Liebe Hingabe,
deine Gedanken und Gefühle sind absolut nachvollziehbar – und du bist mit diesem inneren Konflikt nicht allein. Gerade wenn wir mit Menschen konfrontiert werden, die anderen bewusst schaden, ist es ganz natürlich, dass starke Emotionen und der Wunsch nach „Gegenschlag“ oder Klartext aufkommen. Im Buddhismus werden solche Impulse nicht verurteilt, sondern als Teil unseres Menschseins erkannt – und als wertvolle Übungsfelder.
Mettā heißt nicht, alles hinzunehmen
Mettā, die liebende Güte, bedeutet nicht, alles zu dulden oder sich selbst und andere schutzlos zu lassen. Es geht vielmehr darum, auch im Handeln – selbst wenn es klar und bestimmt ist – nicht aus Hass, Rache oder Abwertung zu agieren, sondern aus einem Geist des Wohlwollens. Das kann bedeuten, Grenzen zu setzen, Missstände anzusprechen oder sich schützend vor andere zu stellen. Entscheidend ist die innere Haltung: Ist sie von mettā getragen oder von dosa (Abneigung, Ärger)?
Der Buddha und klare Worte
Auch der Buddha hat in manchen Situationen sehr deutlich gesprochen. Er hat unheilsames Verhalten klar benannt, manchmal sogar mit Nachdruck. Aber er hat nie aus Wut oder Verachtung heraus gehandelt, sondern immer aus Mitgefühl und dem Wunsch, heilsame Entwicklung zu ermöglichen. Seine Worte waren dabei stets von samma-vācā (rechter Rede) geprägt: wahr, hilfreich, freundlich, zur rechten Zeit und aus guter Absicht.
Spiegelgesetz und Verantwortung
Das, was uns an anderen stört, kann ein Spiegel für eigene Anteile sein – muss es aber nicht immer. Manchmal erkennen wir einfach klar destruktives Verhalten, das nichts mit uns zu tun hat. Die buddhistische Praxis hilft uns, beides zu unterscheiden: Wo reagiere ich aus eigenen Verletzungen, wo geht es wirklich um das Wohl aller?
Mitfühlende Entschiedenheit
Auch „harte“ Worte oder Handlungen können aus mettā entstehen, wenn sie darauf abzielen, weiteres Leiden zu verhindern – für alle Beteiligten. Das ist dann keine verletzende Aggression, sondern mitfühlende Entschiedenheit. Wichtig ist, immer wieder nach innen zu spüren: Kommt meine Reaktion aus Klarheit und Mitgefühl, oder aus Ärger und Überheblichkeit?
Die Energie der Praxis
Es stimmt: Auch sehr fortgeschrittene Praktizierende begegnen schwierigen Menschen. Ihre Präsenz kann inspirieren, aber sie hebt die Realität des Lebens nicht auf. Entscheidend ist, wie wir in diesen Momenten mit uns selbst und anderen umgehen – und wie wir immer wieder zu mettā, upekkhā (Gleichmut) und weiser Unterscheidung zurückkehren.
Fazit
Du musst dich nicht dafür verurteilen, wenn du starke Impulse spürst. Sie sind ein Teil des Weges. Die Kunst ist, sie zu erkennen, zu durchdringen und dann bewusst zu entscheiden, wie du handeln möchtest – mit Klarheit, Mitgefühl und der Bereitschaft, auch mal unbequem zu sein, ohne das Herz zu verschließen.
Mögest du auf deinem Weg immer wieder die Kraft von mettā und die Weisheit des Dharma finden – gerade im Umgang mit schwierigen Menschen.
Herzliche Grüße
MaKaZen