Martin_1980
Sowas habe ich nie erlebt.
Ich hatte zwar in den Neunzigern, als ich in einer anderen Gemeinschaft war, mehrfach solche Phänomene, dass ich bestimmte Gedanken hatte und der Lehrer sprach sie in ganz ähnlicher Form dann aus, aber das passiert immer, wenn man sich intensiv mit etwas beschäftigt, auch im weltlichen Leben. Hier ein Beispiel aus meinem weltlichen Leben: ich hatte mal einen Mieter, der mir noch etwas schuldete. Er zog weg, in einen Hamburger Stadtteil. Aber immer, wenn ich mich durch meine Stadt bewegte, begegnete er mir wenigstens ein Mal in Form eines ihm sehr ähnlichen Menschen.
Später hatte ich dann eine schwierige Mieterin. Da glaubte ich oft ihr Auto zu erblicken, obwohl es jedes Mal ein anderes war.
Hast Du, Martin, bei Deinen Eltern stets ein offenes Ohr gefunden, wenn Dich etwas sehr beschäftigte, besonders in der Pubertät?
Noch mal zurück zu dem erwähnten damaligen Lehrer der Neunziger Jahre: der war keinesfalls spirituell weit entwickelt. Es stellte sich heraus, dass er ein untugendhaftes Privatleben führte mit vielen Unregelmäßigkeiten in seinem Leben. Darüberhinaus war er extrem neugierig und schlich sich an den einen oder anderen heran, um Klatsch zu erfahren, besonders, wenn es um ihn selbst ging.
Übrigens: nach meiner Erfahrung ist die sogenannte Gedankenübertragung eher etwas, was mit mir selbst zu tun hat.
Inzwischen bin ich nun schon bald 15 Jahre bei den Karma-Kagyüs, bin aber sehr kritisch und gehe schließlich doch meinen eigenen Weg.
Wenn ich an einer Online-Belehrung teilnehme, wundere ich mich immer, was die TeilnehmerInnen für Fragen stellen - so als wären sie noch Kinder. Wobei in der Tat Kinder meistens noch weiser wirken.
Solche Fragen würde ich nie stellen, darauf würde ich gar nicht kommen.
Trotzdem gibt es da einen Lama, der sich für meinen Lehrer hält. Vor 13 Jahren machte er sich daran, mich in das Ngöndro einzuführen (wer nicht weiß, was das ist: bitte googeln, denn wir sind hier nicht in der Tibetischen Abteilung). Das Ngöndro besteht aus vier Teilen. Beim dritten Teil hatte ich große technische Schwierigkeiten und versuchte das mit ihm zu klären (beim zweiten Teil, als ich in der Visualisation Widersprüche erkannte, ebenso), aber er hat mich überhaupt nicht verstanden und wir redeten immer aneinander vorbei. Das Ganze zog sich über ein paar Jahre hin. Schließlich kam es mir so vor, als ob er mir lieber aus dem Wege ging, aber das war nicht so eindeutig, vielleicht bilde ich mir das auch ein. Jedenfalls gab es da einen Punkt, von dem aus er es vermied, in Einzelheiten und spezifischen Anweisungen zu sprechen, und sagte nur noch: "Übe Guru-Yoga!" (das ist der vierte Teil des Ngöndro), ohne überhaupt die technischen Probleme des dritten Teils noch zu anzusprechen. Na, da dachte ich, wenn er mir keine Anleitung dazu gibt, dann muss ich es mir wohl anlesen. Bei diesem Teil gibt es nun wieder ein neues Problem, denn dabei soll man sich das Oberhaupt, den Karmapa, als den persönlichen Über-Lehrer vorstellen, und das hat bei mir nie geklappt, denn der Karmapa ist in einem Alter, dass ich seine Mutter sein könnte. Ganz automatisch, wenn ich an den Karmapa dachte, tat er mir Leid, dass er ein so eingeschränktes Leben führen muss und sich wahrscheinlich auch ungesund ernährt. Immer musste ich daran denken, wie er sich wohl fühlt - ziemlich einsam wahrscheinlich, und das schmerzte mich, dass ich nichts daran tun kann.
Also, mir den Karmapa als Guru vorzustellen, funktionierte überhaupt nicht. Und vor nicht allzu langer Zeit ist ja auch diese Missbrauchsgeschichte (siehe dort, Thema hier im Forum) bekannt geworden und es ist nachgewiesen, dass er eine Nonne gegen ihren Willen geschwängert hat, es ist ein Mädchen geworden. Und es gibt noch mehr ...! Nun kann ich sagen, dass alle meine Sorgen um ihn berechtigt gewesen waren!
Trotzdem spende ich noch für das Institut in der Eifel, nach dem Motto: "Da es noch mindestens einen Gerechten gibt ..." (frei nach dem Alten Testament), und es gibt da wirklich auch gute Leute. Außerdem tut es mir Leid, wenn ihnen viel Geld fehlt, um das Dach zu reparieren oder um eine neue Heizanlage zu installieren. So ein Haus verursacht nun mal viele Unkosten.
Nun, der Lama denkt anscheinend weiterhin, dass er mein Lehrer ist. Vielleicht fühlt er sich auch mir gegenüber, wegen meiner Spendenbereitschaft, verpflichtet. Vor einigen Wochen schlug er mir vor, wir können uns ja über JitsiMeet treffen. Das haben wir dann ein Mal gemacht, und das ging leider wieder in die Hose: erneut redeten wir aneinander vorbei, auch schneidet er mir oft das Wort ab, weil er mich nicht versteht und wahrscheinlich vermeiden will, dass ich ihn etwas frage, das er nicht beantworten kann, denn in deren Tradition "gibt es das einfach nicht", dass ein Lama etwas nicht beantworten kann.
Hierzu möchte ich nebenbei bemerken: ich bin sicher, dass es oft passiert, dass Westler solche asiatischen Lamas unbewusst und ungewollt provozieren, denn wir entstammen doch äußerst unterschiedlichen Kulturen.
Ihr wisst, dass ich gerne viel schreibe, darum ist dieser Bericht hier für meine Verhältnisse kurz, auch wenn er Euch lang erscheint.