderen suchen.
    Der Lehrer hat das nicht nötig, denn da sind noch eine Menge, die ihm folgen.
    So wie es ist, ist es ein asymmetrisches, hierarchisches Verhältnis und in unserer Kultur fehl am Platze. Ich finde da andere Begriffe, die im Buddhismus ja ihren Ursprung haben, angemessener. Freund ist so ein Verhältnis, in dem auch der eine, dem anderen mal die Meinung sagen kann und muss.
    Nur ist eben im japanischen Zen und speziell im Rinzai das streng hierarchisch und genau das suchen sich auch Leute aus, die sich in diesen Autoritätsmilieus wohl fühlen.
    Daher ist es in dem Fall des Zen-Priesters kein so großer Bruch, wenn er von der Polizei zum Zen kommt.


    Zitat


    Das Lehrer–Schüler-Verhältnis ist ein sehr schwieriges Thema. Leider wird zu oft gemeint, dass der Gehorsam des Schülers gegenüber dem Lehrer von Null auf Hundert geschehen muss und sich auf alle Lebensbereiche bezieht.


    Nun ja - ob von Null auf Hundert oder über einen langen Zeitraum, letztlich steht bei dir auch der Gehorsam des Schülers gegenüber dem Lehrer da. Und genau da bin ich dagegen. Kein Gehorsam - im Gegenteil - Widerspruch. Ein guter Schüler widerspricht dem Lehrer. Dauernd.

    Zitat


    Dabei steht es genau drin, wie es laufen sollte: Nach langer, langer Selbstprüfung von beiden Seiten aus. Und natürlich ist es sachbezogen, und nicht-sexuell, und betrifft nicht die Entscheidung über die Farbe des Nagellacks, und verpflichtet nicht zum Erdulden und zum Ausschalten des Verstandes. Ein guter Lehrer wird dich auf dich selbst zurückwerfen. Darin sollen wir ihm gehorchen: schonungslose Selbsterforschung, Loslassen des letzten Widerstands gegen die eignen Verleugnungen und Illusionen. Dabei kann das gute Vertrauen zu einem Lehrer hilfreich sein, er kann uns die Angst davor nehmen, in die letzten Winkel unserer Person zu blicken. Denn das erfordert allen Mut der Welt. Weil er das schon hinter sich gebracht hat, ein Stück weiter ist, kann er die Tücken der Verdrängung, der Leugnung, der Lügen erkennen und uns darauf hinweisen, und uns durch sein Sein beweisen, dass es möglich ist und hilfreich für unser Leben. Darum geht es. Das muss auch erklärt werden, wieder und wieder. Das muss immer wieder durchdiskutiert werden.


    Das ist einfach Schwärmerei, die du hier beschreibst. Ich kenne nur schlechte Lehrer, solche, die sich selbst für schlecht halten, weil sie ihre Grenzen sehen und erkennen, dass man das, worum es geht, nicht übertragen kann. Wer in die Winkel seiner selbst blicken will, sollte einen Psychotherapeuten aufsuchen. Im Buddhismus gibt es nämlich da nichts zu blicken. Die Person ist leer.

    Zitat


    Stellen wir uns nur vor, Döring hätte so einen Lehrer gehabt, einen, der ihm seine Lügen nicht durchgehen lässt … Und dass was in ihm ungelöst war, konnte man sehen.


    Der hat sich genau das ausgesucht, was ihm im jeweiligen Moment hilft - auch das jetzt, ist eine Hilfe, denn ab jetzt kann er frei und nackt auftreten - sofern er das annehmen kann. Aber genau darin liegt sein Problem - er kann seine Schwäche nicht akzeptieren, so wie er auch die Schwäche seiner Vaterfiguren nicht akzeptieren kann. Insofern ist es noch ein langer Weg.