Beiträge von Leonie im Thema „Ohne Einübung der Sila gibt es keine buddhistische Praxis“

    Das Nibbana wird auch nicht vom Bewusstwerden der Phänomene gestört, denn auch wenn man Nibbana erlangt hat, hat man ein Bewusstsein, das die Phänomene wahrnimmt, und zwar frei von jeglichen Verblendung.

    Qualia hat aber geschrieben -

    Nibbana sein wird nicht von Bewusstsein gestört, aber vom Bewusstwerden der Dinge.


    Dein Einwand ist also daneben.


    Was du über die Arhats schreibst trifft natürlich nicht das Nibbana, denn was weder entsteht noch vergeht, kann auch nicht erfahren, gewonnen oder verloren gehen.

    Die Arahants haben das Nibbana sowohl erfahren und auch nicht wieder verloren. Denn wenn man es einmal verwirklicht hat, dann gibt es nichts mehr zu verwirklichen. Das bedeutet auch, dass man aus dem Nibbana nicht wieder herausfällt, wenn man es verwirklicht hat.

    Was aber haben die Arahants verwirklicht? Doch nicht Nibbana - sie haben die Phänomene "durchschaut" wie Buddha es in seiner Lehrrede MN 1 sagt.


    Der Arahant I:

    74. "Er erkennt Nibbāna unmittelbar als Nibbāna. Nachdem er Nibbāna unmittelbar als Nibbāna erkannt hat, stellt er sich nicht Nibbāna vor, er macht sich nicht Vorstellungen in Nibbāna, er macht sich nicht Vorstellungen von Nibbāna ausgehend, er stellt sich nicht vor 'Nibbāna ist mein', er ergötzt sich nicht an Nibbāna. Warum ist das so? Weil er es vollständig durchschaut hat, sage ich."

    Der Arahant II:

    98. "Er erkennt Nibbāna unmittelbar als Nibbāna. Nachdem er Nibbāna unmittelbar als Nibbāna erkannt hat, stellt er sich nicht Nibbāna vor, er macht sich nicht Vorstellungen in Nibbāna, er macht sich nicht Vorstellungen von Nibbāna ausgehend, er stellt sich nicht vor 'Nibbāna ist mein', er ergötzt sich nicht an Nibbāna. Warum ist das so? Weil er frei von Begierde ist, durch die Vernichtung der Begierde."

    Der Arahant III:

    122. "Er erkennt Nibbāna unmittelbar als Nibbāna. Nachdem er Nibbāna unmittelbar als Nibbāna erkannt hat, stellt er sich nicht Nibbāna vor, er macht sich nicht Vorstellungen in Nibbāna, er macht sich nicht Vorstellungen von Nibbāna ausgehend, er stellt sich nicht vor 'Nibbāna ist mein', er ergötzt sich nicht an Nibbāna. Warum ist das so? Weil er frei von Haß ist, durch die Vernichtung des Hasses."

    Der Arahant IV:

    146. "Er erkennt Nibbāna unmittelbar als Nibbāna. Nachdem er Nibbāna unmittelbar als Nibbāna erkannt hat, stellt er sich nicht Nibbāna vor, er macht sich nicht Vorstellungen in Nibbāna, er macht sich nicht Vorstellungen von Nibbāna ausgehend, er stellt sich nicht vor 'Nibbāna ist mein', er ergötzt sich nicht an Nibbāna. Warum ist das so? Weil er frei von Verblendung ist, durch die Vernichtung der Verblendung."

    Vollkommene Sittlichkeit führt nicht automatisch zu vollkommener Weisheit und vollkommener Geistessammlung. Nirvana lässt sich nicht durch gute Taten verdienen, um es populär zu sagen.

    Die drei Teile des achtfachen Pfades sind Silas, Samadhi und Prajna - sie stehen in einem Bedingungszusammenhang, aber es gibt für Nirvana keine Bedingung, d.h. auch der achtfache Pfad ist keine Bedingung für Nirvana (oder Erleuchtung).

    Allerdings ist die Befreiung von Gier, Hass und Verblendung durch die Praxis des achtfachen Pfades für sich erstrebenswert und auch ausreichend.

    Die "eigene Erkenntnis" ist dementsprechend nur ausschlaggebend, wenn sie impliziert, dass "Verständige" die Dinge gleichfalls als unheilsam/heilsam betrachten.

    Es freut mich, dass du diesen Teil der Rede hervorhebst. Das ist genau das, was gern beiseite geschoben wird - dass andere die eigene Erfahrung/Erkenntnis prüfen. Irgendwann ist mir das aufgefallen, als ich diese Rede nicht nur aus zweiter Hand - vom Hörensagen - sondern selbst gelesen habe.


    Aber das Dritte gehört dann auch noch dazu -

    "...Wenn ihr aber, Kālāmer, selber erkennt: 'Diese Dinge sind heilsam, sind untadelig, werden von Verständigen gepriesen, und, wenn ausgeführt und unternommen, führen sie zu Segen und Wohl', dann, o Kālāmer, möget ihr sie euch zu eigen machen. ..."

    1. selbst erkennen

    2. von Verständigen gepriesen oder geprüft

    3. und dann anwenden und die Ergebnisse erfahren


    Der dritte Punkt ist deshalb nötig, da er auch das Verständnis der Verständigen überprüft. Es kann nämlich sein, dass sowohl meine Erkenntnis, als auch die Prüfung sich als "folie a deux" erweist und genau davor kann ein Praxistest bewahren.

    Igor07


    »Den Willen (cetanā), ihr Mönche, bezeichne ich als die Tat (cetanāham bhikkhave kammam vadāmi), denn mit dem Willen wirkt man die Tat in Werken, Worten und Gedanken . . .


    Zitat

    »Es wurde ferner gesagt, daß man das Wirken (kamma) zu erkennen hat, sowie seine bedingte Entstehung, seine Verschiedenartigkeit, sein Ergebnis, seine Aufhebung und den zu seiner Aufhebung führenden Weg. Warum aber wurde dies gesagt? Den Willen, ihr Mönche, bezeichne ich als das Wirken, denn, nachdem man es gewollt hat, vollbringt man das Wirken in Werken, Worten und Gedanken. -

    AN 6.63

    Anguttara Nikaya VI.61-64


    Auf die Silas bezogen, braucht es eben den Willen entsprechend der Silas zu handeln, zu wirken. Die Silas bilden den Handlungsrahmen und wenn ich das will, dann entdecke ich auch die Möglichkeiten mein Handeln entsprechend auszurichten. Ich nehme mein Tun wahr und sehe, was ich tun könnte und was ich bisher getan habe und kann mich für das richtige entscheiden.

    Nun entwickelt sich der Wille auch und ist nicht sogleich stark genug, um eine Tat zu vermeiden oder eine Tat zu vollbringen - deshalb gibt es eben auch

    das Pfadglied "rechte Anstrengung" und die Entfaltung der Willenskraft.

    https://www.palikanon.com/angutt/a04_011-020.html#a_iv13


    Zitat

    »Da, ihr Mönche, zeugt der Mönch in sich den Willen, nicht aufgestiegene üble, unheilsame Dinge nicht aufsteigen zu lassen, und er kämpft darum, bietet seine Kraft auf, strengt seinen Willen an und müht sich. Er zeugt in sich den Willen, aufgestiegene üble unheilsame Dinge zu vertreiben . . . nicht aufgestiegene heilsame Dinge zu erwecken . . . aufgestiegene heilsame Dinge zu erhalten . . .« (A. IV. 13).

    https://www.palikanon.com/angutt/a04_011-020.html#a_iv14

    Ich finde den Ausdruck "praktizieren" im Sinne von "ausüben" besser. Es ist dann ein Feld der Erfahrung und der Verwirklichung des Buddhadharma.

    Dabei spielt es keine Rolle, ob ich das jetzt vollkommen kann, sondern es reicht, wenn ich SO praktiziere. Ob das unvollkommen oder vollkommen ist, ist belanglos. Da es kein nächstes Mal gibt, weil jede Situation wieder ganz neu ist, kann ich da auch nichts vergleichen.

    M.E. reicht der gute Wille.

    Heute lasse ich meinen Mann die Spinnen lebendig nach draußen bringen, ich könnte denen nichts mehr tun (lassen), weil ich so stark fühle, dass sie leben wollen und "meine" Angst/"mein" Ekel mein Problem ist.

    Spinnen sollte man nicht nach draußen bringen, da sie dann dort nicht überleben. Man hat dabei aber immerhin ein gutes Gefühl.


    Hausspinnen aussetzen? Sie kommen sowieso zurück
    Der Naturschutzbund empfiehlt, Hausspinnen nicht nach draußen zu bringen – sie kommen sowieso zurück. Und in der kalten Jahreszeit sind manche Spinnen…
    www.badische-zeitung.de

    Die Lehrrede AN 8.39 nennt zunächst die Zuflucht zu Buddha, Dharma und Sangha. Das ist die Bedingung für das weitere.

    Zitat

    „Mönche und Nonnen, es gibt acht Arten von überfließendem Verdienst, von überfließendem Gutem. Sie nähren das Glück und führen in den Himmel, sie reifen zu Glück heran und bereiten den Weg zum Himmel. Sie führen zu dem, was erwünscht, willkommen und angenehm ist, zu Nutzen und Glück. Welche acht?

    Zuerst hat da ein edler Schüler Zuflucht zum Buddha genommen. Das ist die erste Art von überfließendem Verdienst …

    Dann hat da ein edler Schüler Zuflucht zur Lehre genommen. Das ist die zweite Art von überfließendem Verdienst …

    Dann hat da ein edler Schüler Zuflucht zum Saṅgha genommen. Das ist die dritte Art von überfließendem Verdienst …


    Die Sila werden also nicht isoliert geübt, sondern mit Unterstützung des Sangha, Dharma und Buddha. Die buddhistische Praxis ist im übrigen der gesamte achtfache Pfad und die Frage des Fortschritts oder Erfolges bzw. "was das ganze so bringen soll" - ist unangemessen, denn Fortschritt bezieht sich auf eine Relation - auf das, was war oder auf das was noch sein soll - . Auch wenn einer denkt, es zeige sich eine Verbesserung, so kann das schon im nächsten Moment alles wieder futsch sein, wegen des Dünkel z.B.