Beiträge von mukti im Thema „Ist der Buddhismus ein Idealismus?“

    Es könnte auch sein dass der Geist zwar eng mit dem Gehirn verbunden ist, aber nicht von ihm erzeugt wird.

    Genau das sollte die Metapher ausdrücken.

    Wie es wirklich ist, entzieht sich unserem Wahrnehmungs- und damit Wissensvermögen und von daher ist es weder beweisbar, noch widerlegbar.

    Die Erklärungen überlasse ich lieber den Neurophysiologen, die wissen es (angeblich) ganz genau. ;)

    Ja so habe ich die Metapher auch im Allgemeinen verstanden.

    Dass es es sich unserem Wahrnehmungsvermögen entzieht muss aber nicht bedeuten dass die Wirklichkeit grundsätzlich vom Menschen nicht wahrgenommen werden kann.

    Ich halte mich lieber an die Erklärungen der Weisen, besonders des Buddha. Wie viel Wissen man auch erlangen kann, um tatsächicih zu sehen wie es wirklich ist, ist wohl eine Wahrnehmung nötig die durch eine tiefer gehende Sichtweise ermöglicht wird, über die fünf Sinne hinaus in meditativer "Versenkung".

    ... Ob Geist auch ohne Gehirn existieren kann wissen die Neurowissenschaftler nicht, ich tendiere zu der Ansicht dass dem so ist, dass das Gehirn nicht die Ursache von Geist ist, nur von einer bestimmten Erscheinungsform des Geistes.

    Mir kommt bei solchen Gelegenheiten immer der Vergleich des Gehirns mit einem Radioempfänger in den Sinn.

    Das Radio erzeugt selbst auch keine Information, sondern ist lediglich ein Empfangsgerät für Informationen, die als elektromagnetisches Feld existieren. Ein Sender generiert das Feld und moduliert ihm die Informationen auf. Das Feld selbst bedarf keines Mediums, es breitet sich auch im luftleeren Raum aus.

    Das ist natürlich nur metaphorisch gemeint und soll nicht heißen, daß der Geist etwas mit einem elektromagnetischen Feld zu tun hätte.

    Obwohl - wer will das schon so gaaanz genau wissen. :? :)

    Das elektromagnetische Feld ist ohne Empfänger nicht hörbar, insofern ist der Vergleich für mich nachvollziehbar. Allerdings wird es eben von einem Sender erzeugt der wiederum sinnlich wahrnehmbar ist. Ebenso könnte es ja sein dass ein Teil des Gehirns den Geist erzeugt (Sender) und ein anderer Teil des Gehirns den Geist wahrnehmbar macht (Empfänger). Das Gehirn erzeugt demnach Gedanken und Gefühle sowie das Bewusstsein das sie wahrnimmt.


    Es könnte auch sein dass der Geist zwar eng mit dem Gehirn verbunden ist, aber nicht von ihm erzeugt wird. Das wird von vielen alten Lehren behauptet, auch vom Buddhismus. Die Gründe warum ich zu dieser Ansicht tendiere lassen sich in einem Forum nicht ausführlich darstellen. Wer anderer Ansicht ist hat auch seine Gründe und ich werde nicht versuchen sie zu widerlegen.

    Meine persönliche Arbeitsweise in der buddhistischen Praxis ist eher eine reduzierende, d.h. : ich realisiere, ich bin weder dies noch das, z.b. Körper, Geist, Aggregate etc., und das war es, bzw. mal sehen, was dann noch übrig bleibt, oder ob es nach Vollendung dieser Praxis überhaupt noch jemanden gibt, den das alles interessiert, aber nicht, dass ich zu "meiner wahren Natur " " zurückkehre", weil ich nämlich nicht glaube/erfahre, dass es eine wahre oder falsche Natur gibt, sondern nur die Natur und die ist gekennzeichnet vom Dharma Mudra und letztlich leer.

    Diese Arbeitsweise bevorzuge ich auch, denn wenn es eine wahre Natur gäbe, so könnte ich sie doch nicht erfassen solange ich mich in der "unwahren" Natur befinde. Wir erleben das Dasein als eine Zusammensetzung von fünf khandha und falls es etwas außerhalb davon gibt, kann es nicht mittels der khandha wahrgenommen werden. Was durch Anfang und Ende, durch Raum und Zeit begrenzt ist kann nicht etwas erkennen das unbegrenzt und ewig ist, nicht mittels der fünf Sinne und nicht durch das Denken und Fühlen. Demnach kann so etwas nur eine Vorstellung oder ein Gedanke sein, dieser ist wirklich, aber das Vorgestellte nicht.


    Andererseits gibt es Aussagen wie diese:

    Zitat

    Es besteht ein Reich, ihr Mönche, wo es keine Erdenart gibt, Wasserart nicht, Feuerart nicht, Luftart nicht, wo kein Bereich ist eines unbegrenzten Raumes, oder endlosen Erfahrens, oder 'Nicht-Etwas', und auch nicht 'Weder-Wahrnehmung noch keine', 'Diese Welt' und 'jene' – beides gibt's dort nicht, auch 'Sonne', 'Mond' nicht. Kommen gibt's dort nicht, so sag ich, Gehen nicht und kein Sichstützen, Schwinden nicht und Wiederkommen: Frei von Stützen, frei von Fort-Gang: So ist es ganz unabhängig. Wahrlich: Das ist des Leidens Ende.

    Ud.VIII.1.

    Es gibt etwas das es nirgends gibt - paradox, nicht erfassbar, ein Mysterium. Ansichten wie "das gibt es" oder "das gibt es nicht" greifen nicht mehr, es führt zu nichts sich auf die eine oder andere Weise festzulegen.


    Nach meinem Kenntnisstand, sehen die Neurowissenschaften das Gehirn, als Ursache/Bedingung für den Geist. Ich habe neulich Lama Tsultrim im Retreat gefragt, ob dies buddhistisch korrekt sei und wie ich selbst erwartet habe, verneinte er dies.

    Der Geist ist jedenfalls gegenwärtig durch das Gehirn bedingt, Vorgänge im Gehirn beeinflussen den Geist und umgekehrt. Ob Geist auch ohne Gehirn existieren kann wissen die Neurowissenschaftler nicht, ich tendiere zu der Ansicht dass dem so ist, dass das Gehirn nicht die Ursache von Geist ist, nur von einer bestimmten Erscheinungsform des Geistes.


    Ich frage mich nun im Gegenzug, ob im Buddhismus, philosophisch bestimmt, ein idealistischer Standpunkt vorliegt, der behauptet, dass die Materie eine Ausdrucksform des Geistes und das Geistige das objektiv Wirkliche sei?!

    In dem alten Thread zitierte mukti zum Thema den Beginn des Dhammapada: "Den Dingen geht der Geist voran...."; auch dies bestätigt mMn ein idealistisches Weltbild.

    Dazu dürfte es im Buddhismus verschieden Ansichten geben, beruhend auf Aussagen die vom Buddha überliefert sind. "Den Dingen geht der Geist voran", das kann so interpretiert werden dass es ohne Geist keine Materie gibt oder auch nur so dass die Materie den Aktivitäten des Geistes nachfolgt. Der vollständige Satz lautet:

    Zitat

    Den Dingen geht der Geist voran; der Geist entscheidet, kommt aus getrübtem Geist dein Wort und dein Betragen, so folgt dir Unheil, wie dem Zugtier folgt der Wagen.

    Dhammapada

    Das scheint mir kein eindeutiger philosophischer Idealismus zu sein.


    Falls eurer Meinung im Buddhismus kein objektiver Idealismus vorliegt, wie kann ich dann das (Bedingungs-)Verhältnis des "Geisteskontinuums", als Träger karmischer Prozesse zur Materie korrekt verstehen?

    Ist dies im Buddhismus überhaupt eindeutig klar definiert(relevant), ob Geist Materie bedingt, oder geht es da nur um die Wechselbeziehung zwischen beiden Qualitäten?

    Gehe ich in meiner Fragestellung vielleicht von falschen Prämissen aus?

    Im Theravada sehe ich keinen fixen Standpunkt dazu, nur Tendenzen und Diskussionen darüber. Jedenfalls wird der Geist nicht als "das objektiv Wirkliche" gesehen, er unterliegt bedingter Entstehung und existiert nicht aus sich selbst heraus.


    Zitat

    8. "Ihr Bhikkhus, Bewusstsein wird nach den jeweiligen Bedingungen, in deren Abhängigkeit es entsteht, klassifiziert. Wenn Bewusstsein in Abhängigkeit von Auge und Form entsteht, gilt es als Sehbewusstsein; wenn Bewusstsein in Abhängigkeit von Ohr und Klang entsteht, gilt es als Hörbewusstsein; wenn Bewusstsein in Abhängigkeit von Nase und Geruch entsteht, gilt es als Riechbewusstsein; wenn Bewusstsein in Abhängigkeit von Zunge und Geschmack entsteht, gilt es als Schmeckbewusstsein; wenn Bewusstsein in Abhängigkeit von Körper und Berührungsobjekt entsteht, gilt es als Körperbewusstsein; wenn Bewusstsein in Abhängigkeit von Geist und Geistesobjekt entsteht, gilt es als Geistbewusstsein.


    M.38

    Bewusstsein entsteht demnach in Abhängigkeit von dem worüber es bewusst ist, die Frage was zuerst da war stellt sich nicht wenn es nur um Befreiung geht, darüber nachzudenken führt wahrscheinlich in ein "Dickicht der Ansichten". Wesentlich ist die Frage nach der Ursache von dukkha. Wenn Begehren, Aversion und Unwissenheit (die Kilesa) im Spiel sind, entstehen entsprechende Absichten und damit Karma. Die Kilesa entstehen im Geist, somit ist er der Träger karmischer Prozesse die sich in der Materie auswirken und als angenehm oder unangenehm erfahren werden.


    Vielleicht könnt ihr mir helfen, in dieser Angelegenheit etwas Klarheit zu gewinnen.

    Mir ist längst nicht alles klar und finde es hilfreich über so etwas zu reflektieren.