Beiträge von xxx im Thema „Über Dharma schreiben“

    Die Zenlehre setzt sich stark mit subjektiven Erfahrungen auseinander. Ein Zenbuddhist befasst sich intensiv mit sich und seinem Geist. Dabei sollte er sich bewusst sein, oder sich dies im Laufe seiner Praxis werden, dass sein Bild der Wirklichkeit allein ein Produkt einer subjektiven, innerpsychischen Erfahrung ist. Seine Wahrheit ist letztlich seine subjektive Wahrheit, die nur er im Moment als wahr erachtet.


    [Einschub:
    Wenn Menschen miteinander kommunizieren gehen sie immer von verschiedenen Wahrheiten aus. Kommunikation klappt nur dort wo Kommunikationspartner kulturelle oder gesellschaftliche Konventionen einhalten. Andernfalls reden sie aneinander vorbei.]


    Im Zenbuddhismus wird gerne die Metapher vom Spiegel und seinem Spiegelbild (poetischer Mond spiegelt sich im Bergsee) verwendet.
    Je klarer der See desto klarer das Bild des Monds. Deshalb soll der Mönch um einen möglichst klaren Spiegel besorgt sein. Je klarer der Spiegel desto klarer das Bild.


    Hier steckt aus Sicht des Hinayana jedoch ein gravierender Fehler: Man erkennt immer nur ein Spiegelbild egal wie klar es ist, es ist nie das Original.
    Man erkennt zwar ob das Bild getrübt, unscharf oder nur schemenhaft ist aber man erkennt bei einem reinen, klaren Bild nicht, ob und in welche Richtung es möglicherweise verzerrt ist.


    Wer schon einmal auf dem Jahrmarkt in einem Spiegelsalon war, kennt diese Erfahrung: Vor dem einen Spiegel erkennt man sich klar und deutlich als klein, kurzbeinig und fett vor einem anderen Spiegrl ebenso klar und deutlich als gross, langbeinig und dünn. Welches Bild spiegelt nun die absolute Wahrheit?


    Die objektive absolute "Wirklichkeit", so eine überhaupt existiert, bleibt uns deshalb immer verborgen.
    Es ist keine rechte Ansicht zu glauben, man könne mit irgendeiner Art von Praxis einen Spiegel erschaffen, dessen Bild die absolute Wahrheit zeigt.


    Nach Paticca samuppada, wird sowohl der Spiegel wie auch das Spiegelbild im Geist erschaffen, da beide bedingt entstehen. Das Bild hängt vom Spiegel ab und der Spiegel hängt seinerseits von Bedingungen ab, die ihn z.B in die eine oder andere Richtung krümmen.


    Die Aussage 'Kein Ständer, kein Spiegel,kein Staub' bezeichnet meines Erachtens genau diese Tatsache.

    Danke Sudana deine Zeilen sind sehr aufschlussreich und erhellend.


    Es ist da nur eine Sache, die mich irritiert.


    Sudana:

    Die Manifestation des Geistgrundes ist daher auch der vollständige Weg - ob man ihm nun drei Aspekte (śīla, prajñā, samādhi) beilegt oder acht.


    Manifestieren bedeutet für mich "sich offenbaren". Wenn ich dich recht verstehe liegt dem gewöhnlichen, bewusst erfahrbaren Geist ein Geistesgrund zugrunde, der sich erst offenbaren muss um bemerkt zu werden oder um seine Wirkung zu entfalten.


    Falls dieser Geistesgrund im Verborgenen immer schon da ist, sich nicht verändert und nicht entwickelt und deshalb zwar unpersönlich aber doch unveränderlich und ewig ist, widerspricht dies meiner Ansicht von anicca und anatta.
    Irgendwie passt so ein starrer Urgrund auch nicht so recht zu paticca samuppada.


    Es ergib für mich nur Sinn, wenn man diesem "Geistesgrund" Transzendenz attestiert. Eine Art Urgrund der eigenen Seele, allen Seins, Brahma, Dao oder so.


    Hierfür bin ich zu pragmatisch eingestellt. Transzendenz ist immer gleichzeitig wahr und falsch. Deshalb enthalte ich mich möglichst allen Gedanken über Transzendenz.


    Aber ich muss zugeben, dass mich Zen aufgrund des Einflusses des Daoismus fasziniert. Besonders "Wu Wei", dessen Essenz zweifellos in deinem Zitat aus Dogens Genjokoan mitschwingt, hat es mir angetan. :)


    Was den Geist betrifft gehe ich eher von einem einfachen, primitiven Geist aus, der sich verändert und entwickelt. Seine Entwicklung ist dabei abhängig vom Weg oder Pfad den man beschreitet.

    Sudhana:

    ..... ()


    Sehe ich fast alles auch so.



    Ethik ist meiner Ansicht nach relativ, da von uns Menschen für uns Menschen erdacht. Ich glaube deshalb nicht, dass eine absolute "wahre" unwandelbare Ethik existiert. Deshalb bezeichnete ich sie als simpel.


    Ich bin der Meinung, dass jede(r) ethisch korrekt handeln soll.
    Ich glaube, dass ein verwirklichter, leidbefreiter Geist ohne Gier, Hass und Verblendung, aus sich selbst heraus, d.h. ohne Regeln und Weisungen einzuhalten, gar nicht mehr anders als ethisch korrekt handelt.

    Ich glaube nicht, dass man dies allein mit üben erreicht.


    Ich glaube, dass nur der achtfache Pfad als ganzer zu diesem Ziel führt.


    Ich glaube aber auch, dass man immer "besser" wird je länger, respektive weiter man auf diesem wandelt.


    Ich bin deshalb der Meinung, dass jeder den achtfachen Pfad ohne Abkürzung selber bis zum Ende gehen muss, will er diese endgültige Verwirklichung des Geistes selber erreichen.




    Mit der Einführung des "Bodhisattwa" im Mahayana habe ich deshalb so meine liebe Mühe:


    -Ein Bodhisattwa will angeblich den Pfad erst dann bis ans Ende gehen (Verwirklichung/Nibbana) wenn ihn alle anderen bereits gegangen sind. Das tönt nach Abkürzung, so als ob im Mahayana die Anforderungen heruntergeschraubt wurden:


    Nicht die eigene Verwirklichung ein leidbefreiter Geist ohne Gier, Hass, Verblendung zu entwickeln ist das Ziel sondern bevor man selber dies bereits erreicht hat anderen dazu zu verhelfen. Ein Bodhisattwa ist für mich deshalb nicht mehr als ein fortgeschrittener Bhikkhu.


    Das sah auch Buddha so:


    Zitat

    Cunda, daß jemand, der selbst im Schlamm versinkt, einen anderen, der im Schlamm versinkt, herausziehen sollte, ist unmöglich; daß jemand, der nicht selbst im Schlamm versinkt, einen anderen, der im Schlamm versinkt, herausziehen sollte, ist möglich. Daß jemand, der selbst unbezähmt, ungezügelt ist und nicht in Nibbāna erloschen ist, einen anderen bezähmen, zügeln, zum Erlöschen in Nibbāna führen sollte, ist unmöglich; daß jemand, der selbst bezähmt, gezügelt ist und in Nibbāna erloschen ist, einen anderen bezähmen, zügeln, zum Erlöschen in Nibbāna führen sollte, ist möglich
    http://www.palikanon.com/majjhima/zumwinkel/m008z.html


    P.s. Es spielt keine Rolle wie lange dies dauert.
    Ob ein Leben oder Tausend. Es gibt keine Abkürzung.

    Heilsame Absichten zu hegen ist gut und recht.


    Natürlich sollte jeder heilsame Absichten verfolgen, keine Frage.


    Da wir hier über Dhamma sprechen, gestatte ich mir einige Anmerkungen. Buddhadhamma geht nämlich weit über simple Ethik hinaus !


    Hier hat Buddha einst eindeutig definiert was er als ethisch heilsam und was als unheilsam erachtet:


    Zitat

    «Begehren ist unheilsam, nicht begehren ist heilsam; hassen ist unheilsam, nicht hassen ist heilsam; irren ist unheilsam, nicht irren ist heilsam. Das sind die drei unheilsamen und die drei heilsamen Arten, sich zu verhalten. Lebende Wesen töten ist unheilsam, sich des Tötens enthalten ist heilsam; nehmen, was nicht gegeben wird, ist unheilsam sich dessen enthalten ist heilsam; unzüchtig leben ist unheilsam, züchtig leben ist heilsam; lügen ist unheilsam, nicht lügen ist heilsam; verleumden ist unheilsam, nicht verleumden ist heilsam; grob reden ist unheilsam, höflich reden ist heilsam; schwatzen ist unheilsam, nicht schwatzen ist heilsam; wünschen ist unheilsam, wunschlos sein ist heilsam; Bosheit ist unheilsam, Wohlwollen ist heilsam; falsche Ansicht ist unheilsam, rechte Einsicht ist heilsam. Das sind die zehn unheilsamen und die zehn heilsamen Lebensweisen. Wenn bei einem Bhikkhu der Durst oder Lebenstrieb vernichtet und entwurzelt ist wie eine Palme, so daß er nicht wieder aufleben kann, dann ist dieser Bhikkhu ein Heiliger, der die Anwandlungen abgewehrt, das Ziel des Reinheitslebens erreicht und getan hat, was zu tun war, der die Bürde abgeworfen hat und nicht mehr wiedergeboren wird, der die Daseinsfesseln ganz zerrissen hat und durch rechtes Wissen befreit ist.»
    http://www.palikanon.com/majjhima/kurt_schmidt/m073.htm


    Nur geht es im Buddhadhamma bekanntlich nicht hauptsächlich um eine ethisch heilsame Lebensführung sondern um Verwirklichung.
    Da jede Absicht, selbst vermeintlich heilsame, letzten Endes bedingt entstanden ist, ist diese immer trügerisch.


    Wie in MN 78 müssen zur Verwirklichung alle Absichten, selbst ethische Absichten wie heilsam/unheilsam überwunden werden. Gefragt sind nicht heilsame Absichten sondern das Ziel besteht im kultivieren eines heilsamen Geisteszustands.


    Wie erreicht man dies ? Offenbar nur durch den achtfachen Pfad !


    Sherab Yönten:

    Daher nochmal die Frage an Euch: Wo genau fängt Dharma an, wo hört Dharma auf?


    Ich fürchte es fängt nirgends an und hört nirgends auf. Es war immer schon da und wird immer da sein. Es ist wie alles andere im Grunde anatta, anicca dukkha d.h. ohne eigenes Wesen, wandelbar, unvollkommen. ;)