Im Christentum geht es ja nicht nur um die Veränderung des eigenen Geistes sondern um die Veränderung der Welt - man soll ja am Reich Gottes mitarbeiten - was ja eine gesellschaftliche Utopie vorgibt - eben eine Gemeinschaft der gegenseitigen Liebe aufzubauen.
Während im Buddhismus selbst so soziale Haltungen wie karuna, metta mudita nicht als Wege zu einer besseren Welt sondern zu einem friedvolleren Geist gesehen werden..
Tendenziell verstehe ich das auch so. Wobei es auch im Christentum eine Praxis gab oder gibt, die eine Erlösung der Menschheit durch eine weltabgewandte Praxis hinter verschlossenen Mauern anstrebt. Also nicht wirklich tätig in der Welt. Und im Buddhismus gibt es auch die sozialen Aspekte der Verantwortungsübernahme in sozialen Fragen, wie z.B. bei dem schon erwähnten Engagierten Buddhismus oder Initiativen wie "Mitgefühl in Aktion".
Bei dem Beispiel mit Buddha und dem kranken Mönch, fällt mir auf, dass hier das tätige Mitgefühl auf die Sangha der Ordinierten begrenzt wird, eben auch gerade weil diese keinen Rückhalt mehr in der Familie als soziale Unterstützung haben.
Die die beiden Aussagen in SN 47.19:
Zitat
Auf sich selber achtend, ihr Mönche, achtet man auf die anderen.
Auf die anderen achtend, achtet man auf sich selber.
hängen ja miteinander zusammen. Sie sind zwei unterschiedliche, aber miteinander zusammenhängende Perspektiven. Das kann man sich am Beispiel der Freigebigkeit verdeutlichen.
Die Freigebigkeit ist die geistige Einstellung, für das Wohl anderer Menschen zu wirken. Diese Einstellung muss man aber erst einmal im eigenen Geist hervorbringen. Hat man also auf sich selber achtend diese Einstellung entwickelt, wirkt man für das Wohl der Anderen, weil man auf sie achtet.
Indem ich die Freigebigkeit übend auf die anderen Menschen achte, achte ich auch auf mich selber, weil meine Handlungen der Freigebigkeit auf mich zurück wirken. Sie verleihen dadurch meinem Geist die Kraft, dass ich die Fähigkeit der Freigebigkeit immer weiter entwickeln kann.
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Diese Textstell finde ich sehr treffend. Ich frage mich, ob nicht hier die Gleichzeitigkeit der Sorge für Andere und der Selbstsorge das Entscheidende ist. Das eben nicht das eine dem anderen zeitlich vorausgehen muss. Dem entspricht ja auch diese Sicht.
Ich sehe es ganz laienhaft so, dass im Buddhismus meine Nächsten nicht getrennt von mir existieren und eher ein Teil meiner eigenen Wahrnehmung sind, in diesem Sinne ein unabtrennbarer Teil meiner Existenz. Und so gehe ich mit meinen Nächsten um wie mit mir selbst.
Mit diesem Eindruck stehst du nicht alleine...
Der Vorwurf des "Egoismus" haftet den Buddhisten im Westen ohnehin schon ein wenig an, Tenor: "Die sitzen da nur auf dem Kissen herum, während andere, z.B. Christen, die Ärmel aufkrempeln, sich organisieren und praktische Hilfe leisten...!"
Vielleicht tun wir den westlichen Buddhisten und Buddhistinnen da ja tatsächlich unrecht und es passiert vielmehr in diese Richtung als öffentlich wahrgenommen wird. Man muss ja auch sehen, dass der Buddhismus hier einfach keine fest institutionalisierte Religionsgemeinschaft ist.
Wenn der Buddhismus seine Glaubwürdigkeit als "friedlichste Religion" mit Schwerpunkt "Mitgefühl für alle Wesen" behalten (und im Westen überleben) will, wäre es m.E. wichtig, nicht länger das Bild zu vermitteln, man "sitze" nur so für sich...
"An ihren "Früchten" werdet ihr sie erkennen.", ein Ausspruch Jesu -Mt 7,16- , der auch auf Buddhisten anwendbar ist...
Von void wurde das oben schon angesprochen der Unterscheid zwischen einer Haltung, die die Taten in den Mittelpunkt der moralischen Wertung stellt, und einer Haltung, die die Absicht oder Gesinnung als entscheidend sieht. Da gibt es auch innerhalb des Buddhismus unterschiedliche Ansichten - wie auch im Christentum - könnte ich mir vorstellen.