Ich denke man kann sagen, dass die 4 edlen Wahrheiten gesprochen wurden, damit man die Vergänglichkeit und Leerheit der Erscheinungen erkennt und sich davon abwendet. Nicht vorrangig, damit einer auf eine grobe Weise versteht, dass Handlungen eigenes Leben und späteres eigenes Leben bedingen.
Um die Vergänglichkeit und Leerheit der Erscheinungen zu erkennen, reicht es, sich mit Pratityasamutpada zu beschäftigen.
Bei den vier edlen Wahrheiten geht es um die Frage, können wir unsere Verstrickungen an den Daseinskreislauf (samsara) überwinden und eine vollkommene innere Freiheit entwickeln, die mit höchstem Glück verbunden ist? Es geht also um eine ganz existentielle Fragestellung bei den vier edlen Wahrheiten.
Der Buddha lehrt, dass diese innere Freiheit erreicht werden kann. Er hat in seiner ersten Lehrrede (vgl. SN 56:12) den fünf guten Asketen erklärt:
- Dies ist die Wahrheit vom Leiden. Sie gilt es zu erkennen. Hat man sie erkannt, gibt es nichts mehr zu erkennen.
- Dies ist die Wahrheit von den Leidensursachen. Sie sind zu überwinden. Hat man sie überwunden, gibt es nichts mehr zu überwinden.
- Dies ist die Wahrheit von den Beendigungen der Leiden. Sie sind zu verwirklichen. Hat man sie verwirklicht, dann gibt es nichts mehr zu verwirklichen.
- Dies ist die Wahrheit von den Pfaden, die zu den Beendigungen führen. Sie sind zu üben. Hat man sie geübt, gibt es nichts mehr zu üben.
Bei der zweiten edlen Wahrheit kommen unsere Taten / Handlungen ins Spiel, denn unsere Taten (Karma) und unsere Leidenschaften (Klesas) sind die Ursachen unserer Leiden, wobei es hier hauptsächlich um unsere unheilsamen Taten / Handlungen geht. Äußere Umstände spielen nur eine nachgeordnete Rolle.
Wenn man die vier edlen Wahrheiten auffächert, kommt man im Zusammenhang mit der zweiten edlen Wahrheit sehr schnell auf Karma und dessen Wirkungen. Taten hinterlassen karmische Prägungen in unserem Inneren, in unserem Geist, in unserem Bewusstsein. Treffen sie mit geeigneten äußeren Umständen zusammen, werden diese manifest und bringen ihre unheilsamen oder heilsamen Wirkungen hervor, die wir in Form von Leid oder Glück erleben.
Die Wirkungen unserer Handlungen dieses Lebens müssen nicht zwangläufig in diesem Leben eintreten. Das kann auch erst im nächsten oder einem Leben danach sein. Somit haben unsere Taten dieses Leben nicht nur Auswirkungen auf unser Erleben in diesem Leben, sondern auch auf zukünftige. Rückwärts gilt es genauso: Was wir in diesem Leben erleben hat seine Ursachen nicht nur in den Handlungen dieses Lebens, sondern auch in denen früherer Leben.
Den Zusammenhang von Tat und ihren Wirkungen kann man noch weiter auffächern, aber das lasse ich jetzt mal.
Gruß Helmut