Nach den Nachrichten gestern (Zelensky im WH) war ich extrem ärgerlich. Ich habe direkt große Angst um meine Familie und alle die mir lieb sind gehabt. Genauso fürchte ich um die Werte, die uns in Deutschland, der EU und der freien Welt verbinden.
Aus der Wut sind sehr starke Gedanken, auch gewalttätige erwachsen. Ich habe mich hingesetzt und mit den Gefühlen meditiert. Dabei sind mir einige Sachen passiert:
- Die Erkenntnis, dass die Wut und die starke Anlage dazu ein Teil von mir sind. Ich kenne das aus der Vergangenheit, auch wenn ich dem eigentlich nicht nachgebe. Sie ist da und ist immer da gewesen. Beim Meditieren habe ich sie körperlich gespürt.
- Ich habe eine sehr starke Ohnmacht gespürt. Dieses Gefühl der Ohnmacht, ich kann den Mächtigen der Welt ja keine Vernunft einprügeln, hat die Wut nur noch weiter verstärkt. Daraus sind dann Gedanken rund um (imaginäre) Bedrohungen rund um meine Familie erwachsen, gerade so wie in einem Hollywood Film.
- In der Meditation konnte ich mir aber immer wieder vor Augen führen, dass es in einer solchen „Hollywood-Situation“ auf allen Seiten nur Verlierer gibt. Man wird aus der Rolle eines Opfers heraus zum Täter. Diese Story wird ja seit jeher für alles verwendet, um schlechtes Verhalten, Überfälle, Gewalt und Krieg zu rechtfertigen. Auch aufs Kleine übertragen gilt das. Wenn es in einer Situation einen Verlierer gibt, gibt es auch keinen Gewinner.
- Was also ist die Wut für mich und wo kann ich mit ihr hin? Sie hat für mich (vor allem in diesem Fall gemischt mit starker Ohnmacht) zwei Aspekte: Erstens erwächst sie daraus, dass etwas bedroht wird, dass mir sehr wichtig ist. Zweitens gibt es eine sehr großen Drang, aktiv zu werden. Leider kann die Aktivität auf den ersten Blick nirgendwo hin gerichtet werden.
- Geholfen haben mir diese Erkenntnisse: Die Aktivität und Aktivierung ist ersteinmal gut. Es gibt keine Passivität mehr, ich will nicht ausgeliefert sein. Als Buddhist will ich ja auch in der Welt wirken. Nur in welche Richtung? Gegen den „Feind“ kann ich es nicht: zum einen ist er nicht greifbar, zum anderen gibt es daraus nur Verlierer. Dabei ist es egal, um welche Dimension des Konflikts es sich handelt. Was aber möglich ist, ist sich um die andere Seite der Wut zu kümmern: nicht um die Bedrohung des Geliebten und Geschätzten, sonder um das Geliebte und Geschätzte selbst! Hier kann ich meine ganze Aktivität loswerden, bin nicht mehr ohnmächtig, tue mir und allen in meinem Umfeld Gutes und keinen Schaden. Meine Wut ist damit nicht mehr destruktiv, sondern zu positiver Aktivität geworden.
- Ich überlege deswegen gezielt, wo und wie ich in meinem Alltag Gutes tun kann, um der Ohnmacht entgegen zu wirken:
- Liebe und Mitgefühl im Alltag, besonders in meinem direkten Umfeld
- Gute Momente bewusst genießen: sie sind die Früchte dessen, was uns wichtig ist und für das wir uns einsetzen. Wenn man es schafft sie weiter zu genießen, kann die andere Seite nicht gewinnen und man selbst nicht verlieren.
- Frieden schaffen im Umfeld: Nachbarn, Arbeitsumfeld, Familie, Freundschaften. Die Gemeinsamkeiten in den Mittelpunkt stellen, anstatt das Trennende
- Dazu beitragen, dass diese Gesellschaft gelingt: Auf der Arbeit etwas sinnvolles tun, dass dazu beiträgt. Einander helfen, Engagement in der eigenen Umgebung: in der Familie, dem sozialen Umfeld, in Vereinen oder der Lokalpolitik.
Das sind alles Gedanken aus einer Meditation, bzw. einer Nacht. In der habe ich zwar nicht viel geschlafen, allerdings nicht aus Angst oder Wut. Mich hat stattdessen eine positive Aktivität und Energie gepackt. Zuversicht statt Ohnmacht!
Habt ihr Erfahrungen oder Methoden mit Wut und Ohnmacht umzugehen? Es würde mich sehr interessieren! Vielleicht gibt es ja auch jemanden, der oder dem meine Gedanken und Erfahrungen helfen können.
Christoph