Namaste!
Die Quoten unter den amerikanischen Nichiren-Buddhisten halte ich für realistisch, und sie sprechen irgendwie für sich.
Ich denke die Zahlen werden auch in Deutschland so oder ähnlich verteilt sein. Auffällig ist eigentlich nur der hohe Anteil der Soka Gakkai; die anderen Zahlen sind nicht weiter erstaunlich. Der Grund ist wohl der, dass die Soka Gakkai weltweit eine missionarische Organisation ist, die keinen Hehl daraus macht, universalistisch zu sein - sprich: sie haben den Anspruch, dass ihre Interpretation des (Nichiren-)Buddhismus der passende Weg für alle Menschen sein kann.
Deshalb sind auch so viele Werke des Präsidenten der SGI (Soka Gakkai International) in verschiedene Sprachen übersetzt (gibt man bei den Amazonen "Daisaku Ikeda" ein, findet man doch relativ viele Buchtitel), glücklicherweise allerdings neben denen auch die Schriften Nichirens, zusammengefasst in der "Gosho" (in Deutsch als Vierteiler veröffentlicht).
Soweit ich weiß, hat die SGI ihre "Gosho" von der Nichiren Shoshu übernommen, von welcher sie sich ja Ende des letzten Jahrhunderts abgespalten hat. Einige wenige Schriften dieser "Gosho" werden von anderen Nichiren-Schulen, beispielsweise einigen Linien der Nichiren-Shu, nicht als authentisch anerkannt.
Aber was soll's? Wer sich wirklich mit Nichiren und seinen Schriften eigenständig auseinandersetzen will, kommt um die "Gosho" nicht herum. Man sollte m. E. allerdings die eingefügten und als "Hintergrund" betitelten Kommentare kritisch betrachten, da sie neben historischen Informationen oftmals auch eine Bewertung der Schrift vornehmen und diese im Lichte der eigenen Tradition erklären.
Ich persönlich habe mich bislang allerdings nur durch Band I der "Gosho" gekämpft (hier habe ich noch die alte Fassung; die anderen drei Bände stehen noch ungelesen im Regal). Für die kritische Auseinandersetzung mit dem Nichiren-Buddhismus (und speziell mit der SGI und der Nichiren-Shoshu) empfehle ich aber immer noch vorrangig "Nichiren - der Ausübende des Lotos-Sutra" von Yukio Matsudo.
Wie bereits an anderer Stelle erwähnt, sehe ich die SGI mit ihrer Präsidentenverehrung (z. B. in diesem Video http://www.youtube.com/watch?v=0_Wf6qhP3gg) ebenso kritisch wie die Nichiren-Shoshu mit ihrem derzeitigen Hohepriester Nichinyo Hayase.
Die Hauptunterschiede zwischen der Nichiren Shoshu und den anderen Nichiren-Schulen (die teilweise in der Nichiren-Shu zusammengefasst sind), sind wohl einerseits die Bedeutung des Gohonzon, bzw. des Daigohonzon (ein spezieller Gohonzon, der von Nichiren persönlich eingeschrieben sein soll), bzw. die Person Nichirens.
Für die Nichiren Shoshu (und die SGI) ist der (Dai-)Gohonzon das universelle und einzig wahre Objekt der Verehrung, also quasi die universelle Verkörperung der Höchsten Wahrheit. In Tempeln der Nichiren-Shu hingegen, kann man noch andere Verehrungsobjekte wie verschiedene buddhistische oder shintoistische Statuen finden und verehren. Speziell für Anhänger der Shoshu scheint es auch wichtig zu sein, dass der persönliche Gohonzon vom Hohepriester persönlich eingeschrieben wurde.
Was Nichiren angeht, so gilt er für die meinsten Anhänger der Nichiren-Shu wohl als Schulengründer und Verkünder des Daimoku, also als Ausübender des Lotos-Sutra, oder auch "Bodhisattva aus der Erde". Sie nennen ihn meist "Nichiren Shonin".
Viele Anhänger der Nichiren Shoshu verehren ihn hingegen als den "Wahren Buddha", der im Zeitalter des Verfalls ("Mappo") die "Wahre Lehre für die Endzeit des Dharma" verkündet. Sie nennen ihn dann "Nichiren Daishonin".
Wenn man sich jeder einzelnen Schule widmen will, wird man wohl ellenlang schreiben können. Und es gibt ja noch andere als die SGI, die Nichiren Shoshu und die Linien der Nichiren Shu.
Für heute reicht es erstmal.
< gasshô >
Benkei
PS: Ich selbst bin übrigens kein Nichiren-Buddhist, sondern sitze in der Tradition Dogen Zenjis.