Beiträge von void im Thema „Tätige Nächstenliebe im Buddhismus“

    Aber auch im Buddhismus gibt es Konzepte wie Metta und Karuna. Und das Verhalten des Buddha war ja lt. Suttas auch nicht unsozial. Großzügigkeit steht im Gegensatz zum Anhaften und zur Gier, sollte also zum Pfad passen. Mir ist noch nicht klar geworden, warum sich im Buddhismus nicht mehr daraus entwickelt hat.

    Vielleicht hat es auch äußere Gründe?


    Europa ging ja nach der Antike durch eine "dunkel Zeit" . Staatliche Strukturen die eigentlich für Soziales zuständig waren zerfielen und so nahm die Kirche viele soziale Aufgaben ( den Betrieb von Krankenhäuser, die Sorge um die Armen, die Sorge um die Alten, die Erziehung von Kindern) auf sich.


    Während die Situation für den Buddhismus ja erstmal sehr anders war. So war war Kaiser Ashoka ( 303- 232) ein Kaiser der versuchte den Buddhismus in seiner sozialen Gesetzgebung umzusetzten:


    Ashoka legte Wert auf eine gerechte Rechtsprechung, auf Vorsicht und Toleranz bei der Urteilsfindung und Wahl der Strafe. Er sprach auch wiederholt Begnadigungen aus.


    Zitat

    „Es ist mein Bestreben, dass Gesetze und Bestrafungen einheitlich sein sollen. Ich gehe auch so weit, jenen die zum Tode verurteilt wurden einen dreitägigen Aufenthalt im Gefängnis zu erlauben. Während dieser Zeit können ihre Verwandten um eine Begnadigung ansuchen. Wenn niemand da ist um das Leben des Gefangenen zu bitten, darf der Gefangene Schenkungen tätigen um gute Verdienste für die nächste Welt zu sammeln oder fasten. Während der sechsundzwanzig Jahre seit meiner Krönung, haben Gefangene zu fünfundzwanzig Gelegenheiten Amnestien erhalten.“

    Ebenso kümmerte er sich um den Tierschutz:

    Zitat

    „Hier (in meinem Reich) dürfen keine Lebewesen getötet oder als Opfer dargebracht werden.“


    „Sechsundzwanzig Jahre nach meiner Krönung werden einige Tiere unter Schutz gestellt – Papageien, wilde Gänse und Enten, Fledermäuse, Ameisenköniginnen, Schildkröten, Fische, Stachelschweine, Eichhörnchen, Rehe, Rinder, wilde und Haus-Tauben, alle vierfüßigen Tiere, die weder nützlich noch essbar sind. Die Ziegen, Schafe und Säue, die Junge haben oder Jungen Milch geben, sind geschützt, wie auch die Jungen, wenn sie jünger als sechs Monate sind. Hähne dürfen nicht kastriert werden, Unterholz, in dem Tiere sich verbergen, darf nicht verbrannt werden und Wälder dürfen weder ohne Grund, noch um Lebewesen zu töten abgebrannt werden. Ein Tier darf nicht an ein anderes verfüttert werden.“

    In Punkto "Wokeness" versägt Ashoka sogar noch die Grünen! Ein Öko vor dem Herren( Wobei man sich fragt, wie es mit dem Umsetzung so genau aussah)


    Und er ließ Krankenhäuser für Menschen und Tiere bauen:

    König Ashoka förderte Maßnahmen, die das Leben der Menschen (und Tiere) in seinem Reich und auch außerhalb dessen Grenzen besser machen sollten. Dazu gehörten vor allem die Errichtung von Krankenhäusern (die auch Tiere aufnehmen sollten), das Anlegen und Verbessern von Straßen und das Aussenden von „Gesandten des Dharma“ in seinem gesamten Reich, die diese Maßnahmen leiten und überwachen und den Dharma bekannt machen sollten.


    Zitat

    „Überall im Reich des Königs Piyadasi, und bei den Völkern jenseits der Grenzen, den Chola, den Pandya, den Satiyaputra, den Keralaputra, bis nach Tamraparni und wo der griechische König Antiochos herrscht, und unter den Königen die Nachbarn des Antiochos sind, überall hat Piyadasi Vorkehrungen für zwei Arten der medizinischen Behandlung getroffen: medizinische Versorgung von Menschen und medizinische Versorgung von Tieren. Wo medizinische Kräuter zur Behandlung von Menschen oder Tieren nicht vorhanden waren, habe ich sie eingeführt und pflanzen lassen.“

    Aber all dies waren - wenn auch von buddhistischen Gedanken getragen - staatliche Maßnahmen. Weil es eben einen funktionierenden Staat gab. Ashokas Hauptstadt Pățaliputra war mit 150000 bis 400000 Einwohner ziemlich groß. Wenn es einen funktionierenden Staat gibt, können Ordinierten sich der Aufgabe zuwenden Befreiung zu erlangen.


    Während Europa im Mittelalter reduzierte staatliche Strukturen hatten und eben deswegen den Klöstern und Kirchen viele soziale Aufgaben zufielen.


    Erst im Spätmittelalter gab es auch in Europa wieder so große Städte wie

    Pățaliputra und sobald der Staat wieder funktionierte sorgte er sich zunehmend um Soziales und Erziehung.

    Wie seht und erlebt ihr das?

    Es ist schwer zu überprüfen. Im Christentum ist Nächstenliebe Teil des Weges. Für Katharina von Sienna oder Mutter Theress war die Sorge für Kranke nicht eine praktisches Problem sondern eine spirituelle Praxis. Die Motivation dazu kommt aus dem Christentum und der Herrennachfolge .


    Beim Buddhismus ist es nicht so. Der Buddhismus bekämpft Gier, Hass und Verblendung. Was aber auch bedeutet dass er Grosszügigkeit, Geduld und Mitgefühl kultivieren kann. Nächstenliebe ist also erstmal eher eine Nebenwirkung.


    Angenommen mein Shangha-Kollege ist ein besonders sozialer und gütiger Mensch dann ist es ja kaum festzustellen, ob sich das aus dem Buddhismus speist oder er es auch so täte.


    Bei "Buddha und dem Kranken Mönch" ist es dass dieser aus ganz praktischen Gründen hilft - eben weil Mama und Papa nicht da sind aber die Mitmönche. Und nicht weil es für die so eine spirituelle Praxis ist.


    Wobei mir doch eine Stelle einfällt. Sogyal Rinpoche erzählt hier von Asanga der nach etlichen Versuchen den Bodhisattva Maitreya zu finden, durch eine extreme Handlung tätiger Liebe

    Aber während die christliche Nächstenliebe zur Gründung von Krankenhäusern führte, bleibt das ja ein Beispiel von extremen Mitgefühl ohne dass sich daraus eine Asanga Gemeinschaft gebildet hatte, die das Wohl der indischen Straßenhunde verbesserten. Auch hier steht die Verwirklichung des Bodhisattva Ideals im Vordergrund und nicht die Steigerung des Hundewohls in der Welt.

    "Nächstenliebe" ist ja ein christliches Konzept und die Frage ist, ob es im Buddhismus etwas analoges gibt. Dies ist Thema des Textes "Mitgefühl im Buddhismus und Mitleid im Christentum"

    Zitat

    Der Buddha hatte erfahren, dass ein Mönch im Kloster an Ruhr erkrankt war. Mit seinem Begleiter Ânanda ging er zur Behausung des Mönchs und fand ihn dort entkräftet und hilflos in seinem Urin und Kot auf dem Boden liegend. Der Buddha fragte ihn, warum keiner der anderen Mönche ihm helfen würde. Der Mönch gab zur Antwort, dass auch er niemandem geholfen habe. Deshalb kümmere sich nun auch niemand um ihn. Daraufhin bat der Buddha Ânanda, ihm warmes Wasser zu holen. Damit wuschen sie ihn, hoben ihn aufs Bett und versorgten ihn mit allem, was er brauchte. Dann rief der Buddha die Mönche zusammen und ermahnte sie dringend, sich umeinander zu kümmern. Sie hätten ihre Familien zurückgelassen, um dem spirituellen Pfad zu folgen. So müssten sie sich nun gegenseitig Vater und Mutter ersetzen. Wenn sie sich nicht um andere kümmerten, würden sich diese anderen auch nicht um sie kümmern. So wie sie ihm – dem Buddha – helfen würden, wenn er in Not wäre, so sei es ihre Pflicht, auch den Mönchsbrüdern zu helfen. Die Ermahnung schließt mit dem Satz: «wie man mich pflegen würde, so soll man Kranke pflegen»


    Diese Aussage Buddhas erinnert an Mt 25, 40, wo Christus als Weltenrichter sagt: «Was ihr einem dieser meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan»2 Wer denjenigen hilft, die physischem, psychischem oder sozialem Leiden ausgesetzt sind, der handelt an Christus selbst. Wer den Buddha pflegen will, der soll sich den Kranken zuwenden

    Dies ist ja ein starker Anfang für eine buddhistische Form des Umeinander Kümmerns.


    Aber dies hat sich dann auseinander bewegt.


    Im Christentum geht es ja nicht nur um die Veränderung des eigenen Geistes sondern um die Veränderung der Welt - man soll ja am Reich Gottes mitarbeiten - was ja eine gesellschaftliche Utopie vorgibt - eben eine Gemeinschaft der gegenseitigen Liebe aufzubauen.


    Während im Buddhismus selbst so soziale Haltungen wie karuna, metta mudita nicht als Wege zu einer besseren Welt sondern zu einem friedvolleren Geist gesehen werden..

    Es handelt sich [ bei karūna]dabei um ein universales Verbundenheitsgefühl, das letztlich nicht von einer empathischen Identifikation mit dem individuellen Notleidenden getragen ist. Bei der christlichen Nächstenliebe steht das tätige Engagement für die leidende Person im Vordergrund, bei der buddhistischen karuṇā geht es um unterschiedslose Allgüte.


    In der Praxis wird sich diese Unterscheidung aber nicht sehr bemerkbar machen, denn auch die< Allgüte kann sich ja immer nur in der Zuwendung zu einzelnen Lebewesen realisieren. Entscheidend ist dabei nach buddhistischem Verständnis nicht die Tat an sich, geschweige denn der Erfolg der Tat, sondern allein die Gesinnung, aus der die Tat geschieht. Es kommt auf die Haltung der Güte an. Wo diese Haltung ausgebildet und praktiziert wird, reinigt das den Geist von den drei leiderzeugenden Grundübeln Hass, Gier und Nichtwissen. Damit wird er frei für das Licht, das ihn erleuchten kann.