Wenn man von den "Grundpfeilern" des Buddhismus spricht, sollte man nicht übersehen, dass es kein objektives Kriterium dafür gibt, was zu ihnen zählt und was nicht. Grundsätzlich ist dies immer eine subjektive Auswahl. Wenn man sich dies bewusst macht, fällt einem auch Toleranz leichter.
Was "Grundpfeiler" sind und was nicht, ist allerdings auch etwas, das im Diskurs ausgehandelt werden kann. Sonderlich viel Bereitschaft dazu nehme ich hier bislang leider nicht wahr. Aber so etwas geht - so hat die Deutsche Buddhistische Union mit ihrem "Bekenntnis" 1985 eine solche Einigung unter deutschen Buddhisten aller größeren Traditionen dokumentiert. Kurioserweise auf Aufforderung des bayerischen Kultusministeriums hin, als eine notwendige Voraussetzung für die Verleihung des öffentlich-rechtlichen Körperschaftsstatus. Ich selbst hatte die Ehre, an der Überarbeitung des Bekenntnisses 2004 aktiv teilzunehmen und die Diskussionen in der Delegiertenversammlung hätten es mE verdient, aufgezeichnet zu werden. Was die damalige Delegiertenversammlung der DBU als Grundpfeiler ansah, lässt sich dem Bekenntnis entnehmen: die Zuflucht zu den 'drei Juwelen' (triratna) Buddha, Dharma und Sangha, die vier 'edlen Wahrheiten' (āryasatya) Duḥkha, Samudāya, Nirodha und Āryamarga, die drei Seinsmerkmale (trilakṣaṇa) Anitya, Duḥkha und Anātman, wobei die erweiterte Formel der 'vier Dharmasiegel' (mit "nirvāṇa ist Frieden") auf Wunsch der 'Tibeter' übernommen wurde. Abschließend speziell die vierte der Āryasatya präzisiert mit dem Verweis auf die Trinität der Schulung in Śīla, Samādhi and Prajñā, darauf folgend speziell Śīla nochmals präzisiert mit expliziter Nennung der Pañcaśīla. Abschließend dann die Verpflichtung zur Übung der vier heilsamen Geisteshaltungen Maitrī, Karuṇā, Mudita und Upekṣā.
Das sieht zumindest die DBU bzw. sehen die in ihr zusammengeschlossenen Buddhisten als "Grundpfeiler" des Buddhismus an. Was nun Stephen Batchelor angeht, so kenne auch ich seine Thesen nur aus kürzeren Papers und/oder Artikeln. Außerdem habe ich ihn 2012 in Hamburg (DBU-Kongress 'Buddha im 21. Jahrhundert') gehört und fand dort glücklicherweise auch Gelegenheit, ihn privat ein wenig kennenzulernen. Ein Mensch, der einen bescheidenen und sehr liebenswürdigen Eindruck macht. Jedenfalls - ich fand bei dem, was ich von ihm gelesen oder gehört habe, nichts, was zu den o.g. "Grundpfeilern" des DBU-Bekenntnisses in Widerspruch stände. Wenn ich ihn richtig verstanden habe, ist seine persönliche Motivation vor allem die, speziell für Menschen, die "Wiedergeburt" und Karma schlicht für esoterischen Unfug und Aberglauben halten, einen Zugang zum Buddhadharma zu öffnen. Damit ist sein 'säkularer Buddhismus' für mich nicht mehr und nicht weniger als ein Upāya. Es mag kein perfekter Zugang sein und schon gar kein Zugang für Jeden, aber besser als gar keiner.
Gerade, was das Verständnis von "Wiedergeburt" und Karma angeht, so schätze ich persönlich dieses selbst bei vielen Buddhisten ebenfalls als "esoterischen Unfug und Aberglauben" ein. Insofern bin ich wohl selbst auch ein Stück weit 'säkularer Buddhist'. Wobei ich der Auffassung bin, dass man früher oder später nicht umhin kommt, die Themen Karma und Punarbhava (= 'Wiederwerden') in Buddhas Lehre richtig zu verstehen. Dann haben diese Begriffe auch nichts (mehr) von 'Aberglauben' - deswegen schrieb ich oben von 'Kind mit dem Bad ausschütten'. Aber das ist nur meine persönliche Auffassung - für Andere öffnet es einen Zugang, wenn man solche 'Steine des Anstoßes' einfach ausklammert. Ob sich das dann noch 'Buddhismus' nennen darf oder nicht - also Leute, ich bitte Euch ... Seid ihr scharf auf inquisitorische Untersuchung von Häresien? Exkommunikation von Andersdenkenden?
Also ich für meinen Teil halte ideologisch "linientreue" buddhistische Lehrer, die jedoch den Buddhadharma durch ihr Versagen in der Praxis der Śīla diskreditieren, für deutlich ärgerlicher um nicht zu sagen schädlicher als 'säkulare Buddhisten'.