Zitat
In einem menschlichen Rahmen kann man durchaus so ein "Faktencheck"
machen.
Welchen Rahmen kennst Du denn noch, um das so genau beurteilen zu können?
Viele Grüße
Thorsten
In einem menschlichen Rahmen kann man durchaus so ein "Faktencheck"
machen.
Welchen Rahmen kennst Du denn noch, um das so genau beurteilen zu können?
Viele Grüße
Thorsten
Hallo Rudolf.
Es ist halt die Frage, ob man ein reines Faktum als Phänomen gelten lässt oder nicht. Im Mahamudra scheint das der Fall zu sein. Mir persönlich scheint das plausibel. Ein Faktum ist in diesem Beispiel das Wissen um die Tatsache, dass in dem Raum etwas liegt, das in die Kategorie Apfel passt, mehr nicht. Um welchen speziellen Apfel es sich dabei handelt, ist unerheblich. Um die Anwesenheit eines Apfels zu bejahen oder zu verneinen brauche ich kein mentales Bild eines Apfels. Allerdings kann dieses Wissen spontan ein mentales Bild, etwa eine Erinnerung, auslösen. Dieses mentale Bild ist dann natürlich unbeständig und immer wieder anders. Da gleiche gilt für das Faktum, dass alle reifen Erdbeeren rot sind. Ich kann diese Aussage bejahen, ohne dass ein mentales Bild aufsteigt. Es kann aber aufsteigen. Wenn der Gedanke an die Farbe rot ein mentales Bild auslöst, wird das mentale Bild unbeständig sein. Dennoch sind das Faktum und das, was es gegebenenfalls als mentales Bild auslöst, zwei verschiedene Phänomene. Nicht jedes Faktum muss ein mentales Bild auslösen.
Als Beispiel vieleicht noch folgendes: Unabhängig davon, welches mentale Bild die Kategorie Mensch bei Dir oder mir auslöst, würde ich zu jedem Zeitpunkt sagen können, dass meine Tochter ein Mensch ist. Die Zugehörigkeit zur Kategorie Mensch als reines Faktum ändert sich nicht von Augenblick zu Augenblick, auch wenn dieses Faktum wiederum im nächsten Schritt unterschiedliche mentale Bilder oder Assoziationen aulösen kann, oder auf der Basis von unbeständigen Phänomenen erst entsteht, die sich dann von Augenblick zu Augenblick ändern.
Ein Faktum ist nicht identisch mit der Zeichenkette, die es repräsentiert, nicht einmal mit der phonetischen Folge von Lauten. Beide sind unbeständig.
Viele Grüße
T
Moin Rudolf.
Mit Blick auf die gesamte Menge der Phänomene fällt etwas auf:
Es gibt welche (z.B. ein tatsächlicher Apfel), die sich von Augenblick zu Augenblick verändern. Das geschieht auch, wenn ich nicht hinschaue. Jedesmal, wenn ein bestimmter Apfel Inhalt meiner geistigen Aktivität wird, ist er verändert, ob mir das auffällt oder nicht. Sogar wenn ich einen Apfel nur ein paar Augenblicke anschaue, hat er sich in dieser Zeit schon verändert.
Auch das, was sich im Geist abspielt, verändert sich von Augenblick zu Augenblick, weil sich die fünf Skandhas ständig verändern. Dashalb nimmst du wahrscheinlich an, dass auch die Vorstellungen oder Ideen, die in Abhängigkeit davon entstehen, sich jeden Augenblick ändern müssen.
Dennoch kann es gewisse Kontinuitäten geben. Nehmen wir folgendes sehr einfache Setting: In einem Raum, auf einem Tisch liegt ein Apfel.
Ich gehe nun einmal am Tag in den Raum und schaue mir den Apfel kurz an, dann verlasse ich den Raum wieder. Jedesmal wenn ich in den Raum trete und mir den Apfel anschaue, ist der Apfel verändert, auch wenn ich es zunächst nicht bemerke. Der Apfel ist unbeständig. Es wird jedesmal ein etwas anderer Apfel auf dem Tisch liegen. Und auch ich werde jedesmal als ein anderer in den Raum treten.
Anders das Faktum: Es liegt ein Apfel auf dem Tisch. Auch dieses Faktum ist ein geistiges Phänomen, das in Abhängigkeit von Person, Apfel, Tisch und Raum entsteht. Aber jedesmal wenn ich meinen Fokus auf dieses Faktum richte, ist es unverändert: ein Apfel liegt auf dem Tisch, keine Birne, nicht zwei Äpfel... sondern: ein Apfel liegt auf dem Tisch.
Wenn ich dieses Spiel nun einige Wochen treibe, wird sich der tatsächliche Apfel mehr und mehr verändern. Das Faktum aber, dass ein Apfel auf dem Tisch liegt, bleibt über all diese Wochen stabil. Natürlich ändern sich dennoch über diese Wochen die Inhalte meiner geistigen Aktivität von Augenblick zu Augenblick ständig. Dennoch ist jedesmal, wenn ich meinen Fokos darauf richte, indem ich in der Raum trete, das Faktum "es liegt ein Apfel auf dem Tisch" unverändert.
Nach vielen, vielen Wochen liegt wahrscheinlich nur noch ein Haufen Matsch auf dem Tisch. An einem bestimmten Zeitpunkt wird sich also das Faktum "es liegt ein Apfel auf dem Tisch" ändern in "es liegt etwas Matschiges auf dem Tisch, das einmal der Apfel war" und nach ein paar Jahren vielleicht wird sich das Faktum ändern in "es liegt ein Häufchen Staub auf dem Tisch". Wann genau dieser Zeitpunkt eintritt, hängt davon ab, wie lange der Gegenstand auf dem Tisch in meinem Geist mit der Kategorie Apfel identifizierbar bleibt, und ab wann die Kategorie Matsch und schließlich die Kategorie Staub die Kategorie Apfel ersetzt.
Diese Veränderung verläuft aber nicht ällmählich und langsam ab, so dass das Faktum "es liegt ein Apfel auf dem Tisch" sich von Augenblick zu Augenblick zu "es liegt ein Häufchen Staub auf dem Tisch" wandeln würde, indem der Inhalt des Faktums sich allmählich verschieben und modulieren würde. Die Veränderung läuft sprunghaft. Ein Faktum wird durch ein anderes Faktum ersetzt.
Besonders deutlich wird das, wenn ich an einem der Tage bemerken würde, dass jemand statt des Apfels eine Birne auf den Tisch gelegt hat. Das Faktum "es liegt ein Apfel auf dem Tisch" ändert sich schlagartig in "es liegt eine Birne auf dem Tisch" und bleibt in der folgenden Zeit als neues Faktum stabil solange der Gegenstand auf dem Tisch mit der Kategorie Birne identifizierbar bleibt. Das Faktum Apfel verwandelt sich nicht langsam wie beim Morphen in das Faktum Birne. Die Änderung verläuft sprunghaft.
In der Grafik die ich erstellt habe, kannst Du oben das Faktum "es liegt ein Apfel auf dem Tisch" einsetzen und unten den tatsächlichen Apfel in seiner stetigen Veränderung. Der Abgleich des Faktums "es liegt ein Apfel auf dem Tisch" mit dem tatsächlichen Apfel bleibt so lange positiv, wie der Gegenstand auf dem Tisch mit der Kategorie Apfel identifizierbar bleibt. Sobald das nicht mehr möglich ist, wird das eine Faktum durch ein anderes ersetzt.
Natürlich lassen sich die Kategorien auch feiner formulieren: Ein frischer Apfel, ein leicht schrumpeliger Apfel, ein stark verschrumpelter Apfel. Dennoch bleiben die Fakten im Vergleich zum Wandel des tatsächlichen Apfels von Augenblick zu Augenblick sehr statisch.
Mit einer Idee ist es ebenso. Beispiel: Alle reifen Erdbeeren sind rot. Diese Idee oder Vorstellung bleibt so lange stabil, bis jemand blaue Erdbeeren züchtet. Dann wird diese Vorstellung ersetzt durch: Es gibt reife Erdbeeren die rot sind, aber auch solche, die blau sind.
Natürlich ändert sich alle tatsächlichen Erdbeeren der Welt und auch ich verändere mich von Augenblick zu Augenblick. Jedesmal aber, wenn der Fokus auf die Frage nach der Farbe reifer Erdbeeren trifft, ist die Antwort unverändert: "Alle reifen Erdbeeren sind rot". Die Idee "Alle reifen Erdbeeren sind rot" ist also statisch, weil sie über einen längeren Zeitraum mit sich selbst identisch bleibt, bis ein erneuter Abgleich mit der Wirklichkeit zu einem anderen Ergebnis komm.
Schönen Sonntag wünscht
Thorsten
Bitte melde dich an, um diesen Anhang zu sehen.
Also mir ist ziemlich klar, was in dem Text gemeint ist, und ich kann es auch problemlos nachvollziehen.
X zum Beispiel sei Rudolf. Ich mache gewisse Erfahrungen mit X und denke in Abhängigkeit von diesen Erfahrungen mit X irgendwann: X ist darauf versessen, unbedingt Recht haben zu müssen!
Diese Vorstellung ändert sich in der Folge in meinem Geist nicht... jetzt nicht.... jetzt nicht .... jetzt nicht..... jetzt nicht.... sie ist statisch, weil sie von Augenblick zu Augenblick gleich bleibt, und wenn man mich dann irgendwann fragt, wie ist X, dann sage ich: X ist ein elender Rechthaber!
Nun schreibt X aber hier in diesem Forum einen Text, der diese Meinung relativiert und zu einer anderen Vorstellung führt: X kann ja auch einmal eingestehen, unrecht zu haben, hätte ich nicht gedacht... diese Vorstellung ersetzt die vorhergehende augenblicklich und komplett... und ist in ihrer veränderten Form jetzt da.... und jetzt ... und jetzt .... und jetzt.... bis wieder eine andere Erfahrung diese Vorstellung durch eine andere ablöst und so weiter.
Also, ich finde das sehr einleuchtend.
Vielleicht solltest Du dem Dalai Lama mal etwas Nachhilfe geben?
Hallo zusammen.
In dem Buch The Gelug/Kagyü Tradition of Mahamudra auf Seite 87/88 steht folgender Text, der vielleicht etwas Licht in diese Diskussion bringt. Es tut mir leid, ich habe leider keine Zeit, diesen Text zu übersetzen. Aber vielleicht bringt es dem einen oder anderen doch etwas mehr Verständnis dieser Sichtweise des tibetischen Buddhismus.
(Fall jemand gar kein Englisch kann: Die folgende Übersetzungsmaschine ist nicht soo schlecht - zumindest kann sie grobes Verstehen ermöglichen: DeepL Übersetzer)
Ideas are static phenomena - usually translated as "permanent phenomena." This means they remain fixed so long as we think in terms of them, and do not undergo organic change from moment to moment. While we are thinking of our mother, for example, our idea of her does not become tired or hungry. We can imagine her walking, in which case our idea of her walking involves a semblance of movement. The sequence of images entailed, however, taken as a whole, constitutes a single idea. The mental pictures that compose this idea, like frames in a movie, are not actually walking.
Our idea of something, of course, may change, but this occurs in a special way. One idea is replaced by another. The latter version does not arise from the former through an organic process of depending on causes and circumstances, like a flower arising due to its dependence on a seed, soil, water, air and so on. Nor does an idea organically grow into a new one through a moment-to-moment process of transformation or change, like a flower aging and wilting.
We can now begin to understand why conceptual thoughts are not vivid. When we think of something that changes from moment to moment, such as our mother, through the medium of an idea of her, we are mixing our mother with an idea of her. Our mother changes from moment to moment, while our idea of her does not. The appearing object of our thought - the idea of our mother - and its object of engagement - our actual mother - are not in the same category of phenomena. Because the focal object of our thought - our mother through the filter of our idea of her - is a hybrid object, the conceptual mind with which we think of our mother cannot give rise to a
vivid appearance.
We can an perhaps understand this point better through the analogy of looking through the moving water of a stream at a stationary rock on the bottom. Although the analogy is not precise because our focal object in the example is something immobile mixed with the filter of something in motion - not something ever-changing mixed with the filter of something static - nevertheless we can appreciate from this analogy that a hybrid object cannot appear as vividly as one that is unmixed. But what about when we think of the nature of mind?
Unlike our mother, the nature of mind, either on the conventional or deepest level, does not change from moment to moment. Each moment of our experience has the same conventional nature of being a mere arising and engaging with the contents of that experience, and the same deepest nature of being devoid of existing in any impossible way. Although both levels of nature of our experience do not change from moment to moment, our experience having those natures does change from moment to moment. This is because the contents of experience are always changing, both in terms of focal objects and accompanying mental factors.
The nature of mind cannot exist separately from actual moment-to-moment experience. Each moment of experience and its nature come in the same package. Although that nature does not change, the basis for that nature - each moment of experience - changes each moment. When we focus on the unchanging nature of an ever-changing Phenomenon through each moment of its change, we find it very difficult to keep up with each moment of change. Naturally we focus on that unchanging nature through a static idea of it.
Mind cannot exist in a different package from its nature. Its nature, however, can certainly exist in a different package from an idea of that nature. Therefore, although mind's nature and an idea of that nature are both static Phenomena, they are still in different categories of phenomena. This is because the former is always freshly together with each changing moment of experience, while the latter may lapse. Thus the mixture of the nature of mind and an idea of it is a hybrid object. As a result, a conceptual mind focused on such a hybrid object, even with perfectly absorbed concentration, cannot be vivid.
In short, it is extremely difficult even to recognize the difference between perfect states of conceptual and not conceptual meditations on the nature of mind, let alone to transform the former into the latter. No wonder it takes, according to the sutra teaching, zillions, or a "countless number" of eons of building up positive potential and cleansing obstacles in order to reach this stage.
Ein schönes Wochenende wünscht
Thorsten
Hallo Accinca.
Es geht um statisch NICHT um unvergänglich.
Liebe Grüße
Thorsten
Hallo Hedin.
Du verstehst den Begriff eines statischen Phänomens nicht richtig. Es hat nichts mit Konzepten oder Verblendungen zu tun. Sondern es geht auf eine phänomenologische Unterteilung der Wirklichkeit zurück, die in der Gelug-Schule des tibetischen Buddhismus vorgenommen wird. Mit einer Verteidigung eines "Absoluten" hat das nicht das Geringste zu tun. Die Frage, ob einer Kategorie für sich Wirklichkeit zukommt oder nicht, kann man verschieden beantworten, je nach den jeweiligen Prämissen. Hier wird postuliert, dass eine Kategorie – anders als die Phänomene, die dieser Kategorie zugeordnet werden – sich nicht von Augenblick zu Augenblick ändert. Damit ist aber nicht gesagt, dass sie inhärent existent wäre, schon gar nicht, dass damit etwas Absolutes verkörpert sei. Ein Apfel verändert sich von Augenblick zu Augenblick. Die Kategorie "Äpfel" tut das nicht, auch wenn sich wiederum der Geist, der die Kategorie "Äpfel" auffasst sich von Augenblick zu Augenblick ändert.
Auch ist hier vielleicht sinnvoll, zu fragen, was in dieser philosophischen Richtung des Buddhismus unter Ursachen und Wirkungen zu verstehen ist, in welchem Kontext diese Unterteilung auftaucht, welche Schlussfolgerungen daraus gezogen werden, kurz: sich einfach einmal damit zu beschäftigen. Du kannst Dir jedenfalls gewiss sein, dass die Mönche und Nonnen der Gelug-Tradition gute Gründe gehabt haben, zwischen statischen Phänomenen und unbeständigen Phänomenen zu unterscheiden, um das Wesen der Wirklichkeit zu beschreiben. Ob man diese Auffassung teilt, bleibt jedem selbst überlassen.
Es ist meiner Ansicht nach zudem eine Frage des Respektes vor den Leistungen dieser Menschen, erst einmal zu fragen, wieso jemand darauf kommt, eine solche solche Unterteilung vorzunehmen, bevor man sich abfällig darüber äußert. Wenn man die Gründe für eine Auffassung nachvollzogen hat in ihrer gesamten Tiefe, kann man noch immer anderer Meinung sein, ohne die Meinung des anderen gleich zu diskreditieren. Wenn man zudem eine Auffassung, die einem fremd oder merkwürdig erscheint, genauer anschaut und durchdenkt, kann man nicht selten noch etwas lernen. Und das ist nie verkehrt.
Es erspart einem manchmal einiges an Beschämung, wenn man die anderen erst einmal nicht für dümmer hält als sich selbst. Und es kann eine große Bereicherung sein! Das weiß ich aus eigener Erfahrung, gerade in Auseinandersetzung mit dem tibetischen Buddhismus.
Liebe Grüße
Thorsten
Das sind nur pure menschliche Behauptungen zu einer bestimmten Zeit.
Manch andere sehen das anders. Da ist einer erst dann ein Mörder wenn
er aus "niederen Beweggründen" mit Absicht einen Menschen umbringt.
Genau genommen wird er erst dadurch zum Mörder und auch nur in dem
Augenblick des Mordes. Andere wieder sagen schon dann sei einer ein
Mörder, wenn er dazu eine Absicht faßt die geeignet dazu ist den Mord
auszuführen. Du solltest mal Strafrecht studieren dort befassen sie sich
mit sowas. Heute wie früher.
Darum geht es nicht. Es geht darum, dass bestimmte Phänomene sich nicht von Augenblick zu Augenblick verändern. Wie zum Beispiel das Vater-Sein. Auch wenn sich Körper und Geist bei mir im Laufe der Jahrzehnte komplett verändern, dieses Vater-Sein bleibt in jedem Augenblick identisch. Ebenso wie mein Name oder meine Zugehörigkeit zur Kategorie Mensch, Kategorie Säugetier, Kategorie Mann, etc... Auch die Abwesenheit eines Elefanten in meinem Zimmer hier bleibt in jedem Moment identisch.
Ich sehe augenblickliche Wandlung aber nicht, wenn ich mir einen Apfel oder eine Strasse beschaue.
Ein Apfel ist zunächst eine Blüte, dann ein reifer Apfel, dann schrumpelig, dann verrottet. Stell Dir eine Zeitachse vor, auf der alle vier Stadien, die ein Apfel durchläuft, als Punkte dargestellt sind. Jeder Punkt stellt (wie Einzelbilder eines Films) einen Augenblick eines Apfels dar. Nun lässt sich die Strecke zwischen zwei Punkten auf einer Zeitachse (reifer Apfel – verrotteter Apfel) in beliebig viele Strecken unterteilen. Jeden Augenblick wandelt sich der reife Apfel ein bischen in Richtung auf das Stadium des verrotteten Apfels. Das ist mit Unbeständigkeit gemeint. Auch bei einer Straße verhält es sich ähnlich. Eine frisch geteerte Straße ist nach ein paar Jahrzehnten völlig rissig und kaputt. In jedem Augenblick findet in der gesamten Wirklichkeit diese Form von allmählicher Verwandlung statt. Auch Menschen verändern sich in jedem Augenblick. Im tibetischen Buddhismus wird aber zwischen statischen Phänomenen und unbeständigen Phänomenen unterschieden. Die Kategorie "Apfel" beispielsweise ist statisch, weil sie sich nicht von Augenblick zu Augenblick wandelt. Der tatsächliche Apfel hingegen ist unbeständig, wie im Video zu sehen war.
Hier ein Ausschnitt aus einem Artikel zu diesem Thema:
Wir machen uns deutlich, dass alle Dinge unbeständig sind, wie der Buddha immer wieder betont hat. Das bedeutet, dass alles, was aus Ursachen und Bedingungen entstanden ist, veränderlich und nicht dauerhaft ist. Dazu gehören alle geistigen und körperlichen Phänomene und die dazu in Beziehung stehenden Dinge wie Zeit, Menschen etc.
Wir vergegenwärtigen uns zunächst die grobe Unbeständigkeit: Menschen altern und sterben, Häuser zerfallen, die Jahreszeiten wechseln einander ab. Tatsächlich wird alles, was wir Materie oder Geist nennen, sich wandeln und schließlich vergehen. Der Buddha sagte dazu: "Alles was entstanden ist, wird wieder vergehen." Trotz dieses Wissens sind wir aber oft sehr überrascht, wenn uns gut bekannte Personen sterben oder Gegenstände vergehen, weil wir uns ihre Unbeständigkeit nicht stets bewusst halten.
Im nächsten Schritt machen wir uns die subtile Ebene der Unbeständigkeit deutlich, die schwerer wahrzunehmen und mit bloßen Augen nicht zu erkennen ist. Sie beinhaltet, dass die Dinge sich in kürzesten Momenten wandeln. Wir wissen, dass z.B. die scheinbar so stabile Materie aus kleinen Teilen besteht, die sich in äußerst kurzen Momenten verändern. Obwohl wir diese Tatsache intellektuell verstehen, müssen wir erkennen, dass wir im Alltag instinktiv an einem anderen Bild der Dinge festhalten und nach Beständigkeit greifen. Wir fassen instinktiv uns bekannte Dinge und Personen so auf, als wenn sie über mehrere Momente hinweg gleich bleiben würden. Beispielsweise erscheint uns ein altes, uns bekanntes Haus oft so, als würde es an seinem Platz mehr oder weniger unverändert seit Jahrzehnten stehen. Genauso passiert es uns oft, dass wir einen befreundeten Menschen treffen und meinen, die Person wäre in jeder Hinsicht die gleiche wie bei der letzten Begegnung.
Die Person hat zwar eine Kontinuität, aber im Gegensatz zu unserer spontanen Auffassung bleibt nichts in ihrem Körper und Geist von einem Moment auf den nächsten gleich. Die Person wandelt sich von Augenblick zu Augenblick; dies ist die subtile Unbeständigkeit. Erkennen wir diese, erscheinen uns die Dinge mehr wie ein Prozess oder wie ein Fluss. Der Buddha verglich die Dinge mit Wolken und Wasserblasen, um auf ihre flüchtige Natur hinzuweisen. Er sagt im Diamant-Sutra: "So sollte dir die ganze vergängliche Welt erscheinen: wie ein Stern im Morgengrauen, eine Luftblase im Fluss, ein Blitz in einer Sommerwolke, ein flackerndes Licht, ein Schatten und ein Traum."
Hallo Vedana.
Dauern bedeutet: Sich nicht von Augenblick zu Augenblick verändern. Wenn ich beispielsweise einen Menschen umgebracht habe, werde ich in diesem Augenblick zu einem Mörder, und zwar in genau dem Augenblick, ab dem der Mensch unwiederbringlich tot ist. Diese Eigenschaft (Ein Mörder zu sein) besteht ab diesem Augenblick unverändert weiter, egal, ob ich das bereue, ins Gefängnis komme oder sonst etwas. Die Eigenschaft, ein Mörder zu sein, kann nicht korrodieren oder sich zersetzen oder sich in die eine andere Eigenschaft verwandeln. Bevor ich zum Mörder wurde, existierte diese Eigenschaft in Bezug auf mich nicht, dann, mit dem Mord beginnt sie zu existieren, sie hört auf zu existieren, wenn meine Existenz und alle Bezüge komplett vergessen sind. In der Zwischenzeit aber verändert sich dieses Faktum (ein Mörder zu sein) nicht. Das gleiche gilt, seit meine Tochter auf der Welt ist. Ich bin Vater und werde es immer sein. Ich wurde es in dem Augenblick, als die Information, dass meine Frau schwanger war, in die Welt trat.
Mein Körper, ein Apfel, ein Auto, eine Straße hingegen verändert sich in jedem Augenblick. Der Körper, ein Apfel, ein Auto, eine Straße des vergangenen Augenblicks ist von dem und der des jetzigen verschieden. Ständig finden Veränderungen statt. Daher heißt dieses Phänomen unbeständig. Das Faktum, ein Mörder zu sein, ein Vater zu sein, hat jetzt die exakt gleiche Beschaffenheit, wie einen Moment zuvor oder in einem Jahr oder in zehn Jahren. Dieses Fakutm verändert sich nicht von Augenblick zu Augenblick. Es dauert.
Viele Grüße
Thorsten
Wo oder wie existiert eine abstrakte Zeichenkette?
Dort und auf die gleiche Weise, wie auch Negationen existieren.
Eine Zeichenkette verstehe ich. ..... N a m e ...... die ist aber subtil unbeständig, weil sie materiell ist.
Nein, ist sie nicht. Du verwechselst Signifikat und Signifikant.
Und was bedeutet "abstrakt"?
Nicht gegenständlich. Beschreibe die subtile Unbeständigkeit des Signifikaten von der Zahl 1.
Der Name hat dich bezeichnet? ?
Oder wer hat bezeichnet? Was bedeutet "bezeichnen"?
Wie entsteht der Prozess des Bezeichnens?
Dass etwas einen Anfang oder ein Ende hat, ist unerheblich für diese Definition der Beständigkeit. Lies einmal den Artikel aus dem Berzin-Archiv bevor Du weiter Frage an Frage reihst.
Also wirklich, was soll so ein Unausgegorenes Zeug?
Da muß man sich irgendwann mal entscheiden was man sagen will:
Zeitweilig beständig = nichts anders als unbeständig.
Man sollte sich erst mit dem, wozu man etwas sagen möchte, genauer beschäftigen... am besten bevor man ein Urteil absondert.
Ein Name ist natürlich beständig. Als ich geboren wurde bezeichnete der Namen meine Person. Fleisch und Geist sind der ständigen Veränderung unterworfen. Heute bin ich fast fünfzig. Mein Name ist vollkommen unverändert, er hat – im Gegensatz zu mir – keine Falten und grauen Haare bekommen. Auch wenn ich gestorben bin, wird mein Name, solange sich irgendwer meiner erinnert, unverändert bleiben.
Der Name ist nicht identisch mit dem Lautbild. Der Name ist nicht identisch mit der Benennungsgrundlage. Der Name ist eine abstrakte Zeichenkette, der durch Vereinbarung bestimmte Vokale und Konsonanten zugeordnet werden.
Ich glaube, man muss unterscheiden zwischen "es gibt etwas nicht" und "es gibt etwas nicht, dass nur aus sich heraus existiert". Es existiert ein ICH. Allerdings existiert es nur in Abhängigkeit von seinen Teilen, in Abhängigkeit von seiner Benennung und ich Abhängigkeit von seinen Ursachen. Sucht man aber etwas, ein Objekt, einen Kern, der oder das konkret das ICH wäre, so wir man nicht fündig werden. Das ICH ist keines von seinen Teilen, es ist auch nicht die Summe seiner Teile, es existiert nicht außerhalb seiner Teile und es ist auch nicht innerhalb seiner Teile versteckt. Verschwinden seine Ursachen, verschwindet auch das ICH. Ist das ICH also identisch mit seinen Ursachen? "ICH" oder "das Selbst" sind Begriffe die in Abhängigkeit von einer sich stetig wandelnden Gruppe von Phänomenen bestehen. Diese Gruppe macht die Benennungsgrundlage aus. Nur ist weder der Begriff für sich genommen das ICH, noch ist die Benennungsgrundlage für sich genommen das ICH. Ein Objekt, das für sich existent – außerhalb dieser Abhängigkeiten – ein ICH wäre, gibt es nicht.
Das betrifft alle Phänomene. Hier eine berühmte Erklärung zu diesem Thema:
Fragen über charakteristische Merkmale Mil. // 2.1.1. Unpersönlichkeit - 2.1.1. Paññattipañho
Leer heißt nicht, dass da nichts ist. Leer bedeutet, dass alles, was exisitiert, in Abhängigkeit von seinen Ursachen und Teilen und in Abhängigkeit von seiner Benennung existiert.
Zudem exisitiert alles nur als Wahrgenommenes und ist insofern von einem Wahrnehmenden abhängig, der seinerseits wieder von Ursachen und Bedingungen abhängig ist. Es gibt in diesem Gefüge keinen festen Punkt. Alles ist in ständiger Veränderung begriffen. Alles ist leer von inhärenter Eigenexistenz.
Zudem: Das ICH, das gestern exisitiert hat, existiert jetzt nicht mehr – nicht einmal das ICH, das vor einer Minute, einer Sekunde, einer Millisekunde anwesend war. Das ICH des jetzigen Augenblicks ist schon nicht mehr da, wo es schon wieder erst wird. Und auch Werden und Vergehen existieren nur in Abhängigkeit zueinander. Weder Werden noch Vergehen für sich genommen ist auffindbar.
Ohne Entstehen, auch ohne Vergehen, nicht ewig, auch nicht abgeschnitten.
Nicht eines, auch nicht verschieden, ohne Kommen, auch ohne Gehen –
Aus: Die mittlere Lehre des Nagarjuna, zweiter Abschnitt
Viele Grüße
Thorsten
Egal, wie hoch sich jemand aufschwingt in edler Einzigartigkeit, wie einsam und selbstgewiss mit seiner/ihrer Wahrheit er oder sie auch ist, es gibt immer einen, der sich noch höher erhebt, der es noch besser weiß, der noch erhabener über der Masse der Unwissenden hinausragt … wie im Märchen vom Zaunkönig. Die Perspektive von so hoch oben ist wahrhaftig atemberaubend. Das Ich strahlt dort oben, wo die Luft des Geistes allmählich dünn wird vor Weisheit und tiefer Erkenntnis, besonders glanzvoll: Alle schauen auf zu mir!
So sucht sich jeder seinen Standpunkt. ICH aber, noch weitaus erhabener, schaue zu euch allen hinab, gütig und gerecht, und lasse euch teilhaben an meiner Weisheit, welche die einzige und wahre ist… und strecke euch die Zunge raus!!
Buddha sitzt auf dem Boden und sieht den Menschen und Göttern beim Fliegen zu.
Auf dem Boden, das ist da, wo wir alle wieder hin müssen … wenn uns die Puste ausgeht … wenn das Leiden uns einholt.
Einen schönen Abend wünscht.
Thorsten
Hallo Rudolf.
Auch im Mahayana gibt es Beständiges nur als Negation
Das stimmt nicht.
Auch Fakten sind beispielsweise beständig. Zum Beispiel ist ein Hund keine Katze. Mein Name ist Thorsten Hallscheidt. Auch dieses Faktum ist beständig.
Im Bereich der Dinge, die existieren, können wir statische und nicht-statische Dingen unterscheiden. Diese Begriffe werden normalerweise mit „beständig“ und „ unbeständig“ übersetzt, aber so, wie diese Wörter in unserer Sprache verwendet werden, beziehen sie sich oft darauf, wie lange etwas existiert. Hier geht es jedoch nicht darum, wie lange etwas existiert, sondern ob sich eine Sache ändert, während sie existiert, unabhängig davon wie lange das sein mag. In diesem Sinne sind statische Phänomene „beständig“ und nicht-statische Phänomene sind „unbeständig“.