Mentus
Zitat Das mit dem Alltag hab ich schon verstanden, mir gehts auch nicht darum " im Zug, der mich nach zuhause bringt, nach vorne zu laufen, damit ich eher da bin" sondern zu verhindern, dass ich womöglich voller Überzeugung in die entgegengesetzte Richtung fahre. Klar, man kann jetzt einhacken: Wenn du überzeugt bist, irrst du dich ja bereits. Aber irgendwie muss ich ja als Anfänger eine erste Klarheit entwickeln können, wo es lang geht, der ständige Zweifel, ob meine Praxis wirklich Zazen ist, macht mich unsicher. Und ich übe bis jetzt im Bezug auf meine Vorangehensweise beim Sitzen und auch im Alltag nur basierend auf: Hoffnung, dass ichs bis jetzt richtig verstanden hab, was ich gelesen hab. (ich akzeptier das aber als erstes, sich mir bereits jetzt schon selbst erklärendes Koan, wenn das so okay ist). Und auf "Bevor ichs nicht mache, mach ichs lieber falsch."
Der Zug ist eine schöne Metapher für Leben. Du wirst da in einen Zug gesetzt, das Leben setzt dich ins Leben und da bleibst du so lange, bis du zuhause angekommen bist. Während du da im Zug sitzt stellst du dir einen Haufen Sinn-Fragen und Sinn ist nichts anderes als die Frage nach der Richtung, nach dem Sinn des Lebens - dabei lächelt das Leben, das ohne Sinn, also ohne warum ist.
Damit sollen die Sinn-Fragen nicht verworfen werden. Sie haben aber ihre Berechtigung, wo es um Dinge geht, die im Laufe des Lebens geschehen (sollen) - Berufswahl, Lebenspartner, Wohnung usw. - die Erlebnisse und Entscheidungen machen das Leben sinnvoll, sie bringen Erfahrungen hervor, das vieles im Leben ein trail-and-error ist.
Bei Erdbeermarmelade lege ich Wert auf das richtige Etikett und würde mich beim Händler beschweren, wenn da Himbeermarmelade drin wäre. Aber letztlich kann ich mich da auf meine Sinne, wie dem Geschmack verlassen. Und so sehe ich das mit der Frage, ob deine Praxis wirklich Zazen ist. Vertraue deinem Geschmack - und du hast ja schon ziemlich gut erkannt, wie so ein nicht-authentischer Zen-Anbieter daher kommt.
Was authentische Zen-Praxis ist kannst du bei Dogen im Fukanzazengi lesen. Sie hat eine körperliche und eine geistige Seite: wie muss ich sitzen - Augen auf oder zu - Hand als Schale oder als Faust - Rücken mit leichtem Hohlkreuz oder doch besser gerade - zur Wand oder zum Raum hin sitzen - halber, voller Lotus, Bänkchen oder Stuhl oder Zafu - die Fragen und Zweifel sind vielerlei. Sie wurden hier alle schon gestellt und ausdiskutiert. Entscheiden musst du und was du entscheidest ist zunächst dein authentisches Zen. Hier ist allerdings das Sitzen in Gemeinschaft sehr hilfreich, weil man sich da einfach in die übliche Weise einordnet.
Die geistige Seite - dieses "nicht-denken denken" oder dieses "Buddha töten" - das braucht seine Zeit, weil das vergleichbar ist mit dem 5. Ochsenbild des "Zähmen des Ochsens". Es geht hier um die Übung des Samadhi, was vergleichbar mit den Versenkungsübungen ist und um das Loslassen dieser Erfahrungen. Und dann auch um die Satori-Erfahrung, die gleichfalls losgelassen werden muss, was als "Buddha töten" verstanden wird.
Hier ist die Hilfe eines Lehrers, einer regelmäßigen Begleitung, neben einer Gruppe angebracht.
Wenn man die vielen Angebote von Meditation und Achtsamkeitsübungen, mindfulness- und vipassana Praktiken heute im Netz findet, dann ist der Hinweis darauf, dass Zen zwar sprachlich auf Chan und Dhyana sich zurückführen lässt, was aber keine inhaltliche Übereinstimmung bedeutet. Zen ist keine Meditation und Satori ist keine Meditationserfahrung. Man findet bei Dogen eben auch, dass samadhi - die Erfahrung des Einsseins, was ein anderer Begriff ist für Weder-Wahrnehmung noch Nicht-Wahrnehmung (8. Jhana) - nicht mit Satori verwechselt werden darf.
Die jhana sind im Pali-Kanon beschrieben und sie sind m.E. schwierig zu verstehen. Also mir ging das so - ich hab's nie kapiert.
Bis ich Ayya Kemma fand und sie hat eine bessere Beschreibung:
Jhanas-Vortrag.pdf
Ich denke, es ist heute wichtig auf diese wesentliche Unterscheidung von Zen und Meditation einzugehen und den Fokus mehr auf die beständige (Aus-)Löschung der Konzepte, Vorstellungen und Ansichten zu legen.
Auch Buddha hat die jhanas praktiziert, bei zwei bekannten Meistern, aber er hat sie als unzureichend angesehen und diese Übung für nicht notwendig erachtet. Sie ist allerdings hilfreich für Samadhi - d.h. für einen Aspekt des achtfachen Pfades.
Und was den Unterschied zwischen Soto und Rinzai anbetrifft - das sind zwei Waggons in einem langen Zug - im Soto-Waggon fragt dich keiner nach dem Fahrschein - und im Rinzai-Waggon kommt ständig ein Fahrkarten-Kontrolleur.