Allumfassendes Bewusstsein

  • Losang Lamo:

    "Jemand der selbst im Schlamm versinkt, kann niemanden rausziehen." Das bedeutet "Kümmere Dich um Deine Erleuchtung, wenn Du anderen helfen willst." So lese ich das. Ich lese da kein "Sieh zu, dass Du allein aus dem Schlamm kommst und lass die anderen ruhig versinken."


    Es schliesst sicher nicht aus, gemeinsam nach festem Boden unter den Füssen zu suchen. Es bedeutet aber auch: "Bevor Du Dir anmaßt, andere aus dem Schlamm ziehen zu wollen, bekomme selbst erst festen Boden unter den Füssen." Und es bedeutet auch: "Wenn Du darauf wartest, dass alle anderen festen Boden unter den Füssen bekommen, bevor Du selbst Dich darum bemühst, dann kannst Du lange warten."


    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Elliot:

    Zitat

    Nicht unbedingt. Die formlosen Verweilungen - zu denen auch das Verweilen im Bewußtseinsunendlichkeitsgebiet zählt - gehören nicht zum achtfachen Pfad. Sondern nur die vier körperlichen Vertiefungen:


    Wie kommst du nur darauf ? Nicht zum Pfad gehörend?


    Es sind Bewusstseinszustände je nach: Catutthajjhāna - Reinheit der Achtsamkeit.


    Wieso bezeichnest du die Unkörperlichen als Verweilungen
    und die Körperlichen als Vertiefungen ?

  • Jikjisa:

    Wie kommst du nur darauf ? Nicht zum Pfad gehörend? Es sind Bewusstseinszustände je nach: Catutthajjhāna - Reinheit der Achtsamkeit.


    Die Lehrer des Buddha hielten das Verweilen in den formlosen Bereichen bereits für das Ziel:


    Zitat

    "So setzte Āḷāra Kālāma, mein Lehrer, mich, seinen Schüler, auf gleichen Rang mit sich selbst und erwies mir höchste Ehre. Aber es wurde mir klar: 'Dieses Dhamma führt nicht zur Ernüchterung, zur Lossagung, zum Aufhören, zum Frieden, zur höheren Geisteskraft, zur Erleuchtung, zum Nibbāna, sondern nur zum Wiedererscheinen im Nichtsheit-Gebiet.' Weil ich mit jenem Dhamma nicht zufrieden war, ließ ich es zurück und ging fort..."


    "... So setzte Uddaka Rāmaputta, mein Gefährte im heiligen Leben, mich auf den Rang eines Lehrers und erwies mir höchste Ehre. Aber es wurde mir klar: 'Dieses Dhamma führt nicht zur Ernüchterung, zur Lossagung, zum Aufhören, zum Frieden, zur höheren Geisteskraft, zur Erleuchtung, zum Nibbāna, sondern nur zum Wiedererscheinen im Gebiet von Weder-Wahrnehmung-Noch-Nichtwahrnehmung.' Weil ich mit jenem Dhamma nicht zufrieden war, ließ ich es zurück und ging fort."


    (MN 36)


    Aber das Verweilen in den formlosen Bereichen ist für Befreiung noch nicht einmal notwendig:


    Zitat

    "Was für eine Art von Person ist einer, der durch Weisheit befreit ist? Da nimmt eine bestimmte Person nicht mit dem Körper Kontakt mit jenen Erlösungen auf, die friedvoll und formlos sind und Formen transzendieren, und verweilt nicht darin, aber ihre Triebe sind vernichtet, dadurch, daß sie mit Weisheit sieht. Diese Art von Person nennt man einen, der durch Weisheit befreit ist. Von so einem Bhikkhu sage ich nicht, daß er noch Arbeit mit Umsicht zu erledigen hat. Warum ist das so? Er hat seine Arbeit mit Umsicht erledigt; er ist nicht mehr in der Lage, nachlässig zu sein [5]."


    (MN 70)


    Die körperlichen Vertiefungen dagegen sind unumgänglich für die Befreiung:


    Zitat

    "Es gibt einen Pfad, Ānanda, einen Weg zum Überwinden der fünf niedrigeren Fesseln; daß irgendjemand, ohne zu jenem Pfad, zu jenem Weg zu gelangen, die fünf niedrigeren Fesseln kennen oder sehen oder überwinden wird - dies ist nicht möglich. Wenn da ein großer Baum voller Kernholz steht, so ist es nicht möglich, daß irgendjemand sein Kernholz schneiden wird, ohne durch seine Rinde und sein Weichholz zu schneiden, ebenso gibt es einen Pfad, einen Weg zum Überwinden der fünf niedrigeren Fesseln; daß irgendjemand, ohne zu jenem Pfad, zu jenem Weg zu gelangen, die fünf niedrigeren Fesseln kennen oder sehen oder überwinden wird - dies ist nicht möglich."


    "... Und was, Ānanda, ist der Pfad, der Weg zur Überwindung der fünf niedrigeren Fesseln? In Abgeschiedenheit von jeglicher Vereinnahmung [4], mit der Überwindung unheilsamer Geisteszustände, mit der völligen Stillung körperlicher Trägheit tritt da ein Bhikkhu ganz abgeschieden von Sinnesvergnügen, abgeschieden von unheilsamen Geisteszuständen, in die erste Vertiefung ein, die von anfänglicher und anhaltender Hinwendung des Geistes begleitet ist, und verweilt darin, mit Verzückung und Glückseligkeit, die aus der Abgeschiedenheit entstanden sind..."


    (MN 64)


    Jikjisa:

    Wieso bezeichnest du die Unkörperlichen als Verweilungen und die Körperlichen als Vertiefungen ?


    Die formlosen werden als "friedvolle Verweilungen" ( Santā ete vihārā ) bezeichnet, die körperlichen als "angenehme Verweilungen hier und jetzt" ( Diṭṭhadhammasukhavihārā ), siehe MN 8. Die vier körperlichen sind die vier Jhanas, zusammen auch samma samadhi genannt, siehe MN 141.


    Aber wir kommen ein wenig vom Thema ab.


    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Zitat

    Die Lehrer des Buddha hielten das Verweilen in den formlosen Bereichen bereits für das Ziel:


    Naja sicher. Das heißt aber nicht, daß sie auf dem Pfad nicht auftreten können,
    geschweige denn der Geist/Gemüt sich in der Verweilerei ( oder Genießerei ) nicht verliert.
    Man kann halt nicht theoretisch entsagen, sondern nur indem Sati der Pfeiler ist und bleibt.

    Verweilen wird sogar, mehr oder weniger vorausgesetzt :


    Zitat

    13. "Wiederum, ihr Bhikkhus, mit dem völligen Überwinden des Gebiets der Raumunendlichkeit, indem sich Sāriputta vergegenwärtigte 'Bewußtsein ist unendlich', trat er in das Gebiet der Bewußtseinsunendlichkeit ein und verweilte darin."( MN 111)


    Der Versenkungsstufe sind Bewusstseinssphären zugeordnet ( so wie ick dat sehe...)& der 4. halt auch besagte Bewusstseinsunendlichkeit


    Ich würde auch nicht so trennen zwischen Verweilen, Vertiefen, Durchdringen,Überwinden.
    Verweilen heißt nicht: sich ergehen. Das bezieht sich nur auf das ruhige Verweilen (m.M.)


    Liebe Grüße ! ---Losang & Elli & Alle :)

  • Jikjisa:

    Verweilen wird sogar, mehr oder weniger vorausgesetzt :


    Zitat

    13. "Wiederum, ihr Bhikkhus, mit dem völligen Überwinden des Gebiets der Raumunendlichkeit, indem sich Sāriputta vergegenwärtigte 'Bewußtsein ist unendlich', trat er in das Gebiet der Bewußtseinsunendlichkeit ein und verweilte darin."( MN 111)


    Um dann aber weiterzugehen:


    Zitat

    Er verstand: 'Es gibt ein Entkommen jenseits davon', und mit der Pflege jenes Erreichungszustands bestätigte er, daß es das gibt."


    Aber grundsätzlich ist verweilen nicht verkehrt, ja:


    Zitat

    "Ich verstehe Nibbāna und den Pfad und Weg, der zu Nibbāna führt. Und ich verstehe auch, wie jemand, der diesen Weg betreten hat, hier und jetzt in die Herzensbefreiung, die Befreiung durch Weisheit, die mit der Vernichtung der Triebe triebfrei ist, eintreten und darin verweilen wird."


    (MN 12)


    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Zitat

    »Wahrlich, so sage ich, o Freund: Nicht ist man imstande, durch Gehen das Ende der Welt zu erreichen, da wo es weder Geburt gibt, noch Altern und Sterben, weder Erstehen, noch Abscheiden. Doch nicht kann man, sage ich, o Freund, ohne der Welt Ende erreicht zu haben, dem Leiden ein Ende machen. Das aber verkünde ich, o Freund: in eben diesem klafterhohen, mit Wahrnehmung und Bewußtsein versehenen Körper, da ist die Welt enthalten, der Welt Entstehung, der Welt Ende und der zu der Welt Ende führende Pfad.«


    A.IV.45 Rohitassa


  • Habe ich gelesen -
    fand es genauso wie Du
    sehr interessant !


    LG, Gitte

    Es ist eine wahre Schmach und Schande, daß wir Christen wie blinde Hühner umhergehen und nicht erkennen, was in uns ist und davon gar nichts wissen.
    Johannes Tauler

  • ehm, :)
    aus meiner Sicht verstehe ich unter Allumfassendes Bewusstsein nur eins. Das alles >> EINS <<ist.
    Sowie es nur einen Urton, das >> OM << gibt. Es symbolisiert die Alleinheit des Göttlichen.

    Om Mani Padme Hum

  • Jikjisa:
    Zitat

    ... Das aber verkünde ich, o Freund: in eben diesem klafterhohen, mit Wahrnehmung und Bewußtsein versehenen Körper, da ist die Welt enthalten, der Welt Entstehung, der Welt Ende und der zu der Welt Ende führende Pfad.«


    A.IV.45 Rohitassa


    Zitat

    "Ihr Bhikkhus, ich sage nicht, daß letztendliche Erkenntnis auf einmal erlangt wird. Im Gegenteil, letztendliche Erkenntnis wird durch stufenweise Übung, durch stufenweise Praxis, durch stufenweisen Fortschritt erlangt."

    "Und wie kommt da stufenweise Übung, stufenweise Praxis, stufenweiser Fortschritt zustande? Einer, der Vertrauen (in einen Lehrer) hat, besucht ihn; wenn er ihn besucht, erweist er ihm Respekt; wenn er ihm Respekt erweist, hört er genau zu; einer, der genau zuhört, hört das Dhamma; wenn er das Dhamma gehört hat, behält er es im Gedächtnis; er untersucht die Bedeutung der Lehren, die er im Gedächtnis behalten hat; wenn er ihre Bedeutung untersucht, nimmt er jene Lehren reflektiv an; wenn er jene Lehren reflektiv angenommen hat, kommt Eifer in ihm auf; wenn Eifer in ihm aufgekommen ist, wendet er seinen Willen an; wenn er seinen Willen angewendet hat, ergründet er; wenn er ergründet hat, bemüht er sich; wenn er sich entschlossen bemüht, verwirklicht er mit dem Körper die letztendliche Wahrheit und sieht sie, indem er sie mit Weisheit durchdringt."


    (MN 70)


    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • @ Elli:
    Ja, doch leider:


    Zitat

    „Solche nicht vertrauenswürdigen Menschen gibt es (so zahlreich) wie Reis, Flachs, Bambus und Schilf. Dennoch steigen sie auf den Löwensitz (des Meisters), gründen Klöster im ganzen Land und werden die Lehrer der Menschen und Götter.“


    aus: 52. Der große Schatz von Buddhas Sûtras (Bukkyô)/Shobogenzo
    Dógen Zenji


  • Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Elliot:

    wenn er sich entschlossen bemüht, verwirklicht er mit dem Körper die letztendliche Wahrheit und sieht sie, indem er sie mit Weisheit durchdringt."(MN 70)
    Viele Grüße Elliot


    "pahitatto samāno kāyena ceva paramaṃ saccaṃ sacchikaroti, paññāya ca naṃ paṭivijjha passati"
    Wenn es denn noch irgend einen Sinn machen sollte dann den von Neumann übersetzten:


    Und weil er innig arbeitet verwirklicht er eben leibhaftig die höchste Wahrheit, und weise durchbohrend erschaut er sie.

  • Dies würde aber die Bedeutung des Körpers für die Praxis - die auch an anderer Stelle in dieser Lehrrede betont wird - ein wenig unzureichend wiedergeben:


    Zitat

    "Was für eine Art von Person ist einer, der durch Weisheit befreit ist? Da nimmt eine bestimmte Person nicht mit dem Körper Kontakt mit jenen Erlösungen auf, die friedvoll und formlos sind und Formen transzendieren, und verweilt nicht darin ( na kāyena phusitvā viharati ), aber ihre Triebe sind vernichtet, dadurch, daß sie mit Weisheit sieht. Diese Art von Person nennt man einen, der durch Weisheit befreit ist. Von so einem Bhikkhu sage ich nicht, daß er noch Arbeit mit Umsicht zu erledigen hat. Warum ist das so? Er hat seine Arbeit mit Umsicht erledigt; er ist nicht mehr in der Lage, nachlässig zu sein [5]."


    (MN 70)


    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Zitat

    durch bloßes Nachdenken nicht zu erlangen, subtil, von den Weisen selbst zu erfahren

    MN 95


    Yo


    Zitat

    „Da die Schatzkammer des wahren Dharma-Auges*, die sich jetzt verwirklicht, nichts anderes als Buddhas Sûtras ist, ist alles, was jetzt als Buddhas Sûtras existiert, die Schatzkammer des wahren Dharma-Auges."

    DZ


    Denn


    Zitat

    "Freund, womit versteht man einen erschließbaren Zustand?"
    "Freund, man versteht einen erschließbaren Zustand mit dem Auge der Weisheit."
    "Freund, was ist der Zweck der Weisheit?"
    "Der Zweck der Weisheit, Freund, ist unmittelbares Erkennen mit höherer Geisteskraft, ihr Zweck ist vollständiges Durchschauen [5], ihr Zweck ist das Überwinden."

    MN43


    Deswegen


    Zitat

    „Sich mit anderen Praktizierenden um die Wahrheit zu bemühen und sich beim Zazen anzustrengen, war seit alten Zeiten das Sûtra, das am Anfang und am Ende recht ist. Es ist das Sûtra, das auf die Blätter des Bodhi-Baumes und in den leeren Raum geschrieben wird.“

    DZ


    Aber tatsächlich: das Thema war bei der Verwirklichung durch den Körper.


    Zitat

    Trikaya (Skrt.) "Drei Körper" : die drei Buddha-Körper (Dharmakaya - Körper der Großen Ordnung, Sambhogakaya - Körper des Entzückens, Nirmanakaya - Körper der Verwandlung)


    * Vertiefungen / Verweilungen



    Aber warum favorisierst Du MN 70 bzgl. der Bedeutung der Verwirklichung durch den Körper???---Elliot
    Hier ist doch der sehr seltene - karmisch gegebene - Eintritt über spontane Einsicht/Weisheit gemeint.Hm.(m.M.)

  • Jikjisa:

    Aber warum favorisierst Du MN 70 bzgl. der Bedeutung der Verwirklichung durch den Körper???---Elliot
    Hier ist doch der sehr seltene - karmisch gegebene - Eintritt über spontane Einsicht/Weisheit gemeint.Hm.(m.M.)


    In MN 70 werden unter anderem zwei Arten von Personen gegenübergestellt:


    Zitat

    "Was für eine Art von Person ist einer, der auf beide Arten befreit ist ( Ubhatobhāgavimutto )? Da nimmt eine bestimmte Person mit dem Körper Kontakt mit jenen Erlösungen auf, die friedvoll und formlos sind und Formen transzendieren, und verweilt darin, und ihre Triebe sind vernichtet, dadurch, daß sie mit Weisheit sieht. Diese Art von Person nennt man einen, der auf beide Arten befreit ist. Von so einem Bhikkhu sage ich nicht, daß er noch Arbeit mit Umsicht zu erledigen hat. Warum ist das so? Er hat seine Arbeit mit Umsicht erledigt; er ist nicht mehr in der Lage, nachlässig zu sein."

    "Was für eine Art von Person ist einer, der durch Weisheit befreit ist ( paññāvimutto )? Da nimmt eine bestimmte Person nicht mit dem Körper Kontakt mit jenen Erlösungen auf, die friedvoll und formlos sind und Formen transzendieren, und verweilt nicht darin, aber ihre Triebe sind vernichtet, dadurch, daß sie mit Weisheit sieht. Diese Art von Person nennt man einen, der durch Weisheit befreit ist. Von so einem Bhikkhu sage ich nicht, daß er noch Arbeit mit Umsicht zu erledigen hat. Warum ist das so? Er hat seine Arbeit mit Umsicht erledigt; er ist nicht mehr in der Lage, nachlässig zu sein [5]."


    (MN 70)


    Im ersten Fall verweilt die Person auch in "jenen Erlösungen, die friedvoll und formlos sind und Formen transzendieren", wozu ja auch das Gebiet der Bewusstseinsunendlichkeit gehört:


    Zitat

    "Wiederum, Udāyin, habe ich meinen Schülern den Weg zur Entfaltung der acht Erlösungen [4] verkündet. Von Form (erfüllt) sieht man Formen: dies ist die erste Erlösung. Während man innerlich Form nicht wahrnimmt, sieht man äußerlich Form: dies ist die zweite Erlösung. Man ist nur zum Schönen entschlossen: dies ist die dritte Erlösung. Mit dem völligen Überwinden der Formwahrnehmung, mit dem Verschwinden der Wahrnehmung der Sinneseinwirkung, mit Nichtbeachtung der Vielheitswahrnehmung, indem man sich vergegenwärtigt 'Raum ist unendlich', tritt man in das Gebiet der Raumunendlichkeit ein und verweilt darin: dies ist die vierte Erlösung. Mit dem völligen Überwinden des Gebiets der Raumunendlichkeit, indem man sich vergegenwärtigt 'Bewußtsein ist unendlich', tritt man in das Gebiet der Bewußtseinsunendlichkeit ein und verweilt darin: dies ist die fünfte Erlösung. ...


    (MN 77)


    Die Person im zweiten Fall tut das nicht. Deswegen erlangt sie aber nicht Befreiung durch spontane Einsicht/Weisheit, sondern beschränkt sich in der Praxis einfach auf die vier körperlichen Vertiefungen, auch Jhanas oder samma-samadhi genannt:


    Zitat

    "Und was, Freunde, ist Richtige Konzentration? Da tritt ein Bhikkhu ganz abgeschieden von Sinnesvergnügen, abgeschieden von unheilsamen Geisteszuständen, in die erste Vertiefung ein, die von anfänglicher und anhaltender Hinwendung des Geistes begleitet ist, und verweilt darin, mit Verzückung und Glückseligkeit, die aus der Abgeschiedenheit entstanden sind. Mit der Stillung der anfänglichen und anhaltenden Hinwendung des Geistes (zum Meditationsobjekt) tritt er in die zweite Vertiefung ein, die innere Beruhigung und Einheit des Herzens ohne anfängliche und anhaltende Hinwendung des Geistes enthält, und verweilt darin, mit Verzückung und Glückseligkeit, die aus der Konzentration entstanden sind. Mit dem Verblassen der Verzückung, in Gleichmut verweilend, achtsam und wissensklar, voll körperlich erlebter Glückseligkeit, tritt er in die dritte Vertiefung ein, von der die Edlen sagen: 'Glückselig verweilt derjenige, der voll Gleichmut und Achtsamkeit ist', und verweilt darin. Mit dem Überwinden von Glück und Schmerz und dem schon früheren Verschwinden von Freude und Trauer, tritt er in die vierte Vertiefung ein, die aufgrund von Gleichmut Weder-Schmerzhaftes-noch-Angenehmes und Reinheit der Achtsamkeit in sich hat, und verweilt darin. Dies wird Richtige Konzentration genannt [5]."


    (MN 141)


    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Und in MN 70 wird auch deutlich, dass das Verweilen in den formlosen (d.h. unkörperlichen) Bereichen - zum Beispiel dem Gebiet der Bewusstseinsunendlichkeit - für sich genommen nicht unbedingt Befreiung bedeutet:


    Zitat

    "Was für eine Art von Person ist ein Körperzeuge ( kāyasakkhi )? Da nimmt eine bestimmte Person mit dem Körper Kontakt mit jenen Erlösungen auf, die friedvoll und formlos sind und Formen transzendieren, und verweilt darin, und einige ihrer Triebe sind vernichtet, dadurch, daß sie mit Weisheit sieht. Diese Art von Person nennt man einen Körperzeugen. Von so einem Bhikkhu sage ich, daß er noch Arbeit mit Umsicht zu erledigen hat. Warum ist das so? Weil, wenn jener Ehrwürdige von passenden Lagerstätten Gebrauch macht und mit guten Freunden verkehrt und seine spirituellen Fähigkeiten im Gleichgewicht hält, dann mag er durch eigene Verwirklichung mit höherer Geisteskraft in das höchste Ziel des heiligen Lebens eintreten, für das Männer aus guter Familie zu Recht von zu Hause fort in die Hauslosigkeit ziehen, und darin verweilen. Weil ich diese Frucht der Umsicht für jenen Bhikkhu sehe, sage ich, daß er noch Arbeit mit Umsicht zu erledigen hat."


    (MN 70)


    So gesehen waren die Lehrer des Buddha "lediglich" Körperzeugen:


    Zitat

    "Dann ging ich zu Āḷāra Kālāma und fragte ihn: 'Freund Kālāma, auf welche Weise verkündest du, daß du durch eigene Verwirklichung mit höherer Geisteskraft in dieses Dhamma eintrittst und darin verweilst?' Als Antwort erklärte er das Nichtsheit-Gebiet. ... So setzte Āḷāra Kālāma, mein Lehrer, mich, seinen Schüler, auf gleichen Rang mit sich selbst und erwies mir höchste Ehre. Aber es wurde mir klar: 'Dieses Dhamma führt nicht zur Ernüchterung, zur Lossagung, zum Aufhören, zum Frieden, zur höheren Geisteskraft, zur Erleuchtung, zum Nibbāna, sondern nur zum Wiedererscheinen im Nichtsheit-Gebiet.' Weil ich mit jenem Dhamma nicht zufrieden war, ließ ich es zurück und ging fort..."


    "Dann ging ich zu Uddaka Rāmaputta und fragte ihn: 'Freund, auf welche Weise verkündete Rāma, daß er durch eigene Verwirklichung mit höherer Geisteskraft in dieses Dhamma eintrat und darin verweilte?' Als Antwort erklärte Uddaka Rāmaputta das Gebiet von Weder-Wahrnehmung-Noch-Nichtwahrnehmung ... So setzte Uddaka Rāmaputta, mein Gefährte im heiligen Leben, mich auf den Rang eines Lehrers und erwies mir höchste Ehre. Aber es wurde mir klar: 'Dieses Dhamma führt nicht zur Ernüchterung, zur Lossagung, zum Aufhören, zum Frieden, zur höheren Geisteskraft, zur Erleuchtung, zum Nibbāna, sondern nur zum Wiedererscheinen im Gebiet von Weder-Wahrnehmung-Noch-Nichtwahrnehmung.' Weil ich mit jenem Dhamma nicht zufrieden war, ließ ich es zurück und ging fort."


    (MN 36)


    Aus diesem Grund spielt der Körper ( kāya ) in MN 70 eine so besondere Rolle. Denn der durch Weisheit befreite ( paññāvimutto ) und auch der auf beide Arten befreite ( Ubhatobhāgavimutto ) kommt laut MN 64 ohne die körperlichen Vertiefungen (Jhana) im Gegensatz zu den formlosen Verweilungen (die im Falle des auf beide Arten befreite gewissermassen "Kür" sind) nicht aus:


    Zitat

    "Es gibt einen Pfad, Ānanda, einen Weg zum Überwinden der fünf niedrigeren Fesseln; daß irgendjemand, ohne zu jenem Pfad, zu jenem Weg zu gelangen, die fünf niedrigeren Fesseln kennen oder sehen oder überwinden wird - dies ist nicht möglich. Wenn da ein großer Baum voller Kernholz steht, so ist es nicht möglich, daß irgendjemand sein Kernholz schneiden wird, ohne durch seine Rinde und sein Weichholz zu schneiden, ebenso gibt es einen Pfad, einen Weg zum Überwinden der fünf niedrigeren Fesseln; daß irgendjemand, ohne zu jenem Pfad, zu jenem Weg zu gelangen, die fünf niedrigeren Fesseln kennen oder sehen oder überwinden wird - dies ist nicht möglich."


    "... Und was, Ānanda, ist der Pfad, der Weg zur Überwindung der fünf niedrigeren Fesseln? In Abgeschiedenheit von jeglicher Vereinnahmung [4], mit der Überwindung unheilsamer Geisteszustände, mit der völligen Stillung körperlicher Trägheit tritt da ein Bhikkhu ganz abgeschieden von Sinnesvergnügen, abgeschieden von unheilsamen Geisteszuständen, in die erste Vertiefung ein, die von anfänglicher und anhaltender Hinwendung des Geistes begleitet ist, und verweilt darin, mit Verzückung und Glückseligkeit, die aus der Abgeschiedenheit entstanden sind..."


    (MN 64)


    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot


  • Bewusstsein und Geist wird im Buddhismus synonym verwendet. Geist/Bewusstsein ist etwas, das dem Leid entfliehen möchte und dem Glück zustrebt. Trifft das auf den Raum zu?

  • Gut-Elli. Guck ick mir noch an.



    Gasshó - ;)

    Einmal editiert, zuletzt von Anonymous ()

  • boehnchen:

    Bewusstsein und Geist wird im Buddhismus synonym verwendet.


    Tatsächlich? Es wird aber schon unterschieden zwischen Betrachtung des Geistes (Citta):


    Zitat

    "Und wie, ihr Bhikkhus, verweilt ein Bhikkhu, indem er Geist als Geist betrachtet [15]? Da versteht ein Bhikkhu einen Geist, der von Begierde beeinträchtigt ist, als von Begierde beeinträchtigt, und einen Geist, der nicht von Begierde beeinträchtigt ist, als nicht von Begierde beeinträchtigt. Er versteht einen Geist, der von Haß beeinträchtigt ist, als von Haß beeinträchtigt, und einen Geist, der nicht von Haß beeinträchtigt ist, als nicht von Haß beeinträchtigt. Er versteht einen Geist, der von Verblendung beeinträchtigt ist, als von Verblendung beeinträchtigt, und einen Geist, der nicht von Verblendung beeinträchtigt ist, als nicht von Verblendung beeinträchtigt. Er versteht einen zusammengezogenen Geist als zusammengezogen, und einen abgelenkten Geist als abgelenkt. Er versteht einen erhabenen Geist als erhaben, und einen nicht erhabenen Geist als nicht erhaben. Er versteht einen übertrefflichen Geist als übertrefflich, und einen unübertrefflichen Geist als unübertrefflich. Er versteht einen konzentrierten Geist als konzentriert, und einen unkonzentrierten Geist als unkonzentriert. Er versteht einen befreiten Geist als befreit, und einen unbefreiten Geist als unbefreit."


    (MN 10)


    ... und Betrachtung des Bewusstsein (Vinnana), als Teil der fünf Daseinsgruppen:


    Zitat

    "Wiederum verweilt da ein Bhikkhu, indem er Geistesobjekte als Geistesobjekte im Zusammenhang mit den fünf Daseinsgruppen, an denen angehaftet [18] wird, betrachtet. Und wie verweilt ein Bhikkhu, indem er Geistesobjekte als Geistesobjekte im Zusammenhang mit den fünf Daseinsgruppen, an denen angehaftet wird, betrachtet? Da (versteht) ein Bhikkhu: 'So ist Form, so ist ihr Ursprung, so ist ihr Vergehen; so ist Gefühl, so ist sein Ursprung, so ist sein Vergehen; so ist Wahrnehmung, so ist ihr Ursprung, so ist ihr Vergehen; so sind Gestaltungen, so ist ihr Ursprung, so ist ihr Vergehen; so ist Bewußtsein, so ist sein Ursprung, so ist sein Vergehen.'"


    (MN 10)


    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Jikjisa:

    Gut-Elli. Guck ick mir noch an. Gasshó - mein Analyst ;)


    Danke, Jikjisa, dass Du Dich von meinen Zitatbombardements nicht verschrecken lässt.


    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot


  • Geist/Bewusstsein existiert in vielen verschiedenen Subtilitätsstufen. (die man auch ganz verschieden klassifizieren/untersuchen kann)
    In deinem ersten Beispiel betrachtet Geist/Bewusstsein Geist/Bewusstsein. Und auch in deinem zweiten Beispiel betrachtet Geist/Bewusstsein Geist/Bewusstsein. Einmal werden die verschiedenen Geistesgifte untersucht, und dann wird der Prozess der Anhaftung (Anhaftung ist eines der Geistesgifte) untersucht.

  • boehnchen:


    Bewusstsein und Geist wird im Buddhismus synonym verwendet. Geist/Bewusstsein ist etwas, das dem Leid entfliehen möchte und dem Glück zustrebt. Trifft das auf den Raum zu?


    Weißt Du's? :) Ich nicht.
    Vielleicht freut sich der Raum ja, sobald heilsame Handlungen entstehen....

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


  • boehnchen:

    Geist/Bewusstsein existiert in vielen verschiedenen Subtilitätsstufen. (die man auch ganz verschieden klassifizieren/untersuchen kann)


    Aha. Was sind das zum Beispiel für Stufen?


    boehnchen:

    In deinem ersten Beispiel betrachtet Geist/Bewusstsein Geist/Bewusstsein. Und auch in deinem zweiten Beispiel betrachtet Geist/Bewusstsein Geist/Bewusstsein.


    Von einem Geist (Citta) wird angenommen, dass er befreit werden könnte. Von einem Bewusstsein (Vinnana) hingegen wird das nicht gesagt, im Gegenteil, es könnte Objekt der Anhaftung durch den Geist sein. Dieser Unterschied zwischen Geist (Citta) und Bewusstsein (Vinnana) wird hier zum Beispiel sehr deutlich:


    Zitat

    "'Freunde, nachdem ich Bewußtsein (Vinnana) als kraftlos erkannt habe, als dahinschwindend und ohne Trost, habe ich mit der Vernichtung, der Lossagung, dem Aufhören, dem Aufgeben und Loslassen der Anziehungskraft und des Anhaftens in Bezug auf Bewußtsein, mit dem Loslassen der inneren Standpunkte, des Anklammerns und der Neigungen in Bezug auf Bewußtsein, verstanden, daß mein Geist (Citta) befreit ist.'"


    (MN 112)


    Würden in diesem Satz Bewußtsein (Vinnana) und Geist (Citta) gegeneinander ausgetauscht, dann würde er sinnlos.


    boehnchen:

    Einmal werden die verschiedenen Geistesgifte untersucht, und dann wird der Prozess der Anhaftung (Anhaftung ist eines der Geistesgifte) untersucht.


    Interessant. Bisher waren mir unter "Geistesgiften" eigentlich nur Gier, Hass und Verblendung bekannt. Anhaftung dagegen die Ursache für (erneutes) Werden in der Zukunft:


    Zitat

    "Und was ist Werden, was ist der Ursprung des Werdens, was ist das Aufhören des Werdens, was ist der Weg, der zum Aufhören des Werdens führt? Es gibt diese drei Arten des Werdens: das Werden der Sinnessphäre, das Werden der Sphäre (feinstofflicher) Form und das Werden der formlosen Sphäre. Mit dem Ursprung von Anhaften ist der Ursprung des Werdens. Mit dem Aufhören von Anhaften ist das Aufhören des Werdens. Der Weg, der zum Aufhören des Werdens führt, ist eben dieser Edle Achtfache Pfad; nämlich Richtige Ansicht, Richtige Absicht, Richtige Rede, Richtiges Handeln, Richtige Lebensweise, Richtige Anstrengung, Richtige Achtsamkeit, Richtige Konzentration."


    (MN 9)


    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • LL:

    Zitat

    Weißt Du's? :) Ich nicht.
    Vielleicht freut sich der Raum ja, sobald heilsame Handlungen entstehen....


    Wo sagen das denn die Tibeter ?
    Sagen sie nicht, die Übung ist dem Wohlergehen aller Wesen zu widmen ?

  • Elliot:

    Dies würde aber die Bedeutung des Körpers für die Praxis - die auch an anderer Stelle in dieser Lehrrede betont wird - ein wenig unzureichend wiedergeben:


    Zitat

    "Was für eine Art von Person ist einer, der durch Weisheit befreit ist? Da nimmt eine bestimmte Person nicht mit dem Körper Kontakt mit jenen Erlösungen auf, die friedvoll und formlos sind und Formen transzendieren, und verweilt nicht darin ( na kāyena phusitvā viharati ), aber ihre Triebe sind vernichtet, dadurch, daß sie mit Weisheit sieht. Diese Art von Person nennt man einen, der durch Weisheit befreit ist. Von so einem Bhikkhu sage ich nicht, daß er noch Arbeit mit Umsicht zu erledigen hat. Warum ist das so? Er hat seine Arbeit mit Umsicht erledigt; er ist nicht mehr in der Lage, nachlässig zu sein [5]." (MN 70)

    Viele Grüße Elliot


    Ja genau, dann wäre es aber eine sinnhafte Übersetzung:


    Das heißt, der nur durch Weisheit erlöste, hat eben nicht wie der sog. "Beidseitserlöste"
    die Erfahrungen die über die Körperlichkeit hinaus gehen, nämlich die Formlosigkeit tatsächlich
    bei Lebzeiten schon erfahren. Hat aber trotzdem die Abhängigkeit durch das Anhaften an
    der Form durch Weisheit aufgehoben. Die meisten Arahats hatten diese direkte Erfahrungen
    und Fähigkeiten eines "Beisseitserlösten", nämlich die der Formlosigkeit, nicht. Hatten das
    Ziel der Befreiung aber trotzdem erreicht und das war der Sinn der Aussage dort in M 70.