Beiträge von Thorsten Hallscheidt im Thema „Der Begriff " Shunyata" und über das Wesen der Realität ( Fragen)“

    Wie kommst du eigentlich darauf?
    Davon habe ich noch nichts gehört in Dharmaunterweisungen.

    Ich auch nicht. Deshalb kam ich darauf.

    Wenn man lange genug übt, bemerkt man eines Tages, daß der sich

    bewegende Geist auch nur Dukkha ist. Das heißt, er bringt nicht nur die Dukkha erzeugenden Wünsche

    hervor, sondern er ist durch seine Bewegung selbst Dukkha.


    Der Geist ist kein Spiegel.

    Das ist ein Vergleich. Und kein vollkommener Vergleich.


    Metaphern haben ihre Grenzen klar. Der Palikanon, eigentlich alle buddhistischen Schriften sind voller Metaphern. Die Metapher, die ich genutzt habe, um die Funktionsweise des Geistes zu beschreiben, ist sicher eine der treffenderen Möglichkeiten, den Geist zu beschreiben. Das Wörtchen "wie", um auf das metaphorische des Begriffes Spiegel zu verweisen, habe ich vergessen, da hast Du recht.


    Den Geist muss man von geistigen Befleckungen reinigen, und zwar von innen, mit der rechten Einsicht.

    Den Geist kann ich gar nicht reinigen, weil er immer klar und erkennend wie ein Spiegel ist. Hier sind die Grenzen Deiner Metapher.


    ;)

    Der Geist ist grundsätzlich klar und erkennend. Der Geist ist ein Spiegel, der aus dem besteht, was er spiegelt. Was sich abspielt kann getäuscht und richtig, oder getäuscht und falsch oder ungetäuscht sein. Das ändert aber an der Beschaffenheit des Geistes nichts.


    Die Befreiung besteht daraus, dass die Ursachen für Leiden beendet werden. Wieso sollte ein von Anhaftung, Ablehnung und Unwissenheit befreiter Geist bewegungslos sein, wenn er auch nach der Befreiung noch klar und erkennend ist? Erkennen setzt Veränderung und Bewegung voraus. Ein befreiter Geist wäre also noch immer ein Geist, der Dukkha unterworfen ist?

    Wenn ich in einem Vortrag etwas nicht verstehe, stelle ich zunächst einmal nicht die Aussage des Lehrers, (hier Ayya Khema), in Frage

    Das ist mir klar. ^^


    Ich mache es hingegen anders, und folge somit einer Empfehlung des Buddha, nichts unhinterfragt zu übernehmen sondern so lange zu durchdenken und zu hinterfragen, auf Nützlichkeit zu prüfen, etc.., bis ich es verstanden habe. Ich gehe von dem aus, was jemand gesagt hat (nicht was gemeint sein könnte) und schaue, ob es für mich Sinn macht. Fragen kann man die Toten generell nicht mehr. Buddha selbst ist prominentestes Beispiel dafür.


    Ich habe übrigens nicht verstanden, was Du geschrieben hast. Kannst Du es etwas anders formulieren? Kannst Du begründen, warum die Bewegung des Geistes bereits Dukkha sein soll?

    Das heißt, er bringt nicht nur die Dukkha erzeugenden Wünsche

    hervor, sondern er ist durch seine Bewegung selbst Dukkha.


    Wie sollte sich der Geist nicht bewegen, wenn der grundlegende Charakter des Seins die ständige Veränderung ist? Ein bewegungsloser Geist inmitten einer unbeständigen Welt kommt der Vorstellung von Atman recht nahe. Dann müsste der Geist aber unabhängig existieren können. Buddha lehrt aber anatta. Also haben wir entweder keine Möglichkeit dukkha zu entkommen, denn dazu müsste der Geist ja vollständig bewegungslos werden, oder die Behauptung, die Bewegung des Geistes allein erzeuge schon Dukkha ist falsch. Zudem ist es sehr unwahrscheinlich, dass der Geist eines Erwachten bewegungslos sein soll. Im Gegenteil.


    Wenn mit Bewegung Anhaftung und Ablehnung gemeint sein sollen, macht das Zitat mehr Sinn. Aber das sind ja nur zwei mögliche Bewegungen unter vielen.

    Die nüchterne Erkenntnis, daß bereits die mindeste Bejahung von sinnlichem Wohl, die leiseste Identifikation mit einer Anschauung, die sanfte Gewöhnung an eine liebgewordene Gepflogenheit und der zarteste Glaube an meine andauernde Identität unweigerlich irgendwann konkretes Leid in mein Dasein bringen - Hand aufs Herz: wem fällt sie leicht ?


    Sehr guter Satz! Nun gibt es zwei mögliche Wege mit dieser Erkenntnis umzugehen:


    Zum einen kann ich versuchen, indem ich mich davon abwende, jedes sinnliche Wohl zu vermeiden– und damit auch jedes Leiden.

    Oder ich kann das eine immer gleich mit dem anderen denken und akzeptieren.


    Wenn Ablehnung ein Geistesgift ist, dann ist auch die Ablehnung des Leides/Wohls oder die Angst davor eine Form des Leidens. Oder?

    Hallo Igor07 .


    Ich denke, Du beziehst Dich auf etwas, das Freud das ozeanische Gefühl genannt hat. Nach buddhistischer Vorstellung würde allerdings auch diese Form der Ekstase ein Phänomen unter vielen sein, die auf dem Weg aufscheinen – und wieder vergehen. Shunyata ist aber kein Gefühl von Ekstase oder "von eins mit der Außenwelt als Ganzes zu sein". Es ist die Relativierung jeder Art von Wahrnehmung, Ansicht, Sichtweise, Vorstellung oder Konzept, da diese immer nur vergänglich, abhängig entstanden und nur von relativer Gültigkeit (innerhalb bestimmter physischer und kultureller Bedingungen) sein können.


    Das ozeanische Gefühl ist sehr von einer Sehnsucht (Sehn-Sucht) also einer starken Anhaftung an die Vorstellung einer endgültigen, physisch und psychisch rauschhaften Befreiung geprägt, die Polaritäten aufbaut und zwar genau solche:

    Es muss differenziert werden zwischen

    der Art und Weise, wie ein Phänomen erscheint, und wie

    es tatsächlich existiert.

    Diese Sehnsucht führt dazu, eine Art der Wahrnehmung abzulehnen und an eine andere anzuhaften und ist daher eine (sehr aufregende und schöne) Form des Leidens. Die Unzufriedenheit und das Gefühl des Verlorenseins, das dieser Ekstase allerdings oft folgt, ist die zwangsläufige Schattenseite, die deutlich macht, dass es sich nicht um Befreiung handelt. So zumindest meine Erfahrung mit diesem Phänomen.