Beiträge von Igor07 im Thema „Was ist Achtsamkeit / sati / smrti ?“

    Ist es verwerflich achtsam eine Orange zu essen und das Hier und Jetzt zu genießen, wenn man ein richtiger Buddhist sein will?


    Kleiner Spaß, ach, das ist nicht persönlich gemeint.

    Maha, spuck es aus, dann schau aufmerksam und versuche es wieder in den Mund zu nehmen.

    Die beste Methode – sollte ich ein Patent beantragen? :? Viel Vergnügen ;) damit. :grinsen:

    Das achtsame Beobachten dürfte ohne grundlegendes Verständnis der vier edlen Wahrheiten nicht sehr weit zum Kernproblem vordringen. Z.B. verschwindet eine Begierde nicht, indem man einfach bemerkt dass sie aufgestiegen ist. Wenn man nicht versteht dass Begehren die Ursache von Leid ist, wird man ihm nachgehen und dabei höchstens auf die geltenden Gesetze und üblichen Moralvorstellungen achten. Buddhistische Achtsamkeit hängt dagegen von den drei Gebieten des achtfachen Pfades ab, nämlich Wissen, Sittlichkeit und Sammlung. Ihre Entwicklung lässt sich wohl nicht abkürzen indem man einfach beobachtet ohne zu bewerten, das ist meines Erachtens nur eine von mehreren erforderlichen Übungen.

    mukti, das alles ist mir klar. Aber Erich Fromm empfiehlt die Methode von Nyanaponika (als Geistestraining) für alle Menschen, denn dadurch würde unser Verhalten weniger triebhaft oder automatisch verlaufen. Mehr kann ich nicht hinzufügen. Liebe Grüße. :rainbow:

    Man kann es ja versuchen, ob sich auf diese Weise alle Hindernisse beseitigen lassen. Bei mir klappt es nicht.

    Was mir dazu einfällt: Der Psychoanalytiker Charles Tart schreibt in seinem Buch Hellwach und bewusst zu leben, dass jeder von uns dies erreichen kann. Alles Gute. :taube: :taube: :taube:

    Das Glück der Loslösung vergeht meines Erachtens nicht, wenn die Loslösung durch Einsicht vollkommen ist. Viel Erfahrung habe ich damit ja nicht, kann mir aber schon vorstellen, dass die Triebvernichtung durch Satipatthāna möglich ist.

    Lieber mukti, also es ist prinzipiell möglich, denke ich, lol, aber nicht mein Fall. So Analayo, "Der direkte Weg", S. 258:


    Zitat

    Laut einer Lehrrede im Udâna war „Bâhiya mit dem Rindengewand“ ein

    nichtbuddhistischer Asket, der sich einmal mit der Bitte um Belehrung an

    den Buddha wandte, während dieser Almosenspeise sammelte. Während sie

    noch auf den Straßen der Stadt unterwegs waren, gab der Buddha ihm eine

    kurze Belehrung über ein Wahrnehmungstraining, was dazu führte, dass

    Bâhiya sofort vollständiges Erwachen erlangte.50 Die rätselhaft anmutende

    Belehrung des Buddha lautet:

    „Wenn in dem Gesehenen nur das ist, was gesehen wird, in dem Gehörten nur

    das, was gehört wird, in dem Gefühlten nur das, was gefühlt wird, in dem Erkannten

    nur das, was erkannt wird, dann bist du nicht ‚durch dieses’; wenn du

    nicht ‚durch dieses’ bist, dann bist du nicht ‚darin’; wenn du nicht ‚darin’ bist,

    dann bist du weder ‚hier’ noch ‚dort’ noch ‚dazwischen’. Dies ist das Ende von

    dukkha.“51

    Diese Belehrung richtet das reine Gewahrsein auf alles, was gesehen, gehört,

    gefühlt oder erkannt wird. Wenn man das reine Gewahrsein auf diese Weise

    aufrechterhält, so wird der Geist daran gehindert, die rohen Daten der

    Sinneswahrnehmung zu bewerten und mit Vorstellungen anzureichern. Dies

    entspricht dem Abschneiden der ersten Phasen in der Abfolge des Wahrnehmungsprozesses

    durch achtsame Aufmerksamkeit. Hier registriert das

    reine Gewahrsein einfach das, was an einem Sinnestor entsteht, ohne voreingenommene

    Formen des Wahrnehmens und ohne unheilsame Gedanken

    und Assoziationen hervorzurufen.5


    Also, es wäre folglich keine mentale Ausuferung möglich (papanca). Nur das ununterbrochene, unablässige Gewahrsein. Ich persönlich denke, dass es nicht für jeden geeignet ist.

    Diese Erfahrung, die Analayo schildert, entspricht dem, was Buddhadasa Bhikkhu im "Kernholz des Buddhismus" beschreibt: Wer Sunyata sieht, der wäre schon erwacht. Der ganze Weg wäre dann eher ein Um-weg. Ich kann es leider nicht bewerten, da ich nicht dabei war,( Ironie) aber ohne den ganzen Pfad habe ich mein Bedenken. LG. :taube: ;) :)

    Meine Frage ist ja eher wie kommt man zu der Einsicht? Muss man dafür doch etwas mehr tun als die Achtsamkeit auf den Atem zu richten? Muss man die Einsicht vielleicht einladen? Oder kommt die Einsicht unangemeldet zu einem? :grinsen:

    Tun? Lol... Eher Sein, wach und absolut präsent wie die Katze, die einer Maus auflauert, als ob sie die letzte in ihrem Leben wäre.

    Wenn ich ehrlich bin, kenne ich kein Patentrezept. Es kann einfach passieren oder auch nicht – keinen blassen Schimmer. Ich kann deine Frage nicht beantworten, und zitieren will ich im Prinzip auch nicht.

    Denk darüber nach, aber sehr intensiv, so intensiv wie du nur kannst, als ob es die letzte Stunde in deinem Leben wäre. Dann die letzte Minute, und schließlich nur dieser eine Augenblick: Jetzt! Mehr nicht.

    Mein praktischer Rat: Finde im Netz das dritte Buch von Satipatthana. Das ist ein rein praktischer Ratgeber. Also, ich versuche es:


    https://www.buddhismuskunde.uni-hamburg.de/pdf/5-personen/analayo/satipatthanapracticeguide.pdf



    Zitat

    Lob für Satipaṭṭhāna Meditation: Ein Praxisleitfaden

    Dies ist eine Perle von einem Buch. Nach der Lektüre und dem Vergleich mit den

    den beiden früheren Studien des Autors über Satipaṭṭhāna, hat man den Eindruck

    den Eindruck, den Hörsaal der Universität verlassen zu haben und in den

    den Meditationssaal, wo der weise und erfahrene Lehrer

    Dhamma-Reflexionen anbietet, die die Praxis von

    satipaṭṭhāna mit einer fruchtbaren und farbenfrohen Klarheit, frei von Fußnoten

    und arkanen Querverweisen. Dieses Buch ist eine Fundgrube für

    praktischen Lehren, die mit klarer und einfacher Eloquenz zugänglich gemacht

    Beredsamkeit. Der Autor erklärt, dass es seine Motivation war, die

    die Praxis des satipaṭṭhāna zu bereichern und nicht mit anderen

    anderen Ansätzen zu konkurrieren - das ist ihm, wie ich finde, bewundernswert gelungen,

    und das mit lobenswertem Geschick und Anmut.

    - Ajahn Amaro


    Zum Buch gibt es auf YouTube Videos auf Deutsch.


    Bhikkhu Anālayo | satipaṭṭhāna-meditation (Deutsch



    Viel Spaß ! :)

    Mir ist der Übergang in der Praxis noch nicht so klar. Wenn ich sitze und Atembeobachtung praktiziere, kommt ja nicht automatisch Einsicht zustande

    Tja, mein Lieber, ich bin echt satt und erschöpft, wenn ich so viele kluge Wissenschaftler lese und so verdammt viele Zitate sehe, dass mein Kopf schon raucht. (: ;)

    Ich kann es mir einfach nicht verkneifen, Maha, bitte, nimm es nicht persönlich.

    Wie fühlt sich dieser Zustand an? Aus der Sicht des Praktizierenden selbst? ( "Ein-Sicht"?)

    Es gibt kein „Ich“, das den Körper (sozusagen) beobachtet. Es gibt den Prozess des Atmens im Körper, der sich wie ver-flüssig-t oder in jedem Augenblick ver-geh- t. Am Ende findet man weder einen Körper noch einen Atem. Das kann beängstigend wirken, vielleicht auch befreiend, ich weiß es nicht. Es war nur der Versuch, es zu beschreiben, mehr nicht. Alles Gute dir herzlich. :taube: :taube: :taube: :) :dao:

    Wenn man nun achtsam bei sich beobachten sollte, dass man etwas Gesehenes oder Gehörtes doch (insgeheim) bewertet/beurteilt (was ja dem Wesen der Achtsamkeit eigentlich zuwiderläuft), sollte man wohl auch dieses Bewerten/Beurteilen wiederum nur achtsam beobachten? :?

    Zitat

    Habgier und Trauer gegenüber der Welt beseitigt hat – bei jener Gelegenheit ist

    unablässige Achtsamkeit in ihm verankert. Wann immer unablässige Achtsamkeit

    in einem Bhikkhu verankert ist –


    Anna Panna-Sati, das ist meine Meinung als Antwort auf deine Frage.

    Ohne eine tiefere Vertiefung (jnana, Samadhi, usw.) ist echte sati nicht möglich. Wenn der Praktizierende fahrig oder zerstreut ist, bleibt kein Platz für sati.


    Ein weiterer Punkt: Wenn zu viel sinnliche Begierde im Praktizierenden vorhanden ist, dann wird sati ebenfalls nicht funktionieren, da die Wahrnehmung stark getrübt und verzerrt ist.


    Und ein letzter Punkt: Es ist kein Zufall, dass der Buddha im Pali-Kanon sati für die Mönche empfiehlt. Das macht Sinn. Man sollte sich zurückziehen und seine eigenen Khandhas eigentlich rund um die Uhr beobachten. Das ist jedoch kaum für Haushälter oder Laien möglich.


    Alles Gute. :taube:


    P.S. "Unablässsig"-- immer ohne Unterlass, auch Jetzt!

    Es werden zwei verschiedene Formen genannt, einmal mit Vertiefungen (jhanas) als Basis für Einsicht und einmal ohne Vertiefungen, der sogenannte "dry insight" Weg. Wie die Gestaltung dieses Übergangs in der Praxis aussehen kann ist mir auch noch nicht so ganz klar.

    Lieber Maha, nach meinem Verständnis sind die Überschneidungen unvermeidlich, so auch Analyso, "der Direkte Weg":


    Sati kann also von Natur aus weder objektiv noch voreingenommen sein, sie ist keine Fotokamera, sozusagen. Ein sehr spannender Aspekt! Ansonsten wären wir wohl ... "erwacht", lol. (: _()_ :taube:

    . Gewöhnlich ist es schon schwer dieses höchste Gewahrsein auch nur für einen Augenblick ganz klar zu etablieren.

    Richtig, weil die Art der Wahrnehmung stark durch die Triebe( kilesa) beeinflusst wird. Deshalb muss man den ganzen Weg gehen, alle Stufen durchlaufen, und nicht nur meditieren. Das steht für mich nicht zur Debatte.

    Wie wird der Begriff Achtsamkeit / sati (Pali) /smrti (Sanskrit) im Buddhadharma verwendet? Was ist damit genau gemeint? Und welche Funktion hat sie? Und wie wird der Begriff in anderen Kontexten heutzutage definiert und verwendet? Gibt es da eine Übereinstimmung oder eine Diskrepanz?

    Lieber Maha,


    zu deiner Frage: Das ganze Wirrwarr mit den Begriffen hatte mich immer irritiert. Es ist besser, immer die ursprünglichen Quellen zu lesen. Außer Analayo, der meiner Meinung nach der beste ist, gibt es alle drei Bände( von Ihm) zu Satipatthana zum Herunterladen. Zwei Bücher sind auf Deutsch erschienen. Ich kann das kleine Büchlein von Amadeo Sole-Leris empfehlen: "Die Meditation, die der Buddha selber lehrte. Wie man Ruhe und Klarblick gewinnen kann" (Herder-Spektrum, 1994). Schau auf Amazon, es kostet nicht viel.


    Zum Thema einige Worte: So wie Nyanaponika und auch der Visuddhi Magga unterscheiden zwischen "Ruhe", also "Konzentration", und der "Einsicht". Der klare Blick in die Natur der Dinge, also in die Leerheit, zeigt, dass alles, was entsteht, auch vergeht. Dies folgt dem Kausalitätsgesetz. Im Sinne, dass uns absolut nichts gehört oder anders betrachtet, dass wir mit allem verbunden sind. Das gleitet jedoch in Off-Topic ab, sorry...


    Was ich sagen wollte: Das sind zwei verschiedene Schuhe. Ohne eine fest verankerte Konzentration wäre es nicht möglich, den klaren Blick zu bekommen. Zumindest habe ich es so verstanden und entsprechend praktiziere ich es. Alles Gute dir herzlich. :) _()_ :taube: