Zum Stil der Kritik: der Assoblogger und sein Diskursstil ist den Forumsteilnehmern, die hier schon etwas länger dabei sind, durchaus vertraut. Darüber wurde hier schon genug geschrieben und man kann es dabei belassen. Was Christoph Jantzen angeht, so praktiziert er nicht nur Zazen, sondern auch diverse Kampfkünste. So etwas bleibt nicht ohne Einfluss auf die Art und Weise (den 'Stil'), mit der man sich mit der Welt auseinandersetzt. Das Herrn Jantzens Stil im Vergleich zu dem Thich Nhat Hanhs ein anderer ist, bedarf keiner weiteren Erläuterung. Ich denke jedoch, Stilfragen sollten hier bestenfalls eine sekundäre Rolle spielen. Ich persönlich praktiziere schon seit vielen Jahren keine Kampfkünste mehr sondern habe mich dem Teeweg zugewandt. Entsprechend drücke ich meine Meinung so aus: diese Tasse Tee ist mir deutlich zu süß. Es gibt Menschen (insbesondere Kinder), die lieben süßen Tee. Führt aber früher oder später zu Problemen, insbesondere mit den Zähnen. Und ein 'Zen' das seinen Biss verloren hat, ist keines mehr.
Nunja -
@Grashuepfer hatte ja Konkretisierung angemahnt. Damit kann ich dienen - sofern einem der Zeitaufwand für das Lesen nicht zu groß ist. Ich habe mich in zwei konkreten Fällen mit Thich Nhat Hanh näher befasst. Beides mal war der Anlass, dass in der buddhistischen 'Szene' Solidarität für ihn und seine Organisation eingefordert wurde. Einmal auf politischer Ebene, als er und seine Gemeinschaft in den Medien als politisch verfolgte Dissidenten dargestellt wurden. Falls sich noch jemand erinnert: Anlass war die Affäre um das Kloster Bat Nha in Vietnam. Da hatte ich Anlass und Gelegenheit, für mich und Andere den politischen Hintergrund der Affäre ein wenig auszuleuchten: zensplitter: Neuigkeiten aus Vietnam. Der erste Link zur Basler Zeitung funktioniert leider nicht mehr, aber in der englischen Wikipedia findet man einiges zu den damaligen Ereignissen. Auch der Link zur Person Thich Quang Do ist tot, aber man findet hier jede Menge Informationen über ihn.
Der nächste Anlass, mich mit Thich Nhat Hanh auseinanderzusetzen, war der Erwerb des EIAB und die damit verbundene massive (um nicht zu sagen aufdringliche) Spendenkampagne in der buddhistischen 'Szene'. Hier etwas gekürzt ein damals von mir an den Rat der DBU gerichtetes Memo. Das EIAB war da noch nicht Mitglied in der DBU und - wie sicher deutlich wird - wäre es auch nicht geworden, wenn es nach meiner Nase gegangen wäre.
Zitat [...]
Zunächst einmal - die EIAB ist selbst nicht DBU-Mitglied. Wenn wir dort - wie seinerzeit in der Pagode Phat Hue geschehen - eine MV oder einen Kongress veranstalten, ist das eine demonstrative Zusammenarbeit und wird so auch in der buddhistischen Öffentlichkeit wahrgenommen werden.
Es ist natürlich richtig, dass in der DBU Mitgliedgemeinschaften sind, für die das EIAB ein wichtiges Praxiszentrum ist. Das EIAB gehört jedoch nicht diesen Mitgliedsgemeinschaften, nicht dem Orden Tiep Hien oder der UBC, sondern es ist Privateigentum einer GmbH mit drei Gesellschaftern. Laut Handelsregister des Amtsgerichts Dortmund, Registernummer HRB 20905, handelt es sich dabei um Thich Nhat Hanh, Su Co Chan Kong und Thi Diem Xuan Nguyen. Alle drei Gesellschafter sind mit gerade einmal 10.000 Euro beteiligt.
Mit einem Eigenkapital von 30.000 Euro wurde also eine Immobilie, die über den Kaufpreis von etwa einer Million hinaus mit einem Aufwand von mehreren Millionen Euro renoviert werden muss, erworben. Für diesen Zweck wurde und wird ganz massiv um Spenden geworben - nicht zuletzt auch in der BA [Buddhismus Aktuell], was ich offen gesagt mit großem Missfallen gesehen habe und dort auch nicht mehr sehen möchte. Die Spenden, um die da geworben wird, gehen nicht an die Sangha - es sind Spenden für eine aus drei Personen bestehende private Kapitalgesellschaft. Faktisch wird da dana in Privatvermögen überführt. Aus diesem Grund musste ich erst einmal schwer schlucken, als Phap An in seinem Interview in 'Ursache&Wirkung' (mit Dr. Köppler, wenn ich mich recht erinnere) geradeheraus behauptet hat "Wir sollten wissen, dass dieses Institut niemand Bestimmtem gehört". Offen gesagt empfand ich das als unverfrorene Irreführung der Öffentlichkeit. Kaum weniger irritierend war für mich, als derselbe Phap An in der BA als leuchtendes Beispiel Verwandte von ihm nannte, die Sozialleistungen beziehen und trotzdem nicht unerhebliche Spenden für das EIAB tätigen. Ich bin wahrlich kein Sozialdarwinist - aber wenn das so ist, beziehen diese Leute offensichtlich mehr Sozialhilfe als sie brauchen und man sollte sie ihnen umgehend kürzen.
Sehr unangenehm berührt hat mich vor allem, dass zumindest zwei der Eigentümer - Thich Nhat Hanh und Su Co Chan Kong - nach dem Dharmaguptaka-Vinaya ordiniert sind und als Eigentümer einer Immobilie die von ihnen abgelegten Vinaya-Gelübde verletzen. Falls die dritte Eigentümerin Thi Diem Xuan Nguyen ordiniert ist, dann sie selbstverständlich auch. Der Vinaya schreibt bei diesem Vergehen ein öffentliches Reuebekenntnis und Herausgabe des (nach Vinaya) unrechtmäßigen Eigentums vor:
"Wenn ein Bhikshu mit eigener Hand Gold, Silber oder selbst Kleingeld annimmt, oder eine andere Person anweist, es für ihn in Empfang zu nehmen oder sagt, dass es jemanden gibt, der es in Empfang nehmen kann, so ist dies ein Verstoß, der Bekenntnis und Herausgabe des Gutes erfordert.
Wenn ein Bhikshu Wertobjekte kauft oder verkauft, so ist dies ein Verstoß, der Bekenntnis und Herausgabe des Gutes erfordert."
Dies sind die Naihsargika Payantika 18 und 19 des Bhikshu-Pratimoksha der Dharmagupta-Tradition (im Patimokkha der Theravada-Tradition haben sie dieselbe Nummer); die entsprechenden Bestimmungen im Bhikshuni-Pratimoksha tragen die Nummern 9 und 10.
Was die Sache noch zweifelhafter macht - Thich Nhat Hanh selbst hat es unternommen, den Pratimoksha zu revidieren, wobei dessen Aussagen der heutigen Zeit angepasst werden sollen (Thich Nhat Hanh, Freedom Wherever We Go: A Buddhist Monastic Code for the 21st Century, Parallax Press, 2004). Regel 11 für Bhikshus (die entsprechende Regel für Bhikshunis trägt die Nummer 12) lautet dort:
"A bhikshu who lends money with interest, invests mones, buys and sells stocks or shares, invests in land or real estate, or plays the lottery, commits an offense which involves Release and Expression of Regret."
Auf Deutsch: Ein Bhikshu, der Geld gegen Zinsen verleiht, Geld investiert, Aktien oder Anteilsscheine kauft und verkauft, in Grundbesitz oder Immobilien investiert (sic!) oder Lotterie spielt begeht einen Verstoß, der Herausgabe und Reuebekenntnis bedingt.
Besitzlosigkeit ist die VORAUSSETZUNG dafür, dass Vinaya-Ordinierte FÜR IHREN UNMITTELBAREN LEBENSUNTERHALT Spenden annehmen dürfen und sollen und dafür, dass buddhistische Laien gehalten sind, DANA zu üben. Die Praxis des Bettelgangs und die Praxis des dana ergänzen sich auf diese Weise. Wird diese Voraussetzung untergraben, dann stimmt dieses ganze austarierte Zusammenspiel von Laiensangha und ordinierter Sangha nicht mehr - dann ist die Ordinierten-Sangha nicht mehr Sangha, sondern parasitär.
Was die dritte Eigentümerin Thi Diem Xuan Nguyen angeht, so habe ich mehrfach vergeblich versucht, von Tiep-Hien-Repräsentanten (Thich Nhat Hanhs Orden) auf folgende drei einfache Fragen Auskunft zu erhalten: "Wer ist Thi Diem Xuan Nguyen? In welcher Beziehung steht sie zu Tiep Hien bzw. welche Funktion hat sie da? Ist sie mit Thich Nhat Hanh verwandt?"
Ich habe auf diese Fragen nur Ausflüchte zu hören bekommen oder (bei Nachhaken) sogar massive persönliche Angriffe und Unterstellungen. Hintergrund speziell zur dritten Frage: man rufe sich das Alter von Thich Nhat Hanh und Su Co Chan Kong [...] ins Bewusstsein - da stellt sich automatisch die Frage, wer in ein paar Jahren (Allein-?) Eigentümer von Waldbröl sein wird. Die Frage, ob Thi Diem Xuan Nguyen mit Thich Nhat Hanh verwandt ist, liegt nahe. Thich Nhat Hanhs bürgerlicher Name ist Bao Xuan Nguyen. Nun ist Nguyen natürlich ein extrem häufiger vietnamesischer Nachname - die Verbindung mit dem 'Mittelnamen' Xuan ist allerdings schon weniger häufig. Da ist eine Frage, ob eine Verwandschaft besteht, keine Unterstellung, sondern legitim. Und WENN ein Verwandschaftsverhältnis besteht, ist die Frage erst recht legitim, wodurch sich Frau Thi Diem Xuan Nguyen sonst noch als Empfängerin von Spenden und ggf. zukünftige Alleineigentümerin des EIAB qualifiziert.
Dass die EIAB GmbH von Finanzamt als gemeinnützig anerkannt ist (eine sog. 'gGmbH' gibt es nach deutschem Recht allerdings nicht), ist mir bekannt; dieses 'Gegenargument' habe ich wiederholt gehört. Dies ändert allerdings nichts an dem privaten Charakter der GmbH; es bedeutet vor allem, dass Gewinne (die bei den anstehenden Investitionen auf absehbare Zeit ohnehin nicht anfallen) nicht an die Gesellschafter ausgeschüttet werden dürfen. Voraussetzung für die Gemeinnützigkeit ist eine Vermögensbindung durch den Gesellschaftsvertrag - der kann allerdings geändert werden, wodurch ungünstigstenfalls für maximal 10 Jahre Steuern nacherstattet werden müssen (§ 61 Abs. 3 AO). Eine Kann-Bestimmung(!), ob dies überhaupt zur Anwendung kommt, liegt im sachgerechten Ermessen der Finanzbehörde. Bei einer solchen Änderung hätte kein Orden Tiep Hien, keine Gesellschaft für achtsames Leben / CML und keine Unified Buddhist Church auch nur ein Wörtchen mitzureden. Die Spender, die so eifrig geworben werden, sowieso nicht.
Aber auch, wenn es nicht zu einer Änderung des Gesellschaftsvertrages kommt, ist die Konstruktion einer gemeinnützigen GmbH keine Garantie für eine sachgemäße Verwendung von Spenden, wie [...] der Fall 'Treberhilfe Berlin' gezeigt hat, deren Gesellschafter und Geschäftsführer sich ein Jahresgehalt von 300.000 Euro genehmigte, als Dienstwagen einen Maserati und als Dienstwohnung eine GmbH-eigene Villa am See weit unter der marktüblichen Miete. Völlig legal, wenn auch - nachdem die Sache publik wurde - dem Spendenaufkommen dieser Obdachlosenhilfe nicht gerade zuträglich.
Vielleicht wird so mein Unbehagen mit der EIAB GmbH verständlich. Schließlich sind problemlos unverfänglichere Geschäftsmodelle möglich - etwa eine Stiftung oder ein gemeinnütziger Verein, der dann durchaus selbst als (alleiniger) Gesellschafter über eine GmbH das Geschäftsrisiko begrenzen könnte. Das würde Kontrolle der Immobilie und ihrer Verwendung durch die Laien bedeuten - statt persönliches Privateigentum von Millionenwerten durch 'besitzlose' Vinaya-Ordinierte.
Noch drängender stellt sich mir die Frage nach dem eigentlichen Zweck von EIAB. Es ist offensichtlich, dass eine Immobilie dieser Größe einen erheblichen Geldaufwand alleine schon für die Unterhaltung erfordert. Das kann letzlich nur aus eines hinauslaufen - die Anlage muss in erheblichem Umfang Einnahmen erzielen. Aus diesem Blickwinkel erscheint mir eine Aussage von Thich Nhat Hanh bemerkenswert, die ich der Transkription eines Vortrags von ihm, gehalten während des 'Engaged Buddhism Retreat' in Hanoi im Mai 2008, entnommen habe:
"We also set up an European Institute of Applied Buddhism [...] We deliver certificate of completion after a retreat, like 3 months retreat in Plum Village and in Deer Park, everyone who has completed successfully that 3 months retreat will be given a certificate of completion issued by European Institute of Applied Buddhism. [...] this kind of certificate will help you to become an official dharma teacher ..."
Es mag an meiner buddhistischen 'Sozialisation' in einer anderen Tradition liegen, aber ich finde die Idee, für die Teilnahme an Retreats Zertifikate auszustellen, die dann als Befähigungsnachweise für eine 'Karriere' als Dharmalehrer dienen sollen, äußerst befremdlich. [...]
[...] Offensichtlich wird da das Feld bestellt für die Zeit, wenn Thich Nhat Hanh und Su Co Chan Kong in die Verwandlung eingegangen sind. Ob Thich Nhat Hanh selbst die Weichen auf diese Art gestellt hat oder ob Leute aus seiner Entourage in diese Richtung steuern, darüber kann ich nur persönliche Vermutungen anstellen.
Das EIAB hat alleine schon von der Größendimension und von der Popularität Thich Nhat Hanhs her einen gewissen Modellcharakter für zukünftige Entwicklungen in Europa, was die Institutionen angeht, in denen der Dharma vermittelt wird. Ich brauche sicher nicht besonders betonen, dass ich die Richtung, die da eingeschlagen wird, für ungesund und nicht zukunftsweisend halte. Ich möchte mich nicht grundsätzlich dagegen aussprechen, im EIAB eine Mitgliederversammlung abzuhalten, aber ich plädiere doch nachdrücklich dafür, gegenüber dieser Einrichtung ansonsten deutlich Distanz zu wahren. Meine [...] Bitte [...] wäre auch ein kleiner informeller Hinweis [...], dass Spendenaufrufe von Nicht-DBU-Institutionen - zumal von privaten Kapitalgesellschaften - im redaktionellen Teil der BA absolut nichts verloren haben. Gerne in meinem Namen / Auftrag, ich will mich da hinter niemandem verstecken.
Ergänzend: wie Grundbuchrecherchen des 'Assobloggers' gezeigt haben, ist auch Plum Village Privatbesitz.