Beiträge von Kaffeebohne im Thema „Nicht-Ich und Wiedergeburt“

    Willensfreiheit ist aus meiner Sicht notwendig, weil Du sonst ja keine Wahlfreiheit hast, ob Du Afd oder Grüne wählst, weil Du aufgrund der Umstände sowieso diese eine Partei wählst, die Du wählst. Du weiß nur nicht, dass Du keine Wahl hattest.


    Aber Dein Schopenhauer-Zitat bringt es eh auf den Punkt :)

    Da ist glaube ich wirklich wichtig, die Begriffe genauer zu definieren. Also was verstehst Du unter freier Wille? Habe ich die Wahl, ob ich heilsam oder unheilsam handle? Hab ich eine Wahl, ob ich bei einer Beleidigung zurückbrülle oder mich zurückhalte?


    So wie ich die Lehre verstehe, haben wir diese Wahl. Für mich gehen freier Wille und Wahlfreiheit Hand in Hand bzw. habe ich ohne freien Willen keine Wahlfreiheit.


    Im Alltag ist es egal, ich verhalte mich, als hätte ich freien Willen. Ob es denn so ist - keine Ahnung.

    Bestreit ich alles nicht. Es geht auch nicht darum, dass ich damit argumentieren will. Ich fasse nochmal zusammen:


    Während einige Zeit viele Wissenschaftler sehr deterministisch argumentierten und in der Wissenschaft als Resultat dieser Ansicht ein freier Wille verneint wurde, haben Erkenntnisse der Quantenphysik diese streng deterministische Sicht nach heutigem Stand des Wissens in Frage gestellt. Daher gibt es auch wieder mehr Wissenschaftler, die einen freien Willen für möglich halten. Nichts Genaues weiß man nicht, außer die Erleuchteten, aber die schreiben selten Artikel auf den Wissenschaftsseiten, die ich lese, weil sie einfach genug formulieren, dass ich den Inhalt kapiere. Ob sich Kant, Herr Nagar... und Quantenphysiker widersprechen oder nicht kann ich nicht beurteilen.


    Im persönlichen Alltag tangiert's mich auch nicht weiter, weil ich tatsächlich MN63 gelesen habe und mich bei all diesen Sachen an den Tipp Buddhas halte, einfach mal zu praktizieren und diese letzten Fragen für sich stehen zu lassen.

    Dass man entdeckt hat, dass es tatsächlich zufällige Vorgänge gibt, die nicht determiniert sind, hat diese Haltung unmöglich gemacht.

    Aber diese angenommene, vermutete Entdeckung tatsächlich zufälliger Vorgänge ist doch bisher nur im Quantenbereich passiert.

    Um dieses als Vermutung auf den Willen des Menschen und der Tiere zu übertragen, müsste man doch - um wissenschaftlich zu sein - wenigsten eine experimental gesicherte Verbindung nennen können, dass die Quanten in den Atomen des tierischen Körpers etwas mit dem Willensentscheidungen zu tun haben.

    Wenn diese Verbindung noch nicht entdeckt ist, dann ist es keine wissenschaftliche These sondern pure Spekulation.

    Nochmal: Diese Quantenvorgänge sagen GAR nichts über den Willen von Lebewesen aus. Es hat nur gezeigt, dass es im Universum Vorgänge gibt, die eben nicht determiniert sind. Dadurch war die bisher oft vertretene Meinung: ALLES ist determiniert und daher KANN es gar keinen freien Willen geben widerlegt.


    Ob's nun einen freien Willen gibt sagt es natürlich nicht. Hat damit nichts zu tun. Aber es entkräftet halt das bisherige Hauptargument gegen die Möglichkeit eines freien Willens.

    Schon, aber wenn es "echten Zufall" gibt, ist der Determinismus am Ende. Und dann heißt es auch bei der Frage nach einem freien Willen zurück zum Start.


    Kannst du mal allgemeinverständlich erklären was der angenommene "echte Zufall" im Quantenbereich mit dem Willen zu tun hat?

    Dass viele Wissenschafter einen freien Willen für unmöglich gehalten haben, weil eben alles irgendwelche Ursachen hat. Also determiniert ist. Dass man entdeckt hat, dass es tatsächlich zufällige Vorgänge gibt, die nicht determiniert sind, hat diese Haltung unmöglich gemacht. Damit kann auch ein freier Wille nicht ausgeschlossen werden.

    Es ist also kein Beleg FÜR einen freien Willen, sondern ein Argument gegen die bisherige Meinung.

    Und würde diese auch nur von "determiniert" nach "zufällig" verschieben ... beides keine Entscheidung eines Willens.

    Schon, aber wenn es "echten Zufall" gibt, ist der Determinismus am Ende. Und dann heißt es auch bei der Frage nach einem freien Willen zurück zum Start.

    Soweit mir bekannt, wurde in der Wissenschaft der freie Wille beinahe schon ad acta gelegt, erlebt aber ein Revivial. Zumindest als Möglichkeit. Seit man bemerkt hat, dass auf subatomarer Ebene der deterministische Ansatz nicht funktioniert. Quanteneffekte sind - soweit mein SEHR rudimentäres Verständnis - zwar mittels Wahrscheinlichkeiten extrem gut vorhersagbar und nutzbar, aber im konkreten Quantum absolut zufällig und eben nicht vorhersagbar. Was den absoluten Determinismus aushebelt. Man korrigiere mich gern :)


    Praktisch und auf mich bezogen, halte ich mich an das, was der Buddha über eine Belohnung/Bestrafung nach dem Tod gesagt hat, frei ausgedrückt von mir, die Sutra weiß ich nicht auswendig: Wenn Du nicht daran glaubst, ist es ok. Es ist aber hilfreich für die Praxis, Dich so zu verhalten, als gäbe es das. Weil man dann eher bereit ist, das zu tun, was weise Menschen edles Verhalten nennen, also auf deutsch die Sila einzuhalten.


    In meinen zögerlichen Versuchen, den Weg Buddhas zu gehen, erkenne ich im Kleinen andauernd, wie heilsam das ist. Und wie unheilsam jede Abweichung. Das stärkt dann doch mein Vertrauen, dass - sollte es mir gelingen, ich in diesen komplexen Fragen klarer sehe.


    Wobei mir ein Gedicht aus dem 19. Jhdt einfällt, wo der Verbrecher sagt, er kann nix dafür, er hat ja keinen freien Willen und deshalb stehelen müssen, woraufhin die Justiz zustimmt und sagt, sie könne auch nix dafür, habe keinen freien Willen und müsse ihn daher in den Knast schicken :D

    Tja, mein Lieber, das kommt davon, dass Du an der Illusion, ein dauerhaftes ICH zu besitzen, anhaftest. Damit bist Du nicht allein - ich zum Beispiel würde sehr gern weiterexistieren :D


    Tatsächlich finde ich aber, wenn ich meditiere oder nachdenke, nichts, von dem ich sagen könnte: das ist dauerhaft oder da sitzt so ein echtes, unveränderliches Selbst. Ich kann dem Buddha also nicht widersprechen :)


    Wofür allerdings die Lehre notwendig wäre, wenn eine Kugel in den Kopf mein Leiden endgültig vernichtet oder wofür man in diesem Fall im Moment des Sterbens noch praktizieren sollte erschließt sich mir aber ebensowenig. Ich vermute, das sind die "Widersprüche", die auch Du meinst. Bekannte Praktizierende wie die von mir hochgeschätzte Ayya Khema sprechen auch ganz selbstverständlich von "in diesem Leben", "im nächsten Leben"...


    Insofern glaube ich nicht, dass der Buddha seine Lehre nur im Sinne der säkularen Buddhisten meinte, die unter Wiedergeburt das Entstehen neuen Bewusstseins aufgrund eines neuen Sinneseindruckes verstehen.


    Aber da hilft wohl nur weiterpraktizieren. :) Mal gucken, was am Ende des Tages rauskommt...

    Ja, Du hast einen Geist. Aber dieser Geist ist eben nicht unveränderlich, sondern an Bedingungen geknüpft, also verursacht :) Endet ein Ton, hörst Du ihn nicht mehr, no na net. Stirbst Du, sind die Bedingungen für die Aufrechterhaltung Deiner Sinneswahrnehmungen erloschen - und damit auch Dein Geist.

    So zumindest habe ich es verstanden.

    Das ist gut ... verstehe ich ... aber "du hast einen Geist" setzt natürlich wieder jemanden voraus, der ihn hat :)

    Aber selbst wenn ich Geist nicht habe, sondern bin ... was schließe ich daraus? Dann wäre ich ja irgendwie auch ein willenloses Geschöpf, völlig abhängig von den äußeren Umständen ...

    Wie Spock sagt - wir müssen uns zur Kommunikation natürlich der Sprache mit all ihren Unzulänglichkeiten bedienen :)


    Ich, du etc. meint hier: das Phänomen, das sich aus Milliarden Zellen zusammensetzt, und das Sinneseindrücke in einem Gehirn verarbeitet und dabei ständig Bewusstsein entwickelt, das auch sofort wieder vergeht, wenn die Bedingungen seines Entstehens wieder verschwinden.


    Das ist aber recht umständlich. Nennen wir es lieber: du. :)


    Für mich (also für das Phänomen, das sich...blabla...und im Forum unter Cfant rummurkst) ist das "ich", als das wir uns wahrnehmen, eine Art Bezugssystem, damit das Gehirn die empfangenen Sinneseindrücke sortieren kann.


    Will meinen: ein einfacher Organismus, der bei Licht flieht und bei Dunkel sich wohlfühlt, braucht kein ICH-empfinden. Lichtreiz -> Fluchtreflex.

    Der Mensch als hochsoziales Wesen verarbeitet sehr viel mehr Informationen in viel mehr Bereichen. Sozialer Austausch ist nicht mehr einfach über Reflexe regelbar, nicht mal über Triebe. Da wird ein ICH-empfinden sehr wertvoll.

    Und schwupps - haben wir eines entwickelt :) Wie viele andere höheren Tiere auch (nicht als Wertung gemeint, sondern vom evolutionsgeschichtlichen Entwicklungsgrad her).

    Ja, Du hast einen Geist. Aber dieser Geist ist eben nicht unveränderlich, sondern an Bedingungen geknüpft, also verursacht :) Endet ein Ton, hörst Du ihn nicht mehr, no na net. Stirbst Du, sind die Bedingungen für die Aufrechterhaltung Deiner Sinneswahrnehmungen erloschen - und damit auch Dein Geist.

    So zumindest habe ich es verstanden.

    "Das" Leben als etwas Allgemeines hört sicher nicht auf, aber "der" Tod als etwas Allgemeines dann ebenso wenig, sonst könnte man nicht "sterben" sagen. Also entweder gibt es das oder nicht.

    Naja, nach momentanen Stand der Forschung scheint das Ende des Universums auf den Big Freeze hinauszulaufen, was das Ende des Lebens in alle Ewigkeit wäre.


    https://de.wikipedia.org/wiki/big_freeze


    Der Buddha spricht eher vom Big Crunch. Er sagt ja, er habe gesehen wie das Universum entstand und verging und entstand und verging und...


    https://de.wikipedia.org/wiki/big_crunch


    Aber gut, auch beim Big_Freeze weiß man nicht, ob dann nicht einfach ein neues Universum aufploppt.