Beiträge von JoJu91 im Thema „Leerheit - wie ist das zu verstehen?“

    Ich würde sagen, dass nach den Stufen Wallace Stufen I - IV Jhana anfängt.

    Würde ich auch sagen, wenngleich ich für die "Wallace-Stufen" fünf und sechs noch keine genauere Beschreibung gefunden habe, ich habe aber bisher auch nur oberflächlich quergelesen.

    Zur "exponentiellen Steigerung der Schwierigkeiten" würde ich sagen, kommt auf die Perspektive an. Aus der Perspektive eines Neulings hat Stufe 1 Schwierigkeitsgrad 1 und Stufe 7 Schwierigkeitsgrad sagen wir hundert. In den "Wallace-Stufen" I-IV baust Du aber, regelmäßige Übung vorausgesetzt, eine gewaltige Menge spiritueller Kraft auf (nenne sie z.B. "Joriki"), und mit dieser Kraft ist Schwierigkeitsgrad hundert nicht mehr gar so weit entfernt.

    Ab Stufe fünf geht es immer mehr darum, das Eintrittstor in das wache, gedankenlose Bewusstsein zu finden, die Willenskraft ist genug entwickelt, jetzt geht es um die Hingabe, die Bereitschaft, alle fixen Ideen, Konzepte, Vorstellungen ... loszulassen, für die Dauer der Meditation.

    Ist das Tor einmal gefunden, kann es durchaus passieren, dass Du zwei oder drei Stufen auf einmal nimmst, die dann natürlich durch weitere konsequente Praxis stabilisiert werden sollten.


    Vielleicht ist es auch wie bei der Mathematik eine Frage des natürlichen Talents, oder des Karmas ? Ich hatte Klassenkameraden, die haben den Stoff Mathe, für den zu begreifen ich hundert Stunden gebraucht habe, in zehn Stunden oder noch weniger kapiert.


    :medim:

    m Buch von Alan Wallace wird klar, dass die höchsten Stufen der Meditation eine sehr intensive Beschäftigung über viele Stunden am Tag und über viele Monate voraussetzen. Zudem wird auch klar, dass die Stufen (Jhanas und auch die folgenden) je Stufe exponentiell mehr an Übung und Praxis benötigen.

    Das ist selbstverständlich, die intensive Beschäftigung über viele Stunden am Tag und viele Monate. Aber das tun wir ja ohnehin, daran wird es nicht scheitern.


    Ich kann natürlich nur von mir reden, aber das mit exponentiell schwieriger kann ich nicht bestätigen. Am schwierigsten ist der Anfang, die "Wallace-Stufen" eins bis vier.

    Hier hören wohl 95% aller Anfänger auf, sind die Abbruch-Quoten höher als im Informatik- oder Mathe-Studium. Ausser die Menschen mit sehr viel dukkha wie ich damals, die machen trotzdem weiter, weil es ihre letzte Chance ist.


    Ab Stufe vier ist die Schwierigkeit keine Belastung mehr im Gegenteil, denn jetzt kommt Begeisterung hinzu und je schwieriger, desto motivierter wirst Du, so war es bei mir zumindest.

    Mit jeder weiteren Stufe erfährst Du auch die "Früchte" des Weges und die Motivation steigt weiter. Die "Früchte" bestehen auch darin zu erkennen, dass der wahre Weg EINFACH ist, und zwar zu einfach, um vom normalen Menschengeist begriffen zu werden.

    Ein leerer Raum kann nicht noch leerer werden, das höchste Samadhi ist der Gipfel der Einfachheit und kann nicht noch einfacher werden.


    :medim: :mediw:

    Aber was die ganzen Zustaende wert sind, merkt man wohl erst in Stress-Situationen. Jemand schreit dich an (Chef) oder jemand bedroht dich, oder deine Aktien fallen im Sturzflug, jemand spuckt dir ins Gesicht usw.

    Völlig richtig.

    Erst im Strassenverkehr zeigt sich mein wahrer Charakter.


    Oder wie ein bekannter Börsianer zu sagen pflegte:

    "Wenn Du herausfinden willst, wer Du wirklich bist, dann ist der Finanzmarkt der teuerste Ort, um das herauszufinden"


    :cry:

    7. Der begrifflich denkende Geist ist still wie ein unbewegter Ozean ohne die geringste Welle.

    8. Der begrifflich denkende Geist ist still und unbewegt wie der Berg Meru.

    9. Wie acht, nur mühelos.

    Ab der siebten Stufe ("Der begrifflich denkende Geist ist still wie ein unbewegter Ozean ohne die geringste Welle") ist die Ebene der Jhanas erreicht oder die dritte Stufe der Mahamudra-Übung.

    Die neunte Stufe entspricht der vierten Stufe der Mahamudra-Übung.


    Diese Stufen sind für einen hochmotivierten Menschen auch innerhalb eines gewöhnlichen Alltags machbar.

    Vorausgesetzt, man lebt in einem halbwegs harmonischen Umfeld und hat die zwei ersten vorbereitenden Stufen von Charlotte Joko Beck hinter sich.

    Die vierte Stufe Zen zu leben nach Ch. Beck ("regelmässige Monente reinem Gewahrsein, ohne von Konzepten und Gedanken belastet zu werden") sollte langfristig ein Ziel sein, und dieses Ziel ist machbar.


    An formaler Übung habe ich habe fünfzehn Jahre lang drei- bis viermal die Woche fünfzig Minuten Zazen vor der Arbeit geübt, zwischen fünf und sechs Uhr morgens.

    Habe öfter Samstags-Sesshins besucht, sechs mal 45 Minuten Zazen unterbrochen von einer Mittagspause.

    Öfter mal ein Abend-Sesshin (dreimal 45 Minuten mit Kinhin).

    Insgesamt vier einwöchige Meditations-Schweige-Retreats.

    Hatte regelmässigen Kontakt zu Mit-Übenden ("Edlen Freunden"), vielleicht das Wichtigste.

    Habe regelmässig Ausdauersport betrieben, Alkohol, Drogen, Psychopharmaka konsequent gemieden.


    Ich war - dukkhabedingt - hochmotiviert und die Praxis hatte absolute Prio 1 in meinem Leben.

    AW zieht hier den Vergleich zum einem Sportler, der für Olympia trainiert.


    :medim:

    Wie gesagt: Lies mal das Buch "Die befreiende Kraft der Aufmerksamkeit" von Alan Wallace.

    Ich habe mir die für mich wesentlichen Punkte aus der "Achtsamkeits-Revolution" von Alan Wallace (AW) kurz zusammengeschrieben.

    Meine "Erfahrungswerte" gebe ich in einem Beitrag weiter unten wider, damit es nicht zu unübersichtlich wird.

    Was mich in der Tat überrascht hat, ist seine "pessimistische" Sicht auf die Fähigkeit der meisten Menschen, diesen Weg zu gehen, und das hohe Ausmass an "Training", das er zur Erreichung der Stufen für nötig hält. Vielleicht ist seine Sicht aber auch nur realistisch, weil er als Lehrer Erfahrung mit einer grossen Zahl von Menschen hat ?


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    Alan Wallace (AW) schildert in der "Achtsamkeits-Revolution" einen tibetisch-buddhistischen Übungsweg, den Shamata-Pfad.

    Auf diesem Weg werden zehn Stufen beschrieben, die sich auf zehn Zustände beziehen.


    1. Fähigkeit, die Aufmerksamkeit einige Sekunden auf ein äußeres oder inneres Objekt zu richten, z.B. den Atem

    2. Fähigkeit, die Aufmerksamkeit mindestens eine Minute auf ein äußeres oder inneres Objekt (Atem) richten. AW meint, dass die meisten Menschen ihr Leben schon als erheblich verbessert sehen würden, würden sie diese Stufe erreichen.

    3. Fähigkeit, die Aufmerksamkeit über einen längeren Zeitraum, wenn auch mit Unterbrechungen, auf einem Meditationsobjekt zu halten. Wallace setzt hierfür ein bis zwei Stunden tägliche Übungszeit über längere Zeit an.

    4. Hier wird das gewählte Objekt nicht mehr vergessen. Es gibt keinen Widerstand mehr gegen das Achtsamkeitstraining.

    5. Auf einer metaphorischen Ebene gleichen die unfreiwilligen Gedanken auf der vierten und fünften Stufe nicht mehr einem tosenden Wasserfall wie in den Stufen 1 bis 3, sondern nur noch einem durch eine Felsenschlucht strömenden Fluss.

    6. Die unfreiwilligen Gedanken gleichen einem gemächlich durch ein Tal fliessenden Fluss.

    7. Der begrifflich denkende Geist ist still wie ein unbewegter Ozean ohne die geringste Welle.

    8. Der begrifflich denkende Geist ist still und unbewegt wie der Berg Meru.

    9. Wie acht, nur mühelos.


    AWs empfohlene Methoden zur Meisterung der Stufen:


    Zur Bewältigung der ersten vier Stufen empfiehlt AW die Praxis der Achtsamkeit auf den Atem.

    Ab der fünften Stufe empfiehlt AW die Praxis des "Den-Geist-in-seinem-natürlichen-Zustand-zur-Ruhe-bringen". Hier richtet sich die Aufmerksamkeit sich auf Gedanken, innere Bilder und Emotionen.

    Ab der achten Stufe wird "Shamata ohne Objekt" geübt, was bedeutet, sich seines Gewahrseins bewusst zu sein, die Entdeckung der dem Gewahrsein innewohnenden unbewegten Stille und lichtvollen Klarheit.


    AWs "Traingsplan":


    Die Übungszeiten werden schrittweise gesteigert:

    Anfangs eine bis vier 24-Minuten-Sitzungen (täglich ?).

    Die höheren Stufen setzen laut Wallace voraus, dass man sich über mehrere Wochen oder Monate in einer förderlichen Umgebung einer intensiven Praxis unterzieht: Retreats, Sesshins, ... ?

    Jenseits der vierten Stufe sei ein Training in beruflichem, vollzeitlichen Ausmaß über Monate bis Jahre nötig.


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    Hierzu ergänzend und im Buch erwähnt die sechs Stufen des Zen laut Charlotte Joko Beck

    Sechs Stufen Zen im Sinne einer Art und Weise, in der Welt zu leben.


    1. Erstes Jahr der Praxis: Man wird sich seiner Gefühle und inneren Reaktionen immer mehr bewusst. Anfangs schmerzhaft.

    2. Zweites bis fünftes Jahr der Praxis: Die emotionalen erfahrungen können in ihre körperlichen und mentalen Komponenten zerlegt werden.

    Sehr schwierig, ggf. Therapie nötig.

    3. Man lebt in Momenten reinen Gewahrseins, ohne selbstzentrierte Gedanken.

    4. Man lebt immer selbstverständlicher reinem Gewahrsein, ohne von Konzepten und Gedanken belastet zu werden.

    5. Zu 80% und mehr in reinem Gewahrsein.

    6. Buddhaschaft


    Sind wir uns bis hierher in den Begriffen einig bzw. wo habe ich falsch zitiert ?

    Was Du mit Stufe 1 - 3 beschreibst, hat nichts mit Jhanas zu tun oder mit Mahamudra. Das hörst und machst Du bei jedem Meditations-Einführungskurs.

    Richtig, das hörst Du bei jedem Meditations-Einführungskurs.

    So wie Du bei einem Bergsteiger-Anfängerkurs Geschichten von der Matterhorn-Besteigung über den Furggen-Grat hörst.

    Die Besteigung dann zu machen, ist etwas ganz anderes.


    Wenn Du zehn Minuten hellwach und bewusst ohne Gedanken und Emotionen im Jetzt verweilst, dann bist Du in den Jhanas oder in einer fortgeschrittenen Stufe der Mahamudra oder im Hishiryo-Bewusstsein oder ... und hast bereits einen ganz entscheidenden Schritt getan.


    Diesen Zustand kannst "Du" einfach geniessen, das ist dann reine Samata- oder Ruhe-Mediation oder Du gehst mit einer konkreten Frage in dieses Bewusstsein und nutzt die Intelligenz dieses Bewusstseins, um Dir die Frage ohne Garantie auf Antwort beantworten zu lassen, das ist dann "Vipassana für Fortgeschrittene".


    Was sich so einfach anhört und auch ist, liegt in der Praxis für die grosse Mehrheit der Menschen in weiter Ferne, allein mal fünf Minuten das Smartphone beiseite legen und nur gedankenverloren zu dösen und aus dem Kopfkarusell auszusteigen, ist für viele schon eine Herausforderung.

    In meiner Jugend war eine grosse Minderheit ständig leicht alkoholisiert und kettenrauchend, heute können viele ohne Psychopharmaka nicht leben.

    Für wen ist die Welt denn "perfekt"? Wessen Bewusstsein ist klar und wach? Wessen Meditation ist mühelos und wessen Sein ist unendlich leicht? Was Du beschreibst, ist weder ohne Inhalt noch ohne Form – vor allem ist es nicht ohne Wertung.

    Die Antwort auf das "wer" ist wie ich geschrieben habe "die Welt ist perfekt ohne das es einen Jemand gibt, der das erlebt". Inhalt und Wertung erfolgen natürlich erst nach der Rückkehr aus dieser Stufe, denn dort gibt es keine Sprache und keinen Jemand, der die Sprache benutzt.


    Die vierte Stufe der Mahamudra ist unser ursprünglicher Zustand.

    Dass er so unwirklich und unerreichbar erscheint, liegt am Grad des Wahnsinns, den der menschliche Alltagsgeist erreicht hat. Ein nüchterner Blick auf die weltweite Lage genügt.


    "In Selbstvergesseneit baumeln lassen" ist der nahe Feind der Mahamudra.

    Den Unterschied kennst Du und kannst ihn durch Ausprobieren sofort faktenchecken..


    Das Wallace-Buch habe ich auf Deine Anregung hin schon gelesen.

    Eine entscheidende Passage habe ich vor einigen Tagen schon zitiert.


    Wahrscheinlich bist Du schon viel weiter, als Du denkst.


    :angel:

    Ich wollte nur meinen früheren Beitrag ergänzen, denn das "Grinsen" ist hier bestimmt fehl am Platz.

    Falls Du den Smiley unter meinem Beitrag meinst, das ist ein Engelchen und keine Grinsekatze.


    Aber im Ernst: Ich behaupte, (fast) jeder Mensch war schon einmal das von Dir zitierte "Individuum ohne die geringste Vorstellung von einem Selbst", und hat dabei die mysteriöse "Leere" schon ganz konkret erlebt, wenn auch unbewusst, ohne es so zu nennen.


    Beispiel: Letzten Samstag war ich auf einem Feld unterwegs und habe auf einer Bank unter drei grossen Bäumen Platz genommen. Da dachte ich mir, Idealzustand, da praktizierst Du mal die vier Stufen der Mahamudra, wenn es hier nicht klappt, wann dann.


    Was sich unerreichbar und kompliziert anhört, ist im Zustand der Unbedarftheit einfach:

    Stufe eins, in den "Katzenmodus" gehen, bequeme Sitzposition auf der Bank, aufhören zu denken, den Blick in die Landschaft schweifen lassen.

    Stufe zwei: Die Gedanken beobachten wie die Wolken am Himmel, wie sie (woher ?) kommen und gehen.

    Stufe drei: Die Lücke zwischen den Gedanken betrachten, die subtilen Bewegungen des Geistes in dieser Lücke, die Bewegungen des Bewusstseins im Reich der Jhanas, um es technisch auszudrücken.

    Stufe vier: Klares, waches Bewusstsein ohne Inhalt und Form ("Leere"), die Meditation geschieht absolut mühelos, die unendliche Leichtigkeit des Seins, die Welt ist perfekt ohne das es einen Jemand gibt, der das erlebt.

    Die Stufen eins bis drei lassen sich mit einiger Übung und in "idealer Umgebung" auch schnell überspringen.


    Dann kommt natürlich Stufe fünf und der kleine Krämergeist, das Alltagsbewusstsein kehrt zurück.

    Und dann gilt all das wieder, was Du unter "Ich wollte nur meinen früheren Beitrag ergänzen" geschrieben hast. Das eine schliesst das andere nicht aus.


    Jetzt sagt der zweifelnde Geist natürlich sofort:

    "SO einfach kann es doch nicht sein ..."

    Fünfzehn Jahre harte Praxis, um zu erkennen, dass es SO einfach ist ?


    Eine Viertelstunde Arahat sein ist wohl nicht der Weisheit letzter Schluss, aber eine Oase des Glücks im Wahnsinn der Welt. Zumindest für jemanden wie mich, der die Welt zwanzig Jahre lang nur als Jammertal betrachten konnte. Obwohl er objektiv eigentlich null Grund dafür gehabt hätte.

    ... es kann ein Individuum geben, das ohne die geringste Vorstellung eines „Selbst“, „Ich“ und „Mein“ ist. So ein Individuum wird Arahat genannt. Der Arahat betrachtet rein gar nichts als „Mein“. Der Buddha hat diesen Zustand in sich selbst erfahren.

    Diesen Zustand kann mit einiger Übung jeder in selbst in sich erfahren, bis er wieder (warum ?) in "sein" Alltagsbewusstsein zurückkehrt.

    In diesem Zustand wird die "Leere" unmittelbar erlebt und alles Begehren hat sich aufgelöst wie ein Spuk.

    Dieser Zustand hat viele Namen, etwa die vierte Stufe der Mahamudra.

    Oder die ungeheure Leichtigkeit des Seins, die unmittelbare Erfahrung der Existenz an sich.


    Seltsam ist, dass so wenige Menschen das auch nur versuchen.


    :angel:

    Nehmen wir mal an jemand leidet an Depressionen und leidet sehr.

    Nach einigen Jahren Übung hat er vielleicht immer noch Tage mit Depressionen, aber er leidet nicht mehr darunter oder nur noch weniger.


    Wenn seine Übung zu immer mehr Selbstdistanz und Bewusstheit führt.

    Er sieht sich dann selbst vielleicht als Schauspieler in einem Film, in dem er eine tragische Rolle spielt.


    Für einen Menschen, der akut mitten in einer schweren depressiven Phase steckt, ist das wohl während dieser Zeit nicht möglich.