21 Die Eigennatur (svabhāva), die aus der Abhängigkeit von anderem (paratantra) resultiert, besteht aus Unterscheidungen, die durch Ursachen und Bedingungen erzeugt werden. Der Unterschied zwischen der Eigennatur letzter Wirklichkeit (pariniṣpanna) und der Eigennatur der Abhängigkeit von anderem besteht darin, dass ersteres beständig frei ist von der Eigennatur begrifflichen Erfassens der Vorstellung (parikalpita) des zweiten, also des sich in Abhängigkeit von anderem manifestierende (paratantra).
22 Daher sind die Eigennaturen letzter Wirklichkeit (pariniṣpanna-svabhāva) und die Eigennatur der Abhängigkeit von anderem (paratantra-svabhāva) weder verschieden noch nicht-verschieden; so, wie Unbeständigkeit (anityā) weder verschieden noch nicht-verschieden von unbeständigen Seinsmomenten (dharmas) ist. Man erkennt nicht die die Eigennatur der Abhängigkeit von anderem, so lange man die [Eigennatur] der letzten Wirklichkeit nicht erkannt hat.
23 Auf Grundlage der drei Eigennaturen des Seins [parikalpita-, paratantra- und pariniṣpanna-svabhāva] werden die drei Naturen des Nichtseins (nisvabhāva) eingeführt. Aus diesem Grund lehrte Buddha mit verborgener Absicht, dass alle Seinsmomente keine Eigennatur haben [d.h. 'leer', śūnya, sind].
24 Das erste [nisvabhāva] ist Nichtsein [von dharmas] hinsichtlich [eigener] Merkmale (lakṣaṇanihsvabhāva)*. Das zweite ist Nichtsein [von dharmas] hinsichtlich ihres Entstehens (utpattinihsvabhāva)**. Das letzte ist weit entfernt von der ersten Natur bloßer Vorstellung, in der [die vorgestellten] Dinge für einen realen ātman und für reale dharmas gehalten werden.***
* Ein 'eigenes', d.h. exklusives Merkmal (lakṣaṇa) wäre Voraussetzung für das Eigensein eines gegebenen Seinsmomentes (dharma).
** ein definiertes Entstehen (plus Dauer und Vergehen) wäre Voraussetzung einer inhärenten Natur.
*** paramārthanihsvabhāva, das Nicht-Eigensein aller dharmas als höchste, nicht begrifflich fassbare Wahrheit (paramārthasatya).
25 Diese höchste Wahrheit über alle dharmas (dharmaparamārtha) ist auch wahre Soheit (bhūtatathatā), weil sie unveränderlich ist und beständig in ihrer Natur verbleibt. Dies ist die wahre Natur von 'Nur Bewusstsein' (vijñaptimātratā).