Beiträge von Aravind im Thema „Von Ursachen, Steinen, Gier, Hass und Nutella“

    dass du mir recht gibst, erkenn ich in deinem Hinweis auf 'retreat'. Da du es in diesem Kontext akzeptierst, folgere ich, dass du die 'Abwesenheit der äußere Ursache' nicht als kontinuierliche Abwesenheit verstanden wissen willst.


    Ich finde das keine sehr gewagte Auslegung deiner Worte.

    In Bezug darauf, gerne!

    Aravind.

    ich verstehe, dass du mir recht gibst, aber 'Abwesenheit der äußere Ursache' nicht als kontinuierliche Abwesenheit verstanden wissen willst.

    Das wäre eine sehr gewagte Auslegung meiner Worte! ;) Wo ich doch geschreiben habe: "Ich verstehe, dass Du das so empfindest, der Satz ist im Allgemeinen aber einfach nicht richtig."


    Zusammen mit der Bitte: "Wenn Du weiter diskutieren willst, wie wäre es mit einem konkreten Beispiel? "Die Welt" ist ja doch ein sehr weites Feld! ;)"


    Liebe Grüße,

    Aravind.

    Möglicherweise ist es falsch angekommen bei dir, dass ich sofort das Ziel will oder nur an das Ziel denke?

    Wie Du praktizierst, spielt dabei keine Rolle.

    Vielleicht magst Du es einfach mal zur Kenntnis nehmen, dass es buddhistische Richtungen gibt, die solche Ziele komplett loslassen, um keine Energie in unnötige Anhaftungen zu stecken, und die einfach Schritt für Schritt den Pfad laufen. Macht den Weg auf dem Pfad deutlich entspannter. Aber natürlich nur, wenn man in der Lage ist, so viel Vertrauen auf den Prozess zu haben.


    Von meiner Seite ist alles gesagt.


    Liebe Grüße,

    Aravind.

    ich finde, dass es eher ein hehrer Anspruch ist, jetzt schon Gier, Hass und Verblendung aufgeben zu können - ohne noch eine Zeit lang zu meditieren......


    -----------------

    hehr = durch seine Großartigkeit, Erhabenheit beeindruckend; erhaben, Ehrfurcht gebietend (Duden)

    Gier, Hass und Verblendung aufzugeben beginnt man in dem Moment, in dem man von der Lehre hört und sie als nicht unbedeutend erkennt. Und danach jeden Tag.


    Das ist genau der Punkt, an dem wir uns nicht verstehen. Du willst meiner Unterscheidung in Prozess und Ziel nicht folgen. No worries.


    Danke für die spannende Diskussion!

    Aravind.

    Als Wanderer sage ich mir oft: der Weg ist das Ziel. Da kann man auch einfach eine Rundwanderung durch einen Wald machen.

    Lieber Rudolf,


    es scheint mir nicht zu gelingen, Dir meine Sicht deutlich zu machen, die Unterscheidung zwischen Ziel und Prozess:


    * dass der Wille, Nirvana erreichen zu wollen, Motivation und Ausrichtung sein kann, aber eben über Anhaftung auch zum Hindernis werden kann.

    * dass mein Ziel die Überwindung von Gier, Hass und Verblendung ist, aber jetzt und jeden Moment, und nicht als hehres Ziel in der Zukunft. Nirvana mag dann das sein, das dabei raus kommt, keine Ahnung.


    Lassen wir es dabei bewenden.

    Ich habe nicht so sehr an äußere Dinge gedacht, sonderen an andere Menschen, an Vorbilder, an Lehrer.

    Klar, die würde ich zu den äußeren "Dingen" zählen. "Äußeres" als Substantiv hätte wohl besser gepasst, klingt aber so holprig. :)

    Liebe Grüße,

    Aravind.

    PS:

    Also: wenn man Nirvana erreicht hat (oder wenn es dir lieber ist: Samsara abgeschüttelt hat) , dann kann man da bleiben. Oder vermutest du noch etwas jenseits von Samsara und Nirvana, was man dann anstreben könnte?

    Da scheint es ein Missverständnis zu geben. Ajahn Chah redet vom Weg, nicht vom Zustand im Nirwana.

    An dem, was Du sagst. ändern meine Worte gar nichts. Wie sollte das gehen?

    Wenn ich die Abwesenheit der äußere Ursache niemals erfahre, kann ich niemals erfahren, ob es auch innere Ursachen gibt.

    Ich verstehe, dass Du das so empfindest, der Satz ist im Allgemeinen aber einfach nicht richtig. Du bist doch ein Mensch, der die Fähigkeit zur Reflexion hat.

    Wenn ein Freund von Dir aus Spass eine flapsige Bemerkung über Dich macht, und Du wütend wirst, weil Du eh schon schlechte Laune hast, bist Du doch grundsätzlich in der Lage, das zu reflektieren. Dazu musst Du nicht Deinen Freund los werden, und seine Bemerkung rattert eh schon in Deinem Kopf. Es reicht, Dich zu sammeln und Deine Gedanken und Empfindungen zu beobachten.


    Ein Teil des Pfades ist es, diese Fähigkeit zu kultivieren. Methoden zu erlernen und anzuwenden, die es ermöglichen, solche Erfahrungen zu machen, ohne die Welt komplett auszusperren. Gleichmut entwickeln auf der Basis von Achtsamkeit und Liebender Güte (u.a. natürlich).

    Selbst wenn Du die Welt komplett aussperrst, trägst Du immer noch Dein Bild von ihr in Dir, Deine Erinnerungen, Zukunftsgedanken und Gewohnheiten.


    Wie bereits gesagt, spricht das nicht dagegen, die Einflüsse der Welt vorübergehend zu reduzieren, beispielsweise in einem Retreat, um diese Methoden besser lernen zu können.


    Wahrscheinlich liegen unsere Erlebniswelten einfach zu weit auseinander, no problem. Auf allgemeiner Basis ist IMHO alles gesagt.

    Liebe Grüße,

    Aravind.

    PS: Habe Deinen Beitrag noch mal gelesen. Reden wir vielleicht über völlig verschiedene Sachen, wenn wir von "Welt" reden?

    Wenn Du weiter diskutieren willst, wie wäre es mit einem konkreten Beispiel? "Die Welt" ist ja doch ein sehr weites Feld! ;)

    Lieber Stevie,

    ich wollte Dich in dem anderen Faden nicht abwürgen, Sherab hatte uns nur gebeten, woanders weiter zu diskutieren. Deshalb meine Antwort hier:


    Zitat

    ich drücke mich gemäß meiner Erfahrung und meiner Praxis aus.

    natürlich.


    Zitat

    Äußere Ursachen führen zu inneren Wirkungen.

    Gegen den Satz ist aus buddhistischer Sicht nichts einzuwenden, solange man damit bedingtes Entstehen meint. Wenn damit gemeint ist: "Wenn diese äußeren Ursachen wegfallen, fällt das Leiden weg", dann entspricht das nicht dem, wie ich die Lehre des Buddhas verstanden habe, sondern ist Teil der Verblendung. Das war ja der Ausgangspunkt unserer Diskussion.


    Die äußeren Ursachen sind fast beliebig austauschbar. Es findet sich immer etwas, an dem wir unsere Gier und unseren Hass entwickeln können. Wenn wir nicht an die Wurzel gehen, und die Gier und den Hass selbst überwinden.


    Liebe Grüße,

    Aravind.

    Lieber Rudolph,


    das habe ich mir schon gedacht, dass unsere Postitionen nur marginal auseinander liegen, wenn man genauer hin schaut.

    Mit "erreichen wollen" meine ich im Theravada-Kontext: den Entschluss "den Achtfachen Pfad" zu gehen. Warum soll das eher hemmend sein?

    In dieser Interprettaion gar nichts! ;) Für mich ist ein Unterschied, ob man einen Pfad geht, oder einem Ziel folgt. Das mögliche Ziel, Befreiung, spielt halt oft eine Doppelrolle. Als Motivation, aber auch als Hemmnis, das irgendwann überwunden werden muss. Es hilft mir, das regelmäßig zu überprüfen.


    Lustigerweise habe ich heute einen Text von Ajahn Chah gelesen, in dem genau das angesprochen wurde:


    Zitat

    Wofür praktizieren wir? Wir praktizieren, um loszulassen, nicht, um etwas zu erlangen. Heute Nachmittag war eine Frau hier, die mir erzählte, dass sie leide. Ich fragte sie, was sie gern hätte, und sie sagte, sie wäre gern erleuchtet. Ich sagte: "Solange Du erleuchtet sein willst, wirst Du niemals erleuchtet werden. Verlange gar nichts."

    Ich dachte ich hätte klargemacht, dass der Fokus "auf dem Pfad" nicht auf Isolation liegt, sondern auf Hauslosigkeit und Besitzlosigkeit und möglichst wenig "action."

    Genau, dem kann ich folgen. Auch hier unterscheidet sich glaube ich nur unsere Perspektive. Gegen wenig Action spricht ja nichts, wenn man das nicht als Ausrede oder Flucht benutzt, sich seinen Anhaftungen zu stellen. Wichtig erscheint mir wie immer die Motivation.

    Ich will sagen: wenn ich nur bei meinen eigenen Erfahrungen bliebe (die sind natürlich sehr wichtig), wäre das für mich zu wenig, das wäre spirituell ziemlich armselig.

    Ja, das sind "unsere" Richtungen wirklich sehr verschieden. Im Vipassana gibt es nichts als die eigene Erfahrung (ein wenig pointiert ausgedrückt), im besten Falle regelmäßig überprüft durch den Kontakt zu einem erfahrenen Lehrer. Motivation aus äußeren Dingenn ist nicht schlecht, aber die eigentliche Arbeit muss man selber machen, da gibt es kein Entrinnen.


    Am liebsten lese ich im "Weg eines Bodhisattva" von Shantideva.

    Oder ich lese Texte über das richtige Verständnis der Leerheit.

    Über beides habe ich noch keine eigene "Erfahrung".

    Ist das verkehrt? Sollte man alles, wenn es erst noch nur Theorie ist, fahren lassen?

    Sicher nicht, so lange man die Beschäftigung damit nicht als Ersatz dafür verwendet, die Erfahrung durch Praxis selbst zu machen. Man kann ja nicht alles auf einmal machen. Schritt für Schritt geht es voran; eine andere Methode gibt es wohl gar nicht.


    Liebe Grüße,

    Aravind.

    Ja, so spricht jemand, der das häusliche Dasein nicht verlassen will, nicht verlassen kann. ;)

    Man sieht immer das Leben als das beste an, wozu man fähig ist

    Da habe ich mich offensichtlich nicht deutlich genug ausgedrückt, danke für die Rückmeldung. Ich rede ausschließlich von meiner Praxis und meiner Erfahrung (wie fast immer). Ich komme besser voran, wenn ich mich liebevoll um meine Anhaftungen kümmere, im Vergleich dazu, die äußeren Einflüsse dazu zu ignorieren. Es ist ja nicht so, dass ich keine Erfahrungen mit Vermeidungsstrategien hätte... :)


    Wenn man aber gar nicht Nirvana erreichen will (wie 99,9 % aller Buddhisten :) ), bist du, Aravind, genau richtig mit deiner Einstell

    Na, dann habe ich ja Glück gehabt... ;)

    Allerdings hat das "mit erreichen wollen" wenig zu tun. Nirvana erreichen zu wollen, scheint mir recht unrealistisch und eher hemmend. In "meiner" Richtung würde das eher als Hindernis angesehen, aber auch da gibt es ganz verschiedene Ansichten.


    Mir ist aber noch aufgefallen, dass du und Monika offensichtlich die Begriffe "Hauslosigkeit" und "Weltabgewandtheit" im Buddhismus-Kontext etwas anders versteht als ich. Ich habe da auf keinen Fall die Vorstellung von "völliger Isolation",

    Hey, Du Schlingel, ich habe das Gefühl, jetzt schummelst Du! Gerade hast Du noch davon geredet, wie wichtig es für den Buddha war, 7 Jahre mit den Asketen in Abgeschiedenheit zu leben.

    Das war doch die Ausgangsfrage: Führt die Vermeidung der Anstöße von außen zur Überwindung von Gier und Hass. Und meine Position war: Ja, in eingschränktem Maße, wenn es darum geht, Energie und Freiraum für den Weg zu finden; nein, wenn es tatsächlich um Befreiung geht.

    --------


    Der Lehrer meines Lehrers hat ihm übrigens tatsächlich die (dauerhafte) Hauslosigkeit im Kloster verweigert, mit dem Argument: Seine jetzigen Aufgaben liegen in der Welt; darin, sich seinen gegenwärtigen Aufgaben zu stellen, und nicht im Rückzug.


    Trotzdem ist Hauslosigkeit natürlich ein wichtiges buddhistisches Konzept, da möchte ich gar nicht dagegen argumentieren. Vielleicht magst Du mal von den Erfahrungen mit Deiner Hauslosigkeit erzählen, das interessiert mich sehr.


    Liebe Grüße und vielen Dank für die anregende Diskussion,

    Aravind.

    Das Leben des Gotamo Shakyamuni: ist es vorstellbar, dass er Nirvana erlangt hätte, wenn er am Königshof (mit all den Schubsern dort) geblieben und Nachfolger seines Vaters geworden wäre?

    Wenn ja, dann hat er aber wenigstens für uns den Weg angezeigt: damit wir in die "Hauslosigkeit" ziehen, wenn wir Nirvana erlangen wollen. (Ich lasse jetzt mal den Bodhisattvapfad beiseite)

    Ja, das ist eine wirklich spannende Frage, die wir aus praktischer Sicht nicht beantworten werden können (ich zumindest nicht).

    Mein Ziel ist der Pfad, nicht Nirvana (nicht aus Prinzip, sondern aus Realismus), deshalb finde ich das im Moment nicht wirklich entscheidend.


    Zitat

    Denn wenn selbst der Buddha sieben Jahre in Weltabgewandtheit, unter Bäumen im Wald meditiert hat, zeitweise nur von fünf Gleichgesinnten begleitet, wie sollen wir diesen Weg denn gehen, ohne vor den Schubsern zu fliehen?


    Einen riesigen Unterschied zu uns gibt es natürlich: Der Buddha kannte den Weg und die vier Edlen Wahrheiten noch gar nicht, als er los zog; er musste sich alles selbst "erarbeiten". Der Weg von Gotama vor dem Erwachen war kein buddhistischer Weg.


    Was für ein Glück für uns! Ich bin mir gar nicht sicher, ob "wir" das immer zu würdigen wissen.

    Sieben Jahr würde ich für mich allerdings selbst in Hauslosigkeit als extrem optimistisch ansehen. ;)


    Wessen ich mir sicher bin: Die Vermeidung der Einflüsse von außen alleine bringt einen nicht wirklich weiter, sondern kann Gier und Hass massiv verstärken, wenn man sich darauf fokusiert. Vor allem, wenn man denkt, sie wären das Problem.

    Ganz davon abgesehen, dass das gar nicht komplett geht. Auch in der Hauslosigkeit gibt es Lärm, Moskitos, nervende Mit-Buddhisten, Krankheiten, Regenzeit, überhebliche Asketen, besserwisserische Brahmanen, ...


    Ich selbst lerne aus der Konfrontation mit der Welt am meisten, aber das kann von Person zu Person sicher sehr unterschiedlich sein. Wie sagt mein Lehrer: Da, wo der Widerstand ist, da geht's lang.

    Liebe Grüße,

    Aravind.

    Dein Steinbeispiel gefällt mir gut! (Stimmt, "Orbit" passt gar nicht, das hätte "ohne Schwerefeld" heißen müssen).


    Dass die Schwerkraft keine Ursache sein soll, dafür, dass der Stein den Berg herunterrollt, finde ich nicht schlüssig. Aber es ist tatsächlich nicht die einzige; der Schubs gehört auch dazu, wie Du sagst.


    Die "falsche Richtung" wäre für mich: Zu meinen, die Schubser wären das Problem (die Ursache des Leidens), und der Versuch, die Schubser zu vermeiden, anstatt die Steine zumindest mittelfristig in die Ebene zu bringen, wo sich nicht mehr rollen können. Trotzdem kann es Sinn machen, manche Schubser zumindest vorübergehend zu reduzieren, wie --- sagt, um Energie und Raum für Veränderung zu schaffen.


    Zitat

    Ja, genau so: Solange Wollen da ist, sind auch Gier und Hass da, als innewohnende Eigenschaften des Wollens. Was zu einer Zeit gewollt wird, das hängt von Ursachen ab. Dieses triebhafte Wollen kann nur durch Beseitigung der Unwissenheit beendet werden. Unwissenheit ist auch keine Ursache, oder welche Ursache hat sie?


    Genau. Gier und Hass fand ich nur anschaulicher in Bezug auf die Beispiele, aber sie sind natürlich untrennbar mit der Unwissenheit verknüpft.


    ("Untrennbar", stimmt das? Durch die Beschäfigung mit Gier&Hass erkennt man man Teile der Unwissenheit. Durch Überwindung der Unwissenheit fallen auch Gier und Hass Stück für Stück weg. Also wahrscheilnlich shcon "untrennbar".)


    Liebe Grüße,

    Aravind.