Meine persönliche Arbeitsweise in der buddhistischen Praxis ist eher eine reduzierende, d.h. : ich realisiere, ich bin weder dies noch das, z.b. Körper, Geist, Aggregate etc., und das war es, bzw. mal sehen, was dann noch übrig bleibt, oder ob es nach Vollendung dieser Praxis überhaupt noch jemanden gibt, den das alles interessiert, aber nicht, dass ich zu "meiner wahren Natur " " zurückkehre", weil ich nämlich nicht glaube/erfahre, dass es eine wahre oder falsche Natur gibt, sondern nur die Natur und die ist gekennzeichnet vom Dharma Mudra und letztlich leer.
Diese Arbeitsweise bevorzuge ich auch, denn wenn es eine wahre Natur gäbe, so könnte ich sie doch nicht erfassen solange ich mich in der "unwahren" Natur befinde. Wir erleben das Dasein als eine Zusammensetzung von fünf khandha und falls es etwas außerhalb davon gibt, kann es nicht mittels der khandha wahrgenommen werden. Was durch Anfang und Ende, durch Raum und Zeit begrenzt ist kann nicht etwas erkennen das unbegrenzt und ewig ist, nicht mittels der fünf Sinne und nicht durch das Denken und Fühlen. Demnach kann so etwas nur eine Vorstellung oder ein Gedanke sein, dieser ist wirklich, aber das Vorgestellte nicht.
Andererseits gibt es Aussagen wie diese:
Zitat
Es besteht ein Reich, ihr Mönche, wo es keine Erdenart gibt, Wasserart nicht, Feuerart nicht, Luftart nicht, wo kein Bereich ist eines unbegrenzten Raumes, oder endlosen Erfahrens, oder 'Nicht-Etwas', und auch nicht 'Weder-Wahrnehmung noch keine', 'Diese Welt' und 'jene' – beides gibt's dort nicht, auch 'Sonne', 'Mond' nicht. Kommen gibt's dort nicht, so sag ich, Gehen nicht und kein Sichstützen, Schwinden nicht und Wiederkommen: Frei von Stützen, frei von Fort-Gang: So ist es ganz unabhängig. Wahrlich: Das ist des Leidens Ende.
Ud.VIII.1.
Es gibt etwas das es nirgends gibt - paradox, nicht erfassbar, ein Mysterium. Ansichten wie "das gibt es" oder "das gibt es nicht" greifen nicht mehr, es führt zu nichts sich auf die eine oder andere Weise festzulegen.
Nach meinem Kenntnisstand, sehen die Neurowissenschaften das Gehirn, als Ursache/Bedingung für den Geist. Ich habe neulich Lama Tsultrim im Retreat gefragt, ob dies buddhistisch korrekt sei und wie ich selbst erwartet habe, verneinte er dies.
Der Geist ist jedenfalls gegenwärtig durch das Gehirn bedingt, Vorgänge im Gehirn beeinflussen den Geist und umgekehrt. Ob Geist auch ohne Gehirn existieren kann wissen die Neurowissenschaftler nicht, ich tendiere zu der Ansicht dass dem so ist, dass das Gehirn nicht die Ursache von Geist ist, nur von einer bestimmten Erscheinungsform des Geistes.
Ich frage mich nun im Gegenzug, ob im Buddhismus, philosophisch bestimmt, ein idealistischer Standpunkt vorliegt, der behauptet, dass die Materie eine Ausdrucksform des Geistes und das Geistige das objektiv Wirkliche sei?!
In dem alten Thread zitierte mukti zum Thema den Beginn des Dhammapada: "Den Dingen geht der Geist voran...."; auch dies bestätigt mMn ein idealistisches Weltbild.
Dazu dürfte es im Buddhismus verschieden Ansichten geben, beruhend auf Aussagen die vom Buddha überliefert sind. "Den Dingen geht der Geist voran", das kann so interpretiert werden dass es ohne Geist keine Materie gibt oder auch nur so dass die Materie den Aktivitäten des Geistes nachfolgt. Der vollständige Satz lautet:
Zitat
Den Dingen geht der Geist voran; der Geist entscheidet, kommt aus getrübtem Geist dein Wort und dein Betragen, so folgt dir Unheil, wie dem Zugtier folgt der Wagen.
Dhammapada
Das scheint mir kein eindeutiger philosophischer Idealismus zu sein.
Falls eurer Meinung im Buddhismus kein objektiver Idealismus vorliegt, wie kann ich dann das (Bedingungs-)Verhältnis des "Geisteskontinuums", als Träger karmischer Prozesse zur Materie korrekt verstehen?
Ist dies im Buddhismus überhaupt eindeutig klar definiert(relevant), ob Geist Materie bedingt, oder geht es da nur um die Wechselbeziehung zwischen beiden Qualitäten?
Gehe ich in meiner Fragestellung vielleicht von falschen Prämissen aus?
Im Theravada sehe ich keinen fixen Standpunkt dazu, nur Tendenzen und Diskussionen darüber. Jedenfalls wird der Geist nicht als "das objektiv Wirkliche" gesehen, er unterliegt bedingter Entstehung und existiert nicht aus sich selbst heraus.
Zitat
8. "Ihr Bhikkhus, Bewusstsein wird nach den jeweiligen Bedingungen, in deren Abhängigkeit es entsteht, klassifiziert. Wenn Bewusstsein in Abhängigkeit von Auge und Form entsteht, gilt es als Sehbewusstsein; wenn Bewusstsein in Abhängigkeit von Ohr und Klang entsteht, gilt es als Hörbewusstsein; wenn Bewusstsein in Abhängigkeit von Nase und Geruch entsteht, gilt es als Riechbewusstsein; wenn Bewusstsein in Abhängigkeit von Zunge und Geschmack entsteht, gilt es als Schmeckbewusstsein; wenn Bewusstsein in Abhängigkeit von Körper und Berührungsobjekt entsteht, gilt es als Körperbewusstsein; wenn Bewusstsein in Abhängigkeit von Geist und Geistesobjekt entsteht, gilt es als Geistbewusstsein.
M.38
Bewusstsein entsteht demnach in Abhängigkeit von dem worüber es bewusst ist, die Frage was zuerst da war stellt sich nicht wenn es nur um Befreiung geht, darüber nachzudenken führt wahrscheinlich in ein "Dickicht der Ansichten". Wesentlich ist die Frage nach der Ursache von dukkha. Wenn Begehren, Aversion und Unwissenheit (die Kilesa) im Spiel sind, entstehen entsprechende Absichten und damit Karma. Die Kilesa entstehen im Geist, somit ist er der Träger karmischer Prozesse die sich in der Materie auswirken und als angenehm oder unangenehm erfahren werden.
Vielleicht könnt ihr mir helfen, in dieser Angelegenheit etwas Klarheit zu gewinnen.
Mir ist längst nicht alles klar und finde es hilfreich über so etwas zu reflektieren.