Beiträge von Alephant im Thema „Fragen, die mich beängstigen und verwirren“

    Dann erkläre doch bitte, was Du damit meinst, dass Du keine Gedanken hast, die weiterziehen und wie das aussehen soll, wenn Gedanken sich nicht wieder auflösen. (Weiterziehen / Auflösen sind ja hier in der Bedeutung synonym gemeint). Ich finde es auch sehr unlogisch, eine Beständigkeit der Gedanken üben zu wollen, wenn doch die Phänomene und damit auch die Gedanken grundsätzlich unbeständig sind.

    Ja aber lieber kilaya. Weiterziehen und Auflösen sind doch klar verschiedene Begriffe. So wie Samsara und auch Nibbana.


    Gerade wenn man so denkt und auch so spricht (denn das eine bedingt ja das andere) "Da zieht ein Gedanke weiter", gesteht man den Gedanken ja Eigennatur zu. Die Gedanken sind im eigentlichen Sinne aber eben nicht getrennt.


    Rechte Rede als Folge der Achtsamkeit heisst auch: Klarheit der Sprache. Eben weil eine bestimmte Klarheit durch die Formulierung bedingt dem Threadersteller nicht möglich war, beschäftigte er sich mit den beschriebenen Fragen. Im Begriff "Auflösen" steckt in meinen Augen eher eine spezifische DurchDringung einer (wenn auch nur kurzeitigen) GedankenIllusion. Was etwas Aktives ist.




    :sunny:

    Ich habe das noch nie erlebt, dass ich konzentriert irgendwo saß und Gedanken "vorbeiziehen" sehen konnte, ohne anzuhaften.


    Indem Moment in dem da eine Vorstellung oder ein Gedanke ist, ist da eine Vorstellung oder ein Gedanke. Und damit ein Kontakt und ein entsprechendes Bewusstsein.


    Entweder ich erkenne die Vorstellung als solche. Oder ich bin momentan gefangen in dem Traumbild.


    Was ich verstehe: man ergreift nicht, um die Assoziationskette, also dann dem Schwelgen in Vorstellungen zu vermeiden.


    (

    doch ich ergreife sie nicht, um eine Gedankenkette zu bilden

    )


    Aber ist das nicht eine eher einfache Weisheit, die eigtl jeder kennt?


    Geht es nicht darum, sich so zu beruhigen und zu konzentrieren, dass "der Geist" nicht mehr abgelenkt ist? Was beobachtet man denn da? Eine ganze Menge doch. Nur eben distanziert und sehr ruhig und klar. Das ist es doch, was deine Metapher beschreiben soll?


    Was man in meinen Augen eher machen kann, ist den Geist zu betrachten. Wenn du das mit deiner Metapher meintest.


    Zitat

    3. DIE GEISTBETRACHTUNG

    Zitat
    Wie nun, o Mönche, weilt der Mönch beim Geist in der Betrachtung des Geistes?
    Da weiß der Mönch vom lustbehafteten Geist: <Lustbehaftet ist der Geist>; er weiß vom lustfreien Geist: <Lustfrei ist der Geist>; er weiß vom haßbehafteten Geist: <Haßbehaftet ist der Geist>; er weiß vom haßfreien Geist: <Haßfrei ist der Geist>; er weiß vom verblendeten Geist: <Verblendet ist der Geist>; er weiß vom unverblendeten Geist: <Unverblendet ist der Geist>; er weiß vom gehemmten Geist: <Gehemmt ist der Geist>; er weiß vom zerstreuten Geist: <Zerstreut ist der Geist>; er weiß vom entwickelten Geist: <Entwickelt ist der Geist>; er weiß vom unentwickelten Geist: <Unentwickelt ist der Geist>; er weiß vom übertreffbaren Geist <Übertreffbar ist der Geist>; er weiß vom unübertreffbaren Geist: <Unübertreffbar ist der Geist>; er weiß vom gesammelten Geist: <Gesammelt ist der Geist>; er weiß vom ungesammelten Geist: <Ungesammelt ist der Geist>; er weiß vom befreiten Geist: <Befreit ist der Geist>; er weiß vom unbefreiten Geist: <Unbefreit ist der Geist>.
    So weilt er nach innen beim Geist in Betrachtung des Geistes; oder er weilt nach außen beim Geist in Betrachtung des Geistes; oder er weilt nach innen und außen beim Geist in Betrachtung des Geistes. Die Dinge in ihrem Entstehen betrachtend, weilt er beim Geiste; die Dinge in ihrem Vergehen betrachtend, weilt er beim Geiste; die Dinge in ihrem Entstehen und Vergehen betrachtend, weilt er beim Geiste. <Geist ist da!> so ist seine Achtsamkeit gegenwärtig, eben nur soweit es der Erkenntnis dient, soweit es der Achtsamkeit dient. Unabhängig lebt er, und an nichts in der Welt ist er angehangen.
    So auch, o Mönche, weilt der Mönch beim Geist in Betrachtung des Geistes.

    Maha Satipatthana Sutta (D.22)


    Das, was ich tun kann, ist den Geist zu diszipliniereṇ. Das kann ich ohne Zwang, indem ich "der Beobachter am Fluss bin".


    Dazu muss man aber eben auch ersteinmal aus dem Fluss heraussteigen. Und dafür müssen manche vielleicht auch erst das schwimmen lernen, um dieses vom Ufer nicht so ganz recht getrennte Gewässer von dort in einem schönen Moment der Ruhe betrachten zu können.




    :sunny:

    Fazit: bitte keine absoluten Aussagen! Die Regeln im Anfängerbereich sagen klar aus, dass jeder aus seiner Sicht antworten kann, aber dass diese Sicht nicht gegen die anderen ausgespielt werden soll. Somit würde ab und zu ein Einschub wie "Es hat einen grossen Hintergrund, warum ... im Theravada ... die Reihenfolge die ist." der Diskussion an dieser Stelle gut tun. ;)


    Ich hatte ja geschrieben:


    Es ist also etwas, was sich entwickeln muss. Und das geht für einen Anfänger eher nicht durch die Ansage: wir lassen alle Gedanken weiterziehen.


    Offensichtlich unterliegt der ThreadErsteller ja genau diesen Schwierigkeiten. Da er ebenso die grosse Frage nach dem Ich oder dem Ego stellt, ist es ja in dem Fall klar, dass womöglich zuerst Wissen vertieft werden sollte. Eben auch durch eigene (gedankliche) Betrachtung.


    Wie soll man einen Gedanken als leer von Ich durchdringen, wenn man über anatta-Lehre kaum etwas weiß?


    Wie soll man sicherer, gefestigter loslassen können?


    ---


    Du hattest ja selber formuliert, wie man das mit den Gedanken ziehen lassen verstehen soll. Ich bin mir aber sicher, viele verstehen das nicht so. Deswegen halte ich es für richtig, nicht an dieser Stelle zu beginnen, wenn man damit beginnt, sich mit Buddhismus zu beschäftigen.


    Ich persönlich sehe keinen größeren Sinn in einer Meditationspraxis ohne ein entsprechendes Studium, ohne entsprechende tiefe gedankliche Auseinandersetzung mit den Lehrreden Buddhas. Und damit auch ohne eine genauere Betrachtung der eigenen Gedanken und Vorstellungen, und was sie für spezifische Begehrungen und (weitere) Anhaftungen sie anzeigen.





    :sunny:

    Was das "Weiterziehen lassen der Gedanken" angeht, ich kenne tibetisch-buddhistische Meditationstexte, in denen es zu Anfang wortwörtlich heisst: "Wir lassen Gedanken und Gefühle kommen und gehen, ohne sie zu beurteilen"

    Und wie gelangt man in die Lage, es überhaupt erst so tun zu können? Unter anderem durch heilsames Handeln, heilsame Rede und auch Rechte Ansicht und damit heilsame Gedanken.


    Es hat einen grossen Hintergrund, warum die Reihenfolge die ist. Und warum man nicht künstlich, ohne dass sich ein Wissen entwickelt hat, Gedanken aller Art einfach an sich vorbeiziehen lassen sollte.


    Es ist also etwas, was sich entwickeln muss. Und das geht für einen Anfänger eher nicht durch die Ansage: wir lassen alle Gedanken weiterziehen.



    :sunny:



    Es ist sogar so, dass der Buddha ausdrücklich davon gesprochen hat, dass eine Vertiefung des Wissens, und damit erst die Möglichkeit, da so gedankenfrei sitzen zu können, durch (gedanklich-betrachtende) Auseinandersetzung von Lehrinhalten gefördert werden kann und auch soll? Ebenso wird explizit davon gesprochen, dass Wissen durch eigene Einsicht, durch eigene ("gedankliche") Betrachtungen möglich sind.

    Wie schon von mir gesagt, beziehen sich meine Bedenken nur auf das "Weiterziehen lassen".

    Aber vielleicht bin ich ja de Einzige der das falsch versteht.

    Mir ging es damit ebenso. Ich habe mich gefragt, wo der Threadersteller so etwas Falsches gelesen hat. Oder ob wer etwas so weit und missverständlich formuliert.


    Diese Denkweise ist aber weit verbreitet und ich habe sie schon öfter gehört. Es gibt einige, die auch ernsthaft glauben, der Buddha hätte gesagt, man solle sich grundsätzlich keine Gedanken machen, es wäre irgendwie schädlich.




    :sunny:

    1. Die Technik der Meditation (seine Gedanken weiterziehen zu lassen ohne mit ihnen zu identifizieren) wende ich auch im Alltag an um nicht so viel zu grübeln und nicht immer in Vergangenheit oder Zukunft zu leben, sondern im Hier&Jetzt. Ich komme nur oft an einen Punkt, wo ich denke "darüber muss ich aber jetzt mal nachdenken", wie z.B. "wie ist mein morgiger Tagesablauf?" oder "habe ich im Streit vielleicht überreagiert?" oder "wie plane ich die Überraschungsparty für meine Freundin?". Nur dann denk ich wieder "bloß nicht nachdenken, lass die Gedanken weiterziehen. Da komme ich jedes Mal zu einem inneren Konflikt, der mir Kopfschmerzen macht.

    Zitat

    3. "Ihr Bhikkhus, wenn da ein Bhikkhu die Aufmerksamkeit auf ein bestimmtes Zeichen richtet, und infolge jenes Zeichens entstehen in ihm üble unheilsame Gedanken, die mit Begierde, mit Haß und mit Verblendung verbunden sind, dann sollte er die Aufmerksamkeit auf ein anderes Zeichen richten, das mit dem Heilsamen verbunden ist. Wenn er die Aufmerksamkeit auf ein anderes Zeichen, das mit dem Heilsamen verbunden ist, richtet, dann werden jegliche üble, unheilsame Gedanken, die mit Begierde, mit Haß und mit Verblendung verbunden sind, in ihm überwunden und verschwinden. Mit dem Überwinden dieser Gedanken wird sein Geist innerlich gefestigt, beruhigt, zur Einheit gebracht und konzentriert. So wie ein geschickter Zimmermann oder sein Gehilfe einen groben Pflock mit Hilfe eines feinen austreiben, entfernen und herausziehen könnte, genauso sollte ein Bhikkhu - wenn er die Aufmerksamkeit auf ein bestimmtes Zeichen richtet, und infolge jenes Zeichens in ihm üble unheilsame Gedanken entstehen, die mit Begierde, mit Haß und mit Verblendung verbunden sind - die Aufmerksamkeit auf ein anderes Zeichen richten, das mit dem Heilsamen verbunden ist. Wenn er die Aufmerksamkeit auf ein anderes Zeichen, das mit dem Heilsamen verbunden ist, richtet, dann werden jegliche üble, unheilsame Gedanken, die mit Begierde, mit Haß und mit Verblendung verbunden sind, in ihm überwunden und verschwinden. Mit dem Überwinden dieser Gedanken wird sein Geist innerlich gefestigt, beruhigt, zur Einheit gebracht und konzentriert ."


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    [3.]Unheilsame Gedanken können durch den hier empfohlenen Wechsel zu einem geeigneten Meditationsobjekt zur Ruhe gebracht werden. Hier ein paar Beispiele, was das "andere Zeichen" alles sein kann: im Falle von haßerfüllten Gedanken - die Entfaltung von Liebender Güte; im Falle von Gier in Bezug auf andere Lebewesen - Meditation über die 32 Körperteile; Gedanken an Zukünftiges - Todesbetrachtung; Neid - Entfaltung von Mitfreude; Minderwertigkeitsgefühle - Reflektion über die Geburt als Mensch etc; Niedergeschlagenheit - Reflektion über Buddha, Dhamma, Sangha, usw.

    Majjhima Nikāya 20


    2. Ich habe öfters gelesen, dass man Ziele und Wünsche nur ein Konstrukt des Egos sind und man erst wirklich glücklich sein kann, wenn man alle Ziele und Wünsche fallen lässt. Aber wenn ich mir keine Ziele setze bin ich so unmotiviert. Dann komm ich morgens gar nicht aus dem Bett und muss mich zur Arbeit und zum Sport schleppen und mache alles nur schleppend. Aber ich will mir auch keine Ziele setzen und damit mein Ego stärken.

    Eine kleine Auswahl an Zielen:


    Zitat

    4. "Und was, Freunde, ist das Unheilsame, was ist die Wurzel des Unheilsamen, was ist das Heilsame, was ist die Wurzel des Heilsamen? Töten von Lebewesen ist unheilsam; nehmen, was nicht gegeben wurde, ist unheilsam; Fehlverhalten bei Sinnesvergnügen ist unheilsam; unwahre Rede ist unheilsam; gehässige Rede ist unheilsam; der Gebrauch grober Worte ist unheilsam; Geschwätz ist unheilsam; Habgier ist unheilsam; Übelwollen ist unheilsam; falsche Ansicht ist unheilsam. Dies nennt man das Unheilsame."

    Majjhima Nikāya 9


    3. Ich habe immer viel vom "Ego" gehört. Ich habe es jedoch noch nicht ganz verstanden. Sind alle Gedanken das Ego ? Jeder Satz den ich denke oder spreche ?

    Zitat

    9. Channa Vagga

    S.35.84-85 Welken, Leer - 1-2. Palokadhamma, Suññataloka Sutta


    Der Ehrwürdige Anando begab sich zum Erhabenen, begrüßte ihn ehrfurchtsvoll und setzte sich zur Seite nieder. Zur Seite sitzend, wandte er sich also an den Erhabenen:


    " 'Welt, Welt' sagt man, o Herr. Inwiefern aber, o Herr, sagt man 'Welt'?"


    "Was da Dinge des Welkens sind, Anando, das nennt man in der Ordnung des Edlen 'Welt'. Was sind Dinge des Welkens, Anando? Die 6 Innen- und Außengebiete, die 6 Arten des Bewußtseins, die 6 Berührungen, die 18 Gefühle. Was da Dinge des Welkens sind, das wird, Anando, in der Ordnung der Edlen 'Welt' genannt".


    " 'Leer, ist die Welt, leer ist die Welt', o Herr, sagt man. Inwiefern aber wird gesagt, die Welt sei leer?"

    "Was da, Anando, leer von Ich und zum Ich Gehörigen ist, zu dem, Anando, wird gesagt: 'Leer ist die Welt'. Was aber ist leer von Ich oder zum Ich Gehörigen? Die 6 Innen- und Außengebiete, die 6 Arten des Bewußtseins, die 6 Berührungen, die 18 Gefühle. Das ist leer von Ich und zum Ich Gehörigen".

    Samyutta Nikaya 35.81-100


    Weil ohne Gedanken des Menschen wären doch alle Fortschritte in Technik, Medizin, Bildung etc. gar nicht möglich. Dann würden wir doch immer noch in der Steinzeit leben.

    Das ist das spannende am Buddhismus. Es wird schwerer, zwischen "gut & böse" zu unterscheiden.


    Willkommen im Forum!



    :sunny: