Falsches Verständnis vom Leiden

  • Ein Paar andere Posts und meine eigene Erfahrung haben mich dazu inspiriert ein Paar falsche Annahmen vom Leiden und somit vom ganzen Buddhismus geradezurücken.
    Ein Punkt auf meinem Weg zum Buddha-Dhamma, der mich zu Beginn immer wieder zum Zweifeln gebracht hat,
    war eben dieser Gedanke, dass die Denkweise „Leben bedeutet leiden“ doch irgendwie nicht ganz wahr sein kann.
    Das Ganze hat doch (obwohl immer wieder das Gegenteil behauptet wird) etwas sehr pessimistisches und nihilistisches an sich.
    Nach einer intensiven Zeit bestehend aus Praxis (Meditation und Achtsamkeit im Alltag) und
    dem Dhamma-Studium (Lesen und reflektieren von Belehrungen verschiedener Meister) ging das rein intellektuelle Verständnis in ein ganzheitliches Verstehen auf der Basis von Erfahrungswerten und dem Erkennen und Durchschauen der Alltags-Phänomene.
    Dass Menschen die auf einer westlich geprägten Denkweise aufgewachsen sind, mit dem oben genannten Gedankengut nicht viel anfangen können, fängt schon einmal damit an, dass das Wort Leid in diesem Zusammenhang eine Unzureichende Bezeichnung ist.



    Stattdessen appelliere ich an jeden der Buddha-Dhamma ernsthaft verstehen und in seinem Leben anwenden möchte, das Pali Wort Dukha zu benutzen.


    Was ist Dukha?
    Für Dukha gibt es kein einziges deutsches Wort, das nur annähernd als Synonym verwendet werden könnte. In seiner ganzen Bandbreite bedeutet es unter anderem:


    - Unzufriedenheit
    - Sorgen
    - Ängste/Verlustängste/Versagens ängste
    - Schuldgefühle/ Schlechtes Gewissen
    - Trauer
    - Unbefriedigt sein
    - Unlust/Trägheit
    - Abhängigkeit
    - Verachtung
    - Das Festhalten an der eigenen Meinung
    - Usw.


    Aber auch Dinge (die auf dem ersten Blick als schön gelten können) wie Sehnsucht und verschiedene Arten des Begehrens (hierbei sind vielmehr die destruktiven gemeint). Im Grunde genommen alle Emotionen die auf Gier, Hass und Verblendung basieren.




    Jetzt entgegnet aber jemand mit der Argumentation, dass nicht alles im Leben Dukha ist.


    Hier hilft nur reines Verstehen und Reflektieren! Man muss die Frage stellen:
    Welchen Wert hat es etwas zu Haben, etwas zu Bekommen oder etwas zu Sein?


    Ist es Wert ein Glückspilz zu sein? Nein, weil wenn du an dieser Vorstellung anhaftest wirst du immer Dukha erleben sobald dich das Glück verlässt.


    Ist es Wert viel Geld zu haben? Nein, weil dann wirst du das Dukha eines Millionäres erleben (Misstrauen gegenüber anderen Menschen. Wenn das Geld Wegist -> alles im Eimer).


    Ist es Wert ein Mann oder eine Frau zu sein? Nein, denn dann würde man mit allen Problemen kämpfen, die damit zusammenhängen in seinem Kopf ein bestimmtes Soll-Bild von sich zu haben.


    Ist es Wert ein Buddhist zu sein? Nein, denn immer wenn du dich nicht wie ein Buddhist verhältst, wirst du Schuldgefühle empfinden und irgendwann alles hinschmeißen



    Nicht falsch verstehen! Ich Behaupte hier nicht, dass man wirklich auf alles verzichten sollte (Gilt hier natürlich für Laienanhänger).
    Was ich damit sagen möchte: Man sollte lernen ein Ich oder Mein- Gefühl so selten wie möglich aufkommen zu lassen.
    Dieses Ich/Mein-Gefühl ist die Wurzel für Anhaftungen aller Art. Anhaftungen wiederum führen zu Gier, Hass und Verblendung. Diese steigen in das schwer erkennbare Dukha-Gefängnis.



    Derjenige der es versucht Buddha-Dhamma aus der Ich-Perspektive zu verstehen, wird mit Sicherheit scheitern (Es sei denn er Vertraut ihm mit der Kraft seines Glaubens).


    Man muss hierbei differenzieren:
    Es gibt das unwissende Ich, welches buchstäblich im Dunkeln sitzt. Es gilt dieses durch genug Praxis und Theorie (Meditation/Achtsamkeit und Studium) zu einem wissenden Ich zu erziehen. Das wissende Ich sitzt zwar auch noch im Dunkeln, aber immerhin weiß es schon ungefähr wo der Lichtschalter ist. Manchmal trifft es ihn, manchmal nicht. Je öfter es ihn trifft desto öfter wird sich der gemeinhin als unmögliches Ideal empfundene Zustand der Selbstlosigkeit, totlosigkeit (Dies ist mein Verständnis vom Ausbruch aus dem Kreislauf von Geburt und Tod) oder auch einfach nur Innere Freiheit.
    Erleuchtung oder nibbana wird falsch verstanden! Das ist kein esoterisches „ Schweben in anderen Dimensionen“ welches nichts mehr mit dem weltlichen Leben zu tun hat (Siehe Form ist Leerheit und Leerheit ist Form usw.)


    Man muss jedoch auch hier unterscheiden. Es gibt 2 Arten von Erleuchtung!
    Die eine Form ist etwas Dauerhaftes. Es ist das, was jeder Buddha, Arahat und Bodhisattva erreicht hat. Die andere Form ist kurzfristig. Auf die eine oder andere Weise hat sie schon jeder erlebt (Vor allem der Zustand von Klarheit und heiterer Zuversicht nach der Meditation). Es ist so gesehen eine Kostprobe für das was das wahre nibbana ist.


    Hier geht es nicht darum ein hirnloser Zombie zu werden! Hier geht es darum aus der Selbstlosigkeit zu handeln, denn wo kein egoistisches Ich/Mein-Gefühl herrscht, existiert ungezwungene Anteilnahme und Hilfsbereitschaft.


    > Liebende Güte, Mitgefühl, Mitfreude, Gleichmut und Großzügigkeit.


    Ich verweise darauf das so etwas wie ein Ich manchmal trotzdem notwendig ist um mit der Umwelt in Kontakt treten und Kommunizieren zu können. Es gilt jedoch zu erkennen, dass es sich hierbei um eine konventionelle und keine absolute Wahrheit handelt. Man muss lernen damit auf eine weise Art umzugehen. Also als wissendes Ich welches die Gesetze der Natur versteht, versucht Verständnis für seine Umwelt zu entwickeln und so oft es geht den Lichtschalter zu betätigen.



    Beobachtet ununterbrochen das Aufsteigen der Geschäftigkeit des Geistes und kultiviert seine Abwesenheit. Diese Abwesenheit ist sunnata, Leerheit, lernt diese heilende Leerheit zu lieben und ihr werdet selbstlos handeln. Ihr werdet das Buddha-Dhamma atmen und euch und eure Umwelt transformieren.




    Wenn man für Buddhas Lehren ein falsches Verständnis entwickelt, wird einem das Anwenden schwerer fallen als einen großen Felsbrocken einen Berg hochrollen zu lassen.
    Wenn man sie richtig verstanden hat, wird einem das Anwenden leichter fallen als einen großen Felsbrocken einen Berg runter rollen zu lassen.



    Im Buddhismus geht es nicht darum etwas zu glauben, es geht darum etwas zu verstehen



    Sorry, ursprünglich hatte ich nicht vor so viel zu schreiben :)  Mein anliegen liegt nur darin meinen Freunden in Geburt, Leben und Tod eine Hilfestellung zum Verstehen und anwenden der inneren Freiheit zu leisten. Sie ist das erstrebenswerteste wozu ein Mensch fähig sein kann.



    Dafür reicht mein Geschreibsel natürlich kein bisschen aus, man muss dem illusorischen des Anhaftens und der Vergänglichkeit ebenfalls möglichst viel Kontemplation zuwenden.
    Ich empfehle jedem Ajahn Buddhadasas Bücher zu lesen, allen voran: Das Kernholz des Boddhibaums. Durch sie habe Ich vermeintlich verstandenes erst richtig verstanden. Kann man kostenlos auf dieser Seite lesen und runterladen:


    http://buddhadasa.de/bb-texte-buecher.htm




    Keiner von uns sollte so töricht sein und seine Wirklichkeit mit der Wahrheit verwechseln. Je näher du an der Wahrheit bist, desto weniger werden dich Zweifel plagen und du und deine Mitmenschen werden erleben zu was ein weises Herz im Stande ist.



    Die Frucht einer Lehre gilt als Zeugnis ihrer Wahrheitskraft

    "Zufriedenheit bedeutet, aufzuhören nach ihr zu jagen" "Alles was sich Beobachten lässt, bist nicht du"

  • BangoSkank:


    Was ist Dukha? Für Dukha gibt es kein einziges deutsches Wort, das nur annähernd als Synonym verwendet werden könnte.


    Gibt es doch nämlich: "Leiden"



    Jetzt hast du aber in deiner Aufzählung noch ganz wichtige
    Dinge vergessen Aufzuzählen wie z.B.: Stein im Schuh und
    Nagel im Schuh.( Festhalten an der eigenen Meinung, war aber
    auch sehr witzig.) :)


    Glücklicherweise hat der Buddha schon selber erklärt was Leiden ist nämlich:


    "Geburt ist Leiden; Altern ist Leiden; Krankheit ist Leiden; Tod ist Leiden;
    Kummer, Klagen, Schmerz, Trauer und Verzweiflung sind Leiden; nicht
    bekommen, was man sich wünscht, ist Leiden; kurz, die fünf Daseinsgruppen,
    an denen angehaftet wird, sind Leiden. Dies nennt man Leiden."

    Einmal editiert, zuletzt von accinca ()

  • Petra:

    Ich möchte hinzufügen, dass es wichtig es ist, einen spirituellen Freund/Freundin ( d.h. Dharma-LehrerIn) zu haben, sowohl zu Anfang als auch später.Liebe Grüße,Petra


    Am besten natürlich den Buddha selber.
    Da das aber leider nicht mehr geht bleibt nur noch seine Lehre und
    derjenige Saga, der sich eben diese Lehre bezieht und sie hochhält
    und sich nicht selber nur was zurecht denkt.

  • @ accinca


    Sehr gute Ergänzung. Hab solche Banalitäten ganz vergessen. Das wollte ich damit ausdrücken, denn wenn jemand vom Leiden spricht hat er ein ganz bestimmtes Bild davon. Dabei kann sich Dukha auf ganz vielen Ebenen äußern.


    @ Petra


    Das Stimmt, edle Freunde sind sehr wertvoll und hilfreich. Wenn jedoch noch keine zufinden sind, sollte man allein wie das Nashorn seinen Weg gehen :)

    "Zufriedenheit bedeutet, aufzuhören nach ihr zu jagen" "Alles was sich Beobachten lässt, bist nicht du"

  • Zitat

    Altern ist Leiden; Krankheit ist Leiden; Tod ist Leiden;


    Leiden denn Erleuchtete auch noch? Ein erleuchteter Mensch wird schließlich auch alt, krank und stirbt.


    lg
    maus

  • Manche Dinge, die von außen kommen oder/und den Naturgesätzen unterliegen, können wir nicht ändern.
    Wir können nur ändern, wie wir damit umgehen.
    Und da verliert dann irgendwann Alter, Krankheit und Tod seine Schrecken bzw. das was als dukkha empfunden wird.


    Keine Gier mehr nach ewigem Leben, Gesundheit, Dasein, mit Lieben vereint sein usw.
    Keine Aversion (Hass) mehr gegen Krankheit, mit Unliebem zusammen sein, gegen das unvermeidliche Sterben usw.
    Erkennen der Gesetzmäßigkeiten, dem Dhamma lässt die Dinge sehen wie sie wirklich sind und dukkha hat immer weniger eine Chance.


    Liebe Grüße :)
    Kusala

  • Hi BangoSkank,


    das hast du ja mit einiger Ausführlichkeit recht gut klargestellt. Schön das hier, schon mit dem zweiten Eintrag, zu lesen.


    BangoSkank:


    Das Ganze hat doch (obwohl immer wieder das Gegenteil behauptet wird) etwas sehr pessimistisches und nihilistisches an sich.


    Pessimistisch ist die Buddhalehre im philosophischen Sinn schon. Optimistische Lehren und Religionen gehen davon aus "dass die Welt überaus gut ist", wie Schopenhauer, der dem Buddhismus sehr nahe stand, nachdrücklich betont: Die Welt ist als Erzeugnis des blinden Willens etwas, was besser nicht wäre.
    Nihilistisch ist der Buddhismus natürlich nicht, weil der Nihilismus jede Erkenntnismöglichkeit verneint.


    Von Ajahn Buddhadasa habe ich ein wenig gelesen, fand es gut verständlich und hilfreich. Der Link ist eine willkommene Erinnerung für mich.


    Mit Metta,
    mukti

  • mukti:
    BangoSkank:


    Das Ganze hat doch (obwohl immer wieder das Gegenteil behauptet wird) etwas sehr pessimistisches und nihilistisches an sich.


    Pessimistisch ist die Buddhalehre im philosophischen Sinn schon.


    Verstehe echt nicht, wie man zu der Schlußfolgerung kommt.
    Schließlich gehört doch wohl ganz klar zur Buddhalehre, daß Befreiung vom Leiden in diesem Leben möglich ist.

  • bel:
    mukti:


    Pessimistisch ist die Buddhalehre im philosophischen Sinn schon.


    Verstehe echt nicht, wie man zu der Schlußfolgerung kommt.
    Schließlich gehört doch wohl ganz klar zur Buddhalehre, daß Befreiung vom Leiden in diesem Leben möglich ist.


    Es geht dabei darum, auf welche Weise die Welt betrachtet wird. Die abendländische Philosophie hat sich am Christentum orientiert, und damit einen positiven Sinn der Schöpfung, oder der Welt, zu konstruieren versucht. Das ist der Optimismus. Schopenhauer hat als einzigen Sinn der Welt gelten lassen, herauszufinden, wie man ihr entkommen kann. Dabei hat er die Upanishaden und den Buddhismus studiert, soweit das damals erhältlich war, und gelegentlich daraus zitiert und seine Sicht damit untermauert. So hat er den philosophischen Pessimismus eingeführt.

  • mukti:

    Es geht dabei darum, auf welche Weise die Welt betrachtet wird. Die abendländische Philosophie hat sich am Christentum orientiert, und damit einen positiven Sinn der Schöpfung, oder der Welt, zu konstruieren versucht. Das ist der Optimismus. Schopenhauer hat als einzigen Sinn der Welt gelten lassen, herauszufinden, wie man ihr entkommen kann. Dabei hat er die Upanishaden und den Buddhismus studiert, soweit das damals erhältlich war, und gelegentlich daraus zitiert und seine Sicht damit untermauert. So hat er den philosophischen Pessimismus eingeführt.


    Also ich bitte Dich, was ist jetzt "positiv" an der "Erbsünde" und daß es Erlösung davon nur im "Himmel" gibt (und dann nur für Wenige bei einmaliger Wiederkunft) - ansonsten und für die Übrigen: Schmoren in der Hölle ohne Errettung.


    _()_

  • Ein Schüler Buddhas war unterwegs, um diesen zu treffen. Auf seiner Wanderung traf er auf einen Mann. Dieser saß im Lotussitz und suchte danach, Erleuchtung zu erlangen. Aber er hat sich keinen guten Platz gesucht. Er saß ohne Schutz in der Sonne und litt unter ihren Strahlen, die ihm seine Haut verbrannten, sie mit Blasen überzog und seinem Körper das Wasser entzog. Außerdem saß er auf einem Ameisenhügel. Die Tiere waren auf seinem ganzen Körper und fraßen von seinem Fleisch.
    Als der Schüler vor diesem Mann stand, bat dieser: "Frage Buddha, wie lange ich hier sitzen muss, bis ich Erleuchtung erlange."
    Der Schüler versprach es und setzte seinen Weg fort. Am nächsten Tag traf er einen weiteren Mann. Dieser war am tanzen, singen und lachen. Ab und wann trank er ein wenig Wein, aß gutes Essen und tanzte, sang und lachte weiter. "Frage Buddha, wie lange ich noch weitermachen muss, bis ich Erleuchtung erlange", bat dieser Mann den Schüler. Der Schüler versprach es und setzte seinen Weg fort. Am nächsten Tag traf er Buddha und sprach mit ihm.
    Auf seinem Weg nach Haus traf der Schüler auf den ersten Mann. Dieser saß noch immer in der brennenden Sonne, noch immer auf dem Ameisenhügel. Es war kaum noch Leben in ihm. "Und, hast du Buddha gefragt, wie lange ich hier noch sitzen muss?" "Ja", sagte der Schüler, "noch sechs weitere Leben musst du hier sitzen, bevor du Erleuchtung erlangst!"
    "Das halte ich nicht aus", rief der Mann und verzweifelte.
    Am nächsten Tag traf der Schüler den zweiten Mann, der noch immer am Singen, Tanzen und am Lachen war. "Und", fragte dieser, "hast du Buddha gefragt, wie lange ich noch weitermachen muss, bis ich Erleuchtung erlange?" "Ja", sagte der Schüler. "Und", fragte der Mann, "was hat Buddha geantwortet?" Der Schüler sagte: "Siehst du den grünen Baum dort drüben? So viele Blätter wie dieser Baum hat, so viele Leben braucht es noch, bis du Erleuchtung erfährst!"
    "Ist das alles?", fragte der Mann, und er lachte, tanzte und sang weiter und war fröhlich. Und in dem Moment wurde er erleuchtet...
    ;)

  • Erdmaus:
    Zitat

    Altern ist Leiden; Krankheit ist Leiden; Tod ist Leiden;


    Leiden denn Erleuchtete auch noch? Ein erleuchteter Mensch wird schließlich auch alt, krank und stirbt.


    lg
    maus


    Nur der Erleuchtete nimmt den Körper nicht merh als "sein" wahr. Somit altert, erkrankt und stirbt zwar der Körper, aber es ist keine identifikation zum Körper vorhanden. Deshalb heisst es bei Erwachten auch nicht das sie "sterben" sondern das sie den "Körper ablegen". Inwieweit das stimmt muss natürlich jeder selbst herausfinden...

    "Nur eines verkünde ich heute, wie immerdar: Leiden und seine Vernichtung."
    Buddha

  • mukti:


    Es geht dabei darum, auf welche Weise die Welt betrachtet wird. Die abendländische Philosophie hat sich am Christentum orientiert, und damit einen positiven Sinn der Schöpfung, oder der Welt, zu konstruieren versucht. Das ist der Optimismus. Schopenhauer hat als einzigen Sinn der Welt gelten lassen, herauszufinden, wie man ihr entkommen kann. Dabei hat er die Upanishaden und den Buddhismus studiert, soweit das damals erhältlich war, und gelegentlich daraus zitiert und seine Sicht damit untermauert. So hat er den philosophischen Pessimismus eingeführt.


    Die Frage ist, was ist die positivere Sichtweise... Die Welt als positiv ansehn, dann ständig enttäuscht zu werden und zu leiden oder die Welt sehen wie sie ist, es zu akzeptieren und letztendlich nicht mehr zu leiden wenn man weit genug ist?

    "Nur eines verkünde ich heute, wie immerdar: Leiden und seine Vernichtung."
    Buddha

  • bel:
    mukti:

    Es geht dabei darum, auf welche Weise die Welt betrachtet wird. Die abendländische Philosophie hat sich am Christentum orientiert, und damit einen positiven Sinn der Schöpfung, oder der Welt, zu konstruieren versucht. Das ist der Optimismus. Schopenhauer hat als einzigen Sinn der Welt gelten lassen, herauszufinden, wie man ihr entkommen kann. Dabei hat er die Upanishaden und den Buddhismus studiert, soweit das damals erhältlich war, und gelegentlich daraus zitiert und seine Sicht damit untermauert. So hat er den philosophischen Pessimismus eingeführt.


    Also ich bitte Dich, was ist jetzt "positiv" an der "Erbsünde" und daß es Erlösung davon nur im "Himmel" gibt (und dann nur für Wenige bei einmaliger Wiederkunft) - ansonsten und für die Übrigen: Schmoren in der Hölle ohne Errettung.


    _()_


    Bitte es geht hier um den philosophischen Begriff "Pessmismus", der auf diese Weise definiert ist, und um die Wurzeln des Christentums im alten Testament, das betont: Gott hat die Welt gut gemacht. Steht schon in der Genesis. Daraus wurde abgeleitet dass man sich an der Schöpfung erfeuen soll, und nach einem frommen Leben in den Himmel kommt. Die pessimistische Sicht der Welt wird von Christen nicht befürwortet, von Juden schon gar nicht. Frag mal einen Pfarrer ob ihm klar ist, dass die Welt im Prinzip Leid ist. Er wird sagen, dass die Welt zwar durch die Erbsünde belastet ist, und dass er auf eine Welt ohne Erbsünde, Himmel oder Paradies, hofft.
    Die Philosophie der Aufklärung hat sich dann dieser optimistischen Sicht angeschlossen. Verständlich?

  • wusheng:

    "Und", fragte der Mann, "was hat Buddha geantwortet?" Der Schüler sagte: "Siehst du den grünen Baum dort drüben? So viele Blätter wie dieser Baum hat, so viele Leben braucht es noch, bis du Erleuchtung erfährst!"
    "Ist das alles?", fragte der Mann, und er lachte, tanzte und sang weiter und war fröhlich. Und in dem Moment wurde er erleuchtet...


    Interessant, kannst du sagen wo diese Geschichte zu finden ist? Ich kenne sie aus dem Hinduismus, statt Buddha wird dort Gott von einem Bhakta gefragt, und als der Mann erleuchtet wurde, kam ein Sturm auf und wehte alle Blätter vom Baum. Es gibt mehrere solche Geschichten die in der vedischen und in der buddhistischen Tradition fast gleich sind, wer hat da wohl von wem abgeschrieben...

  • mukti:


    Interessant, kannst du sagen wo diese Geschichte zu finden ist? ...wer hat da wohl von wem abgeschrieben...


    Hallo Mukti
    Ja, diese Geschichten, seeehr flexibel sind sie. Ich hab sie auch mal irgendwo abgeschrieben und seit dem in meinem PC. Quelle weiß ich nicht. Wie ich Dir schon über mein momentanes Schreibinteresse erzählte, war diese Art der Antwort ein gangbarer Weg, meine Sicht auszudrücken.
    Nen herzlichen Gruß nach Wien ;)

  • Ach, da geht es schon wieder durcheinander. Einerseits BangoShank:

    Zitat

    Ist es Wert viel Geld zu haben?


    Wert - Geld haben? Was wird hier gegeneinander ausgespielt? Frag dich doch mal, wieso so viele Leute lieber Geld haben und sich Sorgen machen, als kein Geld zu haben und sich ggf. keine Sorgen zu machen. Da wird einfach abgewogen. Nach meiner Überzeugung läuft es so, dass sich die Armen gern mit den angeblichen Sorgen der Reichen trösten. Was aber, wenn man reich ist und keine Sorgen hat? Oder wenn man am Leben haftet, das aber nur fünf Minuten, während denen man stirbt, sich größer auswirkt? So in etwa funktionieren die Menschen. Ich glaube, man kommt ihnen nicht so bei. Es gäbe auch bei mir ein paar Dinge, die - könnte ich sie so einfach gegen Leiden eintauschen - ich einfach lieber machte als sie bleibenzulassen. Denn gerade wenn man Leiden einfach so anschauen und hinnehmen kann, dann kann man auch gut genießen.


    Dann, nach der klaren Aufzählung von BangoShank, scheint accinca ihm zu Hilfe zu kommen: Er habe den Stein im Schuh vergessen. Aber nein! Kusala sagt es doch dann, wir leiden nicht mehr zusätzlich geistig am Kranksein und dem Sterben (denn Erdmaus fragte spitzfindig zurecht: Stirbt denn der Erwachte etwa nicht?). Und darum ist der Stein im Schuh kein gutes Beispiel, denn wenn man den einfach hinnimmt, schadet man sich selbst. Indifferenz ist nicht die Lösung bei körperlichem Leiden. Sondern pragmatisch zu sagen: Weg mit dem, was weg kann. Tod kann nicht weg, Krankheit teils auch nicht, aber der Stein im Schuh, die Mücke, die mich infiziert usf. Der Stein im Schuh ist kein dukha, das man auf die Stufe mit Gier stellen kann, denn er löst einen Schmerz aus, über den man denken kann, was man will - der Schmerz ist als solcher dennoch im Hirn registriert. Wenn der Stein im Schuh dukha wäre, dann bräuchte man keinen Pfad, um es zu überwinden, sondern nur den Griff in den Schuh.

  • rosie:


    Wenn der Stein im Schuh dukha wäre, dann bräuchte man keinen Pfad, um es zu überwinden, sondern nur den Griff in den Schuh.


    Auf den Punkt gebracht! ;)

  • mukti:

    Bitte es geht hier um den philosophischen Begriff "Pessmismus", der auf diese Weise definiert ist ...


    Pessimismus ist die Lebensanschauung von der unverbesserlich schlechten Welt - also ohne Ausweg.
    Schopenhauer kann man das möglicherweise zuschreiben, denn für ihn gab es nur den Ausgang Tod, - ganz anders als beim Buddha.


    mukti:

    und um die Wurzeln des Christentums im alten Testament, das betont: Gott hat die Welt gut gemacht. Steht schon in der Genesis.


    Stimmt nicht - er hat sie "perfekt" gemacht, und "perfekt" bedeutet da einfach: "so wie sie ist"
    Daß "es gut war" , bezieht sich nämlich nicht auf die Welt, sondern auf sein Wirken (machen) natürlich nach seinen Maßstäben, und nicht nach denen der Menschen.


    mukti:

    Frag mal einen Pfarrer ob ihm klar ist, dass die Welt im Prinzip Leid ist.


    Die Welt ist ja nicht "im Prinzip" Leid - jedenfalls nicht beim Buddha. In der Bergpredigt findest Du übrigens das selbe Verhältnis von Schmerz (Vedana) - und Leiden (dukkha). Es heißt dort aber "Mühsal" und "Sorge".

  • wusheng:


    Ja, diese Geschichten, seeehr flexibel sind sie. Ich hab sie auch mal irgendwo abgeschrieben und seit dem in meinem PC. Quelle weiß ich nicht. Wie ich Dir schon über mein momentanes Schreibinteresse erzählte, war diese Art der Antwort ein gangbarer Weg, meine Sicht auszudrücken.
    Nen herzlichen Gruß nach Wien ;)


    Verstehe. Danke für die Geschichte und Metta-Gruß zurück nach Deutschland! Und möge dein Schreibinteresse wieder erwachen...

  • Man muss wieder Unterscheiden


    1. Dinge die man ändern kann


    2. Dinge die nicht änderbar sind


    Der Mensch und alle Dinge sind dem Altern, Krankheit und der Sterblichkeit, eben der Vergänglichkeit und nicht kontrollierbaren Einflüssen unterworfen.


    Selbst mit jeder Wissenschaft und Anstrengung der Welt wird man der Vergänglichkeit nicht entkommen können. Selbst ein Unsterblicher ist dem Untergang der Sonne oder dem Trieb eines Mörders eines Viruses oder sonstwas wie einer nuklearen Explosion ausgeliefert.
    Was tun ?
    Was tun ?
    Was tun ?


    Darauf gab Buddha seine Antwort.

    Nibbana:..Befreit von der Zuordnung durch Form, Vaccha, ist der Tathagata tief, grenzenlos, hart auszuloten, wie die See. 'Wiedererscheinen', ist nicht anwendbar. 'Nicht wiedererscheinen',ist nicht anwendbar... MN72 (http://zugangzureinsicht.org/)

  • Gut, ich respektiere deine Ansicht bel. Nimm es mir bitte nicht übel wenn ich dazu nichts mehr sagen möchte, erstens weil wir offtopic werden, und zweitens weil wir einander nicht überzeugen werden.


    Optimistische Grüße ;)
    mukti

  • mukti:

    Gut, ich respektiere deine Ansicht bel. Nimm es mir bitte nicht übel wenn ich dazu nichts mehr sagen möchte, erstens weil wir offtopic werden, und zweitens weil wir einander nicht überzeugen werden.


    Ich möchte niemanden überzeugen. Ich stelle lediglich die Sachlage dar.

  • bel:


    Ich möchte niemanden überzeugen. Ich stelle lediglich die Sachlage dar.


    Ich auch, für eine Auseinandersetzung zu diesem Thema wäre ein eigener Thread nötig. Aber ehrlich gesagt ist mir das Thema nicht wichtig genug, das was ich aus meinen Quellen darüber an Erkenntnis ziehe, genügt mir.


    Nichts für ungut und gute Nacht,


    mukti