Die Konzepte von "Leere" im Theravada und "Leerheit" im Mahayana unterscheiden sich im Wesentlichen in zweierlei Art, nämlich sowohl in ihrer philosophischen Tiefe als auch in ihrer praktischen Anwendung.
Sunyata im Theravada,
da bedeutet "Leere" normalerweise die Abwesenheit eines festen, unveränderlichen Selbst (Anatta), bzw. "leer von"; die Betonung liegt darauf, dass alle Phänomene bedingt entstanden sind und keine eigenständige Existenz [und/oder 'Essenz'] besitzen. Hinsichtlich der Praxis ist das mit Achtsamkeit und der Einsicht in die Vergänglichkeit und das Leiden verbunden (wobei das Leiden, nach buddhistischer Auffassung, auch scheinbare Freuden mit einschließt). Diese daraus resultierende Einsicht zielt darauf ab, die Anhaftung an "Ich" und "Mein" zu überwinden und auf diese Weise Nirvana zu erreichen.
"Leerheit" [Sunyata] im Mahayana
... wird vor allem definiert und vertieft durch die Philosophie der Madhyamaka-Schule (s. Nagarjuna). Hier wird Leerheit nicht nur auf das Selbst, sondern auf alle Phänomene angewandt. Es wird betont, dass nichts eine eigenständige Existenz hat, sondern alles in wechselseitiger Abhängigkeit existiert (Pratityasamutpada).
Diese Sichtweise zeigt auf, dass Leerheit als Mittel angesehen wird, die dualistische Wahrnehmung von Subjekt und Objekt zu überwinden; sie ist nicht nihilistisch, sondern hilft, die wahre Natur der Realität zu erkennen und Mitgefühl und Weisheit zu entwickeln.
Im Theravada wird die Leere eher pragmatisch [und individuell] betrachtet, während das Mahayana sie als universelle Wahrheit und Grundlage für Mitgefühl und altruistisches Handeln versteht.
Wichtig: Beide Ansätze ergänzen sich jedoch in ihrer Suche nach Befreiung und Erleuchtung.
Ein Buddhist ist, wer die folgenden vier Wahrheiten akzeptiert:
- Alle zusammengesetzten Dinge sind vergänglich,
- Alle Gefühle sind Schmerz,
- Alle Dinge haben keine eigenständige Existenz,
- Nirvana ist jenseits von Konzepten.
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Anmerkung: Wie alle wichtigen Leitsätze werden auch diese vier nicht immer exakt gleich ins Deutsche übersetzt. Der vierte Satz lautet auf Deutsch auch manchmal: "Nirvana ist Frieden". Das aber ist in unserer Kultur missverständlich, so dass mir der Satz: "Nirvana ist jenseits von Konzepten" besser gefällt; das trifft es einfach besser.
Für die fehlenden Buchstaben-Zeichen bei den Sanskrit-Begriffen bitte ich um Entschuldigung.