Beiträge von Neynia im Thema „Wie ernst nehmt ihr die Wiedergeburtslehre im Pali Kanon?“

    Es ist wichtig die Funktion von Wiedergeburtslehren anzuschauen:


    1. Ethische Funktion: Indem Menschen sich mögliche nshstive Folgen ihrer Handlungen in zukünftigen Leben vergehhnwärtigen, handeln sie vielleicht besser.
    2. Annehmen: indem man das was einem passiert, als Folge vergangener Taten ansieht, kann man es leichter annehmen ( statt sich als Opfer zu fühlen )
    3. Welterklärungsfunktion: Zu vielem was einem seltsam vorkommt, kann man sich Erklärungen bereitlegen, die Wiedergeburt beinhalten.

    Für die beiden ersten Funktionen ist es nicht wichtig, ob es "so ist" ,sondern die Vergegenwärtigung künftiger und vergangener Leben kann eine heilsame Funktion übernehmen.


    Von daher ist die Frage, ob das für einen eher konstruktiv ist oder nicht funktioniert sondern nur zu allen möglichen Spekulationen führt.

    An sich ein guter Ansatz, aber für länger Praktizierende lösen sich diese Vorteilen eben auf, sofern z.B. schon einmal Kontakt mit den Lehren Nagarjunas bestand.


    Dieser lehrt nämlich, dass die Ursache eines unheilsamen Ereignisses, letztendlich nicht eine unheilsame Handlung als „Erste Ursache“ sein kann.

    Warum nicht? Weil dann jede unheilvolle Handlung, stets weiterexistieren müsste.


    Jede unheilvolle Handlung, würde einer anderen unheilvollen Handlung entspringen, somit wäre eine Befreiung nicht möglich, weil die Kette des Unheilvollen niemals enden würde.


    Er propagiert hingegen, dass Unwissenheit die Ursache des Unheilvollen ist. Eine Täuschung anzunehmen aus guten Gründen, kann also letztendlich nicht heilvoll sein.


    Das klingt an sich logisch und somit fällt auch die Annahme eines (In meinen Augen unrealistischen und unbegründbaren) Freien Willens und persönliche Schuld des Individuums weg, die laut Pali Kanon an sich ewig sein müsste.

    Der Pali Kanon propagiert Höllen und Himmel als Lösung des Problems der Karma-Kette, während manche späteren Lehren Unwissenheit als Ursache propagieren.


    Die Ursache des Unheils ist nicht die bewusste Entscheidung des Individuums, sondern seine Verblendung. Jemand der Verblendet ist, kann sich nicht für das Richtige, oder das Falsche entscheiden, seine Handlungen könnten dies oder das hervorbringen.

    Diese Verblendung ist notwendigerweise vorhanden, weil Verblendung eine Eigenschaft von Samsara ist.

    Oder um es wissenschaftlich auszudrücken: Unsere Realität ist aufgrund ihrer Relativität undurchsichtig, schwer zu verstehen. Prinzipien in ihr, gelten stets nur kontextuell, jedoch nicht universell in ihrem ganzen Umfang.


    Der Pali Kanon hingegen verwendet an den von mir genannten Stellen eine kontextuelle Moral und gibt diese als universell/objektiv aus (z.B. Heilige Bäume besteigen, Grashüpfer töten, Mönche beleidigen führt immer zum Selben)


    Eine individuelle Bestrafung für eine Handlung durch ein universelles Dharma, kann sich nur ergeben, wenn dieses Individuum auch verantwortlich sein kann.


    Im Falle von Verblendung, fällt diese Verantwortung aber weg und die „Strafe“ ergibt sich aus den nicht beabsichtigten/nicht im Bewusstsein von Verstehen getätigten Handlungen, die automatisch zu guten, schlechten oder neutralen Wirkungen führen werden. Ganz von Natur aus, ohne moralische Wertung.


    Beispiel:


    Leute fällen einen Baum auf einer weiten Fläche.

    Mögliche Konsequenzen, die wir auf Grund von Unwissenheit nicht berechnen können:

    1. Der Baum war heilig, die Leute die ihn als heilig gewertet haben, kommen und töten die Leute. Eine negative Folge.

    2. Der Baum wird gefällt und sie nehmen das Holz mit, nichts passiert. Sie haben Holz, eine positive Folge.

    3. Nachdem die Leute den Baum angeschlagen haben, haben sie festgestellt, dass er innen ganz morsch ist und das Holz ist völlig durchnässt, können sie nicht gebrauchen. Sie lassen den Baum stehen, neutrale Folge, nichts verloren, nichts gewonnen.

    Das heißt wir müssen Unwissenheit überwinden, um das Richtige zu tun. Das geht nur durch Beobachtung und Experimente.


    Somit kommen wir aber zu einem wichtigen Ergebnis: Wenn Unwissenheit die Ursache für Gutes, Schlechtes und Neutrales ist, dann müssen wir Wissen über die Wiedergeburt erlangen.

    Dies kann auch beinhalten, zu dem Schluss zu gelangen, dass sie nicht stattfinden kann.

    Das hätte dann weitreichende Konsequenzen für die Lehre an sich, aber das will ich hier nicht weiter behandeln, ist auch nicht meine Position.


    Ebenso müssen wir Wissen über die Wirksamkeit der buddhistischen Praxis an sich, erlangen. Andererseits, würden wir in Unwissenheit handeln.

    Ein bloßes Akzeptieren/Glauben von alten Texten, kann nicht Zielführend sein.


    Was ist die Ursache für Wissen? Paradoxer Weise Unwissenheit.
    Ohne die Unwissenheit, könnte kein Wissen erlangt werden, denn das Erkennen des Falschen, führt zu Möglichkeit, das Richtige zu erkennen.

    Die Wiedergeburtsgeschichten im Pali Kanon kommen dem modernen Leser nicht anders vor, als abrahamitische Glaubensdogmen und Moralpredigten.


    Wenn diese These zuträfe und eine Klärung der Begriffe (zB 'der moderne Mensch') stattfände könnte man einen seriösen Dialog führen.

    Ja, das können wir gerne klären.


    Zur Zeiten des Pali Kanon glaubten die meisten Menschen vermutlich, dass das was von den Brahmanen als moralisch gültig gelehrt wurde und zu entsprechender Wiedergeburt führen soll, aus einer absoluten Quelle des Wissens stammt.


    Ähnlich wie im heutigen Abrahamitismus, nahmen die Leute an, dass die moralischen Vorstellungen der Brahmanen ihres Volkes, universell gültige Naturgesetze waren(Dharma)


    Was andere Völker als moralische Werte hatten, war für sie Unglaube, Häresie und das Werk von Unwissenheit oder Dämonen, das nur in die Höllen führen konnte.


    Warum jemand in einer Hölle wiedergeboren wird, weil er auf einem heiligen Baum(Den Menschen für heilig erklärt haben) herumklettert oder warum jemand stirbt und in die Hölle kommt, nachdem er einen Arhat beleidigt hat(Den Menschen zum Arhat erklärt haben), erschließt sich nur aus der moralischen Perspektive des entsprechenden kulturellen Kontext/Volkes.


    Fallen heute Leute um, weil sie den Buddhismus, oder buddhistische Lehrer kritisieren oder gar beschimpfen? Nein. Behauptet aber der Pali Kanon in einer Geschichte, die ich hier ja schon genannt habe.


    Moderne Menschen von heute haben die Möglichkeit das Wissen von verschiedenen kulturellen Perspektiven auf das Thema Moral zu erlangen.

    Das war früher kaum möglich und es stellte sich auch nicht die Frage nach einer Anzweiflung der eigenen Moral, weil diese automatisch auch Volksmoral, die Moral der eigenen sozialen Gruppe war, die es zu verteidigen galt.


    Im Pali Kanon finden wir ähnliche Moralisierungen von anderen sozialen Gruppen, wie es auch in den abrahamitischen Schriften vorkommt:


    PETA-VATTHU

    Buch II

    II,1: Selbsterlösung aus dem Samsāro

    Im Reiche Magadha lebten in zwei Dörfern Menschen, die an die Selbsterlösung aus dem Samsāro glaubten, d.h. daß nach sehr langen Zeiten alle Wesen von selbst von der Wiedergeburt erlöst würden. In dem einen Dorf war vor 500 Jahren ein Mädchen geboren worden. Entsprechend der dort herrschenden Irrlehre, daß man keine Tugend zu üben brauche, weil alle von selbst erlöst würden, brachte sie viele Insekten und Grashüpfer um und fand nichts dabei. Infolgedessen wurde sie als Petī wiedergeboren und litt 500 Jahre Hunger und Durst. Zur Zeit des Buddha wurde sie wieder als Mensch inkarniert, und zwar im selben Dorf in einer Familie, wo immer noch die Irrlehre herrschte. Eines Tages spielte das siebenjährige Mädchen mit anderen Kindern auf der Straße. Da kam Sāriputto vorbei. Als die anderen Kinder den Mönch sahen, erwiesen sie ihm den ehrfurchtsvollen Handgruß und warfen sich vor ihm zu Boden, wie sie es bei ihren Eltern gesehen hatten. Das Mädchen aus der ungläubigen Familie blieb trotzig stehen, weil es von ihren Eltern keine Verehrung der Mönche kannte. Sāriputto richtete seinen Geist auf ihr Vorleben, und er sah, daß ihr als Folge ihrer einstigen Tierquälerei bald die Hölle bevorstünde, da sie keinerlei Verdienst aufzuweisen hatte. Er sah aber auch, daß sie, wenn sie ihn grüßen würde, noch einmal mit dem Peta-Dasein davon kommen und dann von ihm erhoben werden könnte. So sagte er zu den Kindern, von Mitleid bewogen: "Ihr grüßt die Mönche, aber dieses Mädchen bleibt ungezogen stehen. "Da faßten die anderen sie bei der Hand und veranlassten sie mit Gewalt, Sāriputto zu grüßen. Als die erwachsen war, wurde sie mit einem Jüngling im Nachbardorf verheiratet. Bald wurde sie schwanger und starb im Kindbett. Sie wurde als Petī wiedergeboren.

    Daher ist meine Schlussfolgerung:
    Die im Pali Kanon dargelegte Moral kann weder universell gültig sein, noch ihre Einhaltung oder Nicht-Einhaltung, die Wiedergeburt bestimmen. Es ist eine frühbuddhistische Propaganda, die nicht ernst zu nehmen sein kann und in erster Linie der Erzeugung von Angst vor der Obrigkeit der Mönchsorden diente und der politischen Etablierung des Buddhismus.

    Das widerspricht aber eben scharf den Wiedergeburtsgeschichten im Pali Kanon, weil diese beschrieben werden, als würde ein Atman reinkarnieren.

    Also, bedingt entstanden, oder abhängig entstanden. Man kann sehr gut ohne "Atman " auskommen. Findest du nicht?

    Eben nicht, weil wir aus der Anesthäsie wissen, dass der Körper Empfindungen hat und Leute festgeschnallt werden müssen bei bestimmten Operationen, damit er nicht um sich schlägt. Das Bewusstsein kriegt dies aber nicht mit, weil es entweder im Traumzustand ist, oder komplett unbewusst/abgeschaltet.

    Warum es beim Verlust aller Sinnesempfindungen durch den Tod noch ein Bewusstsein geben sollte, erschließt sich also nicht.
    Ich vermute, die sog. Nahtoderfahrungen spielen sich eben in den langsam versiegenden letzten, traumartigen bewussten Empfindungen des Menschen wieder, danach ist Unbewusstheit.

    Ein Fall aus dem Buch. Ein Patient hatte sehr starke Schmerzen in der Schulter. Die erste Schicht war... er war während der Geburt dort traumatisiert. Auch er war in der Kindheit dort geschlagen, aber er konnte es nichts nur erinnern.

    Also, als er erinnerte ( noch mal es er-leb-te) , er war dort mit dem Speer im Mittelalter in der Schlacht getötet, der Schmerz war weg. Auf immer. Ich denke nicht, dass St. Grof so viele Fälle ausgedacht hatte.

    LG.

    Das ist auch ein interessanter Punkt, aber was ich mich bei diesen Beispielen immer frage ist Folgendes:


    Leute sterben durch Wunden, durch Kugeln, durch Überfahren werden usw. und haben dann im nächsten Leben dort Male von diesen Ereignissen angeblich.


    Die meisten Menschen sterben ja aber an Herzinfarkt oder Krebs heute.


    Haben die dann wenn sie reinkarnieren, alle angeborene Herzkrankheiten, Tumore und Buckel im Körper?

    Was ist mit denen, die keine Lebenserhaltende Magensonde mehr bekommen haben, werden die dann mit unstillbarem Hunger geboren?

    Der entscheidende Punkt ist, wodurch ist die Wiedergeburt, die Buddha Sakyamuni gelehrt hat, gekennzeichnet? Ein wesentlicher Faktor ist dabei, dass sich die Kontinuität des Bewusstseins über den Tod hinaus fortsetzt. Und dieses Bewusstseinskontinuum ist abhängiger Prozess, der sich kontinuierlich fortsetzt und sich dabei auch wandelt, verändert. In ihm werden aber auch die Prägungen unserer Handlungen gespeichert und somit nach dem Tode in zukünftige Existenzen mitgenommen.

    Ich sehe das anders. Meinem Verständnis nach werden nur die Ursachen für eine Geburt wiedergeboren, was automatisch das Bewusstsein des Babys aus dem Körper entstehen lässt. „Dazwischen“ gibt es aber keinen bewussten Zustand von irgendwem, weil die Ursachen für eine Geburt in der Welt verteilt sind und erst zu einander finden.


    Der Buddha lehrt Anatta, also kein Atman, dass permanent nach dem Tod bestehen bleibt.


    Das widerspricht aber eben scharf den Wiedergeburtsgeschichten im Pali Kanon, weil diese beschrieben werden, als würde ein Atman reinkarnieren.


    Ein weiteres Beispiel:


    S.2.17. Subrahman - 7. Subrahma Sutta

    Der Kommentar I. 131.12 erzählt eine Legende. Der Devaputta Subrahman habe mit einer Schar göttlicher Nymphen im Nandanapark sich ergötzt und unter einem Pārichattaka-Baum sich niedergelassen. Die Nymphen hätten den Baum bestiegen, Blüten gepflückt und Kränze gewunden. In diesem Augenblick sei ihr Kamma-Verdienst aufgebraucht gewesen, sie seien allesamt gestorben und in der Avīci-Hölle wiedergeboren worden.


    Es ist auch auffällig, dass eben moralisch verwerfliche Taten aus einem kulturellen Kontext hier als gründe genannt werden und nicht von der menschlichen Kultur unabhängige Faktoren, das finde ich höchst verdächtig.

    Die Wiedergeburtsgeschichten im Pali Kanon kommen dem modernen Leser nicht anders vor, als abrahamitische Glaubensdogmen und Moralpredigten.


    Moralische Wertungen aus der menschlichen Daseinssphäre werden zu Bedienungen und Gesetzen erklärt, die entscheidend für die Wiedergeburt in den Daseinsbereichen sein sollen.


    Abgesehen davon, dass mit der Eroberung des Weltraums und der Erforschung der Erdschichten die dharmische Zwiebel-Kosmologie quasi widerlegt wurde und nur noch eine Wiedergeburt auf anderen Planeten übrig bleibt oder in einem neuen Kalpa, stellt sich dem rationalen Buddhisten doch die Frage, in wie fern die Wiedergeburtsdoktrin im Pali Kanon noch glaubwürdig ist.


    Als Beispiel führe ich diese Passage aus dem Peta Vatthu auf:


    Mord und Totschlag ist in sechs Fällen die Ursache für die Wiedergeburt als Peta:

    • Als Gerippe erscheint ein Kuhschlachter (1) oder als Fleischklumpen (2).

    • Als Fleischberg erscheint ein Vogelsteller (3).

    • Mit abgezogener Haut fliegt ein Mann, der Schafen das Fell über die Ohren zog (4).

    • Ein "Räubertöter" (Scharfrichter), der als Beamter den Delinquenten den Kopf abschlug, erscheint kopflos, mit Augen und Mund auf der Brust (16).

    • Eine Königin, die aus Neid eine Mitfrau mit einem Topf glühender Kohlen versengte, erscheint als ausgedörrtes rußiges Gespenst (15).

    • In einem Fall ist eine Ehebrecherin hautlos (13).

    • Eine betrügerische Wahrsagerin ist gelblich und übelriechend (14).

    • Ein bestechlicher Richter trägt seine Hoden auf der Schulter (10).


    Wie mir scheint, handelt es sich hierbei um manchmal zu beobachtende Missbildungen bei Säuglingen die die Mönche wohl als Projektionsfläche für ihre Behauptungen benutzten.


    Abstrus erscheinen die Behauptungen, denn wenn dies wahr wäre, müsste die Welt voller Missgeburten sein, ist sie aber nicht.

    Woher weiß das Karma, ob ein Mensch verheiratet ist, oder nicht? Wann gilt eine Ehe? Wenn ein Priester sie geschlossen hat, ein Staat, oder die Dorfgemeinschaft, oder gar das Ehepaar selbst?

    Ähnlich wie christliche und islamische Androhungen von Hölle, finden sich in den Schriften auch solche Behauptungen, die eher klingen wie Schauergeschichten für kleine Kinder:


    Er hatte aber eine einzige ungute Tat getan, auch die ohne Böswilligkeit, nämlich seinem Freund beim Baden die Kleider versteckt. Diese eine Tat führte dazu, daß er nur ein "Halbgott" wurde, d.h. ein Yakkho, der als glückliches Gespenst wiedergeboren wurde. Das einzige Leiden, das er da noch erlebte, war, daß er ohne Kleider war.“


    oder auch:

    „Vor langen, langen Zeiten regierte in Benares König Kitava. Nachdem sein Sohn einmal von einem Spaziergang im Schloßpark zurück kehrte, sah er einen Mönch vom Almosengang kommen. Der Prinz sah, wie die Menschen den kahlköpfigen Pfaffen verehrten und wurde eifersüchtig. Mit rohen Worten beschimpfte er ihn. Der Mönch aber ging stillweiter. Es war ein Einzelerwachter namens Sunetta. Der Prinz aber fühlte plötzlich ein höllisches Brennen im ganzen Körper. Davon starb er und wurde in der Erzhölle wiedergeboren. “