Beiträge von Aravind im Thema „Ärger, Wut und Ohnmacht“

    Gut, dass Du nachfragst, ich hatte noch einen Nachtrag, habe den aber vergessen zu posten.


    Wenn es aber darum geht, dass andere Menschen andere bewusst schaden, da tue ich mir da deutlich schwerer. Naiv gefragt, wie soll ich solche Menschen "lieben"?

    Durch Übung. Aber das steht nicht an, denke ich.


    Aber wichtig: Müssen tut man gar nichts, schon gar nicht aus buddhistischer Sicht.


    Und der erste Mensch, dem man mit Liebe der Güte begegnen kann, ist man selbst. Die Frage ist hier IMHO nicht: Wie kann ich diesen Menschen Metta entgegenbringen. Sondern: Wie kann ich das erst einmal für mich selber üben.


    Die Schraube in meinem Beispiel ist Deine Schraube, nicht die von jemand anderen. Es geht darum, es für Dich leichter zu machen. Wenn Du magst.


    Lese gerade ein Buch von Shaila Catherine, da bin ich auf die schöne Leitfrage (Leidfrage? ;) ) gestoßen:

    Zitat

    Möchtest Du recht haben, oder möchtest Du in Frieden leben?

    Es gibt meist gute Gründe, warum wir uns für das Erste entscheiden. Zum Frieden führt das nicht, so viel ist sicher.


    So wie Du schreibst (und Monika und andere): Du kannst nur Dich selbst ändern, und die Art, wie Du mit dem Verhalten von anderen umgehst.



    Liebe Grüße,

    Aravind.

    Zwei Themen: Ich sehe Dinge, die berichtet werden in Medien diametral anders.

    Ich bin konfrontiert in der Arbeit mit nicht korrekt handelnden Menschen.

    Beide Themen, die ich hier nannte sind bewusst sehr oberflächlich formuliert.


    Erklär mir bitte einmal, wie ich hier mit liebender Güte arbeiten soll, unabhängig, ob ich richtig oder falsch denke, aber es halt anders sehe?

    Das ist eine wichtige Frage, die bei jedem und jeder auf dem Weg irgendwann auftaucht, denke ich.


    Ich werde darauf auf keinen Fall direkt antworten, ich bin nicht Du.


    Aber ich kann gerne beschreiben, wie es für mich ist, auf der Basis meiner individuellen Erfahrung.


    Wir reden oft so, als wäre Liebende Güte etwas, das man tut. Das ist aber nicht ihr Charakter. Liebende Güte ist ein Zustand, so wie Achtsamkeit und Gleichmut.


    Alle drei werden durch ständige Übung stärker, oder auch sichtbarer.


    Stell Dir vor, Du hast eine rostende Schraube an Deinem Rasenmäher. Du weißt, wie man Schrauben löst, aber die hier ist wirklich hartnäckig. Mit viel Kraft ginge es vielleicht, aber wenn Du Deine Kraft nicht trainiert hast, dann bekommst Du sie trotzdem nicht los.


    Und mit zu viel Kraft kannst Du das Ding auch noch abreißen, herzlichen Glückwunsch!


    Wie jeder Deutsche mit rostenden Schrauben hast Du aber zu Hause einen kleinen Schrank, da ist Kriechöl drin, WD40. Damit kannst die Schraube vorbereiten, und dann geht es mit mittlerer Kraft ganz wunderbar.


    Dummerweise hast Du den Schlüssel für dieses Schränkchen verloren. Schöner Mist!


    So ist es IMHO mit Achtsamkeit und Liebender Güte. Selbst wenn man weiß, wie man Liebende Güte einsetzt: Wenn man sich nicht durch ausdauernde Übung darum kümmert, dass der Schlüssel da ist, dann kann man sie nicht einfach benutzen, wenn man sie wirklich braucht.


    Und Achtsamkeit alleine kann sehr helfen, aber auch zerstörerisch wirken.


    Wenn ich es in kritischen Situationen mal schaffe, Liebende Güte zuzulassen, dann klappt das, weil ich mich immer häufiger darin erinnere, wie das geht, wo der Schlüssel für das Schränkchen ist. Nicht, weil es ein Geheimrezept für die spontane Anwendung gibt.


    Liebe Grüße,

    Aravind.

    Opas Gefühle der Enkeltochter gegenüber sind nicht so ganz vergleichbar mit den Gefühlen eines Menschen, der die Beziehung zum beschützenden Amerika verliert und deshalb Ärger, Wut und Ohnmacht empfindet.

    Danke für Deine Sicht! Das hilft mir, meinen Beitrag besser einzuordnen.


    Hier geht es tatsächlich um zwei Dinge, die Du in Deinem Beitrag, den ich zitiert hatte, genannt hattest. Und die ich in meinem Beitrag nicht getrennt habe.


    Das eine ist der Umgang mit Wut, völlig unabhängig davon, wo sie herkommt. Dabei hilft Praxis in Achtsamkeit und Liebender Güte.


    Das andere ist der Umgang mit scheiternden Beziehungen, die zu Wut, aber auch zu allem möglichen anderen Gefühlen führen können. Hier geht es meiner Meinung nach auf dem Weg des Buddha darum, die Lehre von Unbeständigkeit, Annica, zu erkennen.


    Natürlich gibt es das Thema auch in Bezug auf meine Enkeltochter. Wenn ich beispielsweise der Überzeugung wäre, sie müsste sich immer so verhalten, wie ich mir das vorstelle, dann führt das bei autonomen Kindern zu Dukkha, zumindest für mich :) . Und selbstverständlich können Beziehungen auch enden, dazu muss niemand sterben.


    Wichtig ist zu realisieren, dass Beziehungen bedingt entstehen, zu einem gewissen Maß zu Anhaftung führen, und wieder vergehen. Da liegt erst mal kein Problem drin. (außer, wenn man ignoriert, dass anhaftende Beziehungen zu Dukkha führen, wenn sie enden).


    In der Lebensgestaltung kann man dann mindestens zwei Wege gehen.


    Man kann enge Beziehungen vermeiden, so wie Du schreibst,

    Sich nicht so stark binden, dass man bei Verlust Wut und Ohnmacht empfindet, halte ich bei einem erwachsenen Menschen für eine gute Lösung.


    , oder man kann, mit dem Wissen um Anicca, sich darin üben, mit den Emotionen umzugehen, die sich aus scheiternden Beziehungen ergeben. Auch dazu gehören Klarsicht in die Natur der Dinge, Liebende Güte, und viel Praxis.


    Psychologisch nennt man Deinen Ansatz Autarkie (wenn man es negativ ausdrücken wollte: Sterben aus Angst vor dem Tod). Den zweiten Ansatz Autonomie: Das Wissen durch Übung, Klarsicht und Erfahrung, dass man auch Krisen überstehen kann. Beides kommt in praktisch jedem Leben vor.


    Der Weg des Buddha heißt für mich als Idealvorstellung: Gehe Beziehungen ein, wisse, dass sie endlich sind, und genieße gerade deshalb jeden Moment, in dem sie bestehen.


    Liebe Grüße,

    Aravind.

    Ich halte nichts Emotionen zu unterdrücken. Denn das bringt nur mehr Dampf im Kessel. Was du beschreibst ist ein guter Weg mit Emotionen die auftreten umzugehen. Aber die Frage stellt sich schon, ob man nicht unheilsame Emotionen schon reduzieren kann bevor sie aufkommen. Das sehe ich schon analog zu den edlen Wahrheiten.

    Genau. Selbstverständlich werden Emotionen wr Wut schwächer, wenn man Liebende Güte und Gleichmut praktiziert.


    Un darüber hinaus, so wie ewald schreibt:


    Das ist Umgang mit Symptomen, dem kann man vorbeugen, vor allem durch Loslassen, durch nicht anhaften. Wenn ich mich darauf verlasse, dass die Amerikaner mein größter Freund sind und mich stets beschützen, dann fühle ich mich geborgen und mache mir keine weiteren Sorgen.

    Genau. Das Problem daran ist ja nicht diese Freundschaftsbeziehung, das ist ja ein Win-Win. Sondern, wie Du weiter unten schreibst, wenn man ignoriert, dass auch solche Beziehungen dem Wandel unterliegen, so wie alles, was wir kennen. Und man an den Emotionen anhaftet.


    Meine süße, sehr willensstarke Enkelin ist da gerade meine beste Lehrerin. 4 Jahre, und testet alle Beziehungen systematisch auf ihre Resilienz. Orginalzitate vom Wochenende: "Opa, bist Du jetzt genervt, wütend, oder schon stinkesauer?", und: "Das ist doch nicht mein Problem, wenn ich dich nerve."


    Wenn sie mich trietzt, werde ich oft gar nicht wütend, sondern lasse sie machen. Wenn es mir zu weit geht, dann sage ich ihr das, und das ich wütend bin. Und kurz danach ist mein Ärger meistens wieder verschwunden. Das kann ich das ganze Wochenende trainieren.


    Liebe Grüße,

    Aravind.