Beiträge von Doris im Thema „Mitgefühl vs Mitleid“

    Hat hier "zal" eine bestimmte Bedeutung?

    Nein. Das ist einfach das Wort. Das Verb zaliti.

    Es gibt dann nazalost. Das hat eine Vorsilbe na-, aber das bedeutet dann "leider, bedauerlicherweise" und ist ein Adverb.


    Im Russischen hat das "co-" eine Bedeutung. Aber das hat was mit Perfektiv/Imperfektiv, dieser Besonderheit des Slawischen zu tun. Ist schwer zu erklären und erschließt sich erst mit der Entwicklung des Sprachgefühls, oder auch gar nicht für Nicht-Muttersprachler.

    Das eigen offen getane Mitleid nicht thematisieren und zu üben mit Betrachten seiner Gedanken das es auch kein Thema wird im Denken.

    Das ist vielleicht eine Form wie Metta gedacht ist.

    Darum hat diese Diskussion wohl so ein Loch gerissen. Denn genau das ist es was mir nach der Nacht eingefallen ist.

    Hättest Du dein Mitleid gezeigt hättest Du auch die Belohnungen bekommen die andere bekommen haben.

    Das wäre wirklich belastend gewesen immer hinter Belohnungen für Mitleid her und das Mitleiden zeigen herumschleppen.

    Das hat doch eher was damit zu tun, dass Du Dich abgrenzen wolltest, indem Du Deine Emotionen nicht zeigtest und auf Deinen Mitmenschen hat das dann komisch gewirkt.

    Die drei russischen Worte sind nicht dasselbe und auch nicht Ableitungen.



    • сожаление Mitleid
    • жалость Mitgefühl, Mitleid

    Im Serbokroatischen gibt es:
    zalost Trauer

    zalenje Reue

    zaliti bedauern, bemitleiden, trauern, jammern, beklagen

    Natürlich sind Mitgefühl und Mitleid dasselbe.

    Oder sagen wir mal so:
    Mitgefühl ist neutral. Das kann sowohl Leiden als auch Freude beinhalten.

    Mitleid ist ein Teil davon, nämlich wenn das Gefühl des Leidens geteilt wird.


    Mitleiden ist, wenn man das Leid direkt mitempfinden kann.

    Manchmal geht das nicht. Weil man schlicht nicht verstehen und nachvollziehen kann, warum der Andere gerade diese Leiden empfindet. Ist z.B. so, wenn man noch nicht erlebt hat, dass einem das Kind wegstirbt. Dann hat man aber eine Erinnerung an Leiden, das man selber hatte und kann darauf auf das Leiden des Anderen schließen. Da ist aber mehr oder weniger viel Distanz dabei. Kann sogar fast völlig emotionslos sein. Kann aber auch sein, dass man merkt, dem anderen geht es schlecht und da wir im Hirn so was wie Spiegelneuronen haben, wir soziale Wesen sind, löst das spontan Solidarität aus (Hinwendung, Berührung, Trost, Schutz … ist alles Instinkt). Auch da ist ein Mitleiden dabei, denn das löst die Reaktion aus.


    Was hier so als Unterscheidung zum Mitgefühl läuft, da steckt die Diffamierung von Mitleid und starken Emotionen drin. So heftige Gefühle können überwältigen und Angst machen.

    Wenn jemand Trauer erfährt, dann macht das den Umstehenden Angst, weil sie ihrer Hilflosigkeit und Ohnmacht gewahr werden. Dann tut man halt auf cool, um sich das vom Leib zu halten. Dabei wird gerne der Dharma als Argumentationshilfe aus der Kiste hervorgekramt.

    Das ist ein Ego-Ding. Die einen reagieren auf Verdrängung durch Rationalisierung, die anderen durch blinden Aktionismus, und andere mit Wut und Depression. Immer ist der Zweck das Gefühl los zu werden. Man ist auch nicht wirklich ehrlich, weil man so tut, als ob man es dem Anderen leichter machen möchte, dabei geht es nur um das eigene Unbehagen. Deshalb kommt das nicht gut rüber.

    Hier fehlt auch das Vertrauen in die Selbstheilungskräfte im Menschen, auf das Wunder Leben an sich. Es geht um Kontrolle. Da herrscht die Vorstellung, dass Leiden nicht sein darf.


    Aber wenn man dieses Mitleid zulässt, den Schmerz, die Ohnmacht, wenn man sich dem stellt, dann findet man einen Weg. Man kann das mit dem Leidenden teilen. Dann ist da auch kein Ego mehr, das sich bedroht fühlt und was loshaben will. Auch hier geht es um einen selbst, aber als Wir. Dann teilt man einfach. Das ist ehrlich, weil da das eigene Unbehagen stehen gelassen werde kann und der Andere nicht dazu missbraucht wird, dieses loszuwerden. Hier wird vertraut und Leiden wird Teil des Lebens betrachtet.

    Ich habe schon lange den Eindruck, dass Mitleid verunglimpft wird.

    Was bedeutet das eigentlich? Dass Menschen das Leid eines anderen mitempfinden können.

    Ich betrachte diese Fähigkeit aber als äußerst wichtig. Es führt zum Verstehen.

    Wer weiß, wie sich etwas anfühlt, der weiß auch besser, was zu tun ist. Das ist auch der Grund, warum es Selbsthilfegruppen gibt: Dort leiden die Anderen ebenfalls an derselben Sache und deshalb verstehen sie einander.

    Fü mich ist daher die Fähigkeit in das Leiden des Anderen eintauchen zu können, eine Quelle des Miteinander, des Verstehens und des Begleitens.


    Ungünstig wird Mitleid dann, wenn Ungeduld hinzukommt, wenn das Bedürfnis "Ich mach was, und dann muss der Andere sich ändern und alles wird gut" hinzukommt. Also wenn das emotionale Engagement auf ein Ziel verengt wird. Man ist dann eigentlich auf sich selbst konzentriert. Der Helfer will eigentlich nur das unangenehme Gefühl loswerden, das das Leid des Anderen bei ihm verursacht, die Ohnmacht besiegen. Es geht um Selbstbezug und Selbstbelohnung. Der Andere, der Leidende ist in weiten Teilen nur noch Mittel zum Zweck. Und weil jeder sein eigenes Tempo hat, seine eigene Geschichte und alles nicht so schnell geht oder sogar gar nicht, ist der Helfer dann frustriert.
    Diese "Lösungsorientierung", funktionelle Ausrichtung kann zu großen Ohnmachtsgefühlen führen, die eigene Unzulänglichkeit bestätigen, Komplexe bekräftigen. Natürlich überfordert das die Menschen, denn es gibt eben keine Magie, die einem dabei hilft die Probleme anderer zu lösen. Das macht dann wiederum wütend. Das kann dann zu Depressionen führen. Man muss sich also vom Bild des "Wegzauberers" verabschieden.


    Ich sehe also die Ungeduld als das Problem. Ungeduld gegenüber dem Problem, das die Leiden verursacht, gegenüber dem Leidenden und gegenüber sich selbst.