Mitgefühl vs Mitleid

  • Also wenn es einem mal so richtig dreckig geht und jemand hat Mitleid oder Mitgefühl und hilft einem, dann lernt man den Wert kennen, den das hat und lässt es in Verbundenheit mit allen Wesen auch anderen zukommen.

    Wenn ich mit jemanden der leidet mit gelitten habe hat es weder mir noch ihm geholfen. Wenn ich mit fühlend war wurde leidend sein vermindert. Ich hab das meist soweit getrieben bis wir lachen konnten. Bis zum mitfreuen Mitfühlen ermöglicht dem Leidenden einen eigenen Weg zu erkunden sein Leiden zu vermindern.

  • Ich persönlich habe mich durch das Gefühl des Mitleids noch immer angespornt gefühlt, die Ursache des mitgefühlten Leidens zu beseitigen oder wenigstens zu helfen, es erträglich zu machen.


    Entgegen einiger hier vorgebrachter Meinungen ist das auch der ursprüngliche Sinn des Mitleids in der westlichen Kultur: Achill händigt aus Mitleid Priamos die Leiche Hektors aus und Augustinus schreibt: 'Was aber ist Mitleid anderes als als das Mitempfinden fremden Elends in unserem Herzen, durch das wir jedenfalls angetrieben werden, zu helfen, soweit wir können.'


    Es wäre für Buddhisten im Westen meines Erachtens nach sinnvoller, darauf hinzuweisen, dass 'Mitleid' in der westlichen Tradition immer auch ein Aufruf zur tätigen Hilfe war (und nicht nur ein wolkiges Gefühl), als philologische Debatten zu führen, die den Leidenden (berechtigterweise) am A.... vorbeigehen...

  • Da die Posts hier in zwei Gruppen zerfallen: Offensichtlich nicht. Mitleid/Mitgefühl scheint ja tatsächlich in verschiedenen Regionen/Familien/WasAuchImmer als Begriff verschieden besetzt zu sein. Ich "fürchte", das müssen wir einfach hinnehmen.


    Auch wenn mein Link von oben das objektiv und richtig beschreibt! ;) 8) :)

    Mitleid oder Mitgefühl? Ein entscheidender Unterschied… – Prozesspsychologen


    Liebe Grüße und einen schönen Abend, Aravind.

    Einmal editiert, zuletzt von Spock ()

  • Lieber Aravind,


    Ich denke, das Problem (wie es in Deinem link dargestellt wird) liegt eher daran, dass aus Helfen ein 'Beruf' gemacht wird: Aus acht Stunden Arbeit wird irgendwas 'nach Hause mitgenommen' - in das verklärte Reich unserer 'Privatheit' (ich arbeite selbst in einem 'helfenden' Beruf, wo man uns immer die wohlfeilen Ratschläge gibt, das nicht zu tun). Es gibt kein richtiges Leben im falschen und bestimmt nicht dadurch, dass man ums empfiehlt zwischen Mitleid und Mitgefühl zu unterscheiden.

  • Hallo Nuovo,


    finde ich eine falsche Entscheidung, das zu trennen (Gründe für meinen Dissens gerne per privat), aber wenn Du es trennst, verschiebe bitte 34 im ursprünglichen thread auch in den neuen, sonst macht was ich geschrieben habe keinen Sinn.

    Danke.


  • Das verstehe und respektiere ich (auch, wenn ich anderer Meinung bin), aber ohne 34 macht meine Argumentation wenig Sinn...

  • Ich wollte es trennen, da es eine persönliche Anfängerfrage war und ich fand es wurde dann einfach zu lang. :?

    Ich finde zwar wichtig, den Begriff zu klären, aber nicht zu viel in dem Thread, deswegen habe ich auch nicht alles abgetrennt und auch den Link dazugefügt. Hier kann über den Begriff weiter diskutiert werden und im anderen Thread geht die persönliche Frage nicht verloren.

  • Mitleid assoziere ich eher mit einer spontanen Regung, während mir Mitgefühl auch eine Gesinnung umfasst. Mitleid kann unterscheiden zwischen dem der es wert ist, etwa ein nahestehender Mensch und dem der es nicht verdiene, etwa ein Feind. Mitgefühl unterscheidet dagegen nicht und richtet sich an alle Wesen, wie es im Gleichnis von der Säge zum Ausdruck kommt.

  • Wie ich am Beispiel Achill/Priamos/Hektor dargelegt habe, ist das nicht die im westlichen Kulturraum verankerte Definition von 'Mitleid'.

    Naja ich sehe das nicht als allgemeinverbindliche Definition von Mitleid, wenn es auch ein weiterführendes Ideal ist. Man sagt eben auch "mit diesem und jenem habe ich kein Mitleid", während Mitgefühl im buddhistischen Sinn bzw. als Brahmavihara eben nie begrenzt ist.

  • Ich habe jahrelang, weil ich anderen Menschen helfen wollte, oder zumindest dachte das ich das tue Mitleid geübt. Irgendwann habe ich aber gemerkt dass das mich und die andere Person tendenziell eher runter zieht und nichts bringt


    Für mich bedeutet MitGefühl das ich fühle und nachvollziehen kann wie es der anderen Person geht und warum sie gerade leidet aber ich bleibe bei mir und bin mir bewusst , dass die Verantwortung alleine bei der anderen Person liegt oder den äußeren Umständen die Person betreffen.


    ich kann zwar helfen aber ich kann nicht die Verantwortung für dessen Leben übernehmen.

    Seitddem ich MitGefühl Statt Mitleid übe ist das für mich sehr befreiend, denn ich kann helfen, aber ich muss selber nicht leiden und behalte meine Energie und muss mich nicht ohnmächtig fühlen.

  • Ja, Mitleid zieht ganz furchtbar runter. Da sollte man besser bei sich bleiben, das ist sicher sehr befreiend. Selber nicht leiden zu müssen, seine Energie behalten und sich nicht ohnmächtig zu fühlen... Muss wohl dieser Wohlfühl-Buddhismus von Batchelor sein...

  • Die Brahmavihara - Übung, ist in Verbundenheit mit allen, mit einem von MItgefühl (Karuna) erfüllten Geist die ganze Welt durchstrahlen. Wäre der Geist dabei von all den Leiden erfüllt, wäre es schwerlich auszuhalten.

    Wenn jemand leidet weil ich leide, bestätigt das mein Leid und ein Gefühl der Ausweglosigkeit. Aufrichten kann ich mich bei jemandem der selber nicht leidet, aber dennoch Mitgefühl hat so dass ihm mein Leid nicht gleichgültig ist.


    Also ich versuche mir grade über diese Unterschiede klarer zu werden, es ist kein fixierter Standpunkt.

  • Ich habe schon lange den Eindruck, dass Mitleid verunglimpft wird.

    Was bedeutet das eigentlich? Dass Menschen das Leid eines anderen mitempfinden können.

    Ich betrachte diese Fähigkeit aber als äußerst wichtig. Es führt zum Verstehen.

    Wer weiß, wie sich etwas anfühlt, der weiß auch besser, was zu tun ist. Das ist auch der Grund, warum es Selbsthilfegruppen gibt: Dort leiden die Anderen ebenfalls an derselben Sache und deshalb verstehen sie einander.

    Fü mich ist daher die Fähigkeit in das Leiden des Anderen eintauchen zu können, eine Quelle des Miteinander, des Verstehens und des Begleitens.


    Ungünstig wird Mitleid dann, wenn Ungeduld hinzukommt, wenn das Bedürfnis "Ich mach was, und dann muss der Andere sich ändern und alles wird gut" hinzukommt. Also wenn das emotionale Engagement auf ein Ziel verengt wird. Man ist dann eigentlich auf sich selbst konzentriert. Der Helfer will eigentlich nur das unangenehme Gefühl loswerden, das das Leid des Anderen bei ihm verursacht, die Ohnmacht besiegen. Es geht um Selbstbezug und Selbstbelohnung. Der Andere, der Leidende ist in weiten Teilen nur noch Mittel zum Zweck. Und weil jeder sein eigenes Tempo hat, seine eigene Geschichte und alles nicht so schnell geht oder sogar gar nicht, ist der Helfer dann frustriert.
    Diese "Lösungsorientierung", funktionelle Ausrichtung kann zu großen Ohnmachtsgefühlen führen, die eigene Unzulänglichkeit bestätigen, Komplexe bekräftigen. Natürlich überfordert das die Menschen, denn es gibt eben keine Magie, die einem dabei hilft die Probleme anderer zu lösen. Das macht dann wiederum wütend. Das kann dann zu Depressionen führen. Man muss sich also vom Bild des "Wegzauberers" verabschieden.


    Ich sehe also die Ungeduld als das Problem. Ungeduld gegenüber dem Problem, das die Leiden verursacht, gegenüber dem Leidenden und gegenüber sich selbst.

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • Was bedeutet das eigentlich? Dass Menschen das Leid eines anderen mitempfinden können.

    Das würde ich wiederum als Mitgefühl bezeichnen. ;)


    Das mit der Ungeduld spielt bei mir auch eine wichtige Rolle. Das ist in der Regel ja sogar übergriffig. Ich versuche, den anderen zu retten, und wehe das klappt nicht, oder er/sie wehrt sich!

    "Unterstützung anbieten" statt "retten" hilft; ist aber ein ständiger Prozess bei mir, Situationen zu erkennen, in denen ich retten will, und das durch achtsames Mitgefühl und Unterstützung zu ersetzen. Dabei lerne ich auch jede Menge über meine alten Geschichten...


    Liebe Grüße,

    Aravind.

  • Mitempfinden ist nicht mit-leiden. Empathie ist nicht Mitleiden. Mitempfinden ist aus eigener Erfahrung ein Empfinden nachzuvollziehen ohne zu glauben das ich wirklich das empfinde das ich mitempfinde.

  • Die Brahmavihara - Übung, ist in Verbundenheit mit allen, mit einem von MItgefühl (Karuna) erfüllten Geist die ganze Welt durchstrahlen. Wäre der Geist dabei von all den Leiden erfüllt, wäre es schwerlich auszuhalten.

    Wenn jemand leidet weil ich leide, bestätigt das mein Leid und ein Gefühl der Ausweglosigkeit. Aufrichten kann ich mich bei jemandem der selber nicht leidet, aber dennoch Mitgefühl hat so dass ihm mein Leid nicht gleichgültig ist.


    Also ich versuche mir grade über diese Unterschiede klarer zu werden, es ist kein fixierter Standpunkt.

    Ich glaube im tib. Buddhismus ist es so, dass man das Leid einatmet, aber Metta wieder ausatmet.

    Bei Buddha hab ich mal gelesen das er rät Metta einzuatmen und Metta auszuatmen. Hat mir sehr geholfen. Das scheinbar tibetische setzt schon voraus das ich mir einbilde durch meinen Wandlungsapparat das Leid in mit wandeln muss um Metta zu erzeugen. Ich muss mich belasten um befreit zu werden.

  • Sehe grade dass du recht hast, im Gleichnis von der Säge steht Metta, nicht Karuna. Insofern ist dieses Sutta hier nicht so ganz passend, obwohl ich da schon einen Zusammenhang vermute.


    Zwischen Mitleid und MItgefühl (Karuna) sehe ich den Unterschied, dass MItgefühl eine umfassende Gesinnung ist. Die Entscheidung, allen Wesen Mitgefühl entgegenzubringen, wenn sie leiden, liegt meines Erachtens im Wesen der Brahmaviharas begründet. Karuna kann in deren Sinn nichts anderes meinen als allumfassendes Mitgefühl, während Mitleid nicht unbedingt alle Wesen umfassen muss.


    Metta beinhaltet nach meiner vorläufigen Überlegung auch Karuna und Mudita, weil liebende Güte eben auch mitfühlt bei Freude und Leid anderer. Upekkha scheint mir für Metta auch eine Rolle zu spielen, indem zumindest ein Aspekt von Gleichmut die Nachsicht ist, die man anderen entgegenbringen kann, wenn sie einen verletzen - ein wohlwollender Geist lässt sich dabei nicht zu Aggression hinreißen.

    Die Übung von Metta, gesondert von den übrigen Brahmaviharas, betrifft das grundsätzliche Wohlwollen, dass erst im Fall von Leid, Freude oder Angriff die entsprechenden Reaktionen hervorbringt.


    Für Matthieu Ricard war es viellicht schrecklich weil er mitgelitten hat, anstatt Metta zu üben bzw Karuna, wo wiederum ein Unterschied zwischen Mitleid und Mitgefühl wäre.

    Übrigens mag Upekkha auch bedeuten, selber nicht anders berührt zu sein von Leid als durch MItgefühl eines reinen, von Kilesa freien Geistes, was aber keine Verminderung an Hilfsbereitschaft bedeutet. So hat der Buddha sein Leben damit verbracht das Leid anderer zu beenden, er wird aber wohl nicht selber darunter gelitten haben.


    Hatte einen anstrengenden Tag heute und weiß nicht wie klar ich das jetzt sehen und ausdrücken konnte und bezüglich Abhidhamma fällt mir jetzt auch nichts mehr ein.

  • Hallo Mukti,


    verstehe ich dich richtig, dir geht es nicht darum Mitleid auszuschliessen, weil ja da das Wort "Leid" drinne steckt, aber du findest den Begriff Mitgefühl noch umfassender?


    Dieses Mitgefühl bezieht sich in den Texten ausschliesslich auf Leidvolles, warum sollte es sich dann nicht genau darauf beziehen?


    VisM 9.2 Entfaltung des Mitleids

    Zitat

    A.X.77 Der Rabe - 7. Kāka Sutta


    Zehn schlechte Eigenschaften, ihr Mönche, besitzt der Rabe. Welche zehn? Er ist ein Schädling, ist dreist, argwöhnisch, gefräßig, grausam, ohne Mitleid, ein Schwächling, ein Schreier, unachtsam, ein Aufspeicherer.


    Ebenso auch, ihr Mönche, besitzt der böse Mensch zehn schlechte Eigenschaften. Welche zehn? Er ist ein Schädling, ist dreist, argwöhnisch, gefräßig, grausam, ohne Mitleid, ein Schwächling, ein Schreier, unachtsam, ein Aufspeicherer.

    pk AN 10.77 Der Rabe


    An alle:


    Insofern Interesse an dem Begriff besteht, würde ich darum bitte dass man das nochmal selber recheriert in welchem Kontext genau dieses Wort benutzt wird und zu welchem Zweck und vllt auch noch mal, wie dieses Wort in Sanskrit benutzt wird.


    Es geht dort in meinen Augen um Menschen, die vor allem hartherzig sind, dh. das Leiden nicht nachempfinden können, weil der Zugang verstopft ist. Auch das kann man in den Sutten überprüfen.


    Ich bin jetzt mal raus aus dem Thread, da ich real was tun muss.


    Viele Grüsse

  • Mein Ego beurteilt den Raben mit den Begriffen die ich auch für Menschen verwende. Ein Wahrhaft Verblendeter!

    Soll ich jetzt Mitgefühl zeigen mit dem Verblendeten, den Buddha beschreibt oder soll ich mich mit dessen Beurteilung indentifizieren und mit leiden mit dem Verblendeten?

    2 Mal editiert, zuletzt von Noreply ()

  • Hallo Mukti,


    verstehe ich dich richtig, dir geht es nicht darum Mitleid auszuschliessen, weil ja da das Wort "Leid" drinne steckt, aber du findest den Begriff Mitgefühl noch umfassender?


    Dieses Mitgefühl bezieht sich in den Texten ausschliesslich auf Leidvolles, warum sollte es sich dann nicht genau darauf beziehen?

    Klar,Mitgefühl und Mitleid beziehen sich auf Leidvolles, Der Begriff Mitleid wird nicht immer im allumfassenden Sinn verwendet, Karuna

    bezieht sich auf alle Wesen.