Ich finde es recht bezeichnend, wenn in manchen Gegenden (auch Deutschlands) Gerichtssäle und insbesondere auch Räume in Erziehungseinrichtungen (Kindergärten, Schulen ...) mit der möglichst lebensnahen Darstellung eines grausam (kreuzigen war eine besonders unschöne weil langwierige Hinrichtungsmethode) zu Tode Gefolterten *geschmückt* wird. Adäquater ikonischer Ausdruck der Drohbotschaft. Da lernt man doch wenigstens von klein auf Respekt ...
Spass beiseite, solche subtilen Werkzeuge psychischer Deformation im öffentlichen Raum sind nicht wirklich lustig. Aber es ist immerhin ein sehr bezeichnendes Zeichen (sic) für die Art, wie das Christentum auf das existenzielle problem duhkha antwortete: mit einem Leidenskult. Das Leiden ist - gütiger, verzeihender Gott hin oder her - nicht mal selbst verschuldet, wie es die frechen Buddhisten behaupten. Es ist geerbt und wir hatten und haben keine Chance, das Erbe auszuschlagen. Eine Macke in der Schöpfung, da kann man nix machen. Also echt jetzt - wie kann man einem Geschöpf freien Willen zugestehen ohne vorherzusehen, dass es versuchen wird, herauszufinden, was es damit anfangen kann? Dazu muss man doch nicht mal allwissend sein. Verbot der Erkenntnis von 'gut' und 'böse' - und dann erwarten, dass ein Geschöpf, das ja, bevor es durch Übertreten des Verbots zu dieser Erkenntnis gelangen kann, gar nicht weiss, dass das Übertreten des Verbotes 'böse' ist, sich daran hält. Also - ich vermag da einen Denkfehler zu erkennen. Den die Schöpfung 'Mensch' dann ausbaden durfte, wegen 'Erbsünde' und so ... Irgendwie hört sich das für mich nach einem ähnlich fiesen Spielchen an wie das, was Gott mit Hiob treibt. Ein Testfall, wie 'ne Laborratte.
Bis sich dann Gott erbarmte und die Schuld abbüßen ließ oder selbst abbüßte, indem er sich selbst als Sohn inkarnierte oder so - die Christologen sind da bemerkenswert uneins und man hat sich über diese Fragen nicht nur metaphorisch wechselseitig die Köpfe eingeschlagen. Jedenfalls - keine Sünde ohne Buße, und die musste nun Jesus stellvertretend ableisten. Wenn der Schuldner Jesus und der Gläubiger Gott eins sind, ist das wenigstens keine übertriebene Zumutung. Aber irgendwie hatte Jesus schon die Arschkarte gezogen, finde ich ... Da hat er wenigstens etwas kultisches Brimborium aus Dankbarkeit verdient - die Leiden, die er auf sich genommen hat, hätten ja sonst uns gedroht. Ohne Wiederauferstehung, ewig. Das Leiden des Opfers (Götter leben bekanntlich von Opfern) Jesus, das er stellvertretend für uns auf sich genommen hat, möglichst drastisch darzustellen, weckt profitable Dankbarkeit für solche Gnade.
Wobei man nach Freud kaum den sublim masochistischen Charakter dieser Opfer- und Leidensreligion übersehen kann. Ihr zentrales Motiv ist durch Opferung abgewendete Strafe für eine ererbte Sünde. Praktischerweise gibt es einen Stellvertreter, der die Schuld großzügig als Opferlamm auf sich nimmt.
Dumm nur, dass sich durch das Opfer ja so direkt nix geändert hat. Die paradiesischen Zeiten (die man ursprünglich noch zu Lebzeiten zumindest einiger von Jeschuas direkten Schülern erwartete) blieben aus. Am Leiden hat sich bei nüchternem Blick eigentlich nichts geändert. Wir haben nur die Gewissheit, dass es nach dem Tod (wann, ist unter den Fachleuten auch umstritten) alles ganz anders wird - und zwar besser, um nicht zu sagen optimal. Wenn wir es ganz fest glauben und nur dann.
Wenn einem das jemand abkauft, dann hat der wenigstens keine Gelegenheit mehr zur Reklamation.