Beiträge von Leonie im Thema „Was unterscheidet den Buddhisten vom Materialisten ?“

    Eine Fata Morgana ist Form und grundsätzlich Wahrheit. Eine Spiegelung ist Form .... Dass die Spiegelung mit Wasser verwechselt wird, ist nicht die Illusion, sondern auch eine weitere Illusion. Das Problem ist, dass die Form nicht von Wahrheit oder Wirklichkeit getrennt existiert, sondern immer eine Erscheinungsweise ist, wie sie dem Ich eben erscheint. Einer Fledermaus, also einem anderen Wesen mit anderer Wahrnehmung erscheinen die Formen anders, der Wahrnehmung entsprechend.


    Ein Mönch fragte: »Welche Wahrheit liegt in der Form?«

    Ts'ao-shan sagte: »Form ist grundsätzlich Wahrheit.«

    Der Mönch fragte: »Wie kannst du das aufweisen?«


    Ts'ao-shan hob seine Teeschale.


    Der Mönch fragte: »Wie kann denn Illusion Wahrheit sein?«

    Ts'ao-shan sagte: »Illusion ist grundsätzlich Wahrheit.«

    Der Mönch fragte: »Wenn man der Illusion begegnet, was wird dann enthüllt?«

    Ts'ao-shan sagte: »Illusion wird enthüllt.«

    Der Mönch meinte: »Wenn das so ist, dann kann man vom Anfang bis zum Ende der Illusion nicht entgehen.«


    Ts'ao-shan sagte: »Aber wenn du illusionären Formen nachgehst, kannst du sie nicht erlangen.«


    Da die Wirklichkeit, als Form, vollständig von Wahrheit durchdrungen ist, ist sie von Illusion nicht zu unterscheiden. Es gibt aber auch keinen Grund der Wirklichkeit nachzugehen, weil das Nachgehen bereits eine Unterscheidung bedingt, die Illusion von Wahrheit trennen will.


    In einer anderen Übersetzung des Dialogs von Ts'ao-shan und dem Mönch heißt es:


    Mönch: "Wo tritt die Wirklichkeit in Erscheinung?"

    Ts'ao-shan sagte: Wo immer Erscheinung ist, da ist Wirklichkeit."

    Mönch: "Wie zeigt sich dies?"

    Ts'ao-shan hebt schweigend seine Teeschale.

    Der Mönch fragte: "Aber wo ist die Wirklichkeit in der Illusion?"

    Ts'ao-shan sagte: "Der Ursprung der Illusion ist die Wirklichkeit." - das ist die oben erwähnte Asymmetrie im Verhältnis von Wahrheit/Wirklichkeit und Täuschung/Illusion.


    Der Mönch fragte: " Aber wie kann Wirklichkeit selbst in der Illusion erscheinen?"

    Ts'ao-shan sagte: "Wo immer Illusion ist, da erscheint Wirklichkeit."



    Erst wenn ich der Illusion auf den Leim gehen und der Luftspiegelung folge - ich weiss ja nicht vorher, dass das eine Täuschung ist, der Durst hat meine Sinne getrübt - dann erfahre ich, dass da kein Wasser ist und werde dementsprechend enttäuscht.

    Der Buddhismus als Religion und Lehrsystem ist somit das "Drumherum" der konkreten Übung und Erfahrung.


    ich wundere mich wie du das trennen kannst.

    Wenn ein Lama z.B. in einem institut eine Unterweisung gibt oder erklärt wie man meditiert, oder du dort hörst was Entsagung bedeutet (gemäß dem Lehrsystem) und du "da draußen" oder zuhause dich entsprechend übst: was ist denn da das "Drumherum" und was die konkrete Übung?

    Gehe doch einfach mal zurück auf Buddha.

    Übung und Erfahrung (Erleuchtung) sind die konkrete, durch dich ausgeübte Praxis. Und da gibt es schon Anleitung, Unterweisung, wie man im Zen sitzt. Deshalb ist es hilfreich sich das von einem anderen zeigen zu lassen oder es sich im Internet als video anzusehen. Das ist das, was ich als "guten Freund" bezeichne. Die Übung des Zen ist vor allem eine gemeinsame Übung, mit "guten Freunden". Aber Zen ist nicht bloß Sitzen, sonder geht weit darüber hinaus.


    Nun kann die Übung nur durch dich in deiner Weise "so" vollzogen werden. Das von mir so genannte "drumherum" gibt dir eine Art Maßstab, d.h. erstens Hinweise, wie man in der entsprechenden Tradition sitzt oder praktiziert, das ist ja im Tibetischen anders als im Zen. Es gibt dir dann noch einen Rahmen, in dem deine Erfahrungen eingeordnet und interpretiert werden (sollen), das liefert das Lehrsystem.


    Nichts anderes findet sich bei Buddha - zunächst die Übung und Erfahrung selbst und daraus dann Unterweisungen für andere. Bei seinen Unterweisungen bediente er sich dann natürlich an den kulturellen Gegebenheiten, was man an seinen Reden sehen kann.


    Später dann - kam es zu Formen der Institutionalisierung - Schriftform, Ordensbildung und -regeln, Unterstützung durch Landesfürsten oder ähnl. und damit kann sich ein System bilden und erhalten und sich auch von der ursprünglichen Übung und Erfahrung entkoppeln. Alle Erneuerungen haben auch immer wieder an diese Ursprünge von Übung und Erfahrung angeknüpft.


    Wo man selbst landet, bei welchem System, hängt von den Bedingungen ab, die als karmisch bezeichnet werden. Und da kann jeder sich auch sein eigenes System bauen, wie das der säkulare B. ja versucht. Doch das kann man lassen, denn im Zen lässt man jedes System hinter sich, schließlich ist einem doch klar, dass alle Erscheinungen leer sind.

    Naja.Zumindest hierzulande sind die meisten "Einrichtungen" ins Vereinsrecht eingebunden,und da hat (theoeretisch ein jeder "was zu melden",der will.Da kann man sich im Fall der Fälle "einer hat nichts zu melden",höchstens mal anschauen,wo dann Widerstand oder Hürde in den Strukturen liegt.

    Mit Institutionen ist auch noch anderes als Vereine gemeint.


    Ich sehe inzwischen auch keinen Sinn mehr darin, mich hier an dem Thema weiter zu beteiligen. Ich habe dazu alles gesagt, was mir wichtig ist. Vor allem ging es mir um die Klarstellung, dass das, was als WEG bezeichnet ist konkret durch Menschen ausgeübt, vollzogen werden muss und dass dies in der Übung und Erfahrung Buddhas gründet. Wie das dann in Worte gefasst wurde oder gar in soziale Formen ist sekundär und letzteres ist auch wandelbar. Der Buddhismus als Religion und Lehrsystem ist somit das "Drumherum" der konkreten Übung und Erfahrung. Aus dieser Übung und Erfahrung kommen dann auch Friede, Freundlichkeit, Güte und andere "göttliche Verweilzustände" .

    Das war doch meine Frage.

    Da kann ich dir keine Antwort geben - da musst du dich an Thorsten Hallscheidt wenden, der hat das mit dem Lehrsystem und der Religion und dem anderen institutionellen Zeug eingebracht.

    Ich versuche immer deutlich zu machen, dass der WEG was Lebendiges ist, aber da scheine ich mich nicht verständlich machen zu können.

    Gegen Institutionen habe ich nichts, aber sie sind in den wenigsten Fällen demokratisch legitimiert. Gerade in religiösen Einrichtungen wird vieles durch Spenden überhaupt erst aufgebaut und möglich, doch die Spender, sieht man mal von Großspender ab, haben nichts zu melden. Sie haben noch nicht mal Teil am Besitz und Vermögen. Dabei lässt sich vieles als Genossenschaft z.B. organisieren.

    Daher sollte sich jeder auch mal genauer ansehen - wer finanziert es und wem gehört es.

    Zunächst danke ich dir, dass du meinen Vorschlag nachgekommen bist und die zitierweise entsprechend anwendest. So finden sich die Beiträge für mich einfacher.

    Ohne das Buddhistische Lehrsystem, hätte ich keine Idee davon entwickeln können, was der WEG ist.

    Was "man", Buddha oder Christus unter dem Weg verstehen oder verstanden haben, kann ich leider nicht beurteilen.

    Man - das sind diejenigen, die den Buddha-Weg oder Christus-Weg gehen und verstehen, wie z.B. Dôgen oder der Evangelist Johannes. Beides hat mit einem Lehrsystem nichts zu tun. Ausgangspunkt ist dukkha - das schwer zu ertragende - das erfährt jeder Mensch und dazu braucht es kein System, keine Religion und keine Lehre. Ausgangspunkt ist die Erfahrung von dukkha.

    Und die Suche nach Erlösung oder Befreiung führt dich zum WEG, der gegangen werden muss. Die Gestaltung(en) des Weges unterscheidet sich dann, je nach persönlichen und sozio-kulturellen Voraussetzungen bzw. Bedingungen. Da kommt dann so was wie Institutionen und Lehre ins Spiel. Und da haben wir heute ein großes globales Angebot aus dem jeder sich das passende Bausteinchen heraus nehmen kann. Aber was der Weg (für einen selbst) ist und ob er zur Befreiung führt, das entscheidet sich lokal, im Gehen selbst und im Erfahren selbst. Dann lässt man das bekannte Floß am Flußufer liegen, d.h. die Lehre braucht es nicht mehr. Wenn ich das ganz genau betrachte, so braucht es weder am Anfang, noch am Ende, noch in der Mitte die Lehre. Es braucht einen guten Menschen, der sich in der Gegend gut auskennt und dem man sich anvertrauen kann. Genau so hat auch Buddha das mal gesagt, in AN.X. 61-62


    Anguttara Nikaya X.61-70

    Zitat

    Doch auch das Hören der Guten Lehre hat eine es ernährende Bedingung, ist nicht ohne solche Bedingung. Und was ist die ernährende Bedingung des Hörens der Guten Lehre? »Der Umgang mit edlen Menschen«, hätte man zu antworten.



    Und da bin ich wieder bei meinem Eingangsargument von den freien und freundlichen Menschen - der gute Weg kommt durch gute Menschen zustande. Wie Augustinus es mal meinte: seid ihr gut, sind auch die Zeiten gut.

    Mir ging es um "sankappa" .

    Es wäre etwas einfacher, wenn du die zitierweise des Systems hier nutzen würdest.


    Du hast meine Schlußfolgerung als Zitat genutzt, ohne die Voraussetzungen zu berücksichtigen. Die Schlußfolgerung ist aber von der Prämisse nicht unabhängig. Und die Prämisse war deine Aussage:


    Zitat

    Wenn eine Religion oder Weltanschauung dazu führt, dass die Menschen freier und freundlicher werden, ist jeder Weg recht, denke ich.


    Damit unterstellst du, dass Religion und Weltanschauung - also ein System von Ideen und Ideologien - Menschen freier und freundlicher machen kann.

    Dies ist weder das, was man unter Weg versteht, noch das, was Buddha oder Christus als Lehrer verstanden haben.


    Selbstverständlich ist das genau meine Rede, dass es ausgebildeter und befähigter Menschen bedarf und nicht Schulen und Universitäten. Die letzteren würden auch nicht ohne diese Menschen funktionieren. Die Qualität der Lehre hat nichts mit der Institution zu tun, sondern mit den Menschen und deren Haltung, Gesinnung, Einstellung und deren Bildung.


    Der Buddhismus ist nicht nur eine Geistesschulung, ohne die körperliche Schulung kommt da keiner sehr weit. Die vier edlen Wahrheiten sind Körper-Erfahrungen - und die Haltung des Körpers und zum Körper machen das aus, was mittlerer Weg genannt wird.

    Auch wenn es im Dhammapada heisst - der Geist geht den Dingen voraus - dann heisst das nur, der Körper muss da auch hinterher - aber richtig übersetzt ist damit mano - Absicht - gemeint und im chinesischen ist das der Herz-Geist - also was Körperliches. Da woran dein Herz hängt, da bist du.


    Was du vor Augen hast, dass ist das System - das ist geistig und eine Vorstellung, der dann die Menschen zu gehorchen haben, als Voraussetzung für Frieden und Glück - aber dieses Versprechen hat noch kein System einlösen können - genau darin lag ja auch die Kritik Buddhas an den Systemen, die er vorgefunden hatte. Das wollte er nicht, da es nicht zum Ende des Leidens führt.


    Der Mensch ist kein Naturwesen, sondern er kommt aus der Natur und hat sich ein Haus gebaut, seine Kultur. Er wohnt außerhalb von sich selbst und leidet darunter. Er kann nicht mehr zurück. Er muss vorwärts und hat seine LebensAngst und LebensGier dabei. Es kann lange dauern, bis erkannt wird, dass es eine Frage der "rechten Gesinnung" samma sankappa - rechtes Denken - ist.


    Deine Aussage

    Zitat

    Wenn eine Religion oder Weltanschauung dazu führt, dass die Menschen freier und freundlicher werden, ist jeder Weg recht, denke ich.

    war eben nicht "rechtes Denken".


    Da fällt mir ein Buch ein, dass sich mit dieser Problematik beschäftigt:

    Zitat

    Dr. med. Herbert Renz-Polster Erziehung prägt Gesinnung. Wie der weltweite Rechtsruck entstehen konnte - und wie wir ihn aufhalten können


    Erziehung ist aber in Familien überwiegend nonverbal und wird vorgelebt. Insofern Buddha und Christus als Vorbilder angesehen werden und man ihnen nachfolgen soll - insofern prägen sie auch unser Denken. Aber vor allem durch das Leben selbst, das wir auf dem Weg erfahren.

    Wenn eine Religion oder Weltanschauung dazu führt, dass die Menschen freier und freundlicher werden, ist jeder Weg recht, denke ich.

    Das sehe ich entschieden anders. Erstens ist niemals jeder Weg recht und führt auch nicht zum gewünschten Ergebnis. Zweitens werden Menschen weder durch Religion oder Weltanschauung, also durch Ideen und Ideologien freier und freundlicher, sondern es sind Freundlichkeit und Freiheit, die dies bewirken. Es bedarf also freundlicher und freier Menschen und keiner Religion oder sonstiger Ideologie.