Beiträge von mukti im Thema „Falsches Verständnis vom Leiden“


    Jetzt fange ich langsam an zu verstehen was du meinst.
    Natürlich ist nicht die Welt selber mit Leid verbunden, die Welt ist nur dann mit Leid verbunden, wenn man etwas davon begehrt. Man begehrt aber nur, wenn man die Welt optimistisch wahrnimmt, Glück und Freude und Genuß sieht, und die andere Seite, Vergänglichkeit und Leid, nicht sieht.
    Pessimistisch sehen bedeutet demnach zu sehen, dass die eine Seite immer mit der anderen verbunden ist.
    Freilich kann man jetzt sagen, die Welt ist weder gut noch schlecht, also weder Annehmen noch Ablehnen. Nun ist aber das Annehmen tief verwurzelt, und das Ablehnen erfolgt nur bei leidvollen Umständen, Schmerz, Krankheit usw. Daher dienen diese Leiden dazu, der Welt skeptisch, oder pessimistisch, gegenüberzustehen. Wenn nur Freude ohne Leid wäre, dann gäbe es keinen Grund nach Erlösung zu streben.


    Gautama Siddharta hat das Haus verlassen um nach dem Leidlosen zu suchen, nachdem ihm das Leid in Form von Krankheit, Alter und Tod begegnet ist. Und der Weg, das Dhamma, ist die Bewusstwerdung darüber, dass in allem Leid enthalten ist. Wenn das völlig bewusst ist, dann ist die tiefe Verwurzelung des Annehmens, Begehrens, ausgerissen. Es besteht kein Grund für Begehren von etwas, das leidvoll ist. Theoretisch ist das leicht einzusehen, aber das Bewusstsein dieser Wahrheit muss durch Praxis, Dhamma, entwickelt werden.

    bel:


    Der Dhamma blickt auch nicht pessimistisch auf "die Welt", es sei denn, man definiert "Welt" nur tautologisch, in der das Erwachen nicht zur "Welt" gehört. Das wäre aber nur ein sprachlicher Trick, dagegen spricht Buddha von einer bestimmten (irrigen) Ich-bezogenen Wahrnehmung der Welt - mit dieser Wahrnehmung ist immer dukkha verbunden.
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    Wieso tautologisch? Erwachen bedeutet die Welt zu erkennen wie sie wirklich ist, nicht dauerhaft und mit Leid verbunden. Ich-bezogene Wahrnehmung ist wenn das nicht erkannt wird und daher Genuß daraus gezogen wird, aus dem, was immer Leid bringt.


    Die Welt, nichts davon, ist ohne Leid, daher Pessimismus. Wer mit dem Wort nichts anfangen kann, der nehme ein anderes, aber die Tatsache - Welt ist Leid, also Loslösen, steht doch fest, oder?

    bel:


    Es ging darum, ob man den Dhamma begründet als "pessimistisch" (meinetwegen auch philosophisch) bezeichnen kann.


    Der Dhamma ist nicht als pessimistisch zu bezeichnen. Der Blick auf die Welt ist pessimistisch, deshalb besagt der Dhamma, dass sie immer mit Leid verbunden ist, und dass nur Loslösung zur Befreiung von Leid führt.


    Obwohl der Verstand erkennen kann, dass kein Grund zum Leiden besteht, ist buddhistische Anstrengung nötig, um dies zu verwirklichen. Dass Leiden mit dem Leben untrennbar verbunden ist, ist nicht schwer zu verstehen. Aber schwer ist es, alles loszulassen, die ganze Welt, das ganze Leben. Was daran hindert, den Mechanismus von Begehren und Leiden gründlich zu durchschauen, ist die Unwissenheit, und ihre Beseitigung durch achtsame Praxis ist Erleuchtung.


    Es ist schon seltsam, dass das grundlegende verstandesmäßige Erkennen dieser einfachen Tatsache, dass Leben untrennbar mit Leid verbunden ist, bei anderen Religionen meistens gar nicht vollzogen wird. Das kann doch nur im Begehren seine Ursache haben, in dem Wunsch das Dasein zu genießen, am Besten in Ewigkeit, mit Engeln, Huris, und dem lieben Gott persönlich. Also dass man im Grunde was Heiliges, ganz Besonderes ist, ein Kind des Allerhöchsten, das sich empört, wenn es jemand wagt, das "Ich" prinzipiell in Frage zu stellen. So wird von machen Hindus der Buddhismus als spiritueller Selbstmord bezeichnet. Dabei wird einfach übersehen, dass die Grundlage für ein ewiges Leben nur Glaube, aber keine selbst erlebte Tatsache ist. So ist der Mensch halt angelegt, daher hat der Buddha gemeint, dass ihn niemand verstehen würde. Zum Glück hat er aber, vielleicht wirklich durch einen sterblichen Gott angeregt, verstehende Menschen entdeckt.


    Und hoffentlich ist euch meine Sprache nicht zu literarisch, das kommt vom vielen Lesen.... ;)

    bel:
    mukti:

    Ich auch, für eine Auseinandersetzung zu diesem Thema wäre ein eigener Thread nötig. [/quopte]
    1. Wir sind nicht OT
    2. Quellen hast Du nicht genannt


    - aber egal, jute Nackt.


    Und guten Morgen,
    eine Besprechung über den Pessimismus in Bezug zur abendländischen Philosophie wäre bestenfalls ein Nebenschauplatz zum Thema, der offenbar nicht vom Threadstarter beabsichtigt wurde. Ich wollte nur sagen dass der Buddhismus pessimistisch ist, und zwar nicht in dem Sinn wie "Pessimismus" in der Umgangssprache gebraucht wird, sondern wie Schopenhauer das Wort gebraucht hat, der sich übrigens sogar als "Buddhaisten" bezeichnet hat. Wo ich das gelesen habe, dass er den Begriff in die Philosophie eingeführt hat, und all die Quellen, die damit zusammenhängen, das alles mitzuteilen würde hier zu weit führen, wäre intellektuell und nicht buddhistisch, und würde nur ins buddhistische Cafehaus passen. Dorthin würde auch ein Thread über Diskussionskultur passen.
    Damit wende ich mich endgültig wieder Themen über das Dhamma zu.

    bel:


    Ich möchte niemanden überzeugen. Ich stelle lediglich die Sachlage dar.


    Ich auch, für eine Auseinandersetzung zu diesem Thema wäre ein eigener Thread nötig. Aber ehrlich gesagt ist mir das Thema nicht wichtig genug, das was ich aus meinen Quellen darüber an Erkenntnis ziehe, genügt mir.


    Nichts für ungut und gute Nacht,


    mukti

    wusheng:


    Ja, diese Geschichten, seeehr flexibel sind sie. Ich hab sie auch mal irgendwo abgeschrieben und seit dem in meinem PC. Quelle weiß ich nicht. Wie ich Dir schon über mein momentanes Schreibinteresse erzählte, war diese Art der Antwort ein gangbarer Weg, meine Sicht auszudrücken.
    Nen herzlichen Gruß nach Wien ;)


    Verstehe. Danke für die Geschichte und Metta-Gruß zurück nach Deutschland! Und möge dein Schreibinteresse wieder erwachen...

    wusheng:

    "Und", fragte der Mann, "was hat Buddha geantwortet?" Der Schüler sagte: "Siehst du den grünen Baum dort drüben? So viele Blätter wie dieser Baum hat, so viele Leben braucht es noch, bis du Erleuchtung erfährst!"
    "Ist das alles?", fragte der Mann, und er lachte, tanzte und sang weiter und war fröhlich. Und in dem Moment wurde er erleuchtet...


    Interessant, kannst du sagen wo diese Geschichte zu finden ist? Ich kenne sie aus dem Hinduismus, statt Buddha wird dort Gott von einem Bhakta gefragt, und als der Mann erleuchtet wurde, kam ein Sturm auf und wehte alle Blätter vom Baum. Es gibt mehrere solche Geschichten die in der vedischen und in der buddhistischen Tradition fast gleich sind, wer hat da wohl von wem abgeschrieben...

    bel:
    mukti:

    Es geht dabei darum, auf welche Weise die Welt betrachtet wird. Die abendländische Philosophie hat sich am Christentum orientiert, und damit einen positiven Sinn der Schöpfung, oder der Welt, zu konstruieren versucht. Das ist der Optimismus. Schopenhauer hat als einzigen Sinn der Welt gelten lassen, herauszufinden, wie man ihr entkommen kann. Dabei hat er die Upanishaden und den Buddhismus studiert, soweit das damals erhältlich war, und gelegentlich daraus zitiert und seine Sicht damit untermauert. So hat er den philosophischen Pessimismus eingeführt.


    Also ich bitte Dich, was ist jetzt "positiv" an der "Erbsünde" und daß es Erlösung davon nur im "Himmel" gibt (und dann nur für Wenige bei einmaliger Wiederkunft) - ansonsten und für die Übrigen: Schmoren in der Hölle ohne Errettung.


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    Bitte es geht hier um den philosophischen Begriff "Pessmismus", der auf diese Weise definiert ist, und um die Wurzeln des Christentums im alten Testament, das betont: Gott hat die Welt gut gemacht. Steht schon in der Genesis. Daraus wurde abgeleitet dass man sich an der Schöpfung erfeuen soll, und nach einem frommen Leben in den Himmel kommt. Die pessimistische Sicht der Welt wird von Christen nicht befürwortet, von Juden schon gar nicht. Frag mal einen Pfarrer ob ihm klar ist, dass die Welt im Prinzip Leid ist. Er wird sagen, dass die Welt zwar durch die Erbsünde belastet ist, und dass er auf eine Welt ohne Erbsünde, Himmel oder Paradies, hofft.
    Die Philosophie der Aufklärung hat sich dann dieser optimistischen Sicht angeschlossen. Verständlich?

    bel:
    mukti:


    Pessimistisch ist die Buddhalehre im philosophischen Sinn schon.


    Verstehe echt nicht, wie man zu der Schlußfolgerung kommt.
    Schließlich gehört doch wohl ganz klar zur Buddhalehre, daß Befreiung vom Leiden in diesem Leben möglich ist.


    Es geht dabei darum, auf welche Weise die Welt betrachtet wird. Die abendländische Philosophie hat sich am Christentum orientiert, und damit einen positiven Sinn der Schöpfung, oder der Welt, zu konstruieren versucht. Das ist der Optimismus. Schopenhauer hat als einzigen Sinn der Welt gelten lassen, herauszufinden, wie man ihr entkommen kann. Dabei hat er die Upanishaden und den Buddhismus studiert, soweit das damals erhältlich war, und gelegentlich daraus zitiert und seine Sicht damit untermauert. So hat er den philosophischen Pessimismus eingeführt.

    Hi BangoSkank,


    das hast du ja mit einiger Ausführlichkeit recht gut klargestellt. Schön das hier, schon mit dem zweiten Eintrag, zu lesen.


    BangoSkank:


    Das Ganze hat doch (obwohl immer wieder das Gegenteil behauptet wird) etwas sehr pessimistisches und nihilistisches an sich.


    Pessimistisch ist die Buddhalehre im philosophischen Sinn schon. Optimistische Lehren und Religionen gehen davon aus "dass die Welt überaus gut ist", wie Schopenhauer, der dem Buddhismus sehr nahe stand, nachdrücklich betont: Die Welt ist als Erzeugnis des blinden Willens etwas, was besser nicht wäre.
    Nihilistisch ist der Buddhismus natürlich nicht, weil der Nihilismus jede Erkenntnismöglichkeit verneint.


    Von Ajahn Buddhadasa habe ich ein wenig gelesen, fand es gut verständlich und hilfreich. Der Link ist eine willkommene Erinnerung für mich.


    Mit Metta,
    mukti